Titel: Ueber das Schwarzfärben der Perlenmutter; von Karl Karmarsch.
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XXXVII., S. 142
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XXXVII. Ueber das Schwarzfärben der Perlenmutter; von Karl Karmarsch. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1854, H. 2. Karmarsch, über das Schwarzfärben der Perlenmutter. Unter den im Handel anzutreffenden Sorten der Perlenmutter gehört diejenige, welche man schwarze Perlenmutter nennt, zu den geschätztesten. Sie besteht in Schalen von meist etwas geringerer Größe als bei der schönen weißen ostindischen Perlenmutter vorzukommen pflegt, und zeichnet sich durch die schwarzgraue Grundfarbe aus, in welcher die schillernden Regenbogenfarben auf das Prachtvollste hervortreten. Diese Beschaffenheit zeigen jedoch die Muscheln nur am Rande und auf 1/2 bis 1 1/2 Zoll von demselben einwärts; der mittlere Theil dagegen ist weiß und gewöhnlich ohne Farbenspiel. Zu eingelegten Arbeiten wendet man die schwarze Perlenmutter sehr gerne an, weil sie sowohl an sich von vorzüglicher Schönheit ist, als auch namentlich neben der weißen durch den Contrast einen trefflichen Effect macht; außerdem verarbeitet man sie selbstständig zu mancherlei Kleinigkeiten. In Paris und wohl auch hin und wieder an anderen Orten versteht man die Kunst, gewöhnliche weiße Perlenmutter derartig zu färben, daß sie der von Natur schwarzen täuschend ähnlich wird; es ist aber meines Wissens das zu diesem Zwecke angewendete Verfahren niemals öffentlich bekannt gemacht worden. Als ich kürzlich aus Wien einige sehr schöne Knöpfe von solcher schwarzgefärbter Perlenmutter empfing, kam mir damit auch die Andeutung zu, daß die Färbung mittelst salpetersamen Silbers bewirkt werden könne; und ich sah mich dadurch veranlaßt, in dieser Beziehung mehrere Versuche anzustellen, deren Resultate ich mittheilen will. Die Erfahrung, daß organische (vegetabilische und thierische) Substanzen, wenn sie mit salpetersaurer Silberauflösung benetzt und nachher den Sonnenstrahlen ausgesetzt werden, eine schwarze Farbe annehmen, ist längst bekannt; eine Anwendung derselben auf Perlenmutter ließ das erwünschte Resultat mit Wahrscheinlichkeit erwarten. Dabei erschien es jedoch von vorn herein als nothwendige Bedingung, daß jeder Säureüberschuß in der Silberauflösung zu vermeiden sey, weil er die Kalksubstanz der Perlenmutter angreifen würde. Man muß deßhalb das krystallisirte salpetersaure Silber oder das geschmolzene (den sogenannten Höllenstein) anwenden. Ich wählte das Letztere, bereitete mir zuerst eine Auflösung von Höllenstein in dem zehn- bis zwölffachen Gewichte destillirten Wassers, legte in diese – an einem finstern Orte – einige ganz fertig gearbeitete (polirte) kleine Perlenmutter-Gegenstände, nahm dieselben nach Verlauf einer Viertelstunde wieder heraus und brachte sie ohne vorläufiges Abtrocknen aus Sonnenlicht. Ein anderes Stück ließ ich 1 1/2 Stunden in der Flüssigkeit verweilen und verfuhr übrigens damit auf gleiche Weise. Der Erfolg zeigte sich in diesen beiden Fällen nicht bemerkbar verschieden: die Stücke nahmen im Sonnenschein sehr bald eine hell braunrothe Farbe an und wurden im Laufe mehrerer Tage ziemlich dunkel rothbraun. Das natürliche Farbenspiel der Perlenmutter wurde dadurch nicht zerstört, aber doch einigermaßen von der satt braunen Farbe verdeckt, und letztere bot an sich eben keine große Aehnlichkeit mit dem mehr grauen Tone der natürlich schwarzen Perlenmutter dar. Nicht anders war das Resultat, als ich eine etwas schwächere Silberauflösung (16 Theile destillirtes Wasser auf 1 Theil Höllenstein) anwendete und die Gegenstände 2 1/2 Stunden lang darin liegen ließ. Um die Einwirkung weiter zu schwächen, brachte ich ein neues Stück nur auf 8 Minuten in die zuletzt erwähnte Auflösung; hieran zeigte sich nach der Einwirkung des Sonnenlichts dieselbe rothbraune Färbung, allerdings etwas weniger dunkel. Noch blasser fiel die Farbe aus, als ich die Zeit der Einwirkung auf 1 Minute herabsetzte. Schließlich löste ich den Höllenstein in 48 Theilen Wasser auf, und ließ in dieser Flüssigkeit andere Perlenmutterstücke 45 Minuten lang liegen; gewann jedoch abermals nichts als ein unansehnliches, mittelmäßig dunkles Röthlichbraun. Nachdem solchergestalt wider Erwarten die Versuche mit salpetersaurem Silber entschieden mißlungen waren, griff ich zu einem andern Mittel, wodurch ich die Perlenmutter oberflächlich mit Chorsilber zu schwängern und dieses durch Aussetzen aus Sonnenlicht schwarz zu färben beabsichtigte. Ich löste zu diesem Ende in Ammoniak (Salmiakgeist) so viel Chlorsilber auf, als sich auflösen mochte; legte in diese Flüssigkeit die Perlenmutter-Gegenstände; ließ das verstopfte Glas mehr oder weniger lange an einem dunklen Orte unter öfterem Umschütteln stehen; brachte endlich die herausgenommenen Stücke, auf Löschpapier liegend, in die Sonnenstrahlen und wartete die Färbung ab, welche gewöhnlich am dritten Tage (bei sehr sonniger Witterung auch früher) ihren tiefsten Ton erreichte. Die Resultate dieses Verfahrens sind zu meiner völligen Zufriedenheit ausgefallen. Ich kann daher mit Vertrauen die Methode zur Anwendung empfehlen. Um die Chlorsilberflüssigkeit zu bereiten, übergießt man ein schmutzfreies Stück von nicht zu geringhaltigem Silber – z.B. einen mit Salmiakgeist gewaschenen und naß abgebürsteten Thaler – mit Salpetersäure. Nach erfolgter Auflösung fügt man Kochsalz in Wasser gelöst so lange hinzu, bis kein Niederschlag weiter entsteht; gießt das Klare ab, ersetzt es durch eine ziemlich große Menge destillirten Wassers, und rührt den Bodensatz mit einem Glasstäbchen auf; gießt nach dem schnell erfolgenden Absetzen die Flüssigkeit wieder ab, und wiederholt so das Auswaschen mit destillirtem Wasser so lange, bis dieses keine bläuliche Farbe mehr annimmt. Zuletzt spült man das Chlorsilber auf ein Papierfiltrum, in welchem es nach dem fast vollständigen Ablaufen des Wassers als ein lockerer weißer Kuchen erscheint. Diesen bringt man, ohne ihn weiter zu trocknen, in ein weithalsiges Stöpselglas, wo er mit Salmiakgeist übergossen wird. Am besten thut man, nur so viel Salmiakgeist hinzuzufügen, daß noch ein klein wenig Chlorsilber ungelöst bleibt; auf diese Weise ist man sicher, eine concentrirte Auflösung zu erhalten. Das Glas muß an einem dunklen Orte stehen und stets gut verstopft gehalten werden; bleibt es einige Zeit geöffnet, so verdunstet viel Ammoniak und das aufgelöste Chlorsilber scheidet sich ab. Die ganz fertig gearbeiteten und polirten Perlenmutter-Gegenstände legt man in dieses Glas, welches zweckmäßig von Zeit zu Zeit ein wenig umgeschüttelt wird, damit die Stücke ihre Lage verändern und nicht immer auf denselben Stellen einander bedecken. Nach 24- bis 60stündigem Verweilen nimmt man dieselben heraus und legt sie auf Löschpapier an einem Orte, wo sie möglichst lange von starkem Sonnenscheine getroffen werden. Unter diesen Umständen tritt eine bis zum zweiten oder dritten Tage zunehmende schwärzlichgraue Färbung hervor, welche dem natürlichen Farbenspiele nicht nur keinen Eintrag thut, sondern eher noch dasselbe verschönert. In Ermangelung sonniger Tage erfolgt die Färbung zwar ebenfalls, aber sehr viel langsamer. Die Politur der Perlenmutter leidet bei der angezeigten Behandlung entweder gar nicht, oder doch nur in so geringem Grade, daß sie durch Reiben mit einem feinen wollenen Lappen völlig wieder hergestellt werden kann. Die Färbung dringt ziemlich tief ein, und geht z.B. bei Plättchen von ein Sechzehntel Zoll Dicke, welche 48 oder 60 Stunden in der Chlorsilbersflüssigkeit gelegen haben, durch und durch, so daß beim Durchbrechen das Innere gleichmäßig dunkel-aschgrau erscheint, und etwaiges Nachpoliren mit geschlämmter Kreide oder zerfallenem Wiener Kalk, selbst Abreiben mit Schmirgel- oder Glaspapier, keinen Schaden thut. Das Ansehen der nach meiner Methode gefärbten Perlenmutter ist jenem der natürlich schwarzen zum Verwechseln ähnlich, und fällt desto dunkler aus, je länger man die Chlorsilberflüssigkeit hat einwirken lassen. Daß man vorzugsweise Stücke mit schönem Farbenspiele zum Färben auswählen müsse, bedarf kaum der Erwähnung. Einige Beobachtungen lassen mich schließen, daß in offenem Gefäße die Chlorsilberauflösung (aus welcher sich dann ein krystallinisches Pulver absetzt) wirksamer ist, als in verstopftem; auch scheint es, als ob manche Stücke Perlenmutter die Färbung schwer annehmen.