Titel: Anwendung der Kautschukschnüre als Spannkraft-Sammler zum Heben von Lasten etc.
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XLV., S. 179
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XLV. Anwendung der Kautschukschnüre als Spannkraft-Sammler zum Heben von Lasten etc. Aus dem Practical Mechanics' Journal, Mai 1854, S. 29. Mit Abbildungen auf Tab. III. Ueber Anwendung der Kautschukschnüre zum Heben von Lasten etc. Unter den mannichfachen Anwendungen welche in unserer Zeit von dem Kautschuk gemacht wurden, ist das Princip, durch vereinte Wirkung mehrerer Kautschukschnüre Triebkraft zu erlangen, besonders interessant; während diese Schnüre leicht eine nach der andern ausgespannt werden können, bieten sie dann verbunden, eine bedeutende rückwirkende Kraft dar. Diese sinnreiche Idee rührt von Hrn. Hodges in London her, welcher früher Kaufmann und brittischer Vice-Consul zu Jacmel war. Hr. Hodges hielt sich zwanzig Jahre lang in Hayti (St. Domingo) auf, und lernte in den dortigen Gebirgen die dichten Waldungen des prächtigen Mahagonybaums kennen. So lange dieser Baum in seinem natürlichen Boden steht, ist sein Werth nur ein nomineller; wer einen solchen Baum fällen will, zahl dem Bodenbesitzer dafür nur 2 Shilling, und unter diesen Umständen haben die sogenannten Mahagonyschneider Jahre lang die europäischen Märkte mit dem feinsten „spanischen Mahagonyholze“ zu Preisen von 4 Shill. bis 6 Pf. St. per Kubikfuß versehen. Jeder Baum liefert 100 bis 500 Kubikfuß brauchbares Holz, so daß also die Mahagonyschneider recht gute Geschäfte machen können, wogegen aber auch oft das Umgekehrte stattfindet. Die Verhältnisse sind nämlich folgende: Der Unternehmer muß eine große Anzahl Menschen bezahlen, um den Baum zu fällen, und in geeignete Blöcke zu zerschneiden, deren jeder mit dem Namen des Eigenthümers bezeichnet wird. Ist dieß geschehen, so wird ein Weg durch den Wald gehauen, und es werden die Blöcke mit Ochsen und Ketten auf meistens sehr schlechten und unebenen Wegen fortgeschafft, und zwar bis zu irgend einem Flußufer. Hat der Unternehmer auf diese Weise einige Zeit in den oft sehr ungesunden Wäldern zugebracht, so geht er nach der Meeresküste und bleibt dort unthätig bis zur Regenzeit. Wenn sich diese nun im gehörigen Grade einstellt, so treten die Flüsse aus, die Blöcke werden bis zum Meere geflößt, dort aufgefangen, und der Unternehmer hat einen bedeutenden Gewinn von dem Holze. Bleibt aber der Regen aus, so kann das Holz nicht zum Meere geflößt werden, es wird sehr bald von Sträuchern umzogen, fault und der Unternehmer ist ruinirt. Hr. Hodges beobachtete dieß wiederholt, aber er sah auch, wie die armen schwarzen Grundbesitzer einen Baum nur wenige Meilen weit von der Meeresküste entfernt fällen, ihn auf ein rohes Gerüst heben, zu starken Brettern zersägen und ihn auf den Rücken von Eseln dem nächsten Hafen zuführen und verkaufen. Nur mit einer Art, einem langen Messer und seinen eignen Armen versehen, ist der schwarze Bewohner der Insel im Stande, einen vielleicht 20 Centner schweren Mahagonyblock auf das Gerüst zu heben. Das Geheimniß besteht darin, daß er die Schlingpflanzen als Seile und die Zweige der umgebenden Bäume zum Aufspeichern der hebenden Kraft benutzt. Hr. Hodges entlehnte von diesem Umstande seine Idee und benutzte zu deren Ausführung den Kautschuk. Er fand, daß ein Pfund von diesem Material, von 1 Fuß Länge, wenn es bis auf 6 Fuß ausgedehnt wird, 400 Pfund tragen kann.Wir verweisen auf die frühere Notiz über diesen Gegenstand im polytechn. Journal Bd. CXXI S. 193. A. d. Red. Fig. 21 ist die Ansicht eines zusammengesetzten derartigen Apparats zum Aufspeichern der elastischen Kraft, in seinem Normalzustande, von 1 Fuß Länge, welcher etwa 4 1/2 Tonnen heben kann. Fig. 22 ist dasselbe Werkzeug, auf seine größte Länge von 6 Fuß ausgestreckt. Fig. 23 ist eine Endansicht und Fig. 24 ein Querdurchschnitt nach der Linie E – F, Fig. 21. Auf der Fläche von 1 Fuß enthält diese Vorrichtung 151 einfache Schnüre oder elastische Röhren A, von denen eine jede 1 Fuß lang, und wenn sie ausgestreckt ist, eine rückwirkende Kraft von 65 Pfd. hat. Die an den Enden befindlichen Scheiben B bilden die Halter, durch welche die Schnüre gehen und sich dann mittelst der zusammenlaufenden Schnüre C in den Ringen D vereinigen. Die Anwendung besteht darin, daß man zuerst alle Schnüre an einem fixen Körper befestigt, sie dann einzeln ausspannt und nach einander an der zu hebenden Last befestigt. Fig. 25 ist eine Seitenansicht von einem Harpunenwerfer in Form einer großen Flinte, welcher nach demselben Princip eingerichtet ist; Fig. 26 ist ein Grundriß dieser Vorrichtung und Fig. 27 eine nicht ausgestreckte Kautschukschnur, welche die schnellende Kraft hervorbringt. Das Wurfgeschütz besteht aus einem Lauf A, in welchem sich der Kolben B frei bewegen kann, da der Lauf geschlitzt ist. An der Mündung des Laufs befindet sich ein Querstück C, zu dessen beiden Seiten die Kautschukschnüre befestigt sind. Das Schloß ist mit einem Riegel versehen, der den Kolben B festhalten kann. Nachdem der Kolben befestigt ist, werden die Schnüre D einzeln ausgespannt und eine nach der andern festgehängt, wie Fig. 26 zeigt. Die Harpune wird dann in den Lauf gesteckt und der Kolben oder Schneller mittelst eines Drückers losgelassen; damit dieß leicht bewirkt werden kann, ist das Schloß mit einem Stecher versehen. Die Harpune wird nun mit einer bedeutenden Kraft fortgeschleudert; bei E ist ein Buffer angebracht, um die Stöße aufzufangen. Fig. 28 ist ein sehr einfaches Pfeilgeschoß, welches nur 5 Loth wiegt und einen Pfeil von 18 Zoll Länge auf 100 Yards schleudert. A ist der Führer, B der elastische Treiber und C der Pfeil.

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