Titel: Ueber das Gefrieren und Sieden der Hydrate der Schwefelsäure.
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXXXVII., S. 361
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LXXXVII. Ueber das Gefrieren und Sieden der Hydrate der Schwefelsäure. Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXXXVIII S. 228. Ueber das Gefrieren und Sieden der Hydrate der Schwefelsäure. Marignac (Arch. phys. nat. t. XXII p. 225) hat hierüber Versuche mit folgenden Resultaten angestellt. Bei dem Erkalten von Schwefelsäure, die auf 1 Aeq. wasserfreie Schwefelsäure etwas weniger als 1 Aeq. Wasser enthielt, auf – 4 bis – 60° C., krystallisirte das Hydrat SO₃, HO heraus, und an wasserfreier Säure reichere Schwefelsäure blieb flüssig. Der Schmelzpunkt des durch mehrfaches Krystallisiren gereinigten und durch die Analyse seiner Zusammensetzung nach bestimmten Hydrats SO₃, HO ergab sich bei + 10°,4; die früheren Angaben für diesen Schmelzpunkt und auch Jacquelain's Bestimmung, wonach derselbe bei 0° liegen soll, sind zu niedrig. Marignac findet die Ursache dieser Irrthümer darin, daß man als reines Hydrat SO₃, HO die durch Einkochen von wässeriger Schwefelsäure erhaltene Flüssigkeit betrachtete; eine solche fand er bei – 0°,5 fest werdend, aber die von dem flüssig gebliebenen Theil getrennten Krystalle zeigten einen höhern Schmelzpunkt, welcher nach öfterem Krystallisiren auf + 10°,3 stieg. Die durch Einkochen concentrirte Schwefelsäure enthält nach Marignac stets etwa 1/12 Aequivalent Wasser mehr, als der Formel SO₃, HO entspricht. Das durch Krystallisation möglichst rein erhaltene Hydrat SO₃, HO zeigte den Schmelzpunkt 10°,5; es bleibt nach dem Schmelzen leicht selbst unter 0° im flüssigen Zustand, und erstarrt dann meist selbst nicht beim Schütteln, sogleich aber, unter Erhöhung der Temperatur auf 10°,5, beim Hineinwerfen von etwas krystallisirtem Hydrat. Sein spec. Gewicht ist, bezogen auf Wasser von derselben Temperatur als Einheit, 1,854 bei 0°, 1,842 bei 12°, 1,834 bei 24° C. Es gibt bei der Destillation zuerst etwas wasserfreie Schwefelsäure ab und wird dabei zu der Säure von der Stärke, wie die der durch Einkochen concentrirten; schon bei 30 bis 40° beginnt es zu rauchen, bei stärkerer Erwärmung nimmt die Entwickelung der Dämpfe von wasserfreier Schwefelsäure zu, Sieden scheint bei 290° einzutreten, aber der Siedepunkt wird erst bei 338° C. constant, wo keine rauchende Säure mehr übergeht. Aus mit etwas Wasser versetzter Säure bildeten sich in der Kälte Krystalle, die nach dem Trennen von dem flüssig gebliebenen Theil und Umkrystallisiren bei 8°,5 schmolzen und das Hydrat SO₃, HO waren. – In stark rauchender Säure bildeten sich schon bei gewöhnlicher Temperatur Krystalle, die von dem Flüssigen getrennt und wiederholt umkrystallisirt bei 35° schmolzen und deren Zusammensetzung der Formel 2 SO₃, HO entsprach. Ueber den Schmelzpunkt der wasserfreien Schwefelsäure liegen sehr widersprechende Angaben vor, und Marignac selbst beobachtete so wenig übereinstimmende Resultate, daß er es für wahrscheinlich hält, dieser Körper bilde verschiedene Modificationen von sehr differirendem Schmelzpunkt. Reine wasserfreie Schwefelsäure zeigte bald den Schmelzpunkt bei 15 bis 18° und rasche Verflüchtigung bei 100°, theils behielt sie bei letzterer Temperatur den festen Zustand, wenigstens längere Zeit, und verflüchtigte sich dabei nur langsam. Gleich nach ihrem Erstarren zeigt die wasserfreie Säure den niedrigeren Schmelzpunkt, einige Tage später ist sie, wenigstens zum großen Theil, schwerer schmelzbar geworden. Marignac ist der Ansicht, daß zwei Modificationen der wasserfreien Schwefelsäure existiren; eine schon bei 18° schmelzende, welche bei der Destillation und dem Schmelzen der anderen Modification entsteht, und einmal erstarrt bald in die letztere übergeht, und dann diese andere Modification, die erst bei etwa 100° schmilzt und dieß wahrscheinlich nur, indem sie durch Verflüchtigung in die erste Modification übergeht.