Titel: Untersuchungen über die Erzeugung farbiger Lichtbilder; von Hrn. E. Becquerel.
Fundstelle: Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XXXVIII., S. 123
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XXXVIII. Untersuchungen über die Erzeugung farbiger Lichtbilder; von Hrn. E. Becquerel. Nach den Comptes rendus, Juli 1854, Nr. 1. Becquerel, Untersuchungen über die Erzeugung farbiger Lichtbilder. Der Verfasser hat bereits vor mehr als zehn Jahren die Thatsache entdeckt, daß es möglich ist eine für die chemische Einwirkung des Lichts empfindliche Fläche (Silberplatte) zu präpariren, so daß sie genau die Farbe der sie treffenden leuchtenden Strahlen annimmt. Die empfindliche Substanz welche diese merkwürdige Eigenschaft besitzt, ist ein Chlorsilber welches man das violette nennen kann, es enthält weniger Chlor als das weiße Chlorsilber, mit welchem es meistens gemengt ist. Da das Chlorsilber unter Umstände versetzt werden kann, wobei es nur zwischen den Brechbarkeits-Gränzen der sichtbaren Strahlen afficirt wird, so war es wichtig sein Verhalten im elektrochemischen Actinometer genau zu untersuchen, um zu erfahren welche Wirkung die verschiedenen leuchtenden Strahlen hervorbringen, wenn man ihre Intensität in bestimmten Gränzen abändert, und ob es möglich ist eine photometrische Methode aufzustellen, welche sich auf andere als die bis jetzt angewandten Principien gründet. Der Verfasser hat schon verschiedene Verfahrungsarten angegeben, um auf Silberplatten einen aus violettem Chlorsilber bestehenden Ueberzug zu erhalten, welcher farbige Lichtbilder liefert;Man sehe die Abhandlungen im polytechn. Journal Bd. CX S. 25, Bd. CXII. S. 29, Bd. CXIV S. 44 und 118. A. d. Red. das Verfahren, welches den besten Erfolg hat, besteht darin, eine Auflösung von Chlorwasserstoffsäure in Wasser durch einen elektrischen Strom rasch zu zersetzen und das Chlor auf eine mit dem positiven Pol der Säule verbundene Silberplatte gelangen zu lassen. Man macht dieses Verfahren leicht und sicher anwendbar, wenn man in jedem Falle und in jedem Zeitpunkt die Chlormenge bestimmt, welche auf das Silberblech übergeführt wird; zu diesem Zweck schaltet man in den galvanischen Strom ein Galvanometer (mit gesäuertem Wasser) ein, so daß der Strom welcher die Chlorwasserstoffsäure zersetzt und das Chlor auf das Silber überträgt, auch das gesäuerte Wasser zersetzt. Da die elektrochemischen Zersetzungen in bestimmten Proportionen stattfinden, so wird dem Votum nach eben so viel Chlor auf die Silberplatte übergeführt, als sich Wasserstoff in der graduirten Glocke entwickelt welche über der negativen Elektrode des Galvanometers angebracht ist. Die Rückseite des Silberblechs überzieht man mit einem Firniß, damit das Chlor nur auf eine Seite derselben wirken kann. Man muß zwischen 4 und 7 Kubikcentimeter Chlorgas, bei gewöhnlichem Druck, auf den Quadratdecimeter Silberfläche übertragen; je dünner die Chlorsilberschicht ist, desto empfindlicheremfindlicher ist sie, aber desto weniger schön sind auch die erhaltenen Farbentöne. Wenn man auf eine so präparirte empfindliche Fläche ein leuchtendes Spectrum fallen läßt, so entsteht bald eine Färbung desselben, welche im Gelb und Orange anfängt, also in den leuchtendsten Theilen des prismatischen Bildes, und sich bis auf das rothe und violette Ende erstreckt. Diese Färbung reproducirt die verschiedenen Farbentöne des Spectrums. Die erhaltenen Farben sind zwar sehr lebhaft, aber ziemlich dunkel; neben dem Roth wird die Färbung violett und dunkelt rasch. Wenn gemischte Lichtstrahlen die empfindliche Fläche treffen, so hinterlassen sie, wie die Strahlen des Spectrums, eine Färbung, entsprechend dem Farbenton welchen sie besitzen. Wenn man aber dieselbe Chlorsilberschicht vor der Einwirkung der leuchtenden Strahlen dem Einfluß der Wärme oder des Lichts aussetzt, so erhält man merkwürdige Resultate. Die Wärme modificirt das violette Chlorsilber bedeutend; eine Erhöhung der Temperatur um 100 bis 150 (Celsius'sche) Grade verändert die Farbe der präparirten Silberplatte, ohne daß sie Spuren von Chlor verliert, aber gleichzeitig ändert sie die Wirkungsart der verschiedenen leuchtenden Strahlen; das zerstreute Licht oder das directe Sonnenlicht macht den Chlorsilberüberzug weiß, anstatt ihn grau zu färben, und überdieß sind die Farbentöne hell, während sie vor dem Erhitzen der Platte dunkel wurden. Merkwürdig ist, daß man denselben Zweck und mit viel besseren Resultaten erreicht, wenn man die Temperatur der Platte während mehrerer Tage zwischen 30 und 35° C. erhält; die gelben und grünen Farben, welche bei der Einwirkung des leuchtenden Spectrums auf eine vorher stark erhitzte Platte nicht scharf wieder gegeben werden, stellen sich in diesem Falle ein; überdieß färbt sich die empfindliche Silberverbindung auch viel rascher; man kann daher die auf solche Weise präparirten Platten benutzen um farbige Lichtbilder in der camera obscura darzustellen. Die Veränderung welche ein so geringer Temperatur-Unterschied, der aber mehrere Tage unterhalten wird, im Chlorsilber hervorbringt, kann man nicht einer chemischen Wirkung zuschreiben; wahrscheinlich modificirt sich in diesem Fall bloß der physische Zustand der Chlorsilberschicht. Die Wirkung welche durch die am wenigsten brechbaren Strahlen des Lichts hervorgebracht wird, ist ebenfalls sehr merkwürdig, denn das Resultat ist demjenigen analog welches eine längere Zeit fortgesetzte Erwärmung der Platten hervorbringt. In beiden Fällen scheinen daher ähnliche Molecularwirkungen zu erfolgen. Das leuchtende Spectrum wirkt in folgender Weise auf das durch die äußersten rothen Strahlen modificirte Chlorsilber: die Wirkung beginnt, wie vorher, beim Orange, dem Gelb und Grün, dann erstreckt sie sich nach und nach bis zum Violett und zum Roth. Alle den Farben des Spectrums entsprechenden Färbungen sind hell, als wenn die Platten erwärmt worden wären; aber diese Färbungen sind bei weitem schöner, und selbst das Grün, das Gelb und Orange sind lebhafter, als vor der Einwirkung der äußersten rothen Strahlen auf das Chlorsilber. Das durch die am wenigsten brechbaren Strahlen modificirte Chlorsilber besitzt daher vor demjenigen welches durch Erwärmen modificirt worden ist, nicht nur den Vortheil einen schwarzen Grund zu geben auf welchem sich die verschiedenen prismatischen Farbentöne abmalen, sondern auch noch den Vorzug die grünen und gelben Farben vollkommen zu conserviren. Man erhält auf dem so durch die Wärme oder durch das Licht modificirten Chlorsilber sehr schöne farbige Copien des leuchtenden Spectrums. Die Figuren der farbigen Ringe und diejenigen welche die krystallisirten Plättchen beim Durchgang des polarisirten Lichts geben, werden ebenfalls mit ihren Nüancen gut abgebildet. Man kann auch die Bilder der camera obscura reproduciren, so zu sagen durch das Licht malen lassen; solche Copien haben jedoch bis jetzt nur ein rein wissenschaftliches Interesse.