Titel: Verfahren um die Undichtheiten in den Gasleitungsröhren zu entdecken, von Hrn. Maccaud zu Paris.
Fundstelle: Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XLIII., S. 134
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XLIII. Verfahren um die Undichtheiten in den Gasleitungsröhren zu entdecken, von Hrn. Maccaud zu Paris. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Juni 1854, S. 363. Mit einer Abbildung. Verfahren um die Undichtheiten in den Gasleitungsröhren zu entdecken. Obgleich die Gasbeleuchtung auf einen hohen Grad von Vollkommenheit gebracht worden ist, so konnte doch einem mißlichen Umstand bis jetzt nicht gänzlich abgeholfen werden, nämlich dem Entweichen von Gas in Folge undichter Fugen oder Löthungen der Vertheilungsröhren; dieses entweichende Gas verdirbt nicht nur die Luft und macht sie ungesund, sondern kann unter gewissen Umständen auch sehr gefährliche Explosionen veranlassen. (Die Gasbeleuchtungsgesellschaften nehmen an, daß von dem Leuchtgas, bevor es an den Brennern anlangt, 25 Procent verloren gehen.) Das Mittel, welches man gegenwärtig anwendet, um Undichtheiten in den Gasleitungsröhren aufzufinden, ist ganz ungenügend; man begnügt sich nämlich, den Fugen der Röhren und Apparate eine Flamme zu nähern; wenn Gas an einer solchen Stelle entweicht, so entzündet es sich und brennt mit Flamme fort; nun kann man aber leicht vergessen gewissen Theilen die Flamme zu nähern und bisweilen fürchtet man auch durch diese Probe die Malereien und das Täfelwerk zu verderben an denen die Röhren befestigt sind. So kam es, daß man sich in den meisten Fällen zur Prüfung einer Einrichtung darauf beschränkt, die Brenner anzuzünden; wenn das Gas gut an denselben anlangt, wenn der charakteristische Geruch des Gases nicht zu merklich ist, so stellt man keine weitere Untersuchung an; nun können aber einige Tage später die Undichtheiten größer geworden seyn, so daß das Gas die Luft verdirbt oder auch mit derselben eine explodirbare Mischung bildet, welche bei der Annäherung eines Funkens detonnirt. Hr. Maccaud hat ein eben so einfaches als sicheres Verfahren erdacht, um die geringste Gasentweichung in einigen Minuten zu entdecken. Er wurde auf dasselbe durch den Umstand geführt, daß das Gas bei einem gewissen Druck aus den undichten Stellen der Apparate mit Zischen entweicht; wie man hiernach sogleich errathet, besteht sein Verfahren darin, in die Röhren eine Gasart unter so starkem Druck zu treiben, daß das Gas aus den undichten Stellen mit Zischen entweicht, und da bei dieser Erscheinung die Natur des Gases ziemlich gleichgültig ist, so benutzt er als solches die atmosphärische Luft. Sein Apparat besteht in einer Besatzung mit drei Oeffnungen, welche an der Mauer am Anfang des Vertheilungsrohrs befestigt wird; in die obere Oeffnung wird eine Röhre gesteckt welche die Verbindung mit dem Vertheilungsrohr herstellt; die Oeffnung auf der Seite communicirt mit einem Manometer; die dritte, unten befindliche Oeffnung dient um die Verbindung zwischen den Gasleitungen und einer Druckpumpe (ähnlich den in Laboratorien gebräuchlichen) herzustellen. Ein Hahn, welcher sich auf dieser Besatzung, zwischen der zweiten und dritten Oeffnung, befindet, dient zum Absperren der Verbindung wenn die Pumpe nicht mehr wirkt. Wenn man diesen Apparat anwenden will, so braucht man nur einerseits den Vertheilungshahn an der Oeffnung des Vertheilungsrohrs zu schließen, und andererseits alle Hähne der Brenner. Nach einigen Kolbenstößen hört man ein Zischen am Austritt des Gases, wenn solches an einer oder mehreren Stellen der Röhren entweicht, welche man auf diese Weise leicht erkennen kann. Nachdem man alle aufgefundenen undichten Stellen verlöthet hat, comprimirt man die Luft immer mehr, bis auf 3 oder 4 Atmosphären und darüber; wenn alsdann, nach einer gewissen Zeit, der Manometer unveränderlich bleibt, so sind offenbar alle Spalten verstopft; im entgegengesetzten Fall muß man, um die noch offenen Spalten zu entdecken, ganz nahe an allen Theilen der Verzweigung mit großer Aufmerksamkeit und Stille herumgehen. In großen Anstalten nimmt Hr. Maccaud seine Operation in jedem einzelnen Stockwerk oder in jedem Saal vor. Die ganze Untersuchung sammt den erforderlichen Verlöthungen kann meistens an einem einzigen Abend (von Mitternacht bis zum Morgen) durchgeführt werden. Dieselbe Vorrichtung benutzt Hr. Maccaud zum Reinigen sämmtlicher Zweigröhren, ohne dieselben auseinander zu nehmen; er treibt nämlich, anstatt Luft, eine Flüssigkeit hinein, welche die festen Stoffe auszulösen vermag, die durch langes Verweilen in den Röhren erhärteten. Erklärung der Abbildung. Textabbildung Bd. 134, S. 135 A an der Mauer befestigte Platte von Messing, welche eine Besatzung mit drei Oeffnungen und einem Hahn bei A trägt. B, B Vertheilungsrohr, von welchem die Röhren ausgehen die zu den verschiedenen Brennern führen; sie stehen mit der obern Oeffnung der Besatzung auf der Platte A unmittelbar in Verbindung. C, C Manometer, welcher mit der zweiten Oeffnung der Besatzung in Verbindung steht. D untere Oeffnung der Besatzung. E, E, E von Hand zu treibende Saug – und Druckpumpe, mit massivem Kolben; von dem zwei in ihrem Fuß befindlichen Ventilen öffnet sich dasjenige zur Rechten von außen nach innen, und gestattet also daß die Luft oder eine sonstige Flüssigkeit von dem Kolben angesogen werden kann, um den Pumpenkörper zu füllen; das zweite Ventil öffnet sich von innen nach außen, so daß beim Niederdrücken des Kolbens die Flüssigkeit aus dem Pumpenkörper in die Röhren getrieben wird. F, F Rohr, welches die Verbindung zwischen dem Saugventil am Fuß des Pumpenkörpers und der untern Oeffnung D der Besatzung herstellt. Jede von der Pumpe angesaugte Flüssigkeit wird so in die Röhren getrieben, indem sie durch das Rohr F zieht und dann alle Verzweigungen auf dem Rohr B bis zu den Hähnen der Brenner füllt; dabei übt sie ihren Druck auf den Manometer aus, welcher durch eine Röhre mit der Besatzung in Verbindung steht. Die ganze Röhrenverzweigung ist als vollkommen dicht zu betrachten, wenn man die hineingetriebene Luft auf den Druck von 3 bis 4 Atmosphären gebracht hat und der Manometer, welcher diesen Druck anzeigt, seinen Stand nicht veränderte, nachdem der Hahn A einige Minuten geschlossen blieb; im entgegengesetzten Fall würde man an den undichten Stellen der Leitung ein Zischen hören und dieselben daran behufs des Verlöthens erkennen. Das Reinigen des Innern der Röhren bedarf keiner Erklärung; es geschieht nach dem Verlöthen der undicht gewesenen Stellen. Nach dem Reinigen muß man sich aber neuerdings versichern, daß nicht einige Ritzen durch diese Operation entblößt wurden, und dieselben verlöthen ehe man die Vertheilung der Benutzung übergibt. J. T. Silbermann, Berichterstatter.