Titel: Verbesserungen in dem Verfahren zur Darstellung künstlicher Turmalinplatten für optische Zwecke; von Dr. William Bird Herapath.
Fundstelle: Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CIV., S. 371
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CIV. Verbesserungen in dem Verfahren zur Darstellung künstlicher Turmalinplatten für optische Zwecke; von Dr. William Bird Herapath. Aus dem Philosophical Magazine, Mai 1854, S. 352. Herapath's Verbesserungen in dem Verfahren zur Darstellung künstlicher Turmalinplatten. Die Vorschrift, welche ich früher (polytechn. Journal Bd. CXXX S. 279) zur Darstellung großer Krystalle von schwefelsaurem Jodchinin mittheilte, gelingt sehr gut, wenn die Temperatur der Luft im Zimmer 15° R. beträgt und auf diesem Grad drei bis vier Stunden lang verbleibt, während sie allmählich auf 6° R. im Verlauf der Nacht sinkt. Unter diesen Umständen wird man in der Regel einige große Plättchen am Morgen vorfinden. Man muß dieselben sogleich aus der Flüssigkeit nehmen, weil sie sich sonst wieder auflösen oder niedersinken und dadurch verloren gehen würden. Wenn aber die Temperatur der Luft nur auf 8 bis 10° R. sinkt, so ist eine andere Vorschrift (Nr. 2) nöthig; man muß dann weniger Weingeist anwenden, um die Verbindung in dem Menstruum weniger löslich zu machen. Man nimmt nämlich: schwefelsaures Chinin, 100 Gran; Essigsäure (von 1,042 spec. Gewicht), 4 Unzenmaaße; rectificirten Weingeist (von 0,837 spec. Gew.), 1 Unzenmaaß; alkoholische Jodlösung, 1 Drachmen-Maaß. Die Krystalle erzeugen sich nach dieser Vorschrift schneller als nach der früher angegebenen; sie müssen in drei bis vier Stunden herausgenommen werden, weil sonst die Mutterlauge sie bald wieder auflöst. Unlängst gelang es mir, sehr große Krystalle dadurch zu erzielen, daß ich den Weingeist in der Vorschrift Nr. 2 durch Salpeteräther ersetzte; die gebildeten Krystalle bleiben bei diesem Verfahren (Nr. 3) eine ganze Woche lang unversehrt auf der Oberfläche der Flüssigkeit. Bisweilen, namentlich wenn die Temperatur zu hoch ist, verschwindet das freie Jod, daher die Lösung fast farblos wird; man muß dann eine zweite Portion Jodlösung hinzufügen, so daß auch beim Erkalten die Flüssigkeit dunkel braungelb bleibt. Nach dem Zusetzen der Jodtinctur ist es bei allen drei gegebenen Vorschriften nothwendig das Erwärmen mit der Weingeistlampe eine kurze Zeit fortzusetzen, um alles zuerst niedergeschlagene zimmtbraune Jodchinin aufzulösen, so daß die Flüssigkeit vollkommen klar dunkelgelb wird, und dann die Lösung rasch durch weißes Filtrirpapier in einen vollkommen reinen Glaskolben mit weiter Oeffnung zu filtriren, wobei folgende Punkte zu beachten sind: 1) sollte man wenigstens sechs Kolben mit den nach obigen Vorschriften bereiteten Lösungen zur Hälfte gefüllt, haben, um sicher zu seyn, daß sich in einigen derselben blättrige Krystalle bilden; 2) sollte man mit denselben wo möglich gleichzeitig operiren und sie während der nächsten drei bis vier Stunden gut überwachen, besonders wenn die Vorschrift Nr. 2 befolgt wird, um das Product im günstigsten Zeitpunkt herauszunehmen. Wenn fremde Körper, wie Haare, Papierfasern etc., in der Lösung schwimmen, so erhält man keine großen Krystalle, sondern stets verwirrte Gruppen; 3) bei der ersten Krystallisation, welche in der Regel zu rasch erfolgt, erhält man fast nie sogleich die breiten Platten, sondern man muß oft 2–4mal wieder auflösen; 4) bei diesem Wiederauflösen der ersten Krystalle darf man die Temperatur nicht bis zum Sieden der Lösung steigern, damit nicht Weingeist und Jod sich zu sehr verflüchtigen; 5) nach geschehener Lösung ist es rathsam, noch 4–5 Tropfen Jodtinctur hinzuzufügen, damit sich über der Flüssigkeit eine Atmosphäre von Joddampf bildet, welche durch ihre Verdichtung die Krystallisation auf der Oberfläche begünstigt; 6) diese blättrigen Krystalle, welche ausgezackte Ecken haben, bestehen aus seitlich an einander gewachsenen Prismen und bilden oft beträchtlich große Scheiben, deren Zusammensetzungstheile alle in derselben optischen Richtung liegen. Oft aber entstehen ebenfalls große Blätter, scheinbar von einem Mittelpunkt aus, wie die Petala einer Blume; diese sind unbrauchbar, weil sie ein Bündel polarisirten Lichts in mehr als einer Ebene hervorbringen; dagegen ist jedes einzelne Petalum, wenn breit genug, brauchbar. Nachdem man Krystalle erhalten und einen ausgesuchten auf die Glasscheibe gebracht hat, sollte man ihn (vor dem Trocknen) waschen, um sowohl die Mutterlauge zu beseitigen, als auch Krystalle von schwefelsaurem Chinin, welche sich unter oder auf dem Blatt abgesetzt haben. Früher empfahl ich dazu jodhaltiges destillirtes Wasser, wobei sich aber braunes Jodchinin auf die Oberfläche des Krystalls niederschlagen kann; viel besser ist es, eine gesättigte Lösung von schwefelsaurem Jodchinin in destillirtem Wasser, welchem ein Achtel seines Volums Essigsäure beigemischt wurde, anzuwenden, mit welcher man zu dieser Reinigungsoperation eine Abdampfschale füllt. Der Krystall wird langsam (auf seiner Glasscheibe) in horizontaler Lage unter die Oberfläche der Flüssigkeit niedergedrückt; man trocknet dann den Krystall (auf der Glasscheibe) möglichst vorsichtig mit Löschpapier ab, und setzt ihn der Luft bei einer Temperatur von 8 bis 12° R. aus. Früher empfahl ich, die trocknen Krystalle dem Joddampf auszusetzen, welcher sich aus alkoholischer Lösung entwickelt; es ist aber vorzuziehen, den Dampf trocknen Jods anzuwenden, weil Alkoholdampf die Krystalle spröde macht. Meine Versuche, jodhaltiges Mandelöl, Elain oder Glycerin, als Deckmittel für die Krystalle zu gebrauchen, haben kein gutes Resultat geliefert. Am besten bleibt jodhaltiger Canadabalsam, in Aether gelöst. Die Oele scheinen die Krystalle anzugreifen. Die sehr dünnen Krystalle machen bei Tageslicht das Feld völlig dunkel, lassen aber vom Gaslicht ein wenig violetten Strahl durch. Dieser Uebelstand läßt sich heben durch Einschalten einer dünnen Platte von Kupfervitriol oder kupferhaltigen Boraxglases. Verfahren das Chinin aus den Mutterlaugen und den Krystallen selbst wieder zu gewinnen. – Man braucht dazu nur die Mutterlaugen mit den Krystallen von schwefelsaurem Jodchinin zu kochen und ein wenig einer Lösung von Schwefelkalium oder Schwefelammonium zuzusetzen, um das Jod in Jodwasserstoffsäure zu verwandeln, hierauf im Wasserbad zur Trockne abzudampfen, um den Weingeist und die Essigsäure zu verjagen; das zurückbleibende Salz wird in der gerade hinreichenden Menge kochenden destillirten Wassers aufgelöst, filtrirt und zum Krystallisiren hingestellt; nach dem Erkalten filtrirt man und trocknet die Krystalle mittelst Ausdrückens und gelinder Wärme. – Die Mutterlauge dieser Krystalle enthält essigsaures und ein wenig schwefelsaures Chinin; man versetzt sie nach dem Erkalten mit Alkali (caustischem oder kohlensaurem Kali, Natron oder Ammoniak) in Ueberschuß; das abgeschiedene Alkaloid sammelt man auf einem Filter und löst es in kochendem Wasser auf, welches mit Schwefelsäure angesäuert ist; wenn letztere nicht in Ueberschuß ist, krystallisirt das schwefelsaure Chinin beim Erkalten, und der Verlust ist sehr gering.