Titel: Sicherheitsapparat für den Grubenbetrieb, welcher zur Steinkohlenförderung und zur Wetterführung der Strecken dient; von den HHrn. A. Cavé und L. A. Dutertre zu Paris.
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. VIII., S. 24
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VIII. Sicherheitsapparat für den Grubenbetrieb, welcher zur Steinkohlenförderung und zur Wetterführung der Strecken dient; von den HHrn. A. Cavé und L. A. Dutertre zu Paris. Aus Armengaud's Génie industriel, Oktober 1854, S. 187. Mit Abbildungen auf Tab. I. Cavé's Sicherheitsapparat für den Grubenbetrieb. Bekanntlich ist das Gewerbe des Steinkohlenbergmannes ein sehr mühevolles; besonders kommen beim Ein- und Ausfahren in den oft sehr tiefen Schächten viele Unglücksfälle vor. Die Förderseile zerreißen zuweilen, wenn man es am wenigsten fürchtet, und es entstehen dadurch schreckliche Katastrophen, wobei viele Menschenleben zu Grunde gehen.Es trifft dieß jedoch nur Frankreich, Belgien und England, denn in den deutschen Steinkohlen-Bergwerken ist bekanntlich das Fahren auf den Seil streng verboten. H. Nun hat man zwar Mittel zur Vermeidung dieser Unglücksfälle aufzusuchen sich bemüht, und viele von den in Vorschlag gebrachten Apparaten erfüllen auch den Zweck bis zu einem gewissen Punkt; die meisten sind jedoch sehr complicirt und daher in der Anlage theuer, so daß sie nicht allgemein angewendet werden können. Die Benutzung von Hanf- oder Drahtseilen ist übrigens an und für sich ein großer Nachtheil in Schächten von einer gewissen Tiefe, weil man sie sehr stark wählen muß, weil sie deßhalb sehr schwer sind und daher der Maschinenkraft einen bedeutenden Widerstand entgegensetzen. Ueberdieß sind beide Sorten von Seilen theuer und ihre Dauer ist gering, so wie ihr Unterhalt kostbar. Ein anderer sehr wichtiger Punkt beim Steinkohlenbergbau ist die Wetterführung, welche einen unmittelbaren Einfluß auf die Gesundheit und das Leben der Arbeiter hat; sie hat oft nicht die erforderliche Regelmäßigkeit; daher kommen denn auch häufig Unglücksfälle in Folge der sich bildenden schlagenden Wetter vor, welche hauptsächlich und um jeden Preis vermieden werden müssen. Die HHrn. Cavé und Dutertre, welche diese mannichfachen Nachtheile beim Bergbau genau kennen, haben sich seit längerer Zeit mit deren Abhülfe beschäftigt und sind auf ein sehr einfaches und leicht ausführbares System gekommen, welches ein wahrer Sicherheitsapparat für die Arbeiter ist, wodurch alle Unfälle vermieden werden, und das zugleich ohne Erhöhung der Kosten, zur vollkommenen und ununterbrochenen Wetterführung auf den Strecken, ja selbst in den Abbauen dienen kann, endlich auch die Förderung der gewonnenen Substanzen bewirkt. Die Maschine, welche die Genannten zu dem Ende erfunden haben, bedarf keines Seiles, weßhalb auch alle dadurch veranlaßten Unfälle wegfallen. Sie hat nicht allein das Verdienst einer sehr leichten Construction, sondern auch dasjenige, eben so vortheilhaft in sehr tiefen, wie in weniger tiefen Schächten angewendet werden zu können. Obgleich diese Maschine hauptsächlich zum Aus- und Einfahren der Mannschaft einer Grube, so wie zur Wetterführung bestimmt ist, so kann sie doch eben so gut auch zur Förderung von Steinkohlen oder Erzen angewendet werden, ohne Veränderung ihrer Construction. In ihrer praktischen Anwendung ist sie besonders dadurch bemerkenswerth, daß sie eine große Menge Luft in die Strecken treiben kann, ohne daß man ihre Triebkraft vergrößert, oder ihre Betriebskosten erhöht werden. Auch hat dieses System noch den Vortheil, in allen senkrechten, horizontalen oder schiefen Richtungen, ja selbst in Krümmungen angewendet werden zu können. Das Princip, auf welchem das neue System beruht, besteht ganz einfach in der Anwendung gepreßter Luft zum Heben eines Kolbens von bestimmter Dimension. Man nehme z.B. an, daß die Sohle eines ausgemauerten, verzimmerten oder mit eisernen Cylindern ausgesetzten Schachtes mit den Strecken einer Steinkohlengrube in Verbindung stehe und einen hohlen Kolben enthalte, der an seiner Peripherie mit Leder oder besser mit Kautschuk geliedert ist, und nehmen wir ferner an, daß man unter den untern Theil desselben einen Strom zusammengepreßter Luft gelangen lasse, der im Verhältniß zu der zu hebender Last und der Kolbenoberfläche steht, so ist es einleuchtend, daß dieser Kolben sich erheben muß, indem er die ganze, sowohl in seinem Innern als auf seiner obern Fläche stehende Last mitnimmt. Man wird einsehen, daß man den Apparat, um ihn wirklich praktisch zu machen, der Art combiniren mußte, daß der Betrieb mit aller nothwendigen Regelmäßigkeit erfolgen kann, ohne daß dazu ein großes Arbeiterpersonal erforderlich, und so, daß die Handhabung des Apparats einfach und leicht ist. Nehmen wir zu dem Ende an, daß das Innere des Schachts, wie man es bei manchen Steinkohlengruben findet, in mehren, z. B, in drei Abtheilungen oder Trume getheilt sey, die eben soviele cylindrische Räume bilden, wovon zwei zur Aufnahme je eines Kolbens und der dritte speciell zur Aufnahme des Vertheilungsmechanismus eingerichtet sind. Die Kolben sind so eingerichtet, daß wenn der eine aufwärts, der andere abwärts geht, zu welchem Ende sie an einem gemeinschaftlichen Seil aufgehängt sind, welches in der Kehle einer großen Scheibe läuft, die in einiger Höhe über der Schachtöffnung angebracht ist. Dieser Theil des Mechanismus kann aber auch wegbleiben. Gegen das untere Ende der dritten Abtheilung ist ein beweglicher Scheider angebracht, der nichts weiter als der eigentliche Vertheilungsschieber ist und den Zweck hat, die zusammengepreßte Luft abwechselnd in einen jeden der beiden ersten Cylinder, unter ihren respectiven Kolben einzutreiben, und darauf diese Luft, nachdem sie ihre Wirkung hervorgebracht hat, durch Seitenöffnungen ausströmen zu lassen, wodurch sie in die verschiedenen, mit frischen Wettern zu versehenden Strecken gelangt. Diese Abtheilung dient auch als Luftbehälter für die Speisung. Man begreift, daß man dasselbe System bei einem einzigen Schacht anwenden könnte, was weit einfacher seyn würde, denn alsdann würde eine Leitung von kleinem Durchmesser, statt einer ganzen Schachtabtheilung, zur Luftvertheilung hinreichend seyn. Mittelst einer einfachen mechanischen Vorrichtung, welche die Erfinder außerhalb des Schachtes angebracht haben, hat man stets den Vortheil, einestheils in jedem Augenblick des Laufes zu erkennen bis zu welcher Höhe der eine oder der andere Kolben gelangt ist, und anderntheils den Schieber in den zweckmäßigen Zeitpunkten zu bewegen, weil er die Stellung in demselben Augenblick zu verändern beginnt, wo der aufsteigende Kolben das Ende seines Laufs erreicht hat. Mit Hülfe der Figuren 16 bis 19 und der nachstehenden Beschreibung kann man sich leicht die ganze mechanische Einrichtung, so wie das Spiel des Apparats verdeutlichen. Man wird sich dadurch von den Vortheilen überzeugen, welche ein solches System bei den Steinkohlen- und andern Gruben gewährt, sowohl für die ganze Sicherheit der Belegschaft, als auch damit die Abbaustrecken und Abbaue eine vollständige Wetterführung erhalten; ferner ist die mit dem Apparat zu bewerkstelligende Förderung der Kohlen oder Erze noch zu berücksichtigen. Fig. 16 ist ein senkrechter Durchschnitt des ganzen Apparats nach der Linie 1–2; man sieht daß der Schacht in drei Abtheilungen getheilt ist. Fig. 17 ist ein horizontaler Durchschnitt desselben nach der gebrochenen Linie 3–4–5. Fig. 18 ist ein auf Fig. 16 senkrecht stehender Durchschnitt, welcher durch die Mitte der beiden Abtheilungen geht, in denen sich die Kolben bewegen. Fig. 19 ist ein allgemeiner Grundriß oder eine Ansicht von oben. Man ersieht aus diesen Figuren, daß jeder Raum A und A' einen Kolben B und B' enthält. Diese Kolben bestehen aus zwei gußeisernen Platten b und b', welche einestheils durch die senkrechte Achse c und anderntheils durch den blechernen Mantel e vereinigt sind. Auf der äußern Peripherie dieses Mantels sind mittelst metallener Ringe die Scheiben von Leder oder Kautschuk d und d' befestigt, welche wie die Kolben der Dampfmaschinen zum luftdichten Verschluß des cylindrischen Raumes dienen, so daß jeder Verlust vermieden wird, wenn die gepreßte Luft auf die Oberfläche der untern Platte drückt. Die dritte Abtheilung C, in welcher man die Luft zusammenpreßt, ist oben durch einen gußeisernen Deckel e² verschlossen; an der untern Seite ist eine gußeiserne Platte f befestigt, die mit drei Oeffnungen versehen ist, welche mit denen g, g' und h, in Verbindung stehen. Die beiden erstem dienen, um Luft unter die Kolben zu führen, welche durch die dritte ausströmt. Der Vertheilungsschieber D hat eine solche Einrichtung, daß, wenn er z.B. seinen niedrigsten Standpunkt erreicht hat, er der in der Abtheilung C enthaltenen zusammengepreßten Luft gestattet durch die Oeffnung g unter den Kolben B zu strömen, um ihn zu heben, während die andere Oeffnung g', welche in Verbindung mit der Abtheilung steht, die den Kolben B enthält, nicht mehr mit dem Behälter in Verbindung steht und, im Gegentheil, die Luft, welche zur Hebung des Kolbens gedient hat, durch die Oeffnung h' nach den Strecken entweichen läßt; dieselbe dient also, um die Strecken ohne weitere Kosten zu ventiliren, nachdem sie ihre Leistungen gemacht hat. Die Bewegung dieses Schiebers erfolgt mittelst der Verbindung der beiden Rollen E und F, auf welche sich eine Kette wickelt, die durch Stangen e' vereinigt ist und deren Enden so mit dem Schieberrahmen verbunden sind, daß man nur auf den einen oder den andern Griff an der Rolle F zu drücken braucht, um den Schieber auf- oder niedergehen zu lassen und folglich auch den einen oder den andern Kolben, weil man dadurch die zusammengepreßte Luft entweder in den Canal g, welcher mit der Abtheilung des Kolbens B in Verbindung steht, oder in den Canal g' strömen läßt, welcher zu der Abtheilung des Kolbens B' führt. Um zu erkennen, auf welcher correspondirenden Höhe sich die Kolben befinden, haben die Erfinder einen sehr einfachen Mechanismus vorgerichtet, der seine Bewegung direct von diesen Kolben erhält. Zu dem Ende läuft ein an beide Kolben befestigtes Seil i über die Kehle der großen Scheibe G. Auf die Welle j dieser Scheibe wickelt sich ein anderes kleines Seil, welches an jedem Ende mit einem Gegengewicht k versehen ist und einen Inder bildet, der an der Säule H die entsprechende Höhe eines jeden Kolbens angibt. An den Armen der Rolle F ist eine Kette befestigt, welche ebenfalls durch die Welle j bewegt wird; sie hat den Zweck, wenn einer von den Kolben nahe daran ist das Ende seines Laufs zu erreichen, die Bewegung des Vertheilungsschiebers zu beginnen, damit die Luft nicht ganz ausströmen kann, so daß eine Luftschicht bleibt, welche das plötzliche Niedersinken des Kolbens auf die Sohle des Schachtes verhindert. Der Maschinenwärter faßt die Griffe und läßt den Kolben so langsam, als es nothwendig ist, hinabgehen, indem er die Ausströmungsöffnung mehr oder weniger öffnet. Man bemerkt, daß die beiden Strecken I und I', welche mit den beiden Schächten A und A' in Verbindung stehen, durch die Thüren a und a' verschlossen sind, damit die verdichtete Luft nicht durch dieselben ausströmen kann. Will man sich dieses Apparates zur Förderung bedienen, so ist die Oberfläche des Kolbens mit eisernen Schienen m zu versehen, welche man mit den Schienen m' auf den Strecken in Verbindung setzen kann, indem man den Deckel des Kolbens mit seiner Spindel in dem Kolbenboden dreht. Auf gleiche Weise kann man auch die leer hinabgehenden Förderwagen sogleich auf die Schienen oder Förderstrecke schieben. Damit das die beiden Kolben verbindende Seil, wenn es zerreißt, keinen Unfall dadurch veranlaßt, daß es auf die Köpfe der Arbeiter fällt, oder damit zufällig in den Schacht einfallende Steine dieselben nicht beschädigen, wurde über jedem Kolben ein Hut von Blech l angebracht, der einen rund aufgebogenen Rand hat und folglich die ein- oder ausfahrende Mannschaft gegen Unfälle schützt, welche durch hereinfallende Körper veranlaßt werden könnten. ES ist auch zu bemerken, daß die Kolben selbst Fallbremsen bilden. Wenn es auch an Luft unter einem Kolben fehlen sollte, so würde doch dessen Liederung, die sich aufzurichten sucht, so gegen die Schachtwände drücken, daß dadurch ein zu schnelles Eingehen des Kolbens verhindert werden würde. Man hat daher bei einem solchen Apparat durchaus keinen Unfall zu befürchten.

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