Titel: Ueber Hohofen-Schlacken und Beschickung der Hohöfen nach stöchiometrischen Grundsätzen; von G. Lindauer, vormals Director der Horzuwitzer Eisenwerke.
Autor: Gustav Lindauer
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XXX., S. 125
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XXX. Ueber Hohofen-Schlacken und Beschickung der Hohöfen nach stöchiometrischen Grundsätzen; von G. Lindauer, vormals Director der Horzuwitzer Eisenwerke. Lindauer, über Hohofen-Schlacken und Beschickung der Hohöfen nach stöchiometrischen Grundsätzen. Die geschmolzenen kieselsauren Verbindungen der Erden und Alkalien haben die Eigenschaft, die Oxyde der unedlen Metalle in beträchtlicher Menge aufzulösen und damit nach dem Erkalten verschiedenartig gefärbte, theils glas- theils porzellanartige Massen zu bilden. Diese durch Schmelzung hervorgebrachten Silicate sind es insbesondere, welche man Schlacken nennt. Daß es die Kieselerde ist, welche die Metalloxyde und Erden in den höhern Temperaturen in Fluß bringt, wußte man zwar schon längst durch Erfahrung, allein auf den Grund des Erfolges hat Berzelius zuerst hingewiesen und dadurch neuen Aufschluß über die Theorie der Schlackenbildung gegeben. Die Verbindungen der Kieselerde mit den oxydirten Körpern lassen sich als Vereinigungen einer Säure mit einer oder mehrern Basen betrachten. Es zeigt sich aber in dem Verhalten der Silicate in der Schmelzhitze eine sehr große Verschiedenheit, die theils von der Beschaffenheit der Base, theils von dem Sättigungszustande derselben mit der Kieselerde abhängig ist. Einige Basen bilden leichtschmelzbare Silicate, andere erfordern einen viel höhern Grad der Temperatur zum Flüssigwerden. Die meisten Oxyde von den eigentlich sogenannten Metallen geben leichtschmelzbare Silicate. Unter den Silicaten der Erden kommen bei den Schmelzprocessen am häufigsten das der Kalk-, Thon- und Bittererde vor, zuweilen auch das der Baryterde. Die Silicate der Thonerde zeichnen sich vorzüglich durch ihre große Strengflüssigkeit aus; diejenigen der Kalk- und Baryterde scheinen in dieser Hinsicht nicht sehr verschieden zu seyn. Silicate welche mehrere Basen enthalten, sind leichtflüssiger, als die Silicate mit einer einzigen Base, so daß man häufig in den Fall kommt, die Schmelzbarkeit eines Silicates durch ein anderes zu befördern. Aber nicht allein – wie schon erwähnt – von der Beschaffenheit der Base, sondern auch von ihrem Sättigungsverhältnisse mit der Kieselsäure ist die Schmelzbarkeit eines Silicates abhängig. Die Subsilicate sind sämmtlich strengflüssiger als die Singulosilicate; diese sind aber, wenigstens in den meisten Fällen, etwas strengflüssiger als die Bisilicate; letztere aber leichtflüssiger als die Trisilicate und als alle Silicate, in welchen die Kieselerde noch mehr vorherrschend wird. Es ergibt sich hieraus vorläufig, daß es bei der Reduction der Eisenerze vorzüglich darauf ankommt, Silicate zu bilden, welche bei dem Grabe der Temperatur, in welchem die Operation stattfindet, in einen flüssigen Zustand gebracht werden können, ohne daß dieser Flüssigkeitszustand durch Eisenoxydulsilicat veranlaßt wird, weil dadurch ein großer Theil des Eisengehaltes verloren gehen, und dasselbe zugleich durch Entkohlung des gebildeten Roheisens störend auf den Ofenbetrieb mittelst Bildung von Stabeisen-Ansätzen einwirken würde. Seit man sich über die Wirkungsart der Kieselerde bei der Schlackenbildung einen genügenden Aufschluß verschafft hat, ist es auch leichter geworden, sich über die Auswahl und über die Menge der Zuschläge beim Verschmelzen der Eisenerze Rechenschaft zu geben, und es gelten über die Beschickungsverhältnisse folgende Erfahrungssätze: I. Erzen, die viel Thonerde in der Mischung enthalten, müssen Zuschläge gegeben werden, bei welchen sich die Schlacke mehr einem Silicate als einem Bisilicate nähert. II. Enthalten die Erze mehr Kalk- und Bittererde als Thonerde, so sind die Zuschläge in der Regel so zu wählen, daß die Schlacke sich eher der Zusammensetzung eines Bisilicates nähert, obgleich sie auch schon ein Trisilicat seyn kann. III. Erze, die viel Manganoxyd oder Oxydul enthalten, müssen immer so beschickt werden, daß die Schlacke ein Trisilicat wird, weil sie sonst zu flüssig ausfällt und das vollständige Eisenausbringen aus den Erzen verhindert. IV. Erze, die in überwiegender Menge Kieselerde enthalten, sind sehr strengflüssig und geben weißes Roheisen mit sehr eisenoxydulreicher Schlacke, daher ein geringeres Ausbringen, weil ein Theil des Eisens zur Schlackenbildung nöthig ist. Solche Erze müssen Kalkzuschläge erhalten und zwar um so stärkere, je größer die Menge der beigemischten oder beigemengten Kieselerde ist. Enthalten sie außer der Kieselerde zugleich noch Thonerde, so leistet der reine Kalkstein die besseren Dienste. Wären sie aber von Thonerde ganz frei, so würde ein thonhaltiger Kalk in den meisten Fällen den Vorzug verdienen, weil er eine Verminderung des Flußzusatzes zulässig macht und doch zugleich den Zweck erreichen läßt, eine Schlacke von der gehörigen Consistenz zu erzeugen. Die Flüsse oder Zuschläge, welche die Eisenerze, wenn sie nicht für sich schmelzbar sind, erhalten müssen, sind also nur in den beiden Fällen wirkliche Flüsse oder die Schmelzbarkeit des Erzes befördernde Mittel, wenn das Erz wegen seiner Zusammensetzung kieselerdige Zuschläge erfordert, oder wenn der Kieselerdegehalt stark überwiegend ist. In allen andern Fällen wirken sie der zu großen Leichtflüssigkeit des Erzes, nämlich der Bildung einer an Eisenoxydul reichen Schlacke, entgegen, und bewirken daher eine größere Strengflüssigkeit und eine damit in Verbindung stehende leichtere Reducirbarkeit des Eisenoxyds. Von der richtigen Wahl und von dem gehörigen Verhältnisse der Zuschläge hängen der gute Gang der Schmelzbarkeit und der größere oder geringere Vortheil beim Betriebe wesentlich ab. Durch ein zu großes Verhältniß der Zuschläge wird der Zweck derselben aus demselben Grunde verfehlt, aus welchem der Zuschlag überhaupt angewendet wird. Dieß Verhältniß genau zu bestimmen, ist schwierig, weil es genau genommen nach dem Gange des Ofens, selbst bei einerlei Erzen, verschieden seyn sollte; in der Regel pflegt man aber das durch die Erfahrung aufgefundene und bei einem Mittlern guten Gange des Ofens bestimmte Verhältniß des Zuschlages zum Erze unveränderlich beizubehalten. Diese von Karsten und andern Metallurgen ausgesprochenen Grundsätze über die Beschickung der Eisenerze und über die zweckmäßigste Zusammensetzung der entfallenen Schlacken haben allerdings ein großes wissenschaftliches Interesse, allein sie sind viel zu allgemein gehalten, um von ihnen in speciellen Fällen Anwendung machen zu können. Sie gründen sich ferner, was die Schmelzbarkeit anlangt, auf schon gebildete Silicate – Schlacken – und geben kein Mittel an die Hand, um die Anordnung einer Beschickung im Vorhinein treffen zu können; gewiß kann es nur reiner Zufall seyn, wenn eine nach stöchiometrischen Regeln angeordnete Beschickung auch eine Schlacke von gleicher Zusammensetzung liefert. Umgekehrt, hat die Erfahrung nicht gezeigt, daß Schlacken von bestimmter stöchiometrischer Zusammensetzung nothwendig das Resultat einer zweckmäßigen Beschickung und eines guten Schmelzganges sind, aber sie lehrt andererseits eben so entschieden, daß Schlacken dieser Art nicht gerade vorzugsweise strengflüssiger als andere sind. Berthier, Sefström und neuerlich Plattner haben über die Schmelzbarkeit verschiedener Silicate Versuche angestellt, welche für praktische Zwecke sehr schätzenswerth sind, und es scheint, daß die Analyse sie zur Synthese geführt habe. Diese Experimentatoren gingen nämlich a priori zu Werke, indem sie verschiedene Silicate zusammensetzten, deren Schmelzbarkeit untersuchten und gegen einander verglichen. Plattner insbesondere stellte umfassende Versuche an, bei welcher Temperatur verschiedene Silicate sich bilden und schmelzen. Für den Eisenhüttenmann sind die Versuche mit Kalk- und Thonerdesilicaten von besonderem Interesse, denn die Kalk- und Thonerde in Verbindung mit der Kieselerde bilden beinahe immer den Hauptbestandtheil eines Eisenerzes, während die Talk- und Baryterde, sowie das Manganoxydul und Oxyd sich wohl in den meisten Eisenerzen zwar vorfindet, allein selten in solcher Quantität, daß ihr Einfluß auf die Schmelzbarkeit der Silicate wesentlich genannt werden könnte. Man kann daher den Einfluß dieser Bestandtheile auf die Schlackenbildung vernachlässigen, zumal auch nicht alle Kieselerde in Rechnung genommen werden kann, welche einem Hohofen überhaupt aufgegeben und zur Schlackenbildung verwendet wird. So ist die Kieselerde ein wesentlicher Bestandtheil des Aschengehaltes eines Brennmaterials, und dem letztern auch mechanisch als Sand beigemengt; endlich geben Schacht und Gestelle eines Hohofens, hauptsächlich aus Kieselerde bestehend, einen, wenn auch geringen Theil der letztem, zur Schlackenbildung ab. Die angeführten Vasen wirken übrigens in ihren Verbindungen mit Kalk- und Thonerde nur schmelzbefördernd. Berthier's Versuchen zufolge liegen die schmelzbarsten Verbindungen der Kieselerde mit der Kalk- und Thonerde innerhalb der Gränzen CS + AS und CS² + AS². Die Gemenge sind dabei um so schmelzbarer, je mehr sie sich der Zusammensetzung CS² + AS nähern. Ist die Kalkerde zum Singulosilicate verbunden, so erfolgt nach Berthier zwar auch noch eine Schmelzung, sie ist jedoch weniger leicht, als wenn die Kalkerde zum Bisilicat verbunden ist. Thonarten die am meisten Thon enthalten, nähern sich dem Thonerdebisilicat; wenn diesen also Kalkerde in den Gränzen von Singulosilicat bis Bisilicat zugesetzt wird, so werden sie immer leicht in Fluß kommen, aber noch leichter, wenn ihnen noch ein Zusatz von Kieselerde innerhalb der Gränzen S und S³ gegeben wird. Die unter der Leitung Sefströms zu Fahlun angestellten Schmelzversuche gaben folgende Resultate:   I. CS konnte nicht zum Schmelzen gebracht werden;  II. CS² war vollständig geschmolzen; III. CS³ schmilzt leichter als CS²; IV. AS und AS² sinterten nur zu einer harten Masse zusammen;  V. CS + 2 AS gab ein gut geflossenes grünes Glas. Dieses Silicat besteht aus: 42,62 Kieselerde mit            22,15 Sauerstoff, 25,84 Kalkerde     „31,54 Thonerde    „      7,28   14,77 = 22,15        „ VI. CS² + 2 AS² schmolz leicht zu einem dichroitfarbigen Glase und dieses Silicat ist zusammengesetzt aus: Kieselerde         = 59,77 mit    31,06 Sauerstoff KalkerdeThonerde = 18,12  „= 22,11  „   5,18 × 210,35 × 2 = 31,06     „ –––––––––   100,00. Die Zusammensetzung dieses Silicates entspricht aber auch der Formel: CS² + AS 3/2. VII. CS³ + 2 AS³ verhielt sich etwas strengflüssiger und besteht aus: 69,02 Kieselerde mit            35,87 Sauerstoff 13,95  7,03 Kalkerde    „Thonerde   „ 3,99 daher 3,99 × 3 7,97    „     7,97 × 3 = 35,88       „ ––––––– 100,00. VIII. CS² + AS² ein gutgeschmolzenes blaugrünes Glas. Platiner in Freiberg stellte über die Hitzgrade, welche zur Bildung verschiedener Silicate nöthig sind, umfassende Versuche an, von denen nur jene Resultate hier aufgeführt werden, welche für den vorliegenden Zweck von besonderem Interesse sind. Es führt dieser Experimentator ausdrücklich an, daß der Schmelzpunkt der bereits gebildeten Silicate immer niedriger liege als der Hitzgrad, bei welchem sich die Silicate bilden. Nach ihm bildet sich CS² bei einer Temperatur von 2150°C. CS³   „    „            „          „ 2100 AS²   „    „            „          „ 2400 AS³   „    „            „          „ 2400 CS  + AS   „    „            „          „ 1918 CS² + AS²   „    „            „          „ 1950. Die Resultate dieser drei Experimentatoren stimmen darin überein: unter allen Zusammensetzungen der Kiesel-, Kalk- und Thonerde sind in der Regel jene die leichtschmelzbarsten, welche zwischen CS² + AS² und CS + AS liegen; eine Ausnahme macht die Verbindung CS³ + AS 3/2 und ohne Zweifel sind noch mehrere außerhalb diesen Gränzen liegende Verbindungen vorhanden, welche ebenfalls leichtschmelzbar sind. Alle diese Verbindungen werden leichtflüssiger, wenn Mangan in die Verbindung tritt, und sie werden um so leichtflüssiger, je stärker der Mangangehalt in der Verbindung ist; es können daher an und für sich sehr strengflüssige Silicate leichtflüssig gemacht werden. Die verkohlten Brennstoffe, welche in den Hohöfen angewendet werden, entwickeln unter übrigens gleichen Umständen so ziemlich die gleichen Wärme-Effecte, und es ist auch nicht wohl anzunehmen, daß durch die Anwendung unverkohlter Brennstoffe, als Holz, Steinkohlen und Torf, ein geringerer Wärme-Effect in der Verbrennungs-Zone eintrete, denn die Verkohlung dieser rohen Brennstoffe muß nothwendig schon erfolgt seyn, bevor sie die Reductionszone durchlaufen haben und durch weitere Zonen in die Verbrennungs-Zone gelangt sind. Man hat es daher immer nur mit verkohlten Brennstoffen zu thun, wenn von dem Temperatur-Maximum eines Hohofens die Rede ist, obgleich nicht übersehen werden darf, daß durch die Anwendung unverkohlter Brennstoffe in den höhern Regionen eines Hohofens sehr zu berücksichtigende Modifikationen eintreten. Für Holzkohlen hat Th. Scheerer das wahrscheinliche Temperatur-Maximum eines Hohofens für kalten und warmen Wind berechnet, und es enthält die nachfolgende Tabelle die Resultate dieser Berechnung für die verschiedenen Erwärmungs-Grade der Gebläseluft. für     t =       0   100   150   200   250   300   350   400° wird P = 2656     2758     2809     2860     2911     2962     3023     3064° Dieses Temperatur-Maximum zu erreichen, wird in der Praxis allerdings nur annähernd gelingen. Es mag nun dieses Temperatur-Maximum seyn welches es will, so steht doch so viel fest, daß diesem der Schmelzgrad der stöchiometrischen Verbindung der Beschickung angemessen seyn muß. Würde nämlich die Verbindung der Erdarten zu ihrer Schmelzung einen Temperatur-Grad erfordern, der dem Temperatur-Maximum im Hohofen sehr nahe kommt oder es gar erreicht, so würde im erstem Falle nothwendig die geringste Störung im Betriebe den Ofen in Gefahr sehen, im zweiten Falle aberden Betrieb überhaupt unmöglich machen. Die Zusammensetzung der Erdarten in der Beschickung muß daher im Allgemeinen so gewählt werden, daß man eine Verbindung erhält, deren Schmelzpunkt dem Temperatur-Maximum des Hohofens und dem zu erzeugenden Producte angemessen ist, jedenfalls aber auch bedeutend höher ist, als der Schmelzpunkt des Roheisens, um die Bildung einer eisenoxydulreichen Schlacke zu verhindern. Je mehr unter der letztem Berücksichtigung der Schmelzpunkt unter dem Temperatur – Maximum des Hohofens liegt, desto höher kann der Satz geführt werden, um so geringer wird der relative Kohlenverbrauch, um so größer aber auch die Wahrscheinlichkeit weißes Roheisen zu erblasen. Bei zwei in ihren Schmelzpunkten von einander verschiedenen Silicat-Verbindungen wird diejenige zur Erzeugung eines grauen Roheisens günstiger seyn, welche den höhern Schmelzpunkt erfordert, vorausgesetzt daß derselbe nur in angemessener Entfernung unter dem Temperatur – Maximum liegt. Je richtiger überhaupt ein Silicat angeordnet ist, um so eisenoxydulärmer wird die Schlacke entfallen, daher um so größer das Ausbringen und um so geringer die Reduction der Metalloide, durch welche die Qualität des Roheisens nothleidet. Bei der Wahl eines Silicates ist die Beschaffenheit des Brennstoffes mitentscheidend; während bei Holzkohlen das Silicat immerhin beliebig zwischen CS² + AS² und CS + AS gewählt werden kann, hat doch die Erfahrung gelehrt, daß die günstigste Verbindung jene von CS² + AS oder eine nahe mit ihr übereinstimmende sey. Anders ist es bei der Anwendung von mineralischem Brennstoff und wahrscheinlich auch dem Torf. Beide enthalten in der Regel größere Aschenmengen als die Holzkohle, und in dieser in den meisten Fällen Schwefeleisen und schwefelsauren Kalk; der erstere aber überdieß noch mechanisch beigemengte Schwefeltheile, und alle diese Schwefelantheile können nur durch einen vermehrten Kalkzuschlag in die Schlacke geführt werden. Man muß daher ein Silicat wählen, das bei großem Kalkgehalte noch den nöthigen Grad von Leichtflüssigkeit besitzt, und es dürfte die Verbindung CS + AS oder eine sich ihr nähernde zu einem guten Erfolge führen. Bei der Anwendung von mineralischem Brennstoffe – und es ist anzunehmen auch bei jener von dem Torfe – kann es zur Vermeidung eines auffallend großen Kalkzuschlages, wodurch die Beschickung nur ärmer wird, sehr zweckdienlich seyn, einige Procente Mangan-Oxyd oder Oxydul in die Beschickung aufzunehmen, und es wird dieß mit um so größerem Vortheil geschehen, wenn ein oder das andere zu verschmelzende Erz manganhaltig ist. Jedem Hüttenmann kann daher eine genaue Analyse der zu verhüttenden Eisenerze und des Kalkes nicht genug empfohlen werden; eben so nothwendig und unentbehrlich ist für ihn aber auch die Kenntniß von der Berechnung und den Eigenschaften jener Silicate, die bei dem Hohofenprocesse von besonderem Einflüsse sind, weil er nur durch sie in den Stand gesetzt wird, einen bereits bestehenden Betrieb mit Erfolg und rationell weiter zu führen, einen erst beginnenden mit Vertrauen zu eröffnen; beide im Verein machen es ihm möglich, auf dem kürzesten Wege zu einer richtigen Consequenz im Betriebe zu gelangen. Wie oft ereignet sich der Fall, daß Erze, die man zur Verschmelzung ungeeignet glaubt, doch mit Vortheil verschmolzen werden können, daß kalkhaltige Erze zur Verminderung des Kalkzuschlages und manganhaltige zur Beförderung der Leichtflüssigkeit nicht in gehörigem und richtigem Maaße angewendet wurden! Keinesfalls darf aber die Sauerstoff-Verbindung des Eisens in einem Erze übersehen werden; zur Erzielung gleicher Resultate bezüglich der Beschaffenheit des zu erblasenden Roheisens dürfen nur Oxyde durch Oxyde, nicht aber Oxyde durch Oxydule, oder wenn dieß doch geschieht, in nur geringem Maaße ersetzt werden. Selbst geröstete Oxydule sind hievon nicht ausgenommen. In den Horzuwitzer Eisenwerken kommen gewöhnlich sechs bis acht verschiedene Eisenererze zur Verhüttung, und es sind diese theils Oxyde, theils Oxydule, und diese insbesondere von hohem Eisengehalte; in allen diesen Erzen ist die Kalkerde nur äußerst gering vertreten, der ziemlich entfernte Kalkstein aber nicht unbedeutend thonhaltig. Eine – längere Zeit in dem einen Hohofen – verschmolzene Beschickung von 16 Proc. Kalkzuschlag gab unausgesetzt sehr günstige Resultate, sowohl in Beziehung auf den relativen Kohlenverbrauch, als auch das Ausbringen und die Qualität des Roheisens, weßwegen diese Beschickung auf ihre Silicat-Verbindung berechnet wurde. Sie enthielt der Analyse zufolge: an Kieselerde = 26,090 Gewichtstheile,  „  Kalkerde = 12,635           „  „  Thonerde = 15,500           „ mit einem äußerst geringen Antheil von Manganoxyd. In 100 Theilen dieser Verbindung sind daher enthalten: Kieselerde = 48,114 mit            25,000 Sauerstoff, KalkerdeThonerde = 23,301  „= 28,585  „   6,657 × 213,381 × 1 = 26,695        „ –––––––––   100,000. Da der Sauerstoffgehalt der Kalkerde in jenem der Thonerde zweimal enthalten ist, und die Summe des doppelten Sauerstoffgehaltes der Kalkerde und des einfachen der Thonerde nur wenig verschieden von jenem der Kieselerde ist, so kann dieses synthetische Silicat füglich als eine Verbindung von der Form CS² + AS betrachtet werden. Während die Beschickung des ersten Horzuwitzer Hohofens auf Grundlage früherer Erfahrungen, mithin empirisch, erfolgt war, wählte man nun für den zweiten Hohofen eine Beschickung nach stöchiometrischen Grundsätzen und zwar aus Erzen bestehend, welche der erste Hohofen bislang zum Theil nicht verschmolzen hatte, bei einem Kalkzuschlage von 18 Proc. Die Beschickung enthielt: an Kieselerde = 25,595 Gewichtstheile,  „  Kalkerde = 10,460           „ „  Thonerde = 14,875           „ In 100 Theilen dieser Erdarten waren daher enthalten: Kieselerde = 50,25 mit    26,11 Sauerstoff, KalkerdeThonerde = 20,54  „= 29,21  „   5,87 × 213,69 × 1 = 25,31        „ –––––––––   100,00. Auch diese Verbindung, welche ebenfalls der Form CS² + AS nahekommt, gab sehr günstige Resultate, wobei noch zu bemerken ist, daß der Manganoxyd-Gehalt etwas größer war, als bei der Beschickung des ersten Hohofens. In den beiden speciellen Fällen war die Differenz zwischen dem durch die Analyse nachgewiesenen Eisengehalte der Gattirung und dem wirklichen Ausbringen im Großen durchschnittlich 3 1/2 Proc., obwohl das erblasene Roheisen ausschließlich zum Gießerei-Betriebe verwendet wurde, und es darf daher wohl mit Recht das Schmelzresultat ein um so günstigeres genannt werden, als bei dem totalen Ausbringen von 28–29 Proc. an Eisen, per 100 Pfd. gußfähigen Roheisens durchschnittlich nur 115 bis 120 Pfd. weicher Holzkohlen, von denen ein Kubikfuß 7 Pfd. wiegt, verbraucht wurden. Wiederholte Versuche mit verschiedenen Beschickungen von ähnlicher Zusammensetzung führten immer dieselben Erfolge herbei; sobald aber ein Oxyd durch ein – selbst vorzüglich geröstetes – Oxydul ersetzt wurde, zeigte zwar der Ofengang nicht die mindeste Veränderung, das graue, für den Gießereibetrieb vorzüglich geeignete Roheisen ging aber in weißes über, welches ein treffliches Material zu der Stabeisenbereitung abgab, weil es bei Gaargang erblasen war. Ein mehr als siebenjähriger Betrieb auf den Horzuwitzer Eisenwerken hat zur Genüge dargethan, wie höchst wichtig die stöchiometrische Anordnung der Beschickung ist, welche günstige Resultate durch sie ermöglicht werden, wenn man nur mit dem Verhältnisse der zu verschlackenden Erdarten einer Beschickung innerhalb der Gränzen CS² + AS² und CS + AS bleibt. Jene Hüttenmänner, welche der Empirie huldigen und alle wissenschaftlichen Begründungen als theoretische Spielereien betrachten und verwerfen – und es gibt deren noch viele – erlangen die Kenntniß der zu ihrer Verfügung stehenden Schmelzmaterialien nur auf Kosten des Betriebes, und oft auch gar nicht, es bleibt ein wirklich eintretender günstiger Erfolg zumeist ein Werk des Zufalles.