Titel: Ueber die Arbeiten, welche in Folge der von der Société d'Encouragement zu Paris im Jahr 1853 ausgesetzten Preise bezüglich der Geschichte und Heilung der Krankheit des Weinstocks einliefen; Bericht von Hrn. Barral.
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XXXIV., S. 148
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XXXIV. Ueber die Arbeiten, welche in Folge der von der Société d'Encouragement zu Paris im Jahr 1853 ausgesetzten Preise bezüglich der Geschichte und Heilung der Krankheit des Weinstocks einliefen; Bericht von Hrn. Barral. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement, Juli 1854, S. 393. Barral, über die Traubenkrankheit. Die ausgesetzten PreiseMan sehe polytechn. Journal Bd. CXXIX S. 386. waren folgende: 3000 Frcs. für den Verfasser der besten Arbeit über die Charaktere und die Natur der Krankheit; 3000 Frcs. für den Erfinder der wirksamsten Behandlung derselben. 6000 Frcs. sollten in neun Belohnungen vertheilt werden, nämlich drei zu 1000 Frcs. und sechs zu 500 Frcs. für jene Bewerber, welche, ohne das Ziel zu erreichen, sich ihm doch genähert und durch ihre Arbeiten neues Licht über wesentliche Umstände bei dieser Krankheit verbreitet haben. Die Bewerbung war mit dem 31 December 1853 geschlossen. 116 Bewerber hatten ihre Arbeiten rechtzeitig eingeschickt. 40 weitere Abhandlungen sind erst seit dem 1sten Januar 1854 eingelaufen, konnten also nicht mit concurriren. Die Prüfungscommission war aus den beiden Ausschüssen für Landwirthschaft und chemische Künste zusammengesetzt und ihnen Hr. Montagne als Mykolog beigegeben. Aus diesen Mitgliedern bildete sich eine Untercommission, welche aus den HHrn. Leblanc, Montagne, Louis Vilmorin und dem Berichterstatter bestand. Die beiden Hauptfragen werden von der Commission als noch nicht vollkommen gelöst betrachtet; viele Abhandlungen klaren aber wichtige Erscheinungen bedeutend auf, so daß ihre Verfasser die Ermunterungpreise verdienen. Es soll daher eine neue Bewerbung eröffnet werden, welche mit dem 31. December 1854 geschlossen wird. Zu dem Preis von 3000 Frcs. für den Erfinder eines Vorbeugungs- oder Heilverfahrens der Traubenkrankheit gesellt sich jetzt ein weiterer von 7000 Frcs., welchen der Minister für Ackerbau etc. am 19. Junius 1854 für diesen Zweck bestimmt hat. Der andere Preis von 3000 Frcs. und die 6000 Frcs. für Ermunterungspreise zu je 1000 und 500 Frcs., wie oben, werden wieder ausgeschrieben. Bekanntlich hat sich unter allen Mitteln, den Weinstock von seinem Schmarotzerpilze, dem Oïdium Tuckeri, zu befreien, die Schwefelblüthe als das beste bewährt.Nach Payen's Bericht im polytechn. Journal Bd. CXXXIV S. 258. Es war aber ein bequemes Instrument zu ihrer Verbreitung nothwendig; zu diesem Zwecke erfand Hr. Gontier einen Blasebalg, welcher wegen seiner Wirksamkeit und seines niedrigen Preises allen praktischen Anforderungen zu entsprechen scheint. In den Jahren 1851, 1852 und 1853 gelang Hrn. Gontier die vollkommene Heilung. Man muß aber gleich beim ersten Auftreten der Krankheit dagegen einschreiten; man beginnt damit, die Stöcke mittelst einer tragbaren Pumpe, ebenfalls von Gontier's Erfindung, mit Wasser zu begießen. Die Richtung des Wasserstrahls muß von unten aufwärts gehen, damit die Blätter oben und unten zugleich benetzt werden; hierauf treibt man eine Wolke von Schwefelblüthe mittelst des Blasebalgs auf den Weinstock. Manchmal kann, wenn der Weinstock durch den Thau schon hinlänglich befeuchtet ist, diese Anwendung der Pumpe erspart werden.Man sehe über Gontier's Apparate und Verfahren den Bericht im polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 383; eine von Gaffee erfundene Vorrichtung zum Schwefeln ist in Bd. CXXXIV S. 258 beschrieben. Vergleichende Versuche mit Schwefeln und Nichtschwefeln neben einander stehender Weinstöcke, wobei letztere erkrankten, während erstere gesund blieben, lassen über den Erfolg keinen Zweifel übrig. Drei aufeinander folgende Schwefelungen sind nothwendig. Die Kosten werden auf 33 Frcs. per Hektare angeschlagen, was für Weingärten, welche einen vorzüglichen Wein oder Tafeltrauben liefern, wohl nicht zu viel ist. Da jedoch die Befürchtung auftauchte, daß die Weinstöcke durch dieses Schwefeln mit der Zeit Schaden leiden könnten, worüber die Entscheidung weiteren Versuchen vorbehalten bleiben muß, so wird beantragt, für dieses Verfahren noch nicht den Hauptpreis, sondern bloß den Ermunterungspreis von 1000 Frcs. zu ertheilen. Ein zweiter Ermunterungspreis von 1000 Frcs. wird den HHrn. Targioni Tozzetti und Emilio Bechi in Florenz zuerkannt. Dieselben haben mit einer großen Anzahl erkrankter und gesunder Trauben, in getrocknetem und in normalem Zustande, vergleichende chemische Analysen angestellt; ferner eine Art mechanischer Analyse, mittelst Trennens des Marks, der Balge und Kerne der verschiedenen Traubensorten, dann chemische Analysen dieser verschiedenen Fruchttheile. Aus dieser, abgesehen von der uns beschäftigenden Krankheit, schon in pflanzenphysiologischer Hinsicht sehr verdienstlichen Arbeit geht hervor, daß die kranke Traube eine viel größere, oft zwei- oder dreimal so große Menge von Stickstoff enthält, als die gesunde. Merkwürdig ist, daß vorzüglich der Saft mehr stickstoffhaltige Substanzen enthält. Auch viel mehr mineralische Salze enthält die kranke Traube, dagegen weniger Zuckerstoff. Hr. Gasparini in Neapel lieferte eine sehr gute Geschichte des Oïdium, seiner Keimkörner und aller Phasen seiner Entwicklung; es wird ihm dafür ein Ermunterungspreis von 500 Frcs. zuerkannt. Sehr interessante Versuche stellten der Professor der Chemie Dr. J. Polli, und der Civilingenieur Eman. Bonzanini, beide in Mailand, an, über Anwendung der Auflösungen von schwefelwasserstoffsaurem Kalk, Chlorkalk, Kochsalz, Zinkvitriol, der ammoniakalischen Flüssigkeit vom Reinigen des Steinkohlengases, über Benutzung des gemahlenen Gypses, des in Wasser gerührten Terpenthinöls und endlich der vom Benetzen der Tabakblätter in den Fabriken mit einer Kochsalzlösung von 3–4° Baumé herrührenden Flüssigkeit. Von allen diesen Substanzen hatte die Tabaksbrühe allein einen vollständigen Erfolg, daher zu bedauern ist, daß man dieselbe nicht allenthalben bekommen kann. Es bleibt zu untersuchen, ob bei der Tabaksbrühe, wie wir vermuthen, das Nicotin wirkt, in welchem Falle sich dasselbe wahrscheinlich durch einige andere der vielen jetzt bekannten Alkaloïde ersetzen ließe, die mit geringen Kosten leicht im Großen dargestellt werden könnten; sie wären im Zustande von Salzen anzuwenden. (Eine Abkochung von Tabak hatte schon Fox als erprobt vorgeschlagen.) Wegen der Zweckmäßigkeit mit welcher jene Versuche angestellt wurden, wird den Genannten der zweite Ermunterungspreis von 500 Frcs. zuerkannt. Hr. Camille Leroy, Decan der Facultät der Wissenschaften zu Grenoble, hat ebenfalls zweckmäßige Versuche mit verschiedenen Heilmitteln angestellt, unter denen ihm Terpenthinöl, auf die Blätter gebracht, einen theilweisen Erfolg lieferte; für seine Abhandlung, welche überdieß eine ausführliche Geschichte des Verlaufs der Krankheit enthält, wird ihm ein Preis von 500 Frcs. zuerkannt. Hr. Guérin-Mèneville übergab 26 große Tafeln mit Abbildungen des Oïdium in seinen verschiedenen Phasen, so wie des Weinstocks im Verlaufe seiner Krankheit. Für diese verdienstvolle Arbeit wird ihm ein Ermunterungspreis von 500 Frcs. zuerkannt. Hr. Prof. Heuzé zu Grignon lieferte eine ausführliche Abhandlung, in welcher alle Fragen des Programms nach einander behandelt sind, und worin alles, was bisher über die Krankheit veröffentlicht wurde, zusammengestellt ist; überdieß veranlaßte er einen Versuch die Schwefelblüthe im Großen anzuwenden. Es wird ihm ein Preis von 500 Frcs. zuerkannt. Folgende Thatsache verdient jedenfalls Beachtung: wenn man die Traube vom Oïdium befreit, so reift sie ohne Hinderniß fort und die Ernte ist gerettet. Von den Bewerbern wurden ziemlich viele Mittel zur Vertreibung des Oïdium vorgeschlagen. Eines derselben, welches sich durch einen gut angestellten Versuch am besten bewährte, worüber glaubwürdige Zeugnisse vorliegen, besteht in der Anwendung des Dampfes von kochendem Wasser. Hr. Guillot, Gärtner zu Montfavet-d'Avignon (Baucluse), rettete einen Weinstock zwischen zwei andern, deren Ernte verloren ging, dadurch, daß er auf die Früchte, unmittelbar nach der Blüthezeit, Wasserdampf aus einer Gießkanne strömen ließ, welche geheizt war und auf einem Schiebkarren stund, der zwischen die Stöcke geführt wurde. Er erhielt eine Belohnung von 500 Frcs., um ihn zur Fortsetzung seiner Versuche im Großen zu ermuntern. Die HHrn. Collinet und Malapert, Apotheker zu Poitiers, stellten zahlreiche Versuche mit verschiedenen Substanzen, freilich nur im kleinen Maaßstab, an. Ein neues Mittel gegen das Oïdium ist nach denselben das Ueberziehen der Stöcke mit Seifenwasser, welchem etwas Thon beigemischt wurde. Es wurde ihnen ein Ermunterungspreis von 500 Frcs. zuerkannt. Hr. Lefevre-Chabert legte den Landwirthen eine Reihe, von Fragen über die Traubenkrankheit vor, die er (in 33 Exemplaren) mit der Beantwortung gegenüber, einsandte. Zur Aufmunterung in diesem Untersuchungsverfahren, welches lehrreiche Aufschlüsse verspricht, wurden demselben 500 Frcs. zuerkannt.