Titel: Sicherheitsventile für Dampfkessel, bei welchen sich die den Belastungshebeln angehängten Gewichte von selbst abhängen, sobald die bestimmte Maximaldampfspannung im Kessel überschritten wird, so daß die Lüftungsöffnungen der Ventile die Größe des gesetzlich vorgeschriebenen Ausströmungs-Querschnittes erhalten; construirt von Joh. Boley, technischer Dirigent der mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei zu Augsburg.
Fundstelle: Band 139, Jahrgang 1856, Nr. I., S. 2
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I. Sicherheitsventile für Dampfkessel, bei welchen sich die den Belastungshebeln angehängten Gewichte von selbst abhängen, sobald die bestimmte Maximaldampfspannung im Kessel überschritten wird, so daß die Lüftungsöffnungen der Ventile die Größe des gesetzlich vorgeschriebenen Ausströmungs-Querschnittes erhalten; construirt von Joh. Boley, technischer Dirigent der mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei zu Augsburg. Mit Abbildungen auf Tab. I. Boley's Sicherheitsventile für Dampfkessel. Jeder Techniker, der mit Dampfkesseln zu thun hatte, machte wohl schon die Beobachtung, daß, obgleich die Sicherheitsventile abbliesen, die Dampfspannung im Kessel dennoch zunahm, und gar Manchem mag es schon begegnet seyn, daß ihm, trotz der sich in bester Ordnung befindenden Sicherheitsventile, das Quecksilber aus dem Manometer gejagt wurde, selbst dann, wenn dasselbe für einen höhern Druck construirt war, als derjenige ist, bei welchem die Ventile abblasen mußten. Die Dampfspannung hatte also unbestreitbar noch zugenommen, während die Sicherheitsventile von ihren Sitzen gehoben waren. Der Grund, warum die Dampfspannung im Kessel selbst während des Abblasens der Ventile, und selbst bei Ventilen von einem solchen Durchmesser, daß durch die lichte Oeffnung ihrer Sitze leicht doppelt so viel Dampf entweichen kann, als der Kessel zu liefern im Stande ist, noch zunimmt, ist offenbar kein anderer als der, daß sich die Ventile nicht hoch genug heben, um allen erzeugten Dampf durchzulassen. Beobachtet man ein eben abblasendes Ventil, so findet man in der That, daß es immer nur äußerst wenig von seinem Sitze gehoben wird, was auch dann noch der Fall ist, wenn die Dampfspannung im Kessel um eine oder mehrere Atmosphären größer ist, als diejenige, bei welcher das Ventil abzublasen angefangen hat, und selbst bei Ventilen mit directer Belastung. Bei solchen mit Federzuhaltung trifft dieß noch mehr ein; denn jede Ventilerhebung bringt eine Federbiegung, und diese eine größere Federspannung hervor. Die gewöhnlichen Sicherheitsventile sind deßhalb, wenn sie nicht außerordentlich groß sind, so daß selbst bei sehr geringer Lüftung aller erzeugte Dampf entweichen kann, eher ein Warnungszeichen für den Kesselheizer, als ein wirkliches Schutzmittel gegen das Zerspringen der Kessel, oder gegen eine über die erlaubte Maximaldampfspannung gehende Spannung im Kessel. Der Grund, warum die Ventile sich weniger hoch heben als man vermuthen sollte, mag in dem geringen Seitendruck des ausströmenden Dampfstrahles zu suchen seyn. Soll das Sicherheitsventil seinen Zweck erfüllen, und einen wirklichen Schutz gegen zu große Dampfspannungen gewähren, so muß dasselbe so eingerichtet werden, daß es von dem Augenblicke an, wo es abzublasen anfängt, die größte erlaubte Spannung im Kessel also erreicht ist, nicht mehr hindernd auf die Ausströmung des Dampfes einwirken kann. Dieß ist offenbar nur dann möglich, wenn seine Belastung oder das dem Hebel angehängte Gewicht im Augenblicke des Abblasens abgenommen wird; denn dann wird sich das Ventil leicht so hoch heben, daß der Querschnitt der ringförmigen Ausströmungsöffnung dem lichten Querschnitte des Ventilsitzes gleichkommt, bei welcher Größe der Ausströmungsöffnung dann eine weitere Zunahme der Dampfspannung unmöglich ist. Das eben Gesagte kam bei Gelegenheit einer Dampfkesselprobe zur Sprache, und Hr. Boley, die Richtigkeit desselben einsehend, construirte nun eine äußerst einfache und zweckmäßige Vorrichtung, die, da sie allen Anforderungen vollkommen entspricht, weitere Verbreitung und häufige Nachahmung mit Recht verdient, auch nicht mehr bloß ein Project ist, sondern sich, mehrfach ausgeführt, seit längerer Zeit bewährt hat. Dieselbe ist in den Figuren 1, 2, 3 und 4 abgebildet, und zwar stellt Fig. 1 einen Durchschnitt der Ventile, Fig. 2 eine Seitenansicht derselben, und Fig. 3 eine Ansicht von oben dar, während Fig. 4 der Träger für die Stellwinkel ist. Auf den Dampfkessel A ist ein gußeiserner Hut B befestigt, an welchen rechts und links zwei kurze, aufwärts gebogene Röhrenstücke C angegossen sind, die wie gewöhnlich zur Aufnahme der Ventilsitze und Ventile D bestimmt sind. Mitten auf den Hut B ist eine kleine Stopfbüchse aufgeschraubt, durch welche die Schwimmerstange E geht. Sowohl der Schwimmer, als auch die Ventile haben die gewöhnliche Einrichtung. Letztere sind durch zwei cylindrische Gehäuse oder Kapseln F bedeckt, welche durch die Verbindungsröhre G mit der Dampfabzugsröhre H in Communication stehen, so daß wenn die Ventile gehoben sind, der Dampf sich nicht im Kesselhause verbreiten kann, sondern durch H abgeführt wird. Mitten durch die Kapseln F gehen die zwei cylindrischen Stifte I, welche mit ihren unteren, conischen Enden auf die Ventile drücken, während ihre oberen Enden auf gewöhnliche Weise mit den Belastungshebeln K zusammenhängen. Diese letzteren haben ihren Drehungspunkt auf den Säulchen L, welche zugleich, wie auch die Säulchen M, die Bestimmung haben, die Kapseln F an Ort und Stelle zu halten. Auf den Säulchen M ist die Führung für die Belastungshebel angebracht, und durch die Stellschrauben N, welche oben durch dieselbe gehen, ist die Höhe, auf welche der Hebel sich nach abgenommenem Gewichte erheben soll, regulirbar. Sie dienen überhaupt dazu, ein zu hohes Heben des Belastungshebels, wodurch die Ventile aus ihren Sitzen kämen, zu verhüten. Die Vorrichtung, durch welche die an die Hebel K angehängten Gewichte oder auch Federwaagen in dem Augenblicke abgelöst werden, in welchem sich das Ventil hebt, besteht nun in Folgendem. Die Gewichte O sind nicht direct an die Hebel K angehängt, sondern hängen in Zangen P, deren Arme sich aber nicht kreuzen, so daß die Zangen sich öffnen, wenn ihre längeren Arme gegen einander bewegt werden. Zur Aufnahme der Zangen sind die Enden der Hebel K geschlitzt, und die Verbindung mit denselben geschieht einfach dadurch, daß die Drehungsachsen der Zangenarme auch durch die geschlitzten Hebelenden hindurchgehen. Wird nun in das durch die kurzen Arme gebildete Maul einer Zange das Auge des Gewichtes O eingehängt, so wird erstere das Bestreben haben, sich zu öffnen, da das Gewicht auf die inneren schiefen Flächen des Zangenmaules wirkt. Soll demnach die Zange geschlossen bleiben, und das Gewicht so halten, als wenn es direct an den Hebel angehängt wäre, so muß irgend ein Körper zwischen die längeren Zangenarme gebracht werden, der ihre gegenseitige Annäherung verhindert. So lange dieser Körper sich zwischen den längeren Zangenarmen befindet, oder die Zange ihre Lage gegen denselben nicht ändert, wird ein Oeffnen der Zange unmöglich seyn, und das Gewicht O wird an den Hebel K angehängt bleiben, und folglich das dazu gehörende Ventil wie gewöhnlich niederdrücken oder belasten. Da nun der Hebel K mit der Zange P sich etwas hebt, sobald das Ventil abzublasen anfängt, und die Bewegung der Zange viel größer ist als diejenige des Ventiles selbst, so wird der Körper, welcher die Zange geschlossen erhalten soll, so lange die Dampfspannung nicht zu groß ist, eine feste, unverrückbare Lage bekommen können. Hr. Boley ordnete die Sache auf folgende Weise an: An den Hut B ist ein Träger Q angeschraubt, auf welchem nicht nur die Säule für den gewöhnlichen Schwimmerhebel R steht, sondern auf dessen Ende auch noch ein Gabelstück S, Fig. 4, befestigt ist. Mit jedem der beiden Gabelarme ist ein Stellwinkel T verbunden, welcher mit einem Schlitze versehen ist, so daß er, wenn die ihn haltende Schraube nachgelassen wird, höher oder tiefer gestellt werden kann. Der Horizontal umgebogene Theil dieser Stellwinkel tritt nun zwischen die rechts und links von der Gabel befindlichen Zangen, d.h. ihre längeren, am Ende einwärts gebogenen Arme ein, und verhindert so lange die Zangen sich zu öffnen, als die umgebogenen Zangenarme nicht über die Stellwinkel T gehoben sind. So lange also die Dampfspannung im Kessel nicht zu groß geworden und das Ventil nicht gehoben ist, wird das an die Zange P angehängte Gewicht O das Ventil belasten und dasselbe geschlossen erhalten; ist aber die Dampfspannung so gewachsen, daß sie hinreicht, das Ventil etwas zu heben, so treten auch augenblicklich die umgebogenen Zangenarme über die Stellwinkel T, und da sich nun die Zangen ungehindert öffnen können, so werden sie die Gewichte fallen lassen. Es wird also nur der unbelastete Hebel noch auf das Ventil drücken, und letzteres hebt sich jetzt leicht so hoch, daß aller vom Kessel erzeugte Dampf entweichen kann. Da die Stellwinkel T auf der Gabel S verschiebbar gemacht wurden, so kann man nach Belieben die Vorrichtung leicht so einstellen, daß die Gewichte entweder in dem Augenblicke abfallen, in welchem die Ventile abzublasen anfangen, oder erst dann, wenn die Ventile schon bis auf eine gewisse Höhe von ihren Sitzen gehoben sind. Im ersten Falle werden die Stellwinkel so weit abwärts gerückt werden müssen, daß ihre oberen Ecken gerade noch mit den unteren Ecken der Zangenarme in Berührung kommen; im zweiten werden sie um eine oder mehrere Linien höher gestellt werden müssen, so daß der Hebel schon eine Bewegung von eben so vielen Linien gemacht haben muß, ehe die Zangen sich öffnen können. Die Reibung der Zangenarme an den Stellwinkeln T, welche man dem Boley'schen Mechanismus vielleicht zum Vorwurfe machen könnte, läßt sich fast beliebig klein machen, da man die schräge Fläche im Maule der Zange so anordnen kann, daß das Gewicht der auswärts gebogenen Zangenarme beinahe allein hinreicht, um die Zange geschlossen zu erhalten. Es werden demnach die Zangenarme nur ganz leise an die Stellwinkel angedrückt werden, und die Reibung, welche außerdem noch durch Härten und hohe Politur verringert werden kann, wird dann sehr klein ausfallen. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß man, um das Auffallen der Gewichte oder der angehängten Federwaagen auf den Kessel zu verhüten, letztere noch an eine Kette oder elastische Schnur anhängen kann, die sich im ungespannten Zustande befindet, so lange das Gewicht von der Zange gehalten wird. Läßt die Zange dann das Gewicht los, so fällt dasselbe nicht auf den Kessel, sondern bleibt an der Kette oder Schnur hängen, die an der Decke des Kesselhauses oder sonst irgendwo befestigt ist. C. Walther.

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