Titel: Rauchverzehrende Herdvorrichtung; construirt von A. Silbermann, Baumeister und Techniker in Breslau.
Fundstelle: Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XIX., S. 81
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XIX. Rauchverzehrende Herdvorrichtung; construirt von A. Silbermann, Baumeister und Techniker in Breslau. Mit Abbildungen auf Tab. II. Silbermanns rauchverzehrende Herdvorrichtung. Die als sogenannter Rauch von dem Herde entweichende heiße Luft enthält, insbesondere bei lichtflammenden Brennmaterialien, je nach der Beschaffenheit des Herdes und des Luftzutrittes, mehr oder minder noch brennbare Gasarten, als Kohlenoxyd- und Kohlenwasserstoffgase, kohlenstoffhaltige Dämpfe und unverbrannte Kohlenpartikeln, welche sämmtlich durch einen der trockenen Destillation ähnlichen Zersetzungsproceß des Brennstoffes von dem kohlensauren Gase und der unverbrannten Luft mit fortgerissen werden, und in dieser Weise nicht nur der Verbrennung entgehen, sondern auch während der Circulation in den Rauchcanälen und dem Schornsteine ihren Kohlenstoff als Ruß absetzen und durch Abkühlung theerhaltige, brenzliche Flüssigkeiten condensiren. Die hauptsächlichsten Ursachen dieser nachtheiligen Rauchbildung sind ein zu geringer oder zu großer Luftzutritt zu dem Brennmaterial und in Folge dessen eine zu große Abkühlung des letzteren und des Herdes, wodurch der zu einem günstigen Verbrennungsprocesse erforderliche Temperaturgrad nicht vorhanden ist. Man hat tieserhalb auch vielfach versucht, die entweichenden Gase durch Entgegenführen neuer heißer Luftströme, oder durch Constructionen welche eine hohe Temperatur der Herde bedingen, zu verbrennen, und hat dabei nicht selten das Uebel noch vergrößert, indem bei der schwierigen Regulirung des Luftzutrittes ein zu großes Luftvolum abkühlend wirkt und einen Theil des Wärmestoffes zwecklos mit fortführt, andererseits eine zu hohe Temperatur des Herdes, besonders bei leicht zersetzbaren Brennstoffen, weit eher zur Rauchbildung als Rauchverzehrung beiträgt. – Durch Untersuchung der als Rauch entweichenden Luftarten hat sich aber für die meisten Fälle unserer Herdeinrichtungen ergeben, daß die durch das Brennmaterial streichende Luftmenge im günstigen Falle nur zur Hälfte ihren Sauerstoff zur Verbrennung abgibt, und daß demnach die noch brennbaren Gase und unverbrannte Luft in parallelen Strömen neben einander fortgerissen werden, ohne daß diese Gasarten in die zur Verbrennung erforderliche Mischung gelangten. Unter der Voraussetzung eines genügenden Luftzutrittes unterhalb des Rostes kommt es demnach hauptsächlich darauf an, eine innige Mengung der unmittelbar vom Herde entweichenden Gasarten zu erzeugen, und dieselben in Contact mit so heißen Flächen gelangen zu lassen, daß die zu ihrer Verbrennung erforderliche Temperatur stets vorhanden sey. Die Lösung dieses Problems ist aus Fig. 11 und 13 durch folgende einfache Vorrichtung ersichtlich: auf der unmittelbar hinter dem Roste befindlichen Brustmauer sind in solcher Höhe, daß das Brennmaterial nicht hineingelangen kann, eine Anzahl Röhren m von feuerfestem Thon oder Charmottemasse nach hinten geneigt in der ganzen Breite des Rostes gelagert, und sämmtliche oberhalb oder seitwärts verbleibende Oeffnungen durch Mauerwerk (bei starker Feuerung ebenfalls aus feuerfesten Ziegeln) geschlossen, so daß der Rauch lediglich durch die Röhren entweichen kann. In Folge der ziemlich starken Neigung der Röhren nach hinten wird der Rauch sich an die oberen Wandungen derselben stoßen, und so eine Mengung der Gase mit der noch unverbrannten Luft erfolgen; und da die Wandungen der Thonröhren, von der Stichflamme getroffen, sehr bald glühend werden, so wird innerhalb derselben eine Verbrennung der noch brennbaren Gasarten erfolgen. Dieß würde nur dann nicht der Fall seyn, wenn der Luftzutritt zu dem Brennmaterial ein so geringer wäre, daß der Sauerstoff der Luft während des Durchganges durch die Brennmaterialschicht bereits vollständig absorbirt wäre, was erfahrungsmäßig in den seltensten Fällen eintritt. Die vorliegende Einrichtung hat noch den Vortheil, daß die mitfortgerissene Flugasche durch das Stoßen an den Wandungen der Röhren meistens abgesetzt wird und nach hinten in die Mauervertiefung fällt (Fig. 11), von wo sie von Zeit zu Zeit durch die sonst fest geschlossene seitliche Oeffnung p herausgeholt werden kann. – Die in den Wandungen 1/2 bis 3/4'' starken Röhren von 2 bis 4'' Durchmesser haben einen kreisrunden, bei den größeren Weiten noch zweckmäßiger einen elliptischen Querschnitt, und werden alsdann so gelagert, daß ihre größere Achse in der Horizontalrichtung befindlich ist. Der lichte Querschnitt und die Länge derselben ist von der Größe der Rostfläche bedingt; sie stehen in directem Verhältnisse zu einander, indessen darf der Durchmesser der Röhren selbst bei den größten Rösten 3 1/2 bis 4'' nicht überschreiten, well sonst die mittleren Gasströme mit den Wandungen nicht genügend in Berührung kommen würden; die Länge der Röhren beträgt alsdann etwa 2'; bei kleineren Feuerungen wird der Querschnitt auf 2'' Durchmesser im Lichten und die Länge auf 15'' reducirt. Die Anzahl der neben einander zu lagernden Röhren wird dadurch bestimmt, daß die Summe ihrer lichten Querschnitte nur 1/3, höchstens 1/2 des Querschnittes der weiter folgenden Rauchcanäle betragen darf, indem der Durchgang der Gase durch die glühenden Röhren mit großer Geschwindigkeit erfolgt. Bei Stubenöfen, deren Rauch gewöhnlich von einem russischen Schornstein von 7 bis 8'' lichter Weite aufgenommen wird, werden demnach sechs neben einander liegende Röhren von 2'' Durchmesser und 12 bis 15'' Länge vollständig genügen. Einige von mir angestellte Versuche haben nicht nur die Vortheile der Rauchverzehrung evident herausgestellt, sondern es ist auch bei den Herden mit dieser Einrichtung eine merkliche Vermehrung des Zuges beobachtet worden, so daß diese einfache, überall leicht auszuführende Herdvorrichtung von nicht unwesentlichen Vortheilen begleitet seyn dürfte.

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Tafel Tab.
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