Titel: Ueber die sogenannte österreichische Salpeterprobe und über Auffindung von Natronsalpeter in Kalisalpeter; von Friedrich Toel.
Fundstelle: Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LXVII., S. 284
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LXVII. Ueber die sogenannte österreichische Salpeterprobe und über Auffindung von Natronsalpeter in Kalisalpeter; von Friedrich Toel. Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Octbr. 1856, S. 78. Toel, über die sogenannte österreichische Salpeterprobe und über Auffindung von Natronsalpeter in Kalisalpeter. I. Ueber die sogenannte österreichische Salpeterprobe. Um den Procentgehalt eines Rohsalpeters an reinem salpetersaurem Kali zu finden, ist diese Methode gewiß eine der besten, und habe ich stets die genauesten Resultate damit erhalten. Werther Journal für praktische Chemie Bd. LII S. 298. hat dieselbe geprüft, verwirft sie aber wegen „außerordentlicher Ungenauigkeit“. Ich kann nun nach meinen Versuchen nicht mit ihm übereinstimmen; ich habe die Methode ebenfalls auf das Genaueste geprüft und habe sie vollkommen bewährt gefunden. Die Methode rührt vom Artilleriehauptmann Huß Jahrbücher des k. k. polytechnischen Instituts in Wien, Bd. I S. 415. her und stützt sich auf die Erfahrung, daß gleiche Mengen Wasser von verschiedener Temperatur verschiedene aber bestimmte Mengen Kalisalpeter unbekümmert beigemengter fremder Salze aufzulösen vermögen, und daß eine Auflösung von Salpeter in Wasser sofort Krystalle abzusetzen anfängt, sobald die Temperatur unter den Sättigungspunkt fällt. Huß hat nun nach genauen Versuchen eine Tabelle entworfen, worin verzeichnet ist, wie viel Salpeter bei einer bestimmten Temperatur in 100 Theilen Wasser aufgelöst ist, und wie viel Procent reinen Salpeters der untersuchte Salpeter enthält. Das Verfahren von Huß ist kurz folgendes: Man löst in 100 Theilen vorher auf 45° R. erwärmten Wassers 40 Theile des zu untersuchenden Salpeters auf, befördert die Auflösung durch Umrühren mit einem Glasstabe oder einem Thermometer, kühlt dann durch Einhalten in kaltes Wasser und fortwährendes Umrühren die Flüssigkeit möglichst gleichförmig ab und beobachtet genau den Krystallisationspunkt. Ich möchte nun vorzüglich auf zweierlei aufmerksam machen: 1) Es ist vor Allem von großer Wichtigkeit, das richtige Verhältniß zwischen Wasser und Salpeter zu nehmen, und habe ich das dadurch zu erreichen gesucht, daß ich den Salpeter in einem tarirten Becherglase mit eingestelltem Thermometer mit der vorgeschriebenen Menge Wasser übergoß, im Wasserbade auf 45 bis 50° R. erwärmte, das während des Lösens verdampfte Wasser ersetzte, dann filtrirte und die zuerst durchgelaufene Hälfte der Lösung zur Krystallisationsbestimmung benutzte, indem ich sie bis auf 2 bis 3 Grad über den zu erwartenden Krystallisationspunkt durch kaltes Wasser abkühlte, dann aber in freier Luft mit dem Rühren fortfuhr. – Ich filtrire die Lösung, damit nicht durch Staub oder Unreinigkeiten die Krystallausscheidung befördert werde, und nehme die erste Hälfte der Lösung, weil bei hohem Procentgehalt des Salpeters zuweilen sich auf dem Filter schon Krystalle bilden. – Das verdampfte Wasser betrug bei einer Lösung von 10 Drachmen Salpeter in 25 Drachm. Wasser gewöhnlich 8 bis 10 Gran, das beim Rühren verdampfende auf die Hälfte, also ungefähr 17 1/2 Drachmen, 2 bis 3 Gran, welche Menge in Beziehung auf das richtige Verhältniß zwischen Salpeter und Lösungsmittel gewiß nicht von Einfluß ist. 2) Unumgänglich nothwendig ist es, worauf in der oben erwähnten Abhandlung von Scholz Jahrbücher des k. k. polytechnischen Instituts in Wien. auch aufmerksam gemacht ist, daß das Thermometer, womit man arbeitet, ganz genau mit dem von Huß gebrauchten stimmt; oder, wenn das nicht der Fall ist, daß man sich durch Versuche mit reinen Salpeterlösungen vergewissert, wie groß der Unterschied ist. Das von mir benutzte, ein in Zehntel Grade eingetheiltes Thermometer, zeigt den Krystallisationspunkt um Dreiviertel Grade zu hoch an. Um dieß zu ermitteln, habe ich gewiß die Hälfte der von Huß entworfenen Tabelle durchgearbeitet, und gefunden, daß die angegebenen Temperaturen ganz genau mit den von mir genommenen Procenten Salpeter stimmen; sie wichen höchstens 0,1 Grad R. ab; eine größere Genauigkeit ist von einer solchen, besonders für technische Zwecke bestimmten Methode nicht zu verlangen. Was die Beimengung fremder Salze betrifft, so kann ich die Angabe von Huß nur bestätigen; die verschiedensten Salze bis zu 25 Proc. zu Salpeter gemischt, veränderten den Krystallisationspunkt gar nicht, oder nur ganz unbedeutend; z.B. 7 1/2 Drachmen = 75 Proc. Salpeter in 25 Drachmen Wasser gelöst, krystallisirte bei 14,9 Grad nach meinem Thermometer. Dieselbe Menge Salpeter und Wasser, mit 1 Drachme Chilisalpeter und 1 1/2 Drachme Kochsalz versetzt, krystallisirte bei 14,4 Grad. Dieselben Mengen Salpeter und Wasser mit 1 1/2 Drachme kohlensaurem Natron und 1 Drachme kohlensaurem Kali versetzt, krystallisirten bei 14,95 Grad. Der Zusatz von 1 1/2 Drachme Kochsalz hatte allerdings den Krystallisationspunkt um einen halben Grad heruntergedrückt, und würde dieser Unterschied 1,8 Proc. Salpeter entsprechen; allein Rohsalpeter mit 15 Proc. Chlorsalzen kommt sehr selten vor und verliert der Salpeterraffineur doch den vom Kochsalz gelöst gehaltenen Salpeter. II. Ueber die Auffindung von Natronsalpeter in Kalisalpeter. Mit Hülfe der Huß'schen Prüfungsmethode ist es mir in Gemeinschaft mit Hrn. Hoyermann gelungen, eine Methode ausfindig zu machen, vermittelst welcher man in kurzer Zeit finden kann, ob Kalisalpeter mit Natronsalpeter verunreinigt ist. – Kocht man nämlich, wie es auch fabrikmäßig geschieht, Natronsalpeter mit kohlensaurem Kali, so erhält man Kalisalpeter und kohlensaures Natron. Im Großen ist die Umsetzung nicht vollständig; leider haben uns unsere Versuche gezeigt, daß es im Kleinen auch nicht der Fall ist; die Methode ist demnach zur procentischen Bestimmung von Natronsalpeter nicht ausreichend; für gewöhnlich ist genügend, zu wissen, ob überhaupt Natronsalpeter zugegen ist. Unser Verfahren ist folgendes: Man bestimmt zuerst nach der Huß'schen Methode den Salpetergehalt in dem zu untersuchenden Salpeter; löst dann eine beliebige Menge, vielleicht 7 1/2 Drachmen, desselben in 25 Drachmen Wasser unter Zusatz von ungefähr 1 Drachme kohlensauren Kalis auf, bestimmt den Krystallisationspunkt des Gemisches und kocht nun eine halbe Stunde lang, läßt bis auf 50 Grad erkalten, ersetzt das verdampfte Wasser, filtrirt und bestimmt wieder den Krystallisationspunkt. Ist Natronsalpeter zugegen gewesen, so ist der Krystallisationspunkt gestiegen. Wir haben selbst bei Zusatz von 1 Proc. Natronsalpeter eine Erhöhung des Krystallisationspunktes gefunden, wie nachfolgende Versuche zeigen. 9 Drachmen Kalisalpeter wurden mit 6 Gran Natronsalpeter = 1 Proc. vermischt und wie oben angegeben verfahren; wir fanden den Krystallisationspunkt bei 18,9° R.; 90procentiger Salpeter krystallisirt aber nach unserem Thermometer bei 18,75° R., der Krystallisationspunkt trat also um 0,15° höher ein. Dieselbe Menge Kalisalpeter mit 2 Proc. Natronsalpeter versetzt, krystallisirte bei 19,1, also 0,35° höher. Dieselbe Menge mit 3 Proc. Natronsalpeter versetzt, krystallisirte bei 19,6°, also 0,8° höher, und mit 4 Proc. Natronsalpeter dieselbe Menge Kalisalpeter versetzt, krystallisirte bei 20,3°, also 1,55° höher u.s.w. Die Erhöhung des Krystallisationspunktes schreitet nicht im Verhältniß mit dem Zusatz von Natronsalpeter fort; sie beträgt für ein Procent von demselben nicht einen bestimmten Theil eines Grades, und deßhalb ist aus der Erhöhung des Krystallisationspunktes nicht auf den procentischen Gehalt des zu untersuchenden Salpeters an Natronsalpeter zu schließen.