Titel: | Ueber Bereitung, Eigenschaften und Nutzanwendung des Wasserglases mit Einschluß der Stereochromie; von Dr. Johann Nepomuk v. Fuchs, Professor der Mineralogie und Akademiker in München. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LXXXIV., S. 366 |
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LXXXIV.
Ueber Bereitung, Eigenschaften und Nutzanwendung
des Wasserglases mit Einschluß der Stereochromie; von Dr. Johann Nepomuk v. Fuchs, Professor der Mineralogie und Akademiker in
München.
Aus den Abhandlungen der
naturwissenschaftlich-technischen Commission bei der königl. bayerischen Akademie
der Wissenschaften in München.An der k. bayer. Akademie der Wissenschaften in München wurde im März 1852 eine
Commission gebildet, deren Aufgabe es ist, durch wissenschaftliche Untersuchung
und Bearbeitung in der gewerblichen Technik und in
der Landwirthschaft Dunkles aufzuhellen,
Zweifelhaftes zu entscheiden, Neues weiter zu verfolgen; dieser
naturwissenschaftlich-technischen Commission haben Seine Königliche
Majestät aus Ihrer Cabinetscasse eine jährliche Summe zur Verfügung zu stellen
geruht. Die Commission hat seit ihrer Gründung theils
wissenschaftlich-technische Arbeiten veranlaßt, theils eine Reihe von
Anfragen beantwortet, technische Leistungen geprüft und durch Unterstützung
ermuntert, sodann sind von ihren Mitgliedern selbst mehrere Arbeiten unternommen
worden, deren Resultat in einzelnen Heften veröffentlicht werden wird.Das kürzlich (in der Literarisch-artistischen Anstalt der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in München) erschienene erste Heft enthält außer obiger Abhandlung und der
bereits in andere Zeitschriften übergegangenen von Prof. v. Liebig über Versilberung und Vergoldung des Glases,
noch folgende: 1) über eine Kohlensäure-Presse, von Fr. v. Kobell; 2) Untersuchungen über den Werth des
englischen Patentfleisches, von Prof. Dr. E. Harleß;
3) über das Hämatinon der Alten und über Aventuringlas, von Dr. Max Pettenkofer; 4) über das Verhalten des Zinks in der
Atmosphäre, von Demselben; 5) über ein einfaches Verfahren, die Dicke einer
Verzinkung auf Eisen zu schätzen, von Demselben; 6)
über die Bereitung und Anwendung des Natron-Wasserglases, von Prof. A.
Buchner; 7) über die Beziehungen des ozonisirten
Sauerstoffes zur praktischen Chemie, von Prof. C. F. Schönbein; 8) über die Theorie der Fehler, mit welchen die durch
optische Instrumente gesehenen Bilder behaftet sind, und über die mathematischen
Bedingungen ihrer Aufhebung, von Prof. Ludwig Seidel.A. d. Red.
Fuchs, über das Wasserglas.
Das Wasserglas, welches schon im Jahre 1825 von mir bekannt gemacht wurde, und mithin
30 Jahre alt ist, hat anfangs die Aufnahme nicht gefunden, welche man hätte erwarten sollen. Es wurde
sogar die Behauptung aufgestellt, daß es von der allbekannten Kieselfeuchtigkeit
nicht verschieden, mithin auch nichts Neues sey. Es erhoben sich zwar einzelne
Stimmen dafür und prophezeiten ihm eine gute Zukunft, auch einige auf seine
Nutzanwendung abzielende Versuche wurden gemacht; allein da diese nicht immer nach
Wunsch ausfielen, indem man nicht mit der nöthigen Sachkenntniß zu Werke ging, oft
mehr von ihm erwartete, als es seiner Natur nach zu leisten vermag, nicht die
geeigneten Zuschläge anwendete und überhaupt nicht zweckdienlich manipulirte, ging
man wieder mit Mißachtung davon ab und hat dadurch dieser Sache mehr geschadet als
genützt.
Mit solchen Personen, die keinen Begriff vom Experimentiren haben, ist nichts
durchzusetzen; denn wenn der erste Versuch nicht gelingt, so ist auch aller Credit
weg, wie ich leider öfter als einmal erfahren mußte.
Die Vorliebe für das Altherkömmliche und die Macht der Gewohnheit übten auch hier,
wie fast bei allem Neuen, ihren feindlichen Einfluß aus. Es ist überhaupt das
Schicksal von fast Allem, was neu ist, daß es eine Zeit lang angefeindet werden muß,
bis es zur Geltung kommen kann.
Seit einigen Jahren hat es sich etwas geändert und man hat angefangen einzusehen, daß
das Wasserglas nicht zu den überflüssigen Dingen gehört, sondern so mannichfaltige
Nutzanwendungen gestattet, wie es dergleichen nicht sehr viele gibt; ich habe mich
selbst bei einigen Vorschlägen und Versuchen mehr oder weniger betheiligt, um dieser
Sache Vorschub zu leisten. Zu diesem Zweck finde ich mich vor meinem Hintritt
bewogen, diese Abhandlung zu schreiben, damit die von mir und zum Theil auch von
Andern auf meine Veranlassung gemachten Erfahrungen nicht verloren gehen.
Obwohl ich die Bereitung und Eigenschaften dieses Productes in Kastner's ArchivSiehe Kastner's Archiv für die gesammte
Naturlehre, Jahrgang 1825, Bd. V S. 385 (polytechn. Journal Bd. XVII S. 465). Ein besonderer
Abdruck davon erschien bei Leonhard Schrag in
Nürnberg unter dem Titel: Ueber ein neues Product aus Kieselerde und Kali;
von Dr. Joh. Nep. Fuchs, Professor der Mineralogie und Akademiker in München. ausführlich beschrieben habe, so glaube ich doch, daß es den Lesern dieser
Blätter erwünscht seyn werde, das Wesentlichste aus jener Abhandlung auch hier zu
finden; und ich fühle mich zu dieser Angabe um so mehr bewogen, da Einiges eine
Verbesserung, Anderes, was nur kurz angedeutet worden, eine weitere Ausführung
erlangte.
Erster Abschnitt.
Verschiedene Arten von Wasserglas und ihre
Bereitung.
Es sind vier Arten von Wasserglas zu unterscheiden:
a) Kali-Wasserglas,
b) Natrum-Wasserglas,
c) Doppel-Wasserglas,
d) Fixirungs-Wasserglas.Der Name „Wasserglas“ bezeichnet eigentlich ein
Genus, wovon es gegenwärtig die eben genannten vier Specien (Arten)
gibt. Ob sich auch ein Lithion-Wasserglas darstellen läßt, weiß
ich nicht. Vielleicht gäbe es ein gutes Product, wenn beim
Kali-Wasserglas ein Theil des Kalis durch Lithion ersetzt würde;
und dazu könnten diese beiden Alkalien, welche aus dem
Lithion-Glimmer (Lepidolith) auszuscheiden wären, benützt werden.
Dieses Doppel-Wasserglas würde zwar hoch zu stehen kommen, allein
es könnten Fälle vorkommen, wobei man die Unkosten nicht zu sehr zu
scheuen hätte.
Anfangs und die längste Zeit nachher beschäftigte ich mich bloß mit dem
Kali-WasserglasHr. Friedrich Fikentscher, chemischer
Fabrikant in Zwickau, der es zuerst im Großen bereitete, versah
Jedermann, der davon Gebrauch machen wollte, nur mit dieser Art, und es
ist stets bei ihm von bester Qualität zu haben. Auf Verlangen wird er
gewiß bereit seyn, auch die andern Arten, besonders das
Natrum-Wasserglas, in gleich guter Qualität und für den
billigsten Preis zu liefern. und da fast alle Versuche, welche im Nachfolgenden zur Sprache kommen
werden, mit Kali-Wasserglas gemacht wurden, so will ich bemerken, daß,
wenn vom Wasserglas schlechthin die Rede seyn wird, stets das
Kali-Wasserglas gemeint ist.
Bereitung des Kali-Wasserglases.
Zur Bereitung des Kali-Wasserglases werden genommen:
15 Theile pulverisirter Quarz, oder reiner Quarzsand;
10 Theile gut gereinigte Potasche;
1 Theil Holzkohlenpulver.
Zu einem Sah im Großen können genommen werden:
45 Pfund Quarz;
30 Pfund Potasche;
3 Pfund Holzkohlenpulver.
Diese Ingredienzen werden gut gemengt und in einem feuerfesten Glashafen bei
starkem Feuer fünf bis sechs Stunden lang geschmolzen, bis Alles in
gleichförmigen und ruhigen Fluß gekommen ist, wozu keine geringere Hitze
erfordert wird, als zum Schmelzen des gewöhnlichen Glases. Die geschmolzene
Masse wird dann mit eisernen Löffeln ausgeschöpft und der Hafen sogleich wieder
mit einem neuen Satze gefüllt.
Das so erhaltene Glas wird pulverisirt und in ungefähr fünf Theilen siedenden
Wassers in einem eisernen Kessel allmählich und unter beständigem Umrühren
eingetragen und unter öfterem Zusatz von heißem Wasser, um das verdampfende zu
ersetzen, so lange (drei bis vier Stunden) ununterbrochen im Sieden erhalten,
bis Alles, mit Ausnahme eines schlammigen Bodensatzes, aufgelöst ist, und auf
der Oberfläche eine zähe und fadenziehende Haut sich bildet. Diese Haut zeigt
an, daß die Auflösung dem Zustande der Concentration sich nähert; sie
verschwindet aber wieder, wenn sie untergetaucht wird, worauf das Sieden noch
kurze Zeit fortzusetzen ist, um den gehörigen Concentrationszustand der
Auflösung herbeizuführen, in welchem sie ein specifisches Gewicht von 1,24 bis
1,25 hat. Bei dieser Stärke ist es noch ziemlich dünnflüssig und in vielen
Fällen geradezu brauchbar; zu gewissen Zwecken muß es aber mit mehr oder weniger
Wasser verdünnt werden. Es kann noch weiter bis zur dünnen Syrupsconsistenz
eingekocht werden, ist aber dann nur in seltenen Fällen mit Vortheil
anzuwenden.
Da, wie es nicht selten der Fall ist, etwas Schwefelkalium darin vorhanden ist,
so wird beim Kochen zuletzt, um dieses zu zerstören, etwas Kupferoxyd oder
Kupferhammerschlag zugesetzt, wobei ein kleiner Theil Kali frei wird, welcher
aber zu den meisten technischen Zwecken nicht nur nicht schadet, sondern zu
manchen sogar vortheilhaft ist. Will man jedoch mit Kieselerde vollkommen
gesättigtes Wasserglas haben, so muß man es mit frisch präcipitirter Kieselerde
so lange kochen, bis sich von dieser nichts mehr auflöst.
Beiläufig bemerke ich, daß überhaupt die frisch präcipitirte und schleimartige
Kieselerde das beste und leichteste Mittel ist, sich zu überzeugen, ob dieses
oder jenes Wasserglas mit Kieselerde vollkommen gesättigt ist oder nicht; man
darf nämlich nur ein kleines Quantum der zu prüfenden Auflösung zum Sieden
bringen und nach und nach in kleinen Portionen von reiner Kieselerde eintragen,
wovon die nicht gesättigte Auflösung mehr oder weniger aufnehmen und die
gesättigte aber ohne Wirkung bleiben wird.
Statt des Kupferoxyds kann man sich auch der Bleiglätte bedienen, um das
Schwefelkalium zu zerstören, was aber mit Vorsicht geschehen muß, weil ein
Ueberfluß von Bleioxyd das Wasserglas zum Gerinnen bringen würde.
Wenn die Auflösung abgekühlt ist und durch ruhiges Stehen im gut zugedeckten
Kessel sich geklärt hat, wird sie vom Bodensatze (der ein gutes Düngungsmittel
abgibt) in gläserne und gut zu verschließende Flaschen oder Ballons gefüllt und
unter der Aufschrift „Kali-Wasserglas“ zum Gebrauche
aufbewahrt.
Zum leichteren Transport kann es unter beständigem Umrühren zu einer festweichen
Masse eingedampft und am besten in einem Gefäß von verzinntem Eisenblech
verpackt werden. Ein besseres und leichteres Mittel, es in festem Zustande
darzustellen, gibt der Weingeist an die Hand. Wird nämlich die concentrirte
Auflösung mit 1/4 Volumen rectificirtem Weingeist versetzt, so entsteht ein
gallertartiger Niederschlag, welcher im Verlauf von ein paar Tagen sich stark
zusammenzieht und fest an dem Boden des Gefäßes sich anlegt. Wird die über
demselben stehende Flüssigkeit, welche nicht selten nebst etwas kohlensaurem
Kali Spuren von Chlorkalium, Chlornatrium und Schwefelkalium enthält,
abgegossen, der Niederschlag mit kaltem Wasser abgewaschen und etwas ausgepreßt,
so bekommt man das Wasserglas im festen und sehr reinen und vollkommen mit
Kieselerde gesättigten Zustande.
Im Wasser ist es wieder leicht und vollkommen auflöslich.
Bereitung des Natrum-Wasserglases.
Das Natrum-Wasserglas wird ebenso bereitet wie das Kali-Wasserglas;
da aber das Natrum eine größere Sättigungscapacität hat als das Kali, so
versteht es sich von selbst, daß verhältnißmäßig auf dieselbe Menge Quarz
weniger kohlensaures Natrum kommt und zwar zu einem großen Satze:
45
Pfund
Quarz,
23
„
wasserfreies, kohlensaures Natrum,
3
„
Holzkohlenpulver.
Dieses Gemeng ist etwas leichter schmelzbar als das Kali-Wasserglas. Am
wohlfeilsten aber kann es, wie Professor Buchner sich
überzeugt hat, mittelst Glaubersalz bereitet werden, wozu zu nehmen sind:
100 Theile
Quarz,
60
„
wasserfreies Glaubersalz,
15–20
Theile Kohle.
Das mit Kieselerde vollkommen gesättigte Product gibt mit Wasser eine etwas
opalisirendere Auflösung als das mit Kali bereitete bei gleichem Zustande der
Concentration.
Vom rectificirten Weingeist wird es nicht sogleich vollständig präcipitirt wie
das Kali-Wasserglas, sondern nur in eine schleimartige Masse verwandelt;
wenn es nicht vollkommen mit Kieselerde gesättigt und etwas verdünnt worden, so
gibt es gar keinen Niederschlag oder erst nach einiger Zeit, wodurch es leicht
erkannt und von dem Kali-Wasserglas unterschieden werden kann.
Bereitung des Doppel-Wasserglases.
Kali- und Natrum-Wasserglas lassen sich in allen Verhältnissen mit
einander mischen; aber als normales Doppel-Wasserglas dürfte nur
dasjenige zu betrachten seyn, was gleiche Aequivalente von Kali und Natrum
enthält und ganz sicher mit Seignettesalz und der erforderlichen Quantität von
Quarz (auf 100 Theile Quarz 121 Seignettesalz) erhalten werden kann. Allein
dieses ist für technische Zwecke zu kostspielig und es kann weit billiger mit
gleichen Aequivalenten von Kali- und Natrumsalpeter oder auch mit
gereinigtem Weinstein und Natrumsalpeter und der entsprechenden Menge Quarz von
zu technischen Zwecken genügender Qualität hergestellt werden. Man kann es auch
durch unmittelbares Zusammenschmelzen von Quarz, kohlensaurem Kali und
kohlensaurem Natrum nach folgender Vorschrift darstellen:
100
Theile
Quarz,
28
„
gereinigte Potasche,
22
„
neutrales wasserfreies kohlensaures Natrum,
6
„
Holzkohlenpulver.
Es ist merklich leichter schmelzbar als jedes der
vorhergehenden.
Da es beim technischen Gebrauche auf ein genaues quantitatives Verhältniß nicht
ankommt, so fehlt man nicht viel, wenn man zu drei Maaßtheilen concentrirtem
Kali-Wasserglas zwei Maaßtheile concentrirtes Natrum-Wasserglas
mischt, um ein Doppel-Wasserglas zu erhalten, was zu allen technischen
Zwecken, für welche man es überhaupt geeignet findet, brauchbar ist.
Fixirungs-Wasserglas und Darstellung
desselben.
Lange Zeit war ich der Meinung, daß das gewöhnliche mit Kieselerde vollkommen
gesättigte Wasserglas das beste und zu allen Zwecken das brauchbarste sey;
allein in der Stereochromie hat es sich bei der letzten Operation, dem Fixiren
der Färben nämlich, sehr nachtheilig gezeigt und das Fortschreiten dieser
Malerei sehr gehemmt, bis ich das Fehlerhafte dabei erkannte; was eben darin
besteht, daß dieses Wasserglas wegen seiner schnell eintretenden theilweisen
Zersetzung die Bilder gewöhnlich unrein und fleckig macht, wie es später noch
näher dargethan werden wird. Nachdem ich dieses eingesehen hatte, wurde dem
Uebel, was Hrn. v. Kaulbach und mir viel Sorge
machte, bald abgeholfen, indem ich auf den Gedanken kam, daß das Wasserglas zu
diesem Zwecke nicht vollkommen mit Kieselerde gesättigt seyn darf. Wenige
Versuche bestätigten diese Vermuthung und bestimmten mich nach genauer Erwägung
aller Umstände dahin, dem gewöhnlichen und mit Kieselerde vollkommen gesättigten
Wasserglas eine Portion Natrumkieselfeuchtigkeit beizugeben, was sich auch ganz
zweckdienlich erwies. Dieses Gemisch will ich Fixirungs-Wasserglas
nennen.
Zur Darstellung der dazu verwendeten Natrumkiefelfeuchtigkeit werden drei Theile
reines wasserfreies kohlensaures Natrum mit zwei Theilen Quarzpulver
zusammengeschmolzen, mit dem dadurch erhaltenen Producte eine concentrirte
Auflösung gemacht und davon, da es auf ein genaues quantitatives Verhältniß
nicht ankommt, ein Maaßtheil zu vier bis fünf Maaßtheilen von dem concentrirten
und mit Kieselerde vollkommen gesättigten Kali-Wasserglas beigemischt,
wodurch es nebst einem Zuwachs von Kieselerde einen größern Alkaligehalt
bekommt, welcher hinreicht, die schnelle Zersetzung zu verhindern, ohne daß
seine übrigen Eigenschaften merklich alterirt werden. Das vorher trübe oder
opalisirende Wasserglas wird dadurch vollkommen wasserklar und etwas
dünnflüssiger. Beim Gebrauche dieses Gemisches beschränkt man sich nicht auf die
Stereochromie allein, sondern es kann auch zu manchen andern Zwecken mit
Vortheil benützt werden.
Eigenschaften des Wasserglases und sein Verhalten zu
andern Körpern.
Es ist sehr viel daran gelegen, dieses Verhalten so genau als möglich kennen zu
lernen, weil sonst in der Praxis leicht Fehler begangen oder aus gewissen
Vorgängen und Erscheinungen falsche Schlüsse gezogen werden könnten.
Im siedenden Wasser löst sich das feste oder geschmolzene Wasserglas, das, wenn
es rein ist, das Ansehen des gewöhnlichen Glases hat, allgemach und ohne
Rückstand auf; im kalten geht aber die Auflösung so langsam von Statten, daß man
fast glauben möchte, es sey darin ganz unauflöslich. Ganz unauflöslich wird es
aber nur dann, wenn noch eine viel größere Menge Kieselerde damit in Verbindung
gesetzt, oder ihm ein Theil Kali entzogen wird, oder auch wenn andere Körper,
Erden, Metalloxyde etc. hinzukommen, welche sich damit zu dreifachen oder
doppelsalzartigen Verbindungen vereinigen, wie wir dergleichen viele im
Mineralreiche antreffen und wie auch das gemeine Glas ist. Beiläufig muß ich die
Bemerkung machen, daß die Kieselerde sich überhaupt lieber mit zwei Salzbasen
als nur mit einer verbindet.
Die Säuren, selbst die Kohlensäure nicht ausgenommen, zersetzen die Auflösung und
scheiden die Kieselerde daraus im schleimartigen Zustande ab. Auf das feste
Wasserglas wirken sie, auch wenn sie verdünnt sind, stärker und schneller ein
und scheiden daraus die Kieselerde in Pulverform ab.
Die Salze mit alkalischen Basen, vorzüglich die kohlensauren und salzsauren,
bringen kleisterartige Niederschlage hervor, welche bei nicht zu Stärker
Verdünnung sogleich erfolgen und die ganze Flüssigkeit zum Gerinnen bringen,
sonst aber nur allmählich zum Vorschein kommen. Besonders wirksam zeigt sich in
dieser Hinsicht der Salmiak, welcher auch in sehr verdünnter Auflösung unter
Entwicklung von Ammoniak einen flockigen Niederschlag erzeugt, der nach längerem
Auswaschen mit durch Salpetersäure angesäuertem Wasser reine Kieselerde
hinterläßt.
Die alkalischen Erden machen, wenn sie mit der Auflösung zusammenkommen, mehr
oder weniger Kali daraus frei und vereinigen sich mit der Kieselerde und dem
übrigen Kali zu doppel-dreifachen Verbindungen, die im Wasser völlig
unauflöslich sind.
Die Thonerde verbindet sich damit ebenfalls zu einem im Wasserunauflöslichen
Producte, weßhalb darauf zu sehen ist, daß der Quarzsand, welcher zur Bereitung
des Wasserglases verwendet wird, keine thonigen Theile mit sich führe. Der beim
Auflösen des geschmolzenen Glases entstehende unauflösliche Schlamm rührt wohl
hauptsächlich von der Thonerde her, welche das Glas aus dem Glashafen
aufgenommen hat. Wird das Wasserglas im gelösten Zustande in offenen Gefäßen der
Luft ausgesetzt, so zieht es Kohlensäure daraus an und erleidet dadurch eine
Zersetzung, so daß es bald schneller, bald langsamer zum Gerinnen kommt und nach
und nach ein schleimartiger Bodensatz sich bildet, welcher nach Hrn. Prof. Buchners Untersuchung kalihaltig ist.
In der Wärme geht diese Veränderung weit rascher vor sich, als bei der
gewöhnlichen Temperatur; und dampft man die Auflösung in einer Schale im
Abdampfofen allmählich ein und gibt zuletzt noch eine stärkere Hitze, um es
wasserfrei zu machen, wobei es sich stark zu einer bimssteinartigen Masse
aufbläht, so findet man es nachher großentheils zersetzt und im Wasser
unauflöslich und mit Säuren stark brausend. Durch gelindes Glühen wird es aber
wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt, so daß es sich im Wasser
wieder vollkommen auflöst.
Daraus ist zu ersehen, daß, wenn man aufgelöstes Wasserglas durch Eindampfen im
festen Zustande darstellen will, man es beständig im Sieden erhalten muß, wobei
durch den Wasserdampf das Eindringen der Kohlensäure verhindert wird. Dasselbe
hat man zu beobachten beim Auflösen des rohen geschmolzenen Glases; weßhalb man,
um das verdampfende Wasser zu ersetzen, nicht kaltes anwenden darf, weil sonst
das Sieden unterbrochen und der Kohlensäure der Zutritt gestattet würde.
Wenn man festes und pulverisirtes Wasserglas eine Zeit lang der Luft aussetzt, so
erleidet es dieselben Veränderungen wie beim Abdampfen; es brauset nämlich stark
mit Sauren und löst sich nur noch zum Theil im Wasser auf mit Hinterlassung
eines Stärken Schlammes. Wird aber das Pulver ausgeglüht, so löst es sich dann
wieder vollkommen auf. Läßt man Tropfen davon auf den Tisch oder Boden fallen,
so verlieren sie bald ihre Durchsichtigkeit und werden weiß in Folge von einer
theilweisen Zersetzung. Dasselbe geschieht, wenn man es aus einem gläsernen
Gefäß ausgießt, wobei oft etwas an der äußern Wand herunterläuft und daran
hängen bleibt; es erscheint dann beim Austrocknen bald in weißen Streifen, die
sich nicht leicht wieder vertilgen lassen. Bewahrt man es in einer gläsernen
Flasche auf, die damit nicht ganz angefüllt und nicht gut verschlossen ist, so
entsteht mit der Zeit ein weißer Ring, der sich so fest anlegt, daß er selbst
mit Säuren nicht ganz entfernt werden kann. Zugleich bildet sich auf dem Boden
des Gefäßes ein mehr oder weniger Stärker Niederschlag. Alles dieses ist, wie
schon gesagt, Folge einer theilweisen Zersetzung des Wasserglases, was ich
früher aus Mangel hinreichender Beobachtungen und Erfahrungen nicht erkannt
habe. Ich sagte nämlich in der oben citirten Abhandlung S. 396: „Das
ausgetrocknete reine Wasserglas erleidet an der Luft keine merkliche
Veränderung und zieht daraus weder Wasser noch Kohlensäure an. Auch auf die
concentrirte Auflösung äußert die Kohlensäure der Luft keine bemerkbare
Wirkung, wiewohl sie zersetzt und in eine steife Gallerte verwandelt wird,
wenn man Kohlensäuregas durch sie strömen läßt. Die verdünnte Auflösung wird an der Luft
mit der Zeit trübe und zersetzt sich nach und nach ganz.“
Diesen Irrthum will ich hiemit getilgt haben.
Wird concentrirtes Wasserglas auf eine feste Unterlage, die es wenig oder nicht
einsaugt, z.B. Glas, Marmor, dickes Papier, gestrichen, so trocknet es bald aus
und bildet einen glänzenden und durchsichtigen Firniß, der sich aber nicht sehr
lange in diesem Zustande hält, sondern allmählich matt, trübe und mitunter
kluftig wird und zuletzt einen zarten staubartigen Anflug bekommt. Diese
Veränderung gründet sich darauf, daß das lufttrockene Wasserglas noch viel
Wasser (ungefähr 12 Proc.) enthält, was es nur sehr langsam verliert, wobei es
sich immer mehr und mehr zusammenzieht und eine nicht unbedeutende Härte
annimmt.
Eine der vorzüglichsten und zu technischen Zwecken wichtigsten Eigenschaften des Wasserglases ist die, zu binden und zu
kleben; es dient daher, lockeren Massen Dichtigkeit und stärkeren
Zusammenhalt zu geben, getrennte Theile von Körpern zu vereinigen, kleine Stücke
zu einem größeren Ganzen zu verbinden, Spalten und Klüfte auszufüllen u.s.w., in
welcher Beziehung man noch lange nicht die vielseitige Anwendung gemacht hat,
die sich davon machen läßt. Es läßt sich in dieser Hinsicht mit dem Leim
vergleichen und man könnte es einen mineralischen Leim nennen.
Seine Wirksamkeit zeigt sich augenfällig, wenn es festen und porösen Körpern, die
es einsaugen, incorporirt wird, und wenn es mit pulverförmigen, staub-
oder sandartigen, oder zwischen den Fingern zerreiblichen Körpern
zusammengebracht wird, die dadurch in steinartige Massen verwandelt werden,
wobei zugleich das Wasserglas im Wasser unauflöslich
wird.
Diese Wirkungen hängen dem Grade nach von der Natur der Substanzen ab, mit
welchen das Wasserglas in Contact gebracht wird, indem es nämlich einige
stärker, andere schwächer anziehen und binden. Hiebei findet der wesentliche
Unterschied statt, daß bei einigen, z.B. Bittererde und Zinkoxyd, mit dem
Wasserglas eine chemische Verbindung erfolgt, bei andern nur die Adhäsionskraft
ohne alle chemische Reaction wirksam ist.
Bei jenen sind die Wirkungen, das Erhärten und Unauflöslichwerden nämlich, leicht
zu begreifen, indem durch die Aufnahme einer zweiten Salzbasis ein
unauflösliches Product entsteht; bei diesen ist es nicht so leicht, den Vorgang
einzusehen, zumal da das Verhalten des Wasserglases zu verschiedenartigen
Körpern nicht unbedeutend verschieden sich zeigt, weßhalb es auch nichts weniger
als gleichgültig ist, diesen oder jenen Körper zu wählen, wenn man ein
inniges, festes und dem Wasser widerstehendes Gemenge darstellen will. So z.B.
gibt das Wasserglas zum Marmorpulver eine weit größere Adhäsionsneigung zu
erkennen als zum Quarzpulver. Daß die Kohlensäure der Luft zur Consolidirung des
Wasserglases sehr viel beiträgt, geht schon aus dem hervor, was oben über die
theilweise Zersetzung desselben unter der Einwirkung der Luft gesagt worden;
dieses scheint jedoch nicht zu genügen, die auffallende Veränderung, welche oft
schon nach wenigen Tagen wahrnehmbar ist, zu erklären. Die Kohlensäure lockert
allerdings, wenn ich mich des Ausdruckes bedienen darf, das ohnehin schwache
Band zwischen Kieselerde (Kieselsäure) und Alkali auf, allein dazu kommt noch
und muß meines Erachtens noch kommen, daß diese Erde sich nicht passiv verhält,
sondern ihrer ganz eigenthümlichen Natur nach freiwillig verschiedene
Cohärenzzustände annimmt, selbst activ dabei mitwirkt, sich so zu sagen in sich
selbst zurückzieht, und sich dabei so fest an die mit ihr im Contact
befindlichen Körpertheile, wozu sie Adhäsionsneigung hat, anschließt, daß das
Ganze dadurch gleichsam petrificirt wird. – Wenn man es mit einem Gemenge
zu thun hat, was nicht nach Wunsch bindet, so braucht man ihm nur einen Zuschlag
von einem solchen Materiale zu geben, welches mit Wasserglas eine chemische
Verbindung eingeht; dann erreicht man sicher den erwünschten Zweck.
Ein gut bindendes Gemenge von pulverförmigen oder sandartigen Körpern mit
Wasserglas nenne ich Wasserglasmörtel. Er kann in vielen Fällen, wie wir weiter
unten noch näher hören werden, statt des gewöhnlichen Kalkmörtels mit großem
Vortheil gebraucht werden.
Den porösen Körpern, von welchen das Wasserglas eingesogen wird, theilt es eine
außerordentliche Festigkeit mit. Dazu gehören fast alle Gegenstände von
gebranntem Thon, als: Thonplatten, Backsteine, Dachziegel, Ofenplatten,
Töpferwaaren etc., so wie auch lockere Kalk- und Sandsteine und
Holzwerke.
Da, wie vorhin gesagt, das Wasserglas nicht mit allen festen Körpern gleich stark
bindet, so muß es interessiren, diejenigen näher kennen zu lernen, welche mehr
oder weniger geeignet sind, dem erwünschten Zwecke zu entsprechen. Ich will
daher die, welche zum technischen Gebrauche verwendbar sind und die über das
Verhalten gemachten Versuche anführen und die dabei gemachten Erfahrungen nebst
den dazu nöthigen Bemerkungen im Nachfolgenden mittheilen.
a) Kohlensaurer Kalk. (Kreide, Kalksand,
Marmorpulver.)
Wird Kreidepulver mit Wasser zu einem Teige angemacht, und, nachdem es gut
getrocknet, mit Wasserglas getränkt, so gibt es eine sehr compacte Masse.
Wird nach Buchner ein Stück Kreide in mäßig
concentrirtes Wasserglas getaucht und ungefähr zwei Tage darin gelassen,
dann herausgenommen um es zu trocknen und hierauf wieder eine Zeit lang in
etwas mehr verdünntes Wasserglas gelegt, so wird es ganz von Wasserglas
durchdrungen und bekommt beim Austrocknen durch und durch eine Härte, welche
der des Marmors sehr nahe steht; es nimmt eine gute Politur an und erweicht
im Wasser nicht im mindesten, was davon nur schwache alkalische Reaction
annimmt. Es hat dann auch eine bedeutende Dichtigkeit erlangt. Hr. Baron v.
Liebig und Professor Buchner haben sich jüngst von diesem merkwürdigen Verhalten des
Wasserglases durch eigene Versuche überzeugt. Die Kreide gibt demnach einen
vortrefflichen Zuschlag zum Wasserglas ab, um es fest zu binden und im
Wasser unauflösbar zu machen.
Es dringt sich hierbei die Frage auf: worauf beruht diese merkwürdige
Veränderung des sonst leicht auflöslichen Wasserglases? Ist sie die Folge
eines chemischen Processes, d. i. findet eine Umsetzung der Bestandtheile
des kohlensauren Kalks und Wasserglases statt, so daß einerseits
kieselsaurer Kalk, andererseits kohlensaures Kali entsteht?
Diese auffallende Veränderung des Wasserglases ist allerdings von der Art und
trägt so sehr den Charakter einer chemischen Veränderung an sich, daß man es
Hrn. Professor Kuhlmann nicht sehr übel nehmen
darf, wenn er annimmt, daß sie auf einem chemischen Processe beruhe.
Allein so verhält sich die Sache nicht, wie ich mich schon früher überzeugt
hatte, indem ich in meiner citirten Abhandlung S. 400 schrieb:
„Einige unauflösliche Salze wie der kohlensaure und
phosphorsaure Kalk, welche das Wasserglas nicht zu zersetzen vermögen,
ziehen es so an, daß, wenn es damit eingetrocknet wird, es seine
Auflöslichkeit im Wasser ganz oder größtentheils verliert.“
Neuerlich haben Hr. Baron v. Liebig und Hr.
Professor Pettenkofer, welche genaue und sorgfältigesorfältige Versuche in dieser Hinsicht machten, es außer allen Zweifel
gesetzt, daß hiebei keine chemische Wechselwirkung stattfindet, ja nicht
einmal eine theilweise Zersetzung des Wasserglases erfolgt.
Ist also diese sonderbare Erscheinung bloß Wirkung der Adhäsionskraft?
– Ich halte noch einen andern Vorgang für möglich, daß nämlich das Wasserglas
und der kohlensaure Kalk sich direct, d. i. ohne sich gegenseitig zu
zersetzen, eine schwache chemische Verbindung mit einander eingehen, wie wir
ein unter dem Namen „Cancrinit“ bekanntes Mineral
kennen, welches sich als eine Verbindung von Nephelin
(Natrum-Thonerde-Silicat) mit kohlensaurem Kalk betrachten
läßt. Ein ähnliches hat Professor Schafhäutl in
Tyrol aufgefunden und es mit dem Namen „Didymit“
belegt.
Uebrigens sind auch Fälle von unbezweifelter Adhäsionswirkung bekannt, die in
ihrem Effecte den chemischen wenig oder gar nicht viel nachstehen. Ich will
hier nur an den Eisenkiesel erinnern, der offenbar ein Gemenge von Eisenoxyd
und Quarz ist, dem aber ersteres so stark anhängt, daß es, wenn er fein
pulverisirt worden, durch die stärkste Salzsäure in der Siedhitze nicht ganz
entzogen werden kann, wie aus den Versuchen hervorgeht, die Buchholz damit gemacht hat.Zu den Adhäsions-Verbindungen gehören höchst wahrscheinlich,
auch mehrere Mineralien, worin zwei oder mehrere Specien in
Verbindung sich befinden, die noch immer von den Mineralogen als
eigene Specien betrachtet werden. – Hieher gehören ohne
Zweifel auch mehrere Metall-Gemische. Siehe Journal für die
Chemie, Physik und Mineralogie von Gehlen, achter Jahrgang, Bd. VI S. 153.
Wie die Kreide, so verhält sich auch der zu Pulver zerstoßene Marmor zum
Wasserglas und gibt damit eine sehr compacte Masse, insbesondere einen sehr
guten Wasserglasmörtel. Dieser Mörtel, welcher beliebig von verschiedenem
Korn hergestellt werden kann, wird sowie auch die im Wesen damit indentische
Masse von Kreide und Wasserglas zu manchen technischen Zwecken mit Vortheil
sich gebrauchen lassen, zumal da er nicht nur auf Stein, sondern auch auf
Holz sehr gut haftet.
b) Der Dolomit,
eine aus kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Bittererde
bestehende Gebirgsart – scheint nach den in der jüngsten Zeit damit
gemachten Versuchen hinsichtlich der bindenden Kraft den Kalkstein noch
etwas zu übertreffen; und da er merklich härter ist als der Kalkstein, so
bekommt schon dadurch die mit seinem Pulver und Wasserglas gebildete Masse
eine größere Widerstandsfähigkeit gegen äußere, mechanische sowohl als
chemische Einwirkung. Jedenfalls gehört er zu den besten Mitteln, das
Wasserglas zu binden und unauflöslich im Wasser zu machen; und da er sehr
häufig in der Natur vorkommt und weit verbreitet ist, so wird man sich ihn,
wenn man davon Gebrauch machen will, fast überall ohne große Kosten
verschaffen können.
c) Phosphorsaurer Kalk. (Knochenerde.)
Der phosphorsaure Kalk gibt auch mit Wasserglas eine sehr compacte Masse, die
in der Consistenz kaum verschieden ist von der, welche der kohlensaure Kalk
damit bildet, so viel man darüber bisher in Erfahrung gebracht hat, ohne daß
eine chemische Wirkung oder Umsetzung der Bestandtheile dabei statt hat.
Obwohl man davon wenig Gebrauch machen wird, so interessirt es doch, dieses
Verhalten zu kennen, weil er manchmal bei gewissen Operationen aus
Phosphorsäure und Kalt erzeugt und dann mit Wasserglas zusammengebracht
wird, wie wir weiter unten noch hören werden.
d) Aetzkalk. (Gelöschter
Kalk.)
Mit gelöschtem Kalk zusammengerieben, kommt das Wasserglas schnell zum
Stocken (Gerinnen), und trocknet dann langsam zu einer ziemlich harten Masse
aus. Es entsteht hier eine chemische Verbindung des Kalks mit Wasserglas und
es wird Kali ausgeschieden, wenn hinreichend Wasserglas vorhanden ist. Daß
diesem Product das Wasser nichts anhaben kann, versteht sich wohl von
selbst. Er wird mit gutem Erfolg als Zuschlag zu andern nicht gut
anziehenden Massen vielfach gebraucht werden können; man darf aber diesen
doch nur wenig zusetzen, weil sonst wegen Gerinnung das Eindringen des
Wasserglases verhindert würde.
e)An der Luft zerfallener Kalk. (Halbkohlensaurer Kalk.)
Dieser verträgt sich ganz gut mit Wasserglas, wenn er damit zusammengerieben
wird; er stockt (gerinnt) nicht und trocknet allmählich zu einer festen
Masse ein, welche ein chemisches Product ist, bestehend aus kieselsaurem
Kali und kieselsaurem Kalk. Als Zuschlag zu andern Massen kann er gute
Dienste leisten. Und da der Aetzkalk in der Luft durch die Einwirkung der
Kohlensäure bald in halbkohlensauren Kalk übergeht, so kann man z.B. mit
Kalkmörtel hergestellte Mauerwände ohne Bedenken nach einiger Zeit mit
Wasserglas tränken, um sie besser zu befestigen.
f) Quarzpulver.
Das Quarzpulver, wenn es auch noch so fein ist, zeigt keine große
Adhäsionsneigung zum Wasserglas, was man kaum glauben möchte. Macht man
damit eine mörtelartige Masse an und trägt sie auf eine vorher mit Wasserglas
getränkte Dachziegelplatte auf, so trocknet sie zwar nach mehreren Tagen zu
einer festen Masse aus, widersteht auch dem Regen und wird auf der
Oberfläche steinhart. Allein wenn man diese Oberfläche durchsticht und das
Innere untersucht, so findet man es ganz mürbe und von Wasserglas verlassen,
was sich an die Oberfläche hin gezogen hat. Nur durch öfteres Tränken mit
Wasserglas kann ihm eine durchaus gleiche Consistenz ertheilt werden.
Anders verhält es sich, wenn das Pulver vorher mit etwas an der Luft
zerfallenem Kalk gemengt und hierauf mit Wasserglas behandelt und noch ein
paarmal mit Wasserglas imprägnirt wird. Das Gemenge wird auf diese Weise so
compact, daß kaum etwas zu wünschen übrig bleibt.
Dasselbe findet mit dem Kalkmörtel, zu dem Quarzsand genommen worden, statt,
wenn, nachdem er gut ausgetrocknet worden, Wasserglas beigefügt wird.
g) Gebrannter Thon und gebrannte Porzellanerde.
Diese beiden Körper gehören auch nicht zu denjenigen, mit welchen das
Wasserglas stark bindet. Es tritt dabei auch die Erscheinung ein, daß sich
wie beim Quarz das Wasserglas gegen die Oberfläche hinzieht und inwendig ein
lockeres Pulver zurückläßt, was nur durch öfteren Zusatz von Wasserglas
gebunden werden kann.
Auffallend verschieden verhalten sich Gegenstände von verschiedenen
Thonsorten, wenn sie gebrannt worden und, wie es gewöhnlich der Fall ist,
porös sind, so daß sie das Wasserglas einsaugen. Wird z.B. eine gebrannte
Platte von Töpferthon, die keine besondere Festigkeit besitzt und leicht
zerbrochen werden kann, mit mäßig concentrirtem Wasserglas getränkt und
dieses nach jedesmaligem Trocknen wiederholt, so zeigt sie sich so fest, daß
sie chemischen und mechanischen Kräften hartnäckigen Widerstand zu leisten
vermag. Hrn. Professor Kaiser dient eine so
zubereitete, aus sogenanntem Kapselthon verfertigte, nicht viel über einen
halben Zoll dicke und so mürbe Platte, daß sie vor dem Tränken mit
Wasserglas beim geringsten Druck in Stücke aus einander fiel, als Deckplatte
in seinem Abdampfofen, worin Dämpfe von verschiedener Art über sie
hinstreichen, die ihr aber bis jetzt in einem Zeitraum von ungefähr zwölf
Jahren nichts anhaben konnten. So wie die Thonplatten, so können Gegenstände
der Töpferei fast von aller Art durch Wasserglas solid und dauerhaft gemacht
werden, wenn sie nämlich dasselbe gut einsaugen.
h) Zinkoxyd (Zinkweiß) und Bittererde (Magnesia).
Diese beiden Körper wirken vorzüglich energisch auf das Wasserglas, und es
zeigt sich auch hiebei ihre Analogie, welche sie in manchen andern
natürlichen sowohl als künstlichen chemischen Verbindungen zu erkennen
geben.
Das Zinkoxyd läßt sich mit Wasserglas zusammenreiben, ohne daß eine Stockung
eintritt. Diese Masse, etwas dick auf eine feste Unterlage aufgetragen, die
vorher mit Wasserglas getränkt worden, zieht langsam an und erhärtet
allmählich, wobei sie sehr viele Sprünge bekommt und in viele kleine harte
von der Unterlage sich ablösende Stücke zerfällt, die im Wasser sich nicht
zertheilen, welches nur eine schwache alkalische Reaction annimmt, und ihre
Härte beibehalten. Daraus ist zu schließen, daß das Zinkoxyd mit dem
Wasserglas eine innige chemische Verbindung eingeht.
Wird das Gemisch von Zinkoxyd und Wasserglas nur dünn auf eine Unterlage
aufgestrichen, so bleibt es fest daran haftend und gibt einen guten Ueberzug
ab, dem beliebig auch eine Farbe beigesetzt worden kann.
Da dieses Oxyd eine so Stärke bindende Kraft besitzt und das Product
derselben mit Wasserglas der Einwirkung des Wassers so vollkommen Widerstand
leistet, so ist es nothwendig solchen Massen, die nicht genugsam binden,
eine kleine Quantität beizugeben und damit gut zu mengen, ehevor das
Wasserglas zugesetzt wird. Auch gut bindenden Massen kann ein kleiner
Zuschlag von demselben nicht nur nicht schaden, sondern muß die Festigkeit
vergrößern und jedenfalls das Hervordringen des Wasserglases zur Oberfläche
vermindern.
Die reine Bittererde, nach der gewöhnlichen Art
ihrer Darstellung, nämlich durch Ausglühen der reinen kohlensauren
Bittererde, Magnesia usta genannt, mit
concentrirtem Wasserglas zu einer teigartigen Masse zusammengerieben, zieht'
schneller an als die mit Zinkoxyd, und erhärtet beim Austrocknen sehr stark,
bekommt aber, wenn sie auf einer festen Unterlage etwas dicker als ein
Kartenblatt aufgetragen wird, häufige Sprünge und macht sich größtentheils
davon los. Die abgesprungenen Stückchen lassen beim Zerreiben eine
bedeutende Härte wahrnehmen. Das dabei dienende Wasser reagirt alkalisch,
gibt aber mit Salmiak keine Trübung zum Beweise, daß sich bloß etwas Kali,
aber keine Kieselerde auflöst, oder höchstens eine Spur.Man darf sich nicht wundern, daß sich beim Zerreiben dieser und
anderer ähnlicher Massen mit Wasser etwas Kali auflöst, da ja dieses
auch beim gewöhnlichen Glas der Fall ist, wenn es eine Zeit lang in
einer Achatschale mit Wasser gerieben wird, und durch länger
fortgesetztes Sieden des Wassers in einer gläsernen Retorte das Glas
angegriffen wird, wie bereits Scheele
dargethan hat.
Demnach unterliegt es keinem Zweifel, daß die Bittererde wie das Zinkoxyd
sich mit Wasserglas chemisch verbindet, und wie dieses als Zuschlag zu
andern wenig anziehenden Massen vortheilhaft benützt werden kann.
Ueber das Verhalten der kohlensauren Bittererde zum Wasserglas sind nur mit
derjenigen Art, welche unter dem Namen „Magnesia alba“ bekannt ist, Versuche gemacht
worden, die alle befriedigende Resultate gaben. Die mit concentrirtem
Wasserglas zu einem Teig angemachte und auf eine Glasplatte aufgetragene
Masse zog bald an und bekam nach einigen Tagen eine solche Festigkeit, daß
sie auf der Platte so stark Haftete, daß sie nur schwer mittelst eines
Messers davon losgemacht werden konnte. Einige Stückchen davon wurden in
Wasser gebracht und eine Zeit lang digerirt, wobei sich, ohne daß die
Consistenz sich merklich änderte, etwas kohlensaures Kali auflöste ohne
Kieselerde, indem Salmiak keine Trübung verursachte. Ein Theil wurde
pulverisirt und mit Wasser ausgekocht, worin sich auch nun etwas
kohlensaures Kali auflöste. Ein Theil wurde mit verdünnter Schwefelsäure
übergossen, wodurch allmählich ein schwaches Brausen entstand, Bittererde
nebst dem noch vorhandenen Kali sich auflöste und Kieselerde als ein rauhes
Pulver zurückgelassen wurde, was sich leicht und vollkommen in Kalilauge
auflöste.
Magnesia alba und Wasserglas wirken demnach
offenbar chemisch auf einander, indem sich die Kieselerde nebst einem
Antheil Kali mit der Magnesia verbindet und zugleich etwas kohlensaures Kali
gebildet wird. Die Magnesia alba gehört mithin
zu den vorzüglichsten Bindemitteln des Wasserglases.
i) Gyps. (Wasserhaltiger schwefelsaurer
Kalk.)
Der Gyps mit Wasserglas zusammengerieben, kommt sogleich zum Stocken und beim
Austrocknen wittert sehr bald viel schwefelsaures Kali oder Glaubersalz aus,
je nachdem man zu dem Versuche Kali- oder Natrum-Wasserglas
genommen hat. Nach dem Austrocknen zeigt sich die Masse kaum merklich fester
als der gewöhnliche Gyps. Eine chemische Wechselwirkung ist hier nicht zu
verkennen. Aus diesem Verhalten ergibt sich, daß man aus Gyps verfertigte
Gegenstände mit Wasserglas nicht imprägniren kann, um sie luftbeständiger
und fester zu machen, indem es wegen des Stockens in dieselben nicht
eindringen kann. Auch können wir, wie sich von selbst versteht, zu unserm
Zweck keinen Gebrauch von diesem Körper machen, und es muß vermieden werden,
daß sich bei irgend einer Operation, die mit Wasserglas und den mit
ihm zu vermengenden Körpern vorgenommen wird, Gyps bilden könne, und noch
mehr, daß in diesen schon gebildeter vorhanden sey.
Ein besseres Resultat verspricht der Anhydrit
(wasserfreier schwefelsaurer Kalk) und der ihm nach meiner Ansicht
gleichkommende starkgebrannte Gyps; jedoch kann ich darüber noch keinen
bestimmten Ausspruch thun, weil die damit begonnenen Versuche noch nicht
beendigt sind. Diese und noch manche andere mit verschiedenen Körpern in
Hinsicht ihres Verhaltens zum Wasserglas, als:
Schwerspath, Flußspath, Eisenoxyd, basische Eisensalze, Bleiglätte, Bleiweiß
u.s.w. sollen später nachgetragen werden; die hier nebst ihrem Verhalten zum
Wasserglas angeführten sind zu unserm Zweck genügend.
Bei diesen Versuchen, so wie vorzüglich in der Praxis ist es nicht
gleichgültig, in welchem Concentrationszustande das in Anwendung kommende
Wasserglas ist.
1 Maaßtheil concentrirtes Wasserglas zu 2 Maaßtheilen Wasser soll das Maximum
und 1 Maaßtheil desselben Wasserglases zu 1/2 Maaßtheil Wasser dürfte das
Minimum der Verdünnung seyn, bisweilen auch noch etwas darunter – je
nach Umständen.
Ist es zu concentrirt oder zu verdünnt, so leistet es in manchen Fällen die
Dienste nicht, die man von ihm verlangt. Ist es sehr concentrirt, so dringt
es nicht leicht und tief genug in Körper ein, welche man damit imprägniren
will, und ist es stark verdünnt und mit pulverförmigen Körpern zu einer
teigartigen Masse angemacht, so kann diese zwar Anfangs nach dem Trocknen
hinlänglich cohärent erscheinen, allein nach einigen Tagen findet man sie
mehr oder weniger locker und mürbe, und kann nur durch öfteres Nachtragen
von Wasserglas die erwünschte Festigkeit bekommen. Durch das verdünnte
Wasserglas werden nämlich Körpertheile zu weit aus einander gehalten, so
daß, wenn sich das Wasserglas zusammengezogen hat, unzählige kleine
Zwischenräume entstehen, die den Zusammenhalt unterbrechen. Es kommt hiebei
darauf an, wie weit man mit der Sättigung solcher Körper mit Wasserglas
gehen will: ob bis dahin, daß sie gar kein Wasserglas mehr aufnehmen und
ganz geschlossen sind, oder nur so weit, daß sie noch bis auf einen gewissen
Punkt offen und demselben zugänglich bleiben sollen. Im ersten Falle wird
die größtmögliche Festigkeit erzielt; im zweiten erlangt man den Vortheil,
daß man später Färben und Anstriche auftragen und mit Wasserglas befestigen
kann. Hiebei das gehörige Maaß zu halten, muß denen anheim gestellt bleiben,
welche sich die Erreichung eines bestimmten Zweckes zur Aufgabe gemacht
haben. Nur das will ich noch bemerken daß wenn ein Körper ganz mit
Wasserglas gesättigt und dadurch geschlossen ist, er wieder etwas geöffnet
werden kann, wenn er erwärmt wird, oder, was sich leichter bewerkstelligen
läßt, wenn man Weingeist ein- oder höchstens zweimal darüber
abbrennen läßt.
Im Laufe der Zeit öffnen sich die Poren von selbst etwas, besonders wenn sie
öfters dem Regen ausgesetzt werden, wodurch etwas Alkali fortgeführt wird
und die Kieselerde immer mehr die Oberhand gewinnt, so daß zuletzt eine
völlige Petrification bewirkt und das Endziel dieses Processes erreicht
wird.
––––––––––
Man möchte vielleicht die Frage aufwerfen, welche von den Wasserglasarten die
beste und zu den technischen Zwecken geeignetste, sey. Darüber läßt sich
aber gegenwärtig noch nicht bestimmt entscheiden. Das
Kali-Wasserglas, welches mit den damit gemengten pulverförmigen
Körpern etwas schneller erhärtet als das Natrum-Wasserglas, mag
vielleicht auch denselben eine etwas größere Festigkeit geben, als das
Natrum-Wasserglas; aber der Unterschied ist auf keinen Fall
bedeutend. Aber das Natrum-Wasserglas hat jedenfalls einen Vorzug vor
jenem darin, daß es eine größere Liquidität besitzt, und daher viel leichter
als das etwas klebrige und zähflüssige Kali-Wasserglas in die
kleinsten Zwischenräume, Poren und Klüfte eindringt, was für den
Steinarbeiter und Bildhauer nicht ohne Interesse ist.Der verstorbene Professor und Bildhauer Maier sagte mir, daß wenn er einige Tropfen
Natrum-Wasserglas in die feinsten Klüfte eines Steines
einlaufen ließ, er nach Verlauf von zwei Tagen so darüber
hinarbeiten konnte, wie wenn gar kein Fehler im Steine vorhanden
gewesen. Diesen Vortheil gewährte ihm das Kali-Wasserglas
durchaus nicht, weil es nämlich nicht so dünnflüssig ist und daher
nicht gehörig in die Klüfte eindringt. Da das Natrum die Kieselerde nicht so stark bindet, wie das Kali,
und ein großes Bestreben hat, mit der Kohlensäure sich vereinigend
auszuwittern, so möchte vielleicht darin ein Vorzug für das
Natrum-Wasserglas liegen, weil hiedurch die Kieselerde leichter in
Freiheit gesetzt und die Verkieselung der Masse schneller erzielt wird, was
ich übrigens noch weiteren Erfahrungen überlassen will.
Das Doppelwasserglas scheint die Eigenschaften der beiden vorhergehenden zu
vereinigen, und möchte vielleicht überhaupt vor diesen den Vorzug verdienen
und zwar aus dem Grunde, weil es zwei Basen (Kali und Natrum) enthält, womit
die Kieselerde, die es so zu sagen liebt doppelsalzartige Verbindungen
einzugehen, sich kräftiger vereinigt.
Das Fixirungs-Wasserglas hat, wie oben schon gesagt worden, seine
eigene Bestimmung, ist aber auch zu mancherlei andern Zwecken, besonders in
der Malerei anwendbar.
Die drei ersten Wasserglasarten sind, wenn sie vollkommen mit Kieselerde
gesättigt sind, immer mehr oder weniger trübe oder opalisirend, was von
nicht vollkommen aufgelöster und höchst fein zertheilter Kieselerde
herrührt.
Um ihnen dieses zu benehmen, was sogar öfters rathsam seyn möchte, darf man
ihnen nur etwas Natrumkieselfeuchtigkeit zusetzen und sie ungefähr einen Tag
lang unter öfterm Umrühren stehen lassen. Dadurch wird das Opalisiren völlig
zum Verschwinden gebracht, und wie auch oben schon berührt worden, die
Flüssigkeit ganz wasserklar hergestellt, wenn sie nicht zufällig durch eine
andere (organische) Substanz gefärbt ist.
––––––––––
Schließlich muß hier angeführt werden, daß sich auf den Körpern, welche mit
Wasserglas imprägnirt werden, bald früher bald später ein staubartiger
Anflug, manchmal auch eine schwach krystallinische Auswitterung
(Efflorescenz) zeigt. Diese Erscheinung hat manchen erschreckt und das
Wasserglas als Bindemittel verdächtig gemacht. Allein diese Erscheinung ist
nichts weniger als schädlich, sondern beweist vielmehr, daß der
Erhärtungsproceß einen guten Fortgang nimmt, indem nämlich dadurch etwas
Alkali ausgeschieden wird und die Kieselerde, welche denn doch das
Hauptbindungsmittel ist, freier auf die zu bindenden Körper zu wirken
vermag.
Wenn man diesen Anflug mit einem nassen Schwamm wegwischt, so findet man den
Körper, auf welchem er zum Vorschein gekommen ist, nicht nur nicht
beschädigt, sondern noch merklich fester als er vorher war.Diese Auswitterung ist ja nicht zu verwechseln mit derjenigen
lästigen, welche so oft an feuchten Mauern entsteht, den Mörtel
auflockert und zuletzt auch wohl ganz abstoßt und nicht mit Unrecht
Mauerfraß genannt wird. Dieser kommt von Salzen her, welche gleich
anfänglich mit dem Materiale in das Gebäude kommen, welches zur
Herstellung der Mauern verwendet wird, und dazu trägt gewöhnlich am
meisten das salzhaltige Quellwasser bei, welches zum Anmachen des
Mörtels gebraucht wird. Oefters findet nebenbei auch Salpeterbildung
statt. (Hier in München wittert meist Bittersalz auf den Mauern
aus.) Dieses Uebel kann sich allmählich verlieren, wenn alles darin
befindliche Salz ausgetreten ist. Es gibt aber auch noch eine andere
Quelle des Mauerfraßes, die unversiegbar ist, wenn nämlich die
Mauern in einem feuchten und salzhaltigen Boden stehen, woraus
ohne Unterlaß die Salze von den Mauern
aufgesogen werden. Gibt man auch der Mauer nach Wegschaffung alles
verdorbenen Mörtels einen frischen Bewurf, so kommt er doch über
kurz oder lang wieder zum Vorschein. Nur ein Bewurf von Wasserglas-Mörtel, nachdem die
beschädigte Stelle gehörig gereinigt und mit concentrirtem
Wasserglas imprägnirt worden, könnte auf längere Zeit diesem Uebel
abhelfen.
Dieses Auswitterungsproduct habe ich anfangs für doppeltkohlensaures Kali
gehalten, weil es aus Kali-Wasserglas kam, weßhalb ich mich nicht
wenig verwunderte, als es durch genaue Untersuchung, welcher es Hr. Feichtinger, Assistent im chemischen Laboratorium
des Hrn. Professor Pettenkofer, unterwarf, sich
ergab, daß es nichts als kohlensaures Natrum und nicht mit einer Spur Kali
vermischt ist. Da jede Potasche, welche aus Pflanzenasche gezogen wird und
womit dieses Wasserglas war bereitet worden, stets mehr oder weniger
kohlensaures Natrum enthält, so erklärt sich von selbst die unerwartete
Erscheinung.
Zweiter Abschnitt.
Specielle Anwendung des Wasserglases.
Die Anwendung des Wasserglases geht aus seinen Eigenschaften hervor, wie schon im
Vorhergehenden hin und wieder angedeutet wurde. Wenn man diese Eigenschaften
immer gehörig berücksichtiget, so wird man auch bei der speciellen Anwendung
keinen bedeutenden Schwierigkeiten begegnen und sich überall leicht
zurechtfinden.
Zu den vorzüglichsten Nutzanwendungen des Wasserglases gehört unstreitig die zu
malen, da es vorzüglich geeignet ist, die Färben gut zu binden und den Gemälden,
so wie auch allen Anstrichen große Dauerhaftigkeit zu geben. Ich nenne diese
Malart Stereochromie (von
στεϱεός, fest, dauerhaft, und
χϱωμα Farbe), indem ich darunter diejenige
Methode zu malen verstehe, bei welcher das Wasserglas das Bindemittel der Färben
und ihrer Unterlagen bildet, wodurch sich die Stereochromie von allen übrigen
Malarten wesentlich unterscheidet.
Sie tritt als monumentale Malart mit der Frescomalerei
in Concurrenz, über welche sie ohne Zweifel den Sieg erringen und noch ein
weiteres Feld erobern wird. Im Königreiche Preußen ist, wie mir Hr. Echter jüngst sagte, die Frescomalerei schon mehrfach
aufgegeben und Wandgemälde, die dort im Werke sind, werden in der
stereochromischen Technik ausgeführt. In England findet, wie ich höre, diese Methode auch großen
Beifall.
Die sogenannte Enkaustik kann damit gar nicht in
Vergleich kommen.Die in Pompeji ausgegrabenen Gemälde wurden früher immer für enkaustische
gehalten, und man mühte sich viel ab sie nachzuahmen, was aber ganz
fruchtlos blieb, da sie das nicht sind, wofür man sie hielt, sondern
Fresken, wie Hr. Professor Schafhäutl bis zur
Evidenz erwies. (Siehe Augsburger Allgem. Zeitung vom 6. und 7. Januar
1845, Beilage S. 42 und polytechn. Journal Bd. XCV S. 76.)Gleichwohl wurde man hier bestimmt, große und kostspielige Gemälde nach
einer gewissen enkaustischen Art herstellen zu lassen. – Ein
großer Rückschritt in der monumentalen Malerei!Die in Pompeji zu Tage gebrachten Gemälde halten sich nicht lange
unversehrt, sondern gehen allmählich zu Grunde. Um sie davor zu
schützen, hat man sie mit Wachs getränkt und mit Sandarac (Harzfirniß)
überzogen, wodurch sie aber sehr viel an ihrer ursprünglichen Schönheit
verloren. Wäre es nicht weit besser, sie mit Wasserglas
(Fixirungs-Wasserglas) zu imprägniren, wodurch sie gewiß sehr
dauerhaft werden und an ihrer Schönheit nichts einbüßen würden? Das
hiebei vielleicht auswitternde kohlensaure Natrum dürfte man nur mit
einem nassen Schwamm wegwischen, wornach das Bild unbedenklich mit
destillirtem Wasser abgewaschen werden kann.
In München, der Metropole der aufblühenden deutschen Kunst, hat sie noch keinen
Eingang finden können, so daß man beinahe sagen möchte, weil sie hier erfunden
und von mir, vielleicht nicht dem rechten Manne, ausgegangen ist.
Indem ich nun zur Ausführung stereochromischer Malereien übergehe, finde ich mich
bemüßiget, noch ein paar Vorbemerkungen zu machen.
Veranlassung zu diesem Unternehmen gaben mir die öfteren Klagen, welche ich über
die Unvollkommenheit der Frescomalerei und insbesondere darüber hörte, daß sie
in unserem Klima nicht aushalte. Dieses brachte mich auf den Gedanken, ob nicht
vielleicht durch das Wasserglas die Färben auf den Mauerwänden besser und
dauerhafter gebunden werden könnten, als durch den Kalk. Dieser Gedanke führte
zu Versuchen, deren Resultate meine Ansicht bald bestätigten, bald verneinten.
Es war auch nicht leicht über die Schwierigkeiten, welche sich bei der
Ausführung zeigten, hinwegzukommen. Wäre ich selbst des Malens kundig, so würde
viel unnöthige Arbeit vermieden worden seyn; allein da ich dieses nicht bin und
immer fremdem Urtheile folgen mußte, so ging viel Zeit verloren, so daß beinahe
fünf Jahre verflossen, bis man durch den Wirrwarr von zahlreichen, zum Theil
fruchtlosen und mitunter kostspieligen Versuchen hindurch endlich unter
lebhafter Theilnahme und unverdrossener Mitwirkung des Hrn. v. Kaulbach zu dem ersehnten Ziele gelangte.
Wer dieses liest, wird sich vielleicht wundern, daß so viel Zeit und Mühe nöthig
gewesen zu einer Sache, die, wie sich im Nachfolgenden zeigen wird, höchst
einfach ist.
Im Laufe dieser Arbeiten hat sich von selbst ergeben, daß die Stereochromie nicht
bloß auf Mauerwände anwendbar sey, sondern auch auf mancherlei andern Unterlagen sich vortheilhaft anbringen lasse
und auch Staffeleigemälde von einem nicht sehr großen
Umfange hergestellt werden können; ferner, daß man auf gewisse Unterlagen auch
unmittelbar, d. i. ohne Mörtelgrund stereochromische Gemälde und Anstriche
anbringen könne. Zuerst von der
Wand- oder Monumentalmalerei auf
Mörtelgrund.
Wenn man auf einer Mauerwand ein stereochromisches Bild schön und dauerhaft
anbringen will, so hat man vorzüglich auf das Fundament des Kunstwerkes, nämlich
auf den Mörtelgrund, Untergrund und Obergrund, Bedacht zu nehmen. Fehler, die dabei
begangen werden, können das Malen erschweren und der Schönheit der Gemälde
Eintrag thun. Die Hauptaufgabe dabei ist, dem Grund durch und durch gleiche
steinartige Festigkeit zu geben und ihn gleichsam mit der Mauer zu verschmelzen,
zugleich aber auch dabei zu erzielen, daß er das Wasserglas gut und an allen
Stellen gleichmäßig einsaugt. Der erste Bewurf oder Untergrund wird mit
gewöhnlichem Kalkmörtel gemacht, so daß die Unebenheiten an der Mauer
ausgeglichen und das Gestein gut gedeckt wird. Der Sand dazu soll von mittlerem
Korn, weder zu grob, noch zu fein seyn; es ist übrigens ziemlich gleichglütig,
ob es Kalk- oder Quarzsand ist; jeder muß aber vor dem Gebrauche gut
gewaschen werden. Der gehörig gelöschte Kalk muß sparsam angewendet werden,
damit der Mörtel, welcher mit destillirtem oder Regenwasser anzumachen ist, mehr
mager als fett ausfällt. Zu fetter Mörtel würde das darauf folgende Wasserglas
nur schwer eindringen lassen und auch hin und wieder Sprünge bekommen, die wohl
zu vermeiden sind.
Den so hergestellten Bewurf muß man nicht nur gut austrocknen, sondern auch
mehrere Tage der Luft ausgesetzt lassen, daß er daraus Kohlensäure anziehen und
sich in halbkohlensauren Kalk verwandeln kann. Denn wäre der Kalk in diesem
Mörtel noch ganz ätzend, so würde das nachfolgende Wasserglas dadurch zersetzt
werden und könnte nicht bis zur Mauer eindringen, was höchst nothwendig ist,
wenn eine gute Bindung dadurch bewirkt werden soll.
Um die Anschwängerung des Kalks mit Kohlensäure zu beschleunigen, kann man sich
einer Auflösung von kohlensaurem Ammoniak bedienen, wodurch der Mörtel schon
eine bedeutendere Festigkeit bekommt, wenn er damit ein paarmal benetzt wird.
Ist er wieder ganz trocken geworden und das Ammoniak verdampft, so kommt, um ihn
zu befestigen und an der Mauer haftend zu machen, das Wasserglas in Anwendung,
womit er wiederholter Malen nach jedesmaligem Austrocknen (fast bis zur
Sättigung) gut getränkt werden soll. Das hiebei zu gebrauchende Wasserglas soll
Natrum- oder Doppel-Wasserglas seyn, versetzt mit so viel
Natrumkieselfeuchtigkeit, daß es nicht opalisirend, sondern ganz klar ist.
Das Natrum- oder Doppel-Wasserglas ist dem Kali-Wasserglas
vorzuziehen, weil es besser absorbirt wird als dieses. Keines ist im
concentrirten Zustande anzuwenden, sondern jedes ist mit gleichen Theilen Wasser
dem Volumen nach zu verdünnen, weil sonst zu befürchten wäre, daß es nicht bis
zur Mauer eindränge. Da der Bewurf, der Unebenheiten der Mauer wegen, nicht an
allen Stellen gleich dick seyn kann und die dicken mehr Wasserglas verlangen als
die dünnen, und daher jene noch einsaugen, während diese schon gesättigt sind,
so muß man jene mit einem nassen Pinsel aufsuchen und mit so viel Wasserglas
tränken, bis sie den übrigen gleich geworden sind.
Ist der Untergrund auf diese Weise befestigt, so kann
bald nachher der Obergrund, welcher das Bild
aufnehmen soll, angebracht werden. Auf die gehörige Beschaffenheit desselben
kommt, ich wiederhole es, sehr viel an, wenn das erwünschte Ziel mit Sicherheit
und ohne Schwierigkeit erreicht werden soll.
Zu diesem Zwecke soll der Obergrund, der im Wesentlichen nicht verschieden ist
von dem Untergrund, mit destillirtem oder Regenwasser und gut gewaschenem Sande
(Kalk- oder Quarzsand) von einem bestimmten, eine gewisse Größe nicht
übersteigenden Korn hergestellt und ziemlich mager geholten werden, damit er
keine Sprünge bekommt und gut einsaugen kann. Um dem Sand das gehörige Korn zu
geben, muß er durch ein Sieb geschlagen werden, und zwar durch dasjenige, was
hier (in München) mit Nr. 9 bezeichnet wird und dessen Maschen 5 Punkt rheinisch
weit sind.
Was die Qualität des Kalksandes anbelangt, so bin ich der Meinung, daß
künstlicher, d. i. durch Zerstoßen von Marmor oder Dolomit erhaltener, dem
natürlichen vorzuziehen sey, weil dieser aus rundlichen, gleichsam
abgeschliffenen Körnern besteht, welche weniger gut binden als die schärferen
und mit frischer und rauher Oberfläche versehenen Körner des künstlichen Sandes. Das
ganz feine Pulver aber, was zwar zu einer guten Bindung sehr vortheilhaft ist,
muß entweder durch Schlämmen oder durch ein feines Sieb entfernt werden, weil
sonst die Masse zu compact und nicht mehr gut einsaugend gemacht würde.
Die Beschaffenheit der Oberfläche des Malgrundes ist hauptsächlich von der Größe
der Körner des Sandes abhängig; je gröber diese sind, desto rauher wird sie
ausfallen, was bis zu einem gewissen Grade beim Malen gut zu statten kommt,
soweit daran die bloß mit Wasser aufzutragenden Färben hinlänglich haften, bis
das Wasserglas hinzukommt.
Auf keinen Fall darf die Oberfläche glatt oder abgeschliffen seyn, weil sie die
Färben ohne Bindemittel nur wenig oder gar nicht annimmt. Die Oberfläche muß,
wie v. Kaulbach sich ausdrückt, ähnlich anzufühlen
seyn wie eine Feile. Es ist hier auch ein Unterschied zu machen zwischen den
Bildern, welche in der Nähe angesehen werden und denjenigen, welche in einiger
Entfernung zur Anschauung kommen; bei diesen kann das Korn der Oberfläche
merklich gröber seyn, als bei jenen, weßhalb zu jenen ein etwas feinerer Sand in
Anwendung zu bringen ist.
Dieser Grund oder Mörtel wird ungefähr eine Linie dick auf dem Untergrunde
möglichst eben aufgetragen und wenn er trocken geworden, mit einem scharfen
Sandsteine (in Berlin geschieht dieses mit einem eisernen Lineal) abgerieben, um
die dünne Lage von kohlensaurem Kalk, welche sich beim Austrocknen gebildet hat
und das Einsaugen des Wasserglases hemmen würde, wegzunehmen und zugleich der
Oberfläche die gehörige Rauhheit zu geben.
Ich bin jedoch mit diesem Verfahren nicht einverstanden, und halte es für weit
besser durch ein einfaches chemisches und schon erprobtes Mittel die besagte
Kalkkruste zu zerstören; nämlich durch verdünnte Phosphorsäure (auf einen Theil
concentrirte Säure sechs Theile Wasser). Ein mit dieser Flüssigkeit getränkter
Schwamm oder ein damit genetzter Pinsel, womit die Oberfläche überfahren wird,
leistet dabei den nöthigen Dienst. Da der hierbei entstehende phosphorsaure Kalk
mit Wasserglas gut bindet, so geht dadurch der Mörtelmasse nicht der mindeste
Nachtheil zu, und es wird dadurch zugleich verhindert, daß kleine Stücke beim
mechanischen Abreiben herausspringen und sich kleine Vertiefungen bilden, die
dann erst wieder ausgebessert werden müssen.
Wenn der Grund so weit fertig und gut ausgetrocknet ist, so wird er mit
Wasserglas imprägnirt, um ihm gehörige Consistenz zu geben und ihn mit dem
Untergrunde gehörig zu verschmelzen. Dazu kann mit Natrumkieselfeuchtigkeit klar
gemachtes Doppel-Wasserglas, mit gleichen Theilen Wasser verdünnt,
vortheilhaft angewendet werden. Meist wird es genügen, diese Operation
nach jedesmaligem Austrocknen der Masse zweimal zu machen; denn es ist hiebei
Ziel und Maaß zu halten, daß durch zu vieles Wasserglas die Poren nicht
verschlossen werden, wodurch das Malen bedeutend erschwert würde. Ist in dieser
Beziehung ein Uebersehen gemacht worden, so kann, wenn man den Mörtel nicht
wegnehmen will, nur dadurch dem Uebel abgeholfen werden, daß man eine Zeit lang
mit dem Malen wartet, bis sich durch weitere Zusammenziehung des Wasserglases
der Grund von selbst wieder öffnet. Durch Wärme würde dieses sehr beschleunigt
werden, und dieses könnte am leichtesten dadurch geschehen, daß man Weingeist
darüber abbrennen ließe.
Hierauf, nachdem der Obergrund entweder durch Abreiben oder Phosphorsäure
vorbereitet worden und am besten mit Doppel-Wasserglas, dem etwas
Natrumkieselfeuchtigkeit zugesetzt worden, befestigt worden ist, in der Art, daß
dieses gleichmäßig auf der Oberfläche vertheilt worden und der Grund auf allen
Punkten sich gut und gleichmäßig einsaugend zeigt, kann das Malen beginnen. Es
hat aber damit keine Eile, ja es ist sogar gut, wenn eine Zeit lang gewartet
wird, weil inzwischen der Grund mehr austrocknet und dadurch die Fähigkeit
einzusaugen, was zum Malen unumgänglich nothwendig ist, gesteigert wird.
Ist die gehörige Vorbereitung getroffen worden, so hat das Malen für einen
gewandten Künstler gar keine Schwierigkeit, und es ist keine besondere
Instruction dazu nöthig, die ich auch nicht geben könnte, da ich kein Maler bin.
Indessen kann sich Jeder durch einige im Kleinen vorzunehmende Proben leicht von
selbst einüben und das Malen an kleinen Staffeleibildern versuchen.
Wollte einer das Besagte bezweifeln und Bedenken tragen, ein größeres Werk zu
unternehmen, so könnte er sich am besten bei den HHrn. v. Kaulbach und Echter Raths erholen, die ihm,
ich bin es überzeugt, bereitwilligst die gewünschten Anweisungen geben würden.
Die Färben werden bloß mit reinem Wasser kunstmäßig aufgetragen unter öfterm
Anspritzen der Mauer mit reinem Wasser, um die Luft aus den Poren zu verdrängen
und das Anhaften der Färben zu befördern. Dieses Anspritzen soll aber mäßig
seyn, nur so viel als nöthig ist und dabei möglichst verhindert werden, daß die
angränzenden schon gemalten Partien nicht zu sehr davon getroffen werden, weil
sonst, wie Hr. Echter bemerkt, die Färben etwas an
Lebhaftigkeit verlieren würden; was, wie es scheint seinen Grund darin hat, daß
durch zu vieles Anspritzen mit Wasser die feinsten und am wenigsten kräftigen
Farbentheile auf die Oberfläche geschlämmt und so von den übrigen kräftigem
getrennt werden. Diese unerwünschliche Erscheinung kommt besonders an denjenigen
Stellen vor,
welche öfter übermalt und dabei immer benetzt werden müssen. Hr. Echter hat aber auch das Mittel gefunden, diesen
Uebelstand dadurch vollkommen zu heben, daß nach dem Trocknen und vor dem
Fixiren diese matten Farbentheile mittelst eines sehr feinen Pinsels abgebürstet
wurden, wornach dann die Farben wieder in ihrer ursprünglichen Reinheit zum
Vorschein kommen.
Es ist dann nichts weiter mehr übrig, als die Farben gehörig zu fixiren, wozu das
Fixirungs-Wasserglas, was oben schon
besonders zu diesem Zwecke bezeichnet wurde, bestimmt ist. Es genügt dasselbe
mit 1/2 Theil Wasser zu verdünnen.
Da aber die Farben nur sehr schwach haften und den Gebrauch des Pinsels nicht
gestatten, so muß das Wasserglas in Form eines feinen Regens oder Nebels auf das
Gemälde hingespritzt werden, und zwar anfangs sehr behutsam, damit die Farben
nicht aus ihrer Lage kommen und in einander fließen. Zu diesem Zwecke hat Hr.
Professor Schlotthauer, der sich viel mit
stereochromischen Versuchen beschäftigte, und diesen sehr viel geopfert hat,
eine Spritze erfunden, welche kaum etwas zu wünschen übrig läßt und wofür man
ihm Dank schuldig ist. In der neuern Zeit soll sie noch bedeutend von ihm
verbessert worden seyn. Diese Operation wird unter abwechselndem Anspritzen und
Austrocknen so lange fortgesetzt, bis die Farben so fest haften, daß, wenn man
darüber mit dem Finger hinfährt, nichts abgeht. Wenn durch starkes Reiben weiße
Taschentücher, die man bisweilen dazu nimmt, beschmutzt werden, so beweist
dieses nichts gegen die Haltbarkeit der Farben, weil beim Reiben unter starkem
Druck Sandkörner los werden, welche die Farben angreifen, was aber nicht die
Taschentücher unmittelbar für sich thun. Dasselbe kann man auch bei
Frescogemälden erfahren.
Beim Probiren der Farben hinsichtlich deren Haltbarkeit und Festigkeit findet
bisweilen ein Unterschied darin statt, daß, während einige hinreichend fixirt
sind, andere noch mehr oder weniger locker sich zeigen und die Finger
beschmutzen. Zu diesen gehören die sogenannten magern Farben, z.B. Schwarz.
Diese verlangen noch mehr Wasserglas, was ihnen mittelst eines feinen Pinsels
beigebracht werden muß, bis sie gleich den übrigen fest haften, v. Kaulbach sagte mir aber jüngst, daß dieser Fall nur
noch äußerst selten vorkomme, weil durch gehörige Mischung der Farben vorgebeugt
werden kann.
Dieses ist im Wesentlichsten das Verfahren, nach welchem
Hr. Director v. Kaulbach, unterstützt von dem vortrefflichen Maler Hrn.
Echter, im neuen kgl. Museum zu Berlin 4 große stereochromische Wandgemälde mit
gesteigerter Vollkommenheit ausgeführt hat, worüber, besonders über das
letzte, nur eine Stimme des Beifalls herrscht, und welche alle
unparteyischen Künstler und Kunstfreunde für einen tatsächlichen Fortschritt
in der Monumentalmalerei anerkennen.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)