Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 142, Jahrgang 1856, Nr. , S. 231
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Miscellen. Miscellen. Zur Geschichte der Glühstahl-Erzeugung. Die Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1856, Nr. 44 enthält folgende Erklärung von Hrn. Director Tunner: „Die Prioritäts-Reclamation bezüglich des Glühstahles aus Württemberg,Im württembergischen Gerwerbeblatt, 1856, Nr. 28; daraus im polytechn. Journal Bd. CXLI S. 157. zwingt mich zu einer Erwiderung, obgleich der erste Artikel,Ueber österreichische Stahlindustrie, in der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1856, Nr. 16; daraus im polytechn. Journal Bd. CXL S. 195. welcher diese Reclamation hervorgerufen hat, ohne mein Wissen oder Beitragen veröffentlicht worden ist. Nach dieser Reclamation wird die Priorität in der Glühstahl-Erzeugung für einen gewissen Weber bei Freudenstadt in Württemberg angesprochen, und als Rechtsbeweis sich auf den beschreibenden Katalog der württembergischen Erzeugnisse in der allgemeinen deutschen Industrieausstellung von 1854 in München und auf das Urtheil der Jury berufen, bei deren Abtheilung ich selbst den Vorsitz hatte. Nun die citirte Stelle lautet buchstäblich: David Weber, Fabrik von raffinirtem und unraffinirtem Stahl in Glattthal bei Freudenstadt.“ „Rohstahl, Stahlschienen, Stangen- oder Gußstahl, Ackerstahl, zwei Sorten Feilenstahl, Messerstahl in mehreren Sorten, vier Sorten Waffengeschirrstahl, zwei Sorten Federstahl; erzeugt aus Alteisen nach patentirtem Verfahren.“ „Die Stahlfabrik des Ausstellers besteht seit sechs Jahren. Derselbe verwendet zu seiner Stahlbereitung ein von ihm aus Alteisen-Abfällen auf eigenthümliche in Württemberg patentirte Weise dargestelltes Roheisen, ist also dabei von den Erzen ganz unabhängig. Aus diesem Roheisen stellt er auch unmittelbar den Glühstahl her. Er producirt bis jetzt jährlich etwa 1500 Ctr. Stahl.“ Glühstahl war also nicht ausgestellt, daher auch kein Gegenstand der Beurtheilung, sondern das Urtheil der Jury lautete wegen Neuheit seines patentirten Verfahrens, Stahl, und zwar Rohstahl, aus Alteisen zu erzeugen. – Bezüglich des Glühstahls, der allerdings dem Namen nach vorkam, erklärte der Vertreter für Württemberg, daß auf dem königl. Werke zu Friedrichsthal bei Freudenberg etliche Jahre zuvor Versuche in diesem Gegenstande gemacht wurden, auf welchem Werke Hr. Weber im Dienste war, daß diese Versuche vorläufig aber eingestellt seyen. Bei Gelegenheit meiner Reise zur Pariser Ausstellung im Monate Junius 1855 besuchte ich Friedrichsthal mit seinen ausgedehnten Eisen- und Stahlhütten, fand auch noch die Apparate für die Glühstahlerzeugung, nebst einigen übrig gebliebenen Producten, aber das Ganze offenbar seit längerer Zeit außer Gebrauch.Möge es mir der k. Hüttenverwalter Hr. Eisenlohr freundlichst nachsehen, daß ich wider mein auf Verlangen gegebenes Versprechen diese Notiz über Glühstahl von Friedrichsthal veröffentliche, indem ich mich von anderer Seite dazu genöthigt sehe. Es war zu sehen, daß das Roheisen durch Raffiniren eigens vorbereitet, in kleinen, dünnen, meist porösen Schienen gegossen, mit Braun- und Rotheisenstein eingebunden und in luftdicht geschlossenen Gefäßen geglüht wurde. Also ein Verfahren, ganz ähnlich dem auch anderwärts bereits versuchten. Von einer Glühstahlfabrication des Hrn. Weber war nichts zu erfahren, was um so auffallender seyn mußte, wenn derselbe damit zu einem currenten Betriebe gelangt wäre. Uebrigens hat weder Friedrichsthal, noch weniger Weber, sondern meines Wissens Friedrich Lohmann in Witten an der Ruhr zuerst in Deutschland Glühstahl erzeugt, und zwar aus umgeschmolzenem Spiegeleisen, und dieses Product bei der Londoner Ausstellung im Jahre 1851 als Neuigkeit zur Anschauung gebracht. Gleichzeitig mit Lohmann, oder vielleicht etwas später, hat der französische Ingenieur Jullien auf Glühstahl- und Glüheisenerzeugung ein Patent in Frankreich genommen, wie im polytechn. Journal Bd. CXXVII S. 276 zu lesen. Ungeachtet alles dessen glaube ich doch die Priorität der Idee für die Darstellung des Glühstahls und Glüheisens mit Recht in Anspruch zu nehmen und meinen eigenen Weg darin gegangen zu seyn, indem ich dieselbe bereits vor dem Jahre 1846 in dem von mir verfaßten Buche „Der wohlunterrichtete Hammermeister, Gratz 1846“ bei Erörterung des Bratprocesses der weißen, strahligen (nicht luckigten) Flossen, veröffentlicht habe. Auf Seite 424 ist wörtlich Folgendes zu lesen: „Das Braten der weißen Flossen, wie hier nur oberflächlich berührt werden soll, hat für uns noch in einer anderen Beziehung einiges Interesse. Man weiß nämlich, daß bei langanhaltendem Glühen derselben unter sehr gemäßigtem Luftzutritte an der Oberfläche nur wenig Glühspan entsteht, und durch die ganze Masse des Eisens eine Verminderung des Kohlegehalts Platz greift. Es scheint, daß bei dieser anhaltenden, aber nicht energischen Einwirkung des Sauerstoffes demselben Zeit gelassen ist, seine Wirkung gleichförmiger durch die ganze Masse des Eisens zu verbreiten. Es ist daher sehr möglich, daß man früher oder später von dieser Thatsache für unser reines weißes Roheisen eine Anwendung macht, um auf minder kostspieligem Wege eine für viele Zwecke taugliche Sorte ordinären Stahl und Stabeisen darzustellen; fertigt man doch schon seit Jahren aus dem unreinern, grauen Roheisen durch einen ähnlichen Proceß, durch das sogenannte Tempern (Adouciren), ordinäre Gegenstände der verschiedensten Art, die sonst nur aus gewöhnlichem Stabeisen gemacht worden sind. Doch genug einer bloßen Idee.“ Schon aus dieser Andeutung erhellet, daß sich mein Verfahren sowohl in der Wahl des Roheisens, als noch mehr in der Art der chemischen Durchführung von allen andern derartigen Vorschlägen und Versuchen wesentlich unterscheidet, bedeutend billiger seyn müsse. P. Tunner.“ Die Whitworth'schen Schrauben-Schneidzeuge. Joseph Whitworth hat nach ausgedehnten Untersuchungen der in verschiedenen Werkstätten angewendeten Schraubenconstructionen ein Schraubensystem mit solchen Verhältnissen festgestellt, daß die gleichen Gewinde für Guß- und Schmiedeisen anwendbar und sowohl hinsichtlich der Kraftentwickelung als in Hinsicht auf Festigkeit und Dauer vorzüglich sind. Dieß Schraubensystem fand deßhalb solchen Beifall, daß es nicht nur rasch in den meisten Werkstätten Englands in Gebrauch kam, sondern auch in Belgien, in den größeren Maschinenfabriken und bei den meisten Eisenbahnverwaltungen Deutschlands und der Schweiz aufgenommen wurde und nunmehr das am meisten verbreitete Schraubensystem ist. Das Verhältniß der Ganghöhe zu den Durchmessern der Schrauben zeigt folgende Tabelle.   Durchmesserder Schrauben.     Anzahl der  Gewindgängeauf 1 Zoll Länge.      Verhältniß   der Steigungzum Durchmesser.   Durchmesserder Schrauben.     Anzahl der  Gewindgängeauf 1 Zoll Länge.      Verhältniß   der Steigungzum Durchmesser.    1/4 Zoll         20      1 : 5    2 1/4 Zoll         4      1 :   9    5/16 „         18      1 : 5 5/8    2 1/2   „         4      1 : 10    3/8   „         16      1 : 6    2 3/4   „         3 1/2      1 :   9 5/8    7/16 „         14      1 : 6 1/8    3         „         3 1/2      1 : 10 1/2    1/2   „         12      1 : 6    3 1/4   „         3 1/4      1 : 10 9/16    5/8   „         11      1 : 6 7/8    3 1/2   „         3 1/4      1 : 11 3/8    3/4   „         10      1 : 7 1/2    3 3/4   „         3      1 : 11 1/4    7/8   „           9      1 : 7 7/8    4         „         3      1 : 12 1         „           8      1 : 8    4 1/4   „         2 7/8      1 : 12 7/32 1 1/8   „           7      1 : 7 7/8    4 1/2   „         2 7/8      1 : 12 15/16 1 1/4   „           7      1 : 8 3/4    4 3/4   „         2 3/4      1 : 13 1/16 1 3/8   „           6      1 : 8 1/4    5         „         2 3/4      1 : 13 3/4 1 1/2   „           6      1 : 9    5 1/4   „         2 5/8      1 : 12 25/32 1 5/8   „           5      1 : 8 1/8    5 1/2   „         2 5/8      1 : 14 7/16 1 3/4   „           5      1 : 8 3/4    5 3/4   „         2 1/2      1 : 14 3/8 1 7/8           4 1/2      1 : 8 7/16    6         „         2 1/2      1 : 15 2         „           4 1/2      1 : 9 Um eine Uebereinstimmung in der Gestalt der Gewinde zu erlangen, ist durchgehends deren Kantenwinkel zu 55 Grad festgesetzt, und es werden die Gänge außen und innen auf 2/3 der Ausdehnung eines ganz scharf ausgeführten Gewindes abgerundet. Durch die gleichmäßige Herstellung der Schraubengänge und durch Anwendung eines bestimmten Verhältnisses zwischen dem Schraubendurchmesser und der Ganghöhe ist es Whitworth möglich geworden, ein bestimmtes SystemSysten in den Schrauben verschiedener Durchmesser so herzustellen, daß bei Zugrundelegung desselben Schrauben und Muttern von gleichem Durchmesser, die zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten gefertigt werden, vollkommen zu einander passen, so daß bei Durchführung dieses Systems in allen mechanischen Werkstätten es leicht möglich ist, sich mit großer Bequemlichkeit Ersatzstücke für Schrauben, die aus irgend einer Werkstatt hervorgegangen sind, zu verschaffen. In Frankreich wurde ein auf das metrische Maaß berechnetes Schraubensystem eingeführt. Die von Whitworth ausgeführten Patentleitungskluppen sind sehr zweckmäßige Vorrichtungen zum Schraubenschneiden mit Kluppen; sie verdanken den Namen der Leitungskluppen dem Umstande, daß sie Schrauben erzeugen, welche weit vorzüglicher als die mit gewöhnlichen Kluppen geschnittenen, und den auf Drehbänken mit Leitschraube erzeugten fast gleich sind. Die drei in die Kluppe eingesetzten Schneidbacken, von denen zwei durch eine Keil- und Schraubenstellung in ihrer Lage gegen den dritten verändert werden können, sind so eingerichtet, daß sie die vertieften Schraubengänge ausschneiden und nicht eindrücken; der zu ihrer Herstellung dienende Gewindbohrer ist zu dem Ende um die doppelte Tiefe des Gewindes im Durchmesser größer als der zugehörige Schraubenbohrer, und sie erhalten an den schneidenden Kanten eine solche Zuschärfung, daß sie wie die Drehstähle auf der Drehbank arbeiten. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1856) Verordnung gegen den Schleifstaub. In den Schleifereien der Eisenwerke entwickelt sich von den Schleifsteinen ein feiner Staub, welcher höchst gefährlich auf die Lungen der Arbeiter einwirkt. Erfahrungsmäßig erkranken diese Arbeiter nach wenigen Jahren anhaltender Beschäftigung in der Schleiferii an der Lungenschwindsucht, und es ist daher von hohem Interesse, Vorrichtungen kennen zu lernen, durch welche die Arbeiter vor dem Einathmen des Schleifstaubes gehörig geschützt werden. Nach einer Mittheilung des königl. Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten (in Preußen) hat sich in dieser Beziehung ein Ventilationssystem vorzüglich bewährt, welches in den Quincaillerie-Fabriken von Peugeot zu Herimoncourt in Frankreich eingeführt ist,Man vergl. Morin's Bericht über Peugeot's Ventilirsystem im polytechn. Journal, 1847, Bd. CV S. 408. und nach dessen Muster jetzt eine ähnliche Einrichtung in der Schleiferei der königl. Eisengießerei in Gleiwitz getroffen wird. Das Wesentliche dieses Systems besteht in Folgendem: Die Schleifsteine, welche übrigens auf nassem Wege arbeiten, sind in zwei mit der großen Achse der Werkstätte parallel laufenden Reiben aufgestellt, und senken sich zu einem Drittel ihres Durchmessers in einen Unterbau unter dem Boden der Werkstätte ein. Aus diesen Unterbauten führt von jedem Schleifsteine ein in Ziegeln gemauerter, mit eichenen Bohlen und darüber festgestampfter Erde bedeckter Canal zu einem in gleicher Weise unter der Sohle der Werkstätte fortgeleiteten Hauptcanale, in welchen die sämmtlichen Seitencanäle mit einer angemessenen Curve münden. Der Hauptcanal gabelt hinter den letzten Schleifsteinen in zwei Seitenarme aus, welche unter der Umfassungsmauer der Werkstätte durchgeführt sind, und außerhalb derselben an einem dort aufgestellten Ventilator wieder zusammenkommen. Jeder Seitenarm mündet in ein aufrecht stehendes eisernes Rohr, und diese beiden Röhren sind in einem Viertelkreisbügel durch die beiden Seitenwangen des Ventilators geleitet. Zwischen den Seitenwangen bewegt sich das Rad des Ventilators, mit einer Geschwindigkeit von 1000 bis 1200 Umdrehungen in der Minute, wirkt dadurch wie eine Luftpumpe auf die mit Staub erfüllten unterirdischen Canäle und schleudert die angesogene Staubluft in der Richtung seiner Tangenten ins Freie. Auf diese Weise wird der Schleifstaub vollständig fortgenommen, besonders wenn man nicht gleich alle Schleifsteine zusammen in Bewegung setzt, sondern mit einem einzigen beginnt, damit unter diesem das Ansaugen vor sich geht, während einstweilen die Kammern der übrigen Steine von den unterirdischen Seitencanälen durch Schützen abgeschlossen bleiben. Bei der vorstehend beschriebenen Einrichtung ist, wie Hr. Peugeot bemerkt, eine Trommel über dem aus dem Boden vorstehenden Theile des Schleifsteins entbehrlich, wenn naß geschliffen wird, während dagegen bei trocken arbeitenden Schleifsteinen eine solche Trommel angebracht werden muß, in welcher dann nur eine Oeffnung von angemessener Größe frei bleibt, um dem Arbeiter das Halten seines Stücks gegen den Schleifstein möglich zu machen. Hr. Peugeot empfiehlt außerdem noch die Schleifsteine aus Schellack, Sandstein und Schmirgel von Malbeck in Paris, weil diese einen schweren, für die Lungen der Arbeiter weniger nachtheiligen Staub erzeugen, als die Sandsteine. Die vorstehende Beschreibung wird, glauben wir, ein hinreichend deutliches Bild des in Herimoncourt eingerichteten Ventilationssystems gewähren, welches wir hiermit den Besitzern von Schleifereien auf das Angelegentlichste empfehlen, indem wir uns zugleich erbieten, Jedem, der ähnliche Einrichtungen treffen will, die Peugeot'sche Beschreibung mit der dazu gehörigen Zeichnung unentgeldlich mitzutheilen. Es handelt sich um Gesundheit und Leben von zahlreichen Arbeitern, und wir hegen das Vertrauen, daß kein Fabrikbesitzer es auf sein Gewissen nehmen werde, mit Einrichtungen zu zögern, welche diese Gefahr beseitigen. (Aus dem Oppelner Reg.-Amtsblatt, 1855, Nr. 35. S. 185.) Schachtverdämmung mittelst hydraulischen Kalkes. Aus amtlichen Berichten theilen wir nachstehendes Verfahren zur Schachtverdämmung mittelst hydraulischen Kalkes mit, welches beim Abteufen des Lichtschachtes vom Fürst Lobkowitz-Erbstollen bei Häring in Anwendung kam und sich als zweckentsprechend bewiesen hat. Der Schacht wurde auf gewöhnliche Art mit Getriebpfählen abgeteuft und die Schachtkränze in Abständen von 1 bis 1 1/2 Fuß gelegt. Zwischen je zwei Schachtkränze stellte man nun längs den Schachtstößen gefalzte Breterwände vertical auf, welche sich oben und unten an die Kränze anschlossen und durch vorgenagelte Leisten daran befestigt wurden. Den auf solche Art entstandenen hohlen Raum zwischen der Breterwand und der Pfändung (den Getriebpfählen) füllte man mit hydraulischem Kalk aus. Die Breterwände wurden noch durch Gurtenzimmer gegen den äußeren Druck geschützt; das Eingießen des Kalkes erfolgte durch eigene, in den Pfändelatten ausgeschnittene Löcher. In gleicher Weise wurde die Abdämmung bis 6 Fuß hoch über die wasserführenden Schichten fortgesetzt. Die Absperrung des Wassers gelang hiedurch vollkommen, es zeigten sich bloß hie und da einzelne Tropfen, und auch diese verschwanden mehr und mehr in Folge Versinterung des Kalkes. Die Kosten stellten sich geringer, als für die anfänglich beantragte ganze Schrottzimmerung; und der Auswechslung der etwa schadhaft gewordenen Schlösser und Gurten stehen voraussichtlich keine Schwierigkeiten im Wege; die beschriebene Methode ist daher für ähnliche Fälle empfehlenswerth. (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1856, Nr. 39.) Programm der von dem Herzog von Luynes gegründeten Preise für die Darstellung unveränderlicher Lichtbilder und solcher welche sich mittelst der Kupferdrucker- oder Steindruckerpresse vervielfältigen lassen. Eine der interessantesten Anwendungen der Photographie ist die getreue Abbildung geschichtlicher oder artistischer Monumente und Documente, welche durch die Zeit und politische Umwälzungen endlich zerstört werden. Damit aber die Photographie für diesen wichtigen Zweck die Wünsche und Hoffnungen der Archäologen erfüllen kann, muß man vor Allem sicher seyn, daß die Lichtbilder eine unbegränzte Dauer haben. Leider gewährt die erste Periode der Photographie in dieser Hinsicht keine Beruhigung, denn viele Lichtbilder haben sich schon nach einigen Jahren bedeutend verändert. Man wurde dadurch in der letzten Zeit veranlaßt, den Ursachen dieser schnellen Veränderung nachzuforschen und neue Copirmethoden zu ermitteln, welche den Bildern eine größere Dauer sichern. Allerdings sind in dieser Hinsicht bereits wichtige Verbesserungen erzielt worden und noch größere werden ihnen ohne Zweifel nachfolgen; aber die unbegränzte Conservirung der im Wesentlichen nach der bisherigen Methode dargestellten Lichtbilder könnte nur durch die Erfahrung mehrerer Jahrhunderte bewiesen werden. Die chemischen Stoffe, woraus die Zeichnung eines positiven Lichtbildes besteht, waren ursprünglich im aufgelösten Zustande in den zur Vorbereitung des Papiers verwendeten Flüssigkeiten enthalten; sie sind daher in geeigneten chemischen Reagentien auflöslich, und obgleich nicht anzunehmen ist, daß die Bilder bei ihrer Aufbewahrung mit ähnlichen Agentien in Berührung kommen, so ist es immerhin möglich, daß eine analoge Veränderung dieser Substanzen nach langer Zeit durch viel schwächere Agentien hervorgebracht wird, die den Bildern von der Luft zugeführt werden, oder welche sich in sehr geringer Menge in den Räumen entwickeln können wo man die Bilder aufbewahrt. Anderseits ist die wägbare Quantität der Metalle welche die Schatten unserer Bilder und deren Halbschatten bilden, außerordentlich gering, und sie sind auf dem Papier nur durch sehr schwache Verwandtschaften befestigt; sollte die Aufbewahrung der Lichtbilder in den Bibliotheken, nämlich als Buch gebunden oder zwischen Pappendeckeln übereinander gelegt, wobei also jedes Metallmolecul mit einer großen Anzahl von Papiertheilchen in Berührung bleibt, nicht die Diffusion dieser Metalle erleichtern und dadurch eine Veränderung der Bilder veranlassen können? – Bekanntlich ist der Kohlenstoff unter allen Substanzen diejenige, welche bei den gewöhnlichen Temperaturen unserer Atmosphäre durch alle chemischen Agentien am wenigsten verändert wird. Unsere alten Handschriften beweisen, daß die Kohle, als gereinigter Kienruß auf dem Papier befestigt, viele Jahrhunderte lang unverändert bleibt; wenn daher die Schatten der photographischen Zeichnung durch Kohle (anstatt, wie jetzt, durch Silber) hervorgebracht werden könnten, so würden sich die Bilder eben so gut conserviren wie unsere gedruckten Bücher, und mehr kann man nicht hoffen und wünschen. Seit einigen Jahren hat man vielfach versucht, die Lichtbilder in Platten umzuwandeln, wovon nach den Verfahrungsarten der Kupferstecher oder Lithographen eine große Anzahl Abdrücke gemacht werden kann. Diese Versuche hatten bisher keinen vollständigen Erfolg; obgleich aber die Bilder welche sie lieferten, den nach den gewöhnlichen photographischen Verfahrungsarten erzeugten in artistischer Hinsicht nachstehen, so berechtigen sie doch zu großen Hoffnungen. Der beabsichtigte Zweck ist aber sehr wichtig, denn er würde bedeutende industrielle Vortheile gewähren. Um den Zeitpunkt zu beschleunigen, wo es möglich seyn wird die Lichtbilder – ohne daß die menschliche Hand bei der Zeichnung helfen muß – mittelst der Kupferdrucker- oder Steindruckerpresse zu vervielfältigen, hat der Herzog von Luynes einen Preis von 8000 Francs gegründet, welcher demjenigen ausbezahlt werden soll, der innerhalb dreier Jahre diese Aufgabe in einer Weise gelöst hat, welche eine von der Société Française de photographie hierzu gewählte Commission als genügend erachtet. Falls keiner der Bewerber nach dem Urtheil der Commission den Bedingungen des Programms in der Art entsprochen hat, daß ihm der große Preis zuerkannt werden könnte, ist dieselbe berechtigt einen Theil jener Summe zur Aufmunterung demjenigen oder den Personen zu überweisen, welche zur Lösung des Problems am meisten beigetragen haben, entweder durch Entdeckung neuer Methoden, oder durch Verbesserung der schon bekannten. Ueberdieß stellt der Herzog von Luynes zur Verfügung der erwähnten Gesellschaft die Summe von 2000 Francs, um diejenigen zu belohnen, welche innerhalb zweier Jahre hinsichtlich des Copirens der positiven Lichtbilder und deren Conservirung die wichtigsten Fortschritte gemacht haben, sey es durch die Entdeckung neuer Verfahrungsarten, oder durch ein vollständiges Studium der verschiedenen chemischen und physischen Wirkungen welche bei den angewendeten Verfahrungsarten eine Rolle spielen oder zur Veränderung der Bilder beitragen. Der Concurs hinsichtlich des Preises von 8000 Fr. wird am 1. Julius 1859 geschlossen. Der Concurs hinsichtlich des Preises von 2000 Fr. wird am 1. Julius 1858 geschlossen. Die Mitglieder der Gesellschaft sind von der Bewerbung nicht ausgeschlossen. Die Abhandlungen und Belegstücke hinsichtlich des einen oder andern Preises müssen vor Ablauf der erwähnten Termine der Société Française de photographie zu Paris übersendet werden. Die Gesellschaft verlangt nicht, daß die ihr eingesendeten Verfahrungsarten geheim gehalten worden sind, und will auch keinem Erfinder die Rechte entziehen, welche er sich durch genommene Patente erworben haben kann. Die als versiegeltes Packet an die Gesellschaft adressirten Abhandlungen etc. bleiben bis zum Schlußtermin des Concurses uneröffnet. Im Julius 1858 und 1859 wird die Gesellschaft Commissionen wählen, welche die eingesendeten Verfahrungsarten zu prüfen haben. Die Abhandlungen und Belegstücke werden nicht zurückerstattet, sondern bleiben im Archiv der Gesellschaft aufbewahrt. (Cosmos, Revue encyclopédique, 1856, t IX p. 148.) Ueber ein vortheilhaftes Verfahren zur Gewinnung des Lithions aus dem Lepidolith (Lithionglimmer); von Prof. v. Hauer. Die bisher bekannten Methoden zur Gewinnung des Lithions aus dem Lepidolith sind in hohem Grade zeitraubend, und wegen Aufwand bedeutender Quantitäten von Säuren und anderen Reagentien auch kostspielig, so daß Lithionsalze noch immer zu den theuersten chemischen Präparaten gehören. Ich führte sonach eine Reihe von Versuchen durch, zu dem Zweck, eine Vereinfachung des complicirten Processes aufzufinden, welche auch nebstdem eine möglichste Kostenersparniß gestatten sollte, um den reichen Schatz lithionhaltigen Glimmers, den wir in Mähren besitzen, der Wissenschaft und praktischen Verwendung zugänglich zu machen. Als ein sehr geeignetes Mittel zur Zerlegung des Minerals ergab sich schwefelsaure Kalkerde oder der im Handel höchst billig vorkommende Gyps. Der fein gepochte Lepidolith wurde mit etwas mehr als seiner halben Gewichtsmenge Gyps gut gemengt und in einem hessischen Tiegel einer zweistündigen Rothglühhitze ausgesetzt. Nach dem Erkalten wurde die fest zusammengebackene, jedoch nicht geschmolzene Masse mit heißem Wasser ausgelaugt und durch Decantiren von dem unlöslichen Rückstande getrennt. Die Lösung enthielt fast die ganze Menge des im Lepidolithe enthalten gewesenen Kali, Lithion und Mangan, welche sich mit dem Gyps wechselseitig zu schwefelsauren Salzen zersetzt hatten. Außerdem enthielt die Lösung eine geringe Menge Thonerde und die der Löslichkeit im Wasser entsprechende Menge Gyps. Schon durch dieses erste Resultat war demnach der beabsichtigte Zweck, der Hauptsache nach, erreicht, da die fernere Isolirung des Lithions von den angeführten, in der Lösung noch enthaltenen Beimengungen keinen weiteren Schwierigkeiten unterliegt. Die Lösung wurde nunmehr durch Eindampfen auf ein möglichst kleines Volumen gebracht, da das schwefelsaure Lithion ein in Wasser leicht lösliches Salz ist. Hierbei krystallisirt ein beträchtlicher Theil des in Wasser viel weniger löslichen schwefelsauren Kalis heraus, so wie auch fast alle schwefelsaure Kalkerde. Die abfiltrirte Flüssigkeit wurde mit Ammoniak, etwas Schwefelammonium und oxalsaurem Ammoniak versetzt. Nach der Trennung von dem hierdurch entstandenen Niederschlage, der aus Thonerde, Schwefelmangan und oxalsaurer Kalkerde besteht, wurde unter Erwärmung mittelst kohlensaurem Ammoniak das Lithion als kohlensaures Salz gefällt, und mit kaltem Wasser gewaschen. Zur völligen Reinigung von Kali ist es gut, die letztere Operation noch einmal zu wiederholen, durch Auflösen des kohlensauren Lithions in einer Säure und abermaliges Fällen mit kohlensaurem Ammoniak. Die Ausbeute, welche man nach diesem Verfahren erhält, ist beträchtlich und nähert sich sehr dem wirklichen Gehalte an Lithion im Lepidolithe. Die Kosten sind mäßig, denn sie reduciren sich so ziemlich auf das Brennmaterial, welches hiebei in Verwendung kommt. Spätere Versuche werden lehren, ob das Glühen der mit Gyps gemischten Masse im Flammofen genügt, wodurch die Anwendung der Tiegel entbehrlich würde und eine weitere Ersparung auch an Brennmaterial erzielt werden könnte (Journal für praktische Chemie, 1856, B. LXVIII S. 312.) Verfahren zur Fabrication der Schwefelsäure aus Gyps; von Otto Köhsel in Hannover. Die Grundzüge dieses Verfahrens bestehen in Folgendem: 1) Glühen eines Gemenges von feingemahlenem Gyps und Kohlenstaub in Cylindern, wodurch kohlensaures Gas entwickelt wird und Schwefelcalcium als Rückstand bleibt; 2) Weiterleitung der entwickelten gasförmigen Kohlensäure durch eine Reihe luftdicht verschlossener Kessel, worin sich das bei früheren Operationen gewonnene Schwefelcalcium nebst hinreichender Menge Wasser befindet, und welche durch die abfallende Hitze des Glühofens geheizt werden: hierin Bildung von niederfallendem kohlensaurem Kalk und entweichendem Schwefelwasserstoffgas; 3) sofortige Verbrennung des Schwefelwasserstoffgases und Einführung des hierdurch erzeugten schwefligsauren Gases und Wasserdampfes in die Bleikammern einer Schwefelsäurefabrik. Der weitere Arbeitsgang ist von dem üblichen nicht verschieden. (Patentirt für das Königreich Hannover am 29 November 1855. – Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1856, S. 135.) Verfahren, Papier in Verbindung mit Geweben so herzurichten, daß es dem Wasser widersteht und, trocken zum Abdruck von Kupferstichen etc. benutzt, vollkommen gute Abdrücke liefert, deren Dimensionen mit jenen des Stichs genau übereinstimmen; von C. A. Wagner in Hannover. Es ist mir gelungen, Papier mit Geweben so fest und innig zu verbinden, daß selbst ein längeres Liegen in reinem kaltem Wasser eine Trennung nicht hervorbringt. Dieses Papier liefert Abdrücke von Stahl-, Kupfer-, Zink- und Steinplatten mit ganz genau so großen Zeichnungen wie die sind, welche sich auf den Platten selbst befinden, weßhalb genaue Messungen derselben möglich sind, so wie völlig passende Zusammenfügungen der Abdrücke, verschiedener Platten zu einem Ganzen. Dabei bietet mein Papier den Vortheil, daß es beim Zeichnen und Malen nicht aufgespannt zu werden braucht und beim Aufbewahren wie im Gebrauch seine Dimensionen nicht verändert, auch durch die Einwirkung der Witterung nicht zerstört wird. Ich wende geleimtes oder ungeleimtes, Hand- oder Maschinenpapier an. Als Gewebe, welches ich mit dem Papiere in innige Verbindung bringe, gebrauche ich leinene, baumwollene oder aus Leinen und Baumwolle gemischte Stoffe. Das Papier tränke ich in Auflösung von gebleichtem Schellack, Mastix, Sandarak und Elemi, je nach Beschaffenheit des Papiers und dessen Bestimmung, und zwar im Verhältnisse von 1 Gewichttheil trockener Substanz auf 6 bis 8 Gewichttheile Weingeist und Terpenthinöl und 1/4 Gewichttheil Lavendelöl. Das Gewebe tränke ich in Auflösung von 1 Gewichttheil Schellack und 2 bis 4 Gewichttheilen Wasser mit 1/2 Gewichttheil Ammoniak (Salmiakgeist). Nachdem Papier und Gewebe getränkt und wieder getrocknet sind, bestreiche ich die eine Seite des Papiers mit eben erwähnter ammoniakalischer Schellackauflösung, und lege diese angestrichene Seite auf das Gewebe; hiernach löthe ich mittelst heißen Druckes beide Theile innig zusammen, gebe der Zeugseite einen Anstrich mit fettem Lackfirniß und beliebiger Farbe, und endlich nach völligem Trocknen dem Papiere durch Druck die erforderliche Glätte der Oberfläche. Zu näherer Erläuterung des Vorstehenden füge ich einige Bemerkungen bei. Durch die große Verschiedenheit des Papiers, welches ganz ohne Leim, mit etwas oder viel Leim, dünn oder dick seyn kann, wird es erforderlich, zu jeder Art die passenden Mischungen von gebleichtem Schellack, Mastix, Sandarak und Elemi durch Vorversuche zu ermitteln. Zur Tränkung eines mittelstarken ungeleimten Maschinenpapiers genügt beispielweise eine Auflösung von 6 Gewichttheilen Elemi, 40 Gewichttheilen Weingeist, 2 Gewichttheilen Terpenthinöl und 1 Gewichttheil Lavendelöl. – Der stärkste Salmiakgeist ist zur Auflösung des Schellacks erforderlich, wenn man das oben genannte Verhältniß des Wasserzusatzes beobachtet. – Das Zusammenlöthen des getränkten Papiers mit dem zubereiteten Gewebe wird am zweckmäßigsten mittelst heißer Walzen ausgeführt; das Glätten des Papiers mittelst kalten Walzendrucks. (Patentirt für das Königreich Hannover am 22. Juni 1855. – Aus den Mittheilungen des hannover. Gewerbevereins, 1856, S. 136.) Verfälschung des Majoran. In der Sitzung der Brünner Handels- und Gewerbekammer am 22. Sept. d. J. erstattete das Handelscomité in Folge einer von der k. k. Statthalterei ergangenen Aufforderung Bericht über die im Handel vorkommende Verfälschung des Majorans. Die Versetzung des Majorans mit anderen Kräutern stehe nicht vereinzelt da. So werden z.B. Anis, Kümmel und Fenchel dadurch verfälscht, daß man vermittelst Pressung durch Siebe aus Erde ähnlich geformte Körper bilde und diese mit den Sämereien vermenge; ja diese kleinen Erdkörner kommen sogar als besondere Artikel unter dem Namen Schmondrak in den Handel, und deren Anfertigung bilde an einigen Orten den Gegenstand eines förmlichen Gewerbes. Die Verfälschung des Majoran, die bis jetzt nur durch unschädliche Kräuter geschehen und leicht erkennbar sey, wurde von den bei dieser Pflanze nicht seltenen Mißernten und der dadurch erfolgten Vertheuerung hervorgerufen und begünstigt, sie habe aber so überhand genommen, daß das ganze Product discreditirt und der Verbrauch desselben so verringert wurde, daß schon jetzt ein starker Rückgang in diesem Falschwaarenhandel bemerkbar sey. Obgleich man daher diese Verfälschung ohne Bedenken ihrem Schicksal überlassen könnte, so lasse sich doch dem im Princip das Wort nicht reden, und man müsse die von der Olmützer Handels- und Gewerbekammer beregte Maßregel zweckmäßig finden, welche dahin gehe, nur den Verkauf im Zustande als ganze Pflanze zuzulassen, da auf diese Weise jede fremdartige Beimengung unmöglich wäre. (Aus dem „Fortschritt“, 1856 Nr. 40.) Ueber das Weich- und Hartkochen der Eier. Es ist bekannt, wie oft es, selbst erfahrenen Hausfrauen und geübten Köchinnen, nicht gelingen will den Eiern beim Kochen den gewünschten Grad von Härte zu geben. Das Zählen bis hundert und andere in Anwendung gebrachte Mittel haben sich längst als unzuverlässig erwiesen, indem sich dieselben fast gänzlich nur auf die Zeit des Siedens im Wasser gründen. Ich möchte hier daher ein anderes Mittel empfehlen, das sich praktisch sehr bewährt hat. Es gründet sich dasselbe auf die Temperatur des Wassers, in welchem die Eier gesotten werden, nebst genauer Berücksichtigung der Zeit des Siedens unter sicher bestimmten Bedingungen Nimmt man Wasser, erwärmt es bis 60° R., legt dann die Eier hinein und wartet nun, bis das Thermometer 70° R. zeigt, so ist das Ei „weich gesotten,“ d.h. es ist auch das Weiße des Eies noch nicht fest. Läßt man das Ei so lange im Wasser liegen, bis das Thermometer 73° R. zeigt, so ist das Gelbe des Eies noch weich, aber das Weiße bereits fest. Es ist dieß die beliebteste Sorte der gekochten Eier in der Schale. Bei 76° R. ist das Ei hart und kann ausgeschält werden. Es gründet sich diese Methode auf wissenschaftliche Principien, da das Eiweiß oder das Weiße des Eies bei 60° R. anfängt zu gerinnen, hart zu werden. Bei 70° R. coagulirt das Eiweiß des Blutes schon. Diese beiden Punkte, insbesondere aber der erstere, bieten also einen genauen Anhaltspunkt, wornach auch die unerfahrenste Magd den Eiern bestimmt jedesmal den gewünschten Grad der Consistenz beim Kochen geben kann. (Das Neueste und Nützlichste für Haus- und Landwirths., 1856, S. 279.) Ueber die Seekrankheit und ihre Heilung; von X. Landerer. Zu den unangenehmsten Ereignissen, die dem Reisenden eine Seereise verleiden, gehört die Seekrankheit, welche in einem fortwährenden Uebelbefinden, das sich bis zum Erbrechen steigert, besteht Dieser Drang zum Erbrechen ist so heftig, daß im Magen weder eine Spur Speise noch Trank bleibt und oft Blut gebrochen wird. In dieser traurigen Lage verwünscht der Reisende die begonnene Seefahrt, und denkt nur daran, wieder ans Land zu steigen. Ich sah Damen, die in Folge dieses fortdauernden Erbrechens von Nervenzufällen, mit epileptischen Erscheinungen begleitet, befallen wurden. Unzählig sind die gegen die Seekrankheit angegebenen Mittel, unter ihnen scheinen kalte Getränke mit etwas Rothwein vermischt oder auch Limonade, so wie Aufbinden von Safran auf den Magen den Vorzug zu verdienen. Als ein wahres Specificum jedoch habe ich das Chloroform kennen gelernt; es stillt in einer Dosis von 10 bis 12 Tropfen mit Wasser genommen den Brechreiz so gründlich, daß die Patienten sich nun aufrecht halten können und das Schaukeln des Schiffes gewohnt werden. Sollte sich neuerdings Uebelbefinden einstellen, so nimmt man wiederum einige Tropfen. Auf einer Seereise von Zea nach Athen, wo in Folge eines heftigen Sturmes sämmtliche 20 Passagiere des hin- und hergeworfenen Schiffes die Seekrankheit bis zum Erbrechen bekamen, zeigte das Chloroform wirkliche Wunderkraft; 6 bis 10 Tropfen beseitigten alle Anfälle, die Kranken richteten sich nach wenigen Augenblicken auf, setzten sich dem Winde aus und ertrugen von nun an alle Unbilden des Sturmes leicht. Nur bei zwei Frauen mußte die Dosis wiederholt werden, um sie herzustellen. Gleich dem Menschen sind auch die Thiere der Seekrankheit unterworfen, und diejenigen unter ihnen, welche sich erbrechen können, erbrechen sich; die anderen, z.B. die Wiederkäuer, scheinen bedeutend zu leiden, stürzen zusammen und fressen oft Tage lang nichts. Die Pferde werden, um sie davor zu schützen, in den Schiffsräumen aufgehängt; nach dem Ausschiffen bleiben sie oft Stunden, ja Tage lang im taumeligen Zustande. Kühe, Schafe bleiben liegen und sind nicht im Stande auf den Füßen zu stehen. Auch das Geflügel leidet auf Seefahrten an dieser Krankheit, jedoch sehr verschieden, so daß einige Thiere munter und freßlustig sind, während andere sich halbtodt in den Ställen befinden. Wie der Mensch kann sich aber auch das Thier an Seereisen gewöhnen. Hunde, Kanarienvögel u.a. zeigen schon bei einer dritten Seereise nichts Krankhaftes mehr, nur bei heftigem Sturme einige Unruhe. (Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie Bd. V S. 531.)