Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 142, Jahrgang 1856, Nr. , S. 447
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Miscellen. Miscellen. Ueberschwemmungen im südlichen Frankreich. Durch ein vom 19. Juli d. J. aus Plombières datirtes Schreiben des Kaisers Napoleon wird der Minister der öffentlichen Arbeiten angewiesen, alsbald Vorschläge darüber zu machen: auf welche Weise die Wiederkehr solcher Ueberschwemmungen, wie dieselben die unteren Flußthäler der Loire, Saone, Gironde und Rhone in diesem Sommer in so schrecklicher Weise heimgesucht haben, zu verhindern sey. Das Schreiben geht in die Erörterung dieser wichtigen Frage gründlicher ein und stellt folgende Punkte hin als leitende Grundsätze für die in der fraglichen Angelegenheit zu machenden umfänglichen Studien: Zum Schutze der an jenen Flüssen liegenden Städte und Ortschaften sind Dämme anzulegen, jedoch nur als secundäre Schutzmaßregeln anzusehen, da sie die fraglichen Orte zwar nothdürftig schützen, die Wiederkehr der Ueberschwemmungen aber nicht verhindern können, worauf ganz besonders und systematisch hinzuwirken ist. Das Deichsystem wird übrigens als ein den Staat ruinirendes Palliativmittel und deßhalb als unzulässig, aber auch der enormen Kosten (für die Rhone allein über 100 Millionen!) wegen als unausführbar bezeichnet. Als vernünftig, praktisch, leicht ausführbar und bereits bewährt wird das System des Zurückhaltens der Inundations-Gewässer in den oberen Flußgebieten bezeichnet. Die Zuflüsse der großen Ströme sollen da, wo sie das Hochland verlassen, in engen Thälern, wo es leicht sich thun läßt, durch Dämme aufgestaut und dadurch Wasserbecken gebildet werden, welche bei plötzlichen Zuflüssen große Wassermassen ausnehmen und dieselben nur nach und nach entströmen lassen, wie es ohne Schaden für das unterliegende Land geschehen kann. Es ward in dieser Beziehung auf die Wirkung der Seen verwiesen, durch welche Flüsse gehen (Bodensee, Genfer-See etc.), wie auch auf die an der Loire bereits bestehenden Dämme zu Pinay, 12 Kilometer oberhalb Roanne (im Jr. 1711 für 170,000 Fr. erbaut) und zu La Roche (kostet 40,000 Fr.), welche 1846 wie jetzt wieder Roanne vor gänzlicher Verheerung geschützt haben. (Nach Boulangé, Ober-Ingenieur der Straßen und Brücken des Loire-Departements, soll die Ausdehnung dieses Systemes auf die Hauptflüsse der Loire durch 5 große Dämme und 24 Wehre nur 400,000 Fr. kosten.) Die Dämme haben zugleich den Nutzen, daß sie Schlamm, zur Düngung der Felder verwendbar, wie auch Sand und Schotter auffangen, welche sonst die unterliegenden Gegenden verwüsten und die Flußbetten in schädlicher Weise anfüllen würden. Wo die Dämme der Cultur der Thäler schaden, sind die Grundeigenthümer zu entschädigen. Das System derselben ist wo möglich auf die äußersten und alle Zuflüsse in Anwendung zu bringen. Für die Loire wird zur Flußcorrection das System der inclinanten Weidendämme (so wenig in Frankreich wie in England bisher gekannt oder doch häufiger angewandt) empfohlen, theils um den Strom zu vertiefen, theils um nutzbares Land zu gewinnen. Weiter wird das Project des Senkens des Wasserspiegels des Genfer-Sees durch Austiefung der oberen Rhone zur Prüfung empfohlen. Endlich noch wird zur Erzielung einheitlicher und schneller Direktion angeordnet, daß die Behandlung der großen Flüsse einer Person anvertraut werden soll. Ebenso wird gewünscht, daß die in der Behandlung der Wasserstraßen erfahrenen Ingenieurs an demselben Platze vorrücken können, damit die von denselben erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen dem Staate zu Nutze kommen und nicht durch Versetzung an andere Posten oder Orte ganz oder theilweise verloren werden. Durch solche Behandlung der Sache, welche nach der großen Ueberschwemmung von 1846 leider unterblieb, hofft der Kaiser Resultate zu erzielen, welche die Wiederkehr solcher Calamitäten wo nicht verhindern, so doch verringern. B. (Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und Ingenieurvereins. 1856, Bd. II S. 390.) Messung der Geschwindigkeit eines Eisenbahnzuges mittelst Elektromagnetismus; von W. C. M'Rea. Die Räder eines Wagens machen eine gewisse Anzahl von Umdrehungen, indem sie über einen bestimmten Straßenraum gehen; angenommen z.B. ein Wagenrad habe acht Fuß im Umfang, so wird es sich 660 Mal umdrehen indem es die Entfernung einer englischen Meile durchläuft. Wäre nun der Wagen so construirt, daß der Kasten immer in gleicher Entfernung von der Achse bliebe, was die ihm durch die Federn ertheilte Bewegung verhindert, so wäre es nicht schwierig, das Rad bei jedem Umgang so auf einen Hebel wirken zu lassen, daß dieser innerhalb des Wagens ein Rad in Drehung versetzt, welches so viele Zähne hat als das Wagenrad beim Durchlaufen einer englischen Meile Umgänge macht. Würde man in diesem Falle eine Reihe von Rädern wie bei einem Uhrwerk anwenden, so könnte das Indicatorrad auch eine Bruchzahl von Zähnen enthalten im Verhältniß zur Anzahl der Umgänge, welche das Wagenrad beim Durchlaufen einer gegebenen Entfernung macht. Die Schwierigkeit, welche die unstäte Bewegung des Wagenkastens in Folge der Federn veranlaßt, läßt sich überwinden durch Anwendung eines Magnets, einer Batterie und eines galvanischen Stroms; letzterer muß bei jedem Umgang des Wagenrades unterbrochen werden. Hierbei wäre der Zweck des magnetischen Apparates, den Geschwindigkeits-Indicator um die Entfernung eines Zahnes zu bewegen. Ein derartiger Apparat läßt sich so construiren, daß er für die Benutzung nicht aufgezogen zu werden braucht. Die geeignetste Batterie für einen solchen Apparat ist die Sandbatterie; man muß dieselbe mit ganz reinem Sand herstellen (wie ihn die Glasfabrikanten anwenden); als Behälter desselben dient ein Porzellankasten, wie sie bei Grove's Batterie angewendet werden; die Kupfer- und Zinkplatten werden beiläufig einen Zoll von einander entfernt angebracht und der Sand wird dicht um dieselben herum eingedrückt. Das Zink muß amalgamirt und das Kupfer mit Smirgelpapier abgerieben werden, ehe man es in den Kasten stellt; der Sand wird dann gut mit Schwefelsäure befeuchtet, welche in dem für Batteriezwecke gebräuchlichen Verhältniß verdünnt ist. Einen stärkern Strom erhält man durch Anwendung von mehr Säure. Eine solche Batterie bleibt einige Wochen wirksam, wenn man jeden Tag ein wenig Säure zusetzt, in dem Verhältniß als die Stärke der zuerst hineingebrachten sich verminderte. Ein Eisenbahnzug kann eine Reihe solcher Tröge mitführen, wobei alle Schwierigkeiten vermieden werden, welche andere Batterien veranlassen würden. (Journal of the Franklin Institute, Oktober 1856, S. 217.) Ueber Absorption der Elektricität durch befeuchtete Oberflächen. Marianini hat die Beobachtung gemacht, daß Körper, die man mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten befeuchtet, dadurch in hohem Grade befähigt werden, die Elektricität eines elektrisirten Nichtleiters, den man damit in Berührung bringt, aufzunehmen. Bringt man z.B. einen Wassertropfen auf den Knopf eines Elektroskops und berührt die benetzte Stelle mit einem elektrisirten Glasstabe, so divergiren die Goldblättchen und bleiben auch nach Entfernung des Stabs mit Elektricität beladen, während, wenn die Berührung an einer trockenen Stelle stattgefunden hatte, die Goldblättchen nach Entfernung des Stabes wieder zusammenfallen. (Aus Cimenfo, durch Liebig's und Kopp's Jahresber. über die Fortschritte der Chemie, Physik, Mineralogie u. Geologie für 1855, S. 218.) Unterscheidung der ächt und der unächt versilberten Waaren. Der österreichische Zolltarif setzt für die ächt versilberten Waaren einen höheren Einfuhrzoll fest, als für die unächt versilberten, und es gehören zu jenen Waaren alle diejenigen, die auch nur eine ganz dünne Schichte ächten Silbers haben. Zur leichteren Unterscheidung der ächt und der unächt versilberten Waaren für jene Fälle, wo die Ueberzeugung vorliegt daß Quecksilber an der Oberfläche der Waare nicht vorhanden ist, wurde den Zollämtern folgendes Verfahren an die Hand gegeben: Man bringt mittelst eines Glasstabes einen Tropfen einer frisch bereiteten Schwefelleberauflösung auf die Oberfläche des zu prüfenden Gegenstandes, welcher Tropfen nach einer halben Minute durch Abspülen mit Wasser oder durch Eintauchen des Gegenstandes ins Wasser entfernt wird. Ist der Gegenstand von Silber oder ist er noch so oberflächlich versilbert, so wird augenblicklich ein dunkler, schwärzlicher Fleck sichtbar. Besteht dagegen die zu untersuchende Oberfläche aus einem anderen silberähnlichen Metalle, wie Zinn, Nickel, Packfong etc. (mit Ausschluß des Quecksilbers, Zinn-Amalgams etc.), so tritt nicht die geringste Reaction ein. In zweifelhaften Fällen, zu deren Entscheidung dieses Verfahren nicht hinreicht, hat jedoch das Zollamt bei dem Hauptmünzprobiramt in Wien eine genaue technische Prüfung zu veranlassen. (Austria, Bd. III. S. 573.) Anwendung des Wasserglases zum Schlichten des Baumwollengarns. John Leigh in Manchester ließ sich am 7 April 1856 die Anwendung des Wasserglases zu diesem Zweck für England patentiren. Nach seiner Vorschrift soll man das von einer chemischen Fabrik bezogene feste Kali- oder Natron-Wasserglas in einem kupfernen oder reinen eisernen Kessel mittelst kochenden Wassers auflösen und die erhaltene Lösung mit so viel Chlornatron (Javellischer Lauge) versetzen, als erforderlich ist um die braune Farbe (das Sulfurid) zu zerstören und die Flüssigkeit farblos zu machen; während des Zusetzens des Chlornatrons muß sie rasch umgerührt werden. Hierauf gießt man Schwefelsäure, welche mit acht Theilen Wasser verdünnt ist, vorsichtig und langsam in solcher Menge in die Wasserglaslösung, daß alles in derselben etwa enthaltene freie Alkali neutralisirt wird, wobei man sie rasch umrührt, bis sich Flocken von Kieselerde abzuscheiden beginnen und in der Mischung schwimmen; dieser Säurezusatz ist bei einer sehr unbedeutenden Menge freien Alkalis nicht nothwendig. Die so vorbereitete Lösung von Kali- oder Natron-Wasserglas gießt man in reine Kessel von Kupfer oder Eisen und concentrirt sie durch rasches Einkochen auf die erforderliche Stärke (für welche jedoch der Patentträger keinen Anhaltspunkt gibt); nach dem Erkalten wird sie in gläsernen Flaschen zur Verwendung aufbewahrt. Wenn es nöthig ist, sie für das Schlichten einer Garnsorte mit (destillirtem) Wasser zu verdünnen, so kann dieß in dem kupfernen oder eisernen Schlichttrog geschehen. Wie beim Schlichten mit Mehlkleister, kann man zugleich eine Quantität Talg oder Seife in diesen Trog geben. (London Journal of arts, December 1856, S. 348.) Die gemischten Gespinnste und Gewebe erweckten auf der Pariser Ausstellung große Ueberraschung. Die Verbindung mehrerer verschiedenartiger Spinnstoffe zu einem einfach gedrehten Faden ist erst das Werk der neuesten Zeit und datirt in den Manufacturstädten Frankreichs kaum ein Decennium zurück. Seitdem sind darin außerordentliche Fortschritte, sowohl in den Combinationen der Spinnstoffe für die Erreichung eines bestimmten Effectes im Gewebe oder in der Farbe, als auch bei der Verspinnung selbst gemacht worden, und noch steht dieser Zweig in schnell vorgehender Entwickelung. England mag wohl für diese Spinnerei durch Vermischung des harten Kammgarnes, Alpakas und Mohairs, sowie des Mohairs und Alpakas mit Seide den Impuls gegeben haben; Frankreich aber scheint bestimmt, das Princip eigentlich auszubeuten und einen großartigen Zweig in der Kleiderstoff-Fabrication damit zu begründen. Man verspinnt jetzt bis zu vier verschiedenen Stoffen mit einander, nämlich Kammwolle, sowohl weiche als englische harte, Baumwolle, Seide oder Schappe oder bourre de soie, Mohair und Alpaka, und gibt die Mischungen davon in verschiedenartigen Verhältnissen; ebenso zwirnt man solche gemischte Fäden. Wie weit man in diesen Combinationen noch vom letzten Ende entfernt ist, bewies ein ausgestelltes neues Product, das gezwirnt war, und unter dem Namen Coton lustre, eine billige Nachahmung des Seidenfadens bezweckte. Diese Art der Kammgarnspinnerei verdient von den Fabrikanten die höchste Beachtung. Hier liegt der Zweck klar ausgesprochen, einen theueren Stoff durch billigere zu ersetzen, die bei gleicher Güte den gleichen Effect im Gewebe hervorbringen. Das Feld, das sich hier aufthut, ist ein unendlich weites für den Spinner wie für den Fabrikanten. An den Fortschritten, welche namentlich Frankreich jetzt in den gemischten Gespinnsten zu machen beginnt, hat Deutschland bisher noch nicht Theil genommen, der Begehr nach reinem Kammgarn ist ein so starker, daß es bis jetzt, ungeachtet der bedeutenden Einfuhr von Frankreich und England, nur mit Befriedigung dieses Bedarfes zu thun hat. Die eigentliche Bedeutung der gemischten Gewebe ist noch der Zukunft vorbehalten, denn sie sind theils, wenn auch auf ein ziemlich ausgedehntes Feld sich erstreckend, doch nicht viel mehr als in ihren Anfängen vor uns aufgetreten, theils können wir sogar bloß die Keime der Entwicklung bis jetzt überblicken. Die ungeheure Ausdehnung aber, die dieser Industriezweig in dem verhältnißmäßig sehr kurzen Zeitraum der letzten zehn Jahre gewonnen hat, läßt uns zu dem Schlusse kommen, daß analog den Erscheinungen in andern Zweigen, eine große Aenderung in den Verbrauchsverhältnissen und ein großartiger Begehr nach gemischten Stoffen in keine ferne Zeit gerückt seyn werde. Die einfache Beobachtung des praktischen Lebens genügt zur Bestätigung dieser Behauptung. In den bemittelteren Classen der Bevölkerung haben die Kleiderstoffe aus Kammgarn und gemischtem Spinnmaterial den Verbrauch von Baumwollwaaren vielfach verdrängt und auch der Verwendung von Seidenstoffen eine Gränze gesetzt, die sich in der Zukunft noch mehr einengen dürfte. Der gleiche Proceß beginnt bereits in den Bedürfnissen der weniger bemittelten Volksclassen sich sehr bemerkbar zu machen. Es ist eine beachtenswerthe Thatsache, die alle Aufmerksamkeit verdient, daß selbst in England die Druckereien, die bis vor Kurzem nur der Baumwolle gewidmet waren, sich bereits auch mit dem Wolldruck befassen. Namentlich ist es die Baumwollwaaren-Manufactur, welche mit einem großen Theile ihrer jetzigen Artikel den Markt wird räumen müssen, wie sie es jetzt schon in einzelnen Zweigen gethan hat. Der Fabricationsgewinn bei den gemischten Stoffen ist gegenwärtig noch ein außergewöhnlich hoher. Besprechungen mit mehreren speciellen Sachverständigen haben zu dem Resultate geführt, daß die Preise, welche die Fabrikanten des Districtes von Roubaix, namentlich für ihre neuen und feinern Stoffe, von den Consumenten bewilligt erhalten, im Verhältniß zu den Herstellungskosten so hoch erscheinen, daß sie bei weitern Fortschritten in der Fabrication und bei der zunehmenden Concurrenz sogar bis unter die Hälfte ihres jetzigen Standes herabgemindert werden können und immer noch einen anständigen Unternehmergewinn abwerfen. Auch mehrere Fabrikanten aus Roubaix machten das Zugeständniß, daß die Möglichkeit einer bedeutenden Preisminderung nicht ernstlich bestritten werden könne. Es wiederholt sich hier die allgemeine Erscheinung in der Sphäre der Industrie, daß derjenige, welcher zuerst einen eigenthümlichen Genre ergreift und sich mit aller Macht darauf wirft, auch den reichsten Gewinn davon erntet, und daß später, wenn sich eine größere Concurrenz solcher Artikel bemächtigt, die Aufnahme derselben in andern Staaten zu einem weniger lucrativen Unternehmen wird, ja oft nur einen siechen Industriezweig zur Erscheinung bringt. Die Verbindung verschiedener Materialien in einem und demselben Stoffe, namentlich wenn die Vermischung schon im Garne stattfindet, sichert, wenn sie zum Gegenstande des besondern Studiums gemacht wird und in richtig bemessenen Verhältnissen stattfindet, ganz eigenthümliche überraschende und ungekannte Effecte, theils in dem Lustre der Stoffe, theils im Reflex der Farben. Hierdurch aber greifen die gemischten Stoffe in andere Zweige der Gewebe ein, und gestatten daher die Geschmacksrichtung dieser auf sich herüberzuziehen und alle diejenigen Dessins zu benutzen, die bald in diesem, bald in jenem Stoffe von hervorragender Wirkung auf Auge und Gefühl sind. Es sind die angeführten Momente weiter auch die Basis dafür, daß der Industriezweig eben so sehr dem höchsten Luxus wie den Anforderungen an eine gewöhnliche Gebrauchswaare dienen kann, und die Preise der Producte kaum irgendwo anders einer ähnlichen Abstufung fähig sind. Dieß läßt in weiterer Folge eine ungewöhnliche, ausgedehnte Concurrenz unter den Fabrikanten selbst zu, die für die Consumenten und den Absatz im höchsten Grade vortheilhaft, für den Industriellen aber, der Mannichfaltigkeit der Artikel wegen, unter denen seine Thätigkeit, sein Talent und seine Neigung sich auswählen und vorzugsweise befassen kann, nie nachtheilig zu werden vermag. Alle Momente weisen uns darauf hin, uns mit aller Macht auf das große Gebiet der gesammten Kammgarn-Industrie zu werfen, so wie es Frankreich, im Vorgefühle dessen, was seiner Baumwollwaaren-Industrie bevorsteht, bereits begonnen hat. Die Mittel, Frankreich nachzufolgen, bestehen vornehmlich in einer größeren Ausdehnung, zum Theil auch in der Vervollkommnung der Kammgarnspinnerei, namentlich in deren Einrichtung auf die gemischten Gespinnste, in einem sorgsamen Studium der Natur der einzelnen Spinnmateriale und des Effectes ihrer Combinirung im Gewebe, in der Verbesserung der Weberei, der möglichst ausgedehnten Einführung von Poowerlooms und der Vorrichtung des mechanischen Schützenwechsels, endlich in einer möglichst vollständigen Trennung der Färberei und Appretur von den übrigen Fabricationsmanipulationen. (Oesterr. amtl. Ber. über die Pariser Ausstellung 3. Heft, S. 21. 24. 86. 117. 119. 124.) Byssus, die seidenartige Faser, womit einige Mollusken, namentlich die Steck- oder Seidenmuschel (Pinna nobilis) ihre Muscheln an den Klippen im Meere befestigen, wird in Sicilien und Calabrien zu Verfertigung dauerhafter Gewebe, Handschuhe und Strümpfe verwendet, und dient in neuester Zeit in Frankreich zur Mischung mit Schafwolle, Seide, Alpaka etc. für die Fabrication von Modestoffen. Es ist dasselbe Material, welches Aegypten und Indien unter den Namen Xylon und Gossypium den alten Römern und Griechen zur Verarbeitung für die sogenannten Sindones oder Sidones lieferte. Lange Zeit hat man den Byssus für feinen Flachs, und die daraus gewebten Zeuge für Leinwand gehalten. Erst die neuere Zeit verschaffte den richtigen Aufschluß. Bei einem Stück leichten blauen Tuches auf der Pariser Ausstellung war der Byssus mit Schafwolle gemischt versponnen, und die auf der Oberfläche des Gewebes zahlreich herausstehenden Spitzen dieser goldbraunen seidenartigen Faser verliehen dem Tuche bei seitwärts auffallendem Lichte einen eigenthümlichen Glanz, gleich als ob Goldstaub darüber gestreut wäre. Es war der Versuch der Verwendung dieses Stoffes für Tuch interessant, wenn auch nicht ganz neu. Das beschränkte Vorkommen des Byssus steht übrigens einer größern Ausdehnung des Verbrauchs entgegen. (Ebendort S. 37 u. 39.) Das Spinnen des wollenen Schußgarnes auf Spulen ist in den Kammgarnspinnereien Frankreichs fast allgemein eingeführt, auch in England schon sehr verbreitet; es sind damit mehrere wesentliche Vortheile verbunden. Zunächst wird durch Vermeidung des Aufhaspelns auf die Weise und des Umhaspelns der Garnbündel auf die Spule das Garn in der natürlichen Beschaffenheit gelassen und verwebt, wie es von der Spinnmaschine kommt. Der Faden bleibt daher lockerer, weil er nicht durch Auf- und Abwickeln überflüssig angestrengt wird, bewirkt eine vollkommenere Deckung des Gewebes, und trägt mithin wesentlich dazu bei, daß der Stoff eine angenehme Weichheit und Geschmeidigkeit erhält. Das Ueberhaspeln auf die Spulen bereitet ferner dem Fabrikanten außer dem Aufwande an Arbeitslohn einen Materialverlust, der von Sachverständigen auf 5 bis 6 Procent berechnet wird. Dieser Abgang aber, da er aus den feinen Spitzen des Wollhaares besteht, die aus dem Faden hervorragen, bedingt wiederum Nachtheile bei der Appretur. Es sind nämlich diese Spitzen besonders geeignet, dem Gewebe in der Appretur einen eigenthümlichen, schönen Glanz zu verschaffen. Das Endergebniß ist mithin, daß man mit auf Bobinen gesponnenen Schußgarnen eine weit bessere, gefälligere und billigere Waare erzeugen kann, als mit geweiften Garnen, oder, was dasselbe ist, daß man bei Anwendung ersterer mit einem qualitativ und quantitativ geringeren Material eine bessere Waare erzielt, als bei Verwebung letzterer. Diese wichtige Aenderung in der Aufwickelung des Garns verdient darum die größte Beachtung. (Oester. amtl. Ber. über die Pariser Ausstellung 3. Heft, S. 18.) Ueber die Bereitung des Leinölfirnisses mittelst borsauren Manganoxyduls. Zur Bereitung des Leinöl-Firnisses leistet nach einer Mittheilung im bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt, 1856 S. 315, ein Zusatz von freiem Manganoxyd oder Manganoxydhydrat dasselbe, wie das borsaure Salz. Man braucht nur das Oel mit etwa 1/8 Proc. Manganoxyd oder Oxydhydrat ganz kurze Zeit (etwa 1/4 Stunde) zu erwärmen. Die Erwärmung braucht dabei lange nicht den Siedepunkt zu erreichen, doch läßt sich der Temperaturgrad im allgemeinen nicht bestimmt angeben, da junges Oel einen weit höheren Siedepunkt hat als altes. Die siccative Beschaffenheit nimmt jedoch mit der Stärke der Erhitzung zu. Da indessen das Oel zugleich um so dunkler und dicker wird, je stärker es erhitzt wurde, so thut man im allgemeinen am besten, das Oel vom Feuer zu entfernen, sobald es sich aushellt und anfängt ganz schwach zu rauchen Anstriche davon werden nun in 24 Stunden fest. Um das Firnißöl von sehr blasser Farbe zu erhalten, muß man noch schwächer erhitzen. Freilich wird dadurch auch das Trocknen um mehrere Stunden verzögert, allein die Farbe des Oels ist dann kaum bemerkbar bräunlich geworden, während es sich im ersteren Falle immer kastanienbraun färbt. Ein in der Farbe gar nicht verändertes, weingelbes Oel wurde erhalten durch Versetzen eines vierjährigen Leinöls, welches schon roh in drei Tagen trocknete, mit 1 Proc. Kalkhydrat ohne alles Erwärmen. Nach zweitägigem öfterem Umschütteln war ein Anstrich davon in 24 Stunden vollkommen fest. Dießjähriges Oel wurde jedoch selbst durch Kochen mit Kalk nicht siccativ. Das Oel löst von der kleinen Menge Manganoxyd höchst wenig auf und der abgelagerte Satz läßt sich wiederholt zur Firnißbereitung benützen. Mischt man präparirtes Oel mit seinem gleichen Gewichte rohen Oels, so erfordert es fast die doppelte Zeit zum Trocknen, mit der zweifachen Menge noch 20 Stunden länger und bei dreifachem Zusatz noch weitere 12 Stunden, doch nimmt die zum Festwerden des Anstriches erforderliche Zeit bei längerem Stehen der Mischung allmählich etwas ab.