Titel: Ueber eine wichtige Vervollkommnung des Chronoskops; von Prof. Gläsener.
Fundstelle: Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XLV., S. 187
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XLV. Ueber eine wichtige Vervollkommnung des Chronoskops; von Prof. Gläsener. Aus den Comptes rendus, October 1856, Nr. 17. Gläsener, über eine wichtige Vervollkommnung des Chronoskops. Durch vorliegende Notiz beabsichtige ich zu zeigen, wie man sowohl den Einfluß des in den Elektromagneten verbleidenden magnetischen Rückstandes, als auch den Einfluß aller anderen verzögernden Ursachen beseitigen kann. Zu den letzteren gehört z.B. der Widerstand der Luft und der durch das Geschoß zu zerreißenden Drähte, der Mangel augenblicklicher Wirkung in dem Spiel der Commutatoren und der Stifte, die aus der Dauer des Falles der letzteren resultirende Verzögerung u.s.w. Es handelt sich demnach darum, ein Verfahren zu ermitteln, wodurch man genau die Zeit findet, welche zwischen den Momenten des Eintrittes der beiden durch das Geschoß hintereinander hervorgebrachten Erscheinungen verfließt, wie man also die Anfangsgeschwindigkeit und die entsprechenden Geschwindigkeiten an verschiedenen Punkten der Kugelbahn findet. Ich gehe dabei von der Annahme aus, daß der in Anwendung kommende Apparat, dessen Beschreibung in der folgenden Notiz weggelassen werden kann, mit gleichförmiger Geschwindigkeit rotirt. Um die erwähnten Resultate zu erzielen, befolge ich zwei verschiedene Verfahrungsarten: 1) ich kehre den Strom in den Elektromagneten um; 2) ich ersetze die Elektromagnete und die weichen Eisen durch künstliche Magnete und elektrodynamische Leiter. In dem einen und dem andern Fall benütze ich Ströme von der gleichen Intensität, und eben so viele einfache Bunsen'sche Elemente, als Elektromagnete oder Conductoren bei dem Apparat in Thätigkeit sind. Alle Organe, Stifte, Commutatoren u.s.w. sind einander ähnlich und auf gleiche Weise angeordnet. Ich schließe die Kette in sämmtlichen Elektromagneten und Conductoren, um die Zeichenstifte von der eingetheilten Trommel zu entfernen, während sie in Bewegung ist. Während des Versuches werden die Ströme der verschiedenen Säulen der Reihe nach durch das Geschoß unterbrochen, dann in den Elektromagneten umgekehrt, und in dem nämlichen Sinne in den Conductoren hergestellt; die Stifte fallen herab, zeichnen Punkte in den Kienruß, welcher die Eintheilungen der Trommel bedeckt, und gehen unmittelbar darauf wieder in die Höhe. Dieser Vorgang gestattet, diejenige Zeit zu messen, welche zwischen dem Fall zweier Stifte verfließt, statt derjenigen Zeit, welche zwischen dem Momente des Fallens des einen Stiftes und des Steigens des folgenden Stiftes verfließt. Wenn der erste Stift einige Augenblicke nach dem Eintritt der ersten durch das Geschoß hervorgebrachten Wirkung niederfällt, so wird der zweite Stift, gleichfalls einige Augenblicke nach dem Eintritt der zweiten Wirkung niederfallen; aber diese Verzögerungen sind die nämlichen. Die Fehler heben sich demnach auf und die zwischen den beiden Wirkungen verflossene Zeit ist gleich der Zeit welche zwischen den Momenten verfließt, wo die beiden Stifte die Trommel berührt haben. Selbst der rückständige Magnetismus würde, indem er den Fall der Stifte verzögerte, keinen nachtheiligen Einfluß haben. Der Commutator, dessen ich mich bediene, ist so angeordnet, daß er den Strom in der einen Richtung entsendet, wenn sein Hebel sich in einer Lage befindet, welche mittelst einer kleinen Feder und eines Einfalles bestimmt wird, und in der entgegengesetzten Richtung, sobald dieser Einfall durch eine kleine rasche Bewegung ausgelöst wird, welche die Zielscheibe in dem Augenblick hervorbringt, wo sie von dem Geschoß getroffen wird. Einen ähnlichen Commutator bringt man in der Nähe jeder der in Anwendung kommenden Scheiben an. Bedient man sich elektrodynamischer Leiter und künstlicher Magnete, so ist es vorzuziehen, die Dimensionen der Commutatoren sehr zu reduciren und zu modificiren, um den Strom nahe an der Trommel und den Stiften fortzupflanzen, zu unterbrechen und wiederherzustellen, indem ein kleines an dem Hebel jedes Stiftes befestigtes Stängelchen den Einfall in demselben Momente, wo der Stift fällt, auslöst. Die Magnete und Conductoren können auf zwei verschiedene Weisen angewendet werden: 1) die Magnete sind schwer und befestigt, und die Conductoren leicht und beweglich; 2) man nimmt sehr leichte Magnete und kräftige elektrodynamische Spulen. Nach meiner Erfahrung sind beide Methoden sehr gut. Man befestige zwei flache kupferne Spiralen mit beiden Enden an einen horizontalen Hebel; beide seyen durch einen Kupferdraht mit einander verbunden und so gestaltet, daß sie unter dem Einflusse eines Stroms durch Anziehung oder Abstoßung auf den nämlichen Pol eines Magneten wirken. Oberhalb der Spiralen bringe man einen kräftigen Hufeisenmagnet an, befestige an diejenige Seite des Hebels, welche durch den Magnet gehoben wird, ein kleines Gewicht und darunter einen als Markirstift dienenden stählernen Kegel. Wenn nun die Kette geschlossen ist, so entfernt sich der Stift von der Trommel; er fällt dagegen auf dieselbe herab, markirt ein Zeichen und entfernt sich von neuem, sobald der Strom unterbrochen und wieder hergestellt wird. Dieses System ersetzt ein einziger Elektromagnet und ein weiches Eisen. Der nämliche Zweck läßt sich auch erreichen, indem man an eine horizontale Achse eine kurze und leichte magnetisirte Stange befestigt, dieselbe auf der einen Seite mit einer stählernen Spitze und einem geeigneten kleinen Gewicht versieht, und über jedem Pol eine elektrische Spirale anbringt, welche unter dem Einflüsse des Stroms bald in anziehendem, bald in abstoßendem Sinne auf die Stange wirkt. Aber eine vortheilhafte Anordnung ist die, an jedem Ende eines kurzen, mit einem kleinen Gewichte versehenen Hebels einen sehr leichten Hufeisenmagnet zu befestigen, und einen seiner Schenkel ganz in das Innere einer starken elektrischen Spirale zu stecken, während die Drähte der Spule durch einen Leiter vereinigt und so gewunden sind, daß die eine den Magneten von unten nach oben, die andere von oben nach unten stößt. Die dem Hebel ertheilte Bewegung ist rasch. Das Ende des inneren Magnetpols kann als Markirstift dienen. Ich finde auch, daß man mit Hülfe eines kräftigen, durch eine Volta'sche Batterie hervorgebrachten Inductionsstromes, welcher auf einen sehr leichten Hufeisenmagnet wirkt, die Bewegung der Zeichenstifte des Chronoskops hervorbringen könnte. In diesem Falle hätte man keinen Commutator nöthig; ein kleines Gegengewicht würde hinreichen. Die Trommel deren ich mich bediene, ist in 1000 Theile getheilt, macht 1 Umdrehung per Secunde und ist mit einem Zählapparat versehen, welcher die Zahl der Umdrehungen angibt. Nach dem Versuch zählt man die Eintheilungen, welche zwischen den aufeinanderfolgenden von dem Markirstifte hinterlassenen Punkten liegen. So findet man die Geschwindigkeit des Geschosses unter Voraussetzung einer gleichförmigen Bewegung der Trommel. Die Bewegung meines Apparates wird durch Gewichte erzeugt und durch ein Schwungrad regulirt, welches in einer messingenen Trommel eingeschlossen ist; ich glaube, daß ein conisches Pendel oder die unter der Bezeichnung Wagner'sches Pendel“ bekannte Vorrichtung zur Erzielung einer gleichförmigen Bewegung der Trommel sich noch besser eignen würde. Vorstehende Notiz hat jedoch einzig den Zweck, das Princip der Umkehrung des Stroms auf das Chronoskop anzuwenden, und hiezu künstliche Magnete und elektrodynamische Conductoren zu benutzen.