Titel: Verbesserungen an den Trottmühlen und Pochwerken; von J. H. Reinhardt, Ingenieur in Offenbach a. M.
Autor: J. H. Reinhardt
Fundstelle: Band 143, Jahrgang 1857, Nr. LXXVI., S. 321
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LXXVI. Verbesserungen an den Trottmühlen und Pochwerken; von J. H. Reinhardt, Ingenieur in Offenbach a. M. Mit Abbildungen auf Tab. V. Reinhardt's Verbesserungen an den Trottmühlen und Pochwerken. Trottmühlen oder Pochwerke werden gewöhnlich für so einfache Maschinen gehalten, daß daran wenig mehr zu verbessern sey; aber gerade an diesen einfachen Maschinen sind in der letzten Zeit wesentliche Verbesserungen vorgenommen worden, um bei denselben jede Handarbeit entbehrlich zu machen, und diese Maschinen sind nun hinsichtlich der Gleichmäßigkeit und Quantität des von ihnen gelieferten Productes auf eine solche Stufe der Vollkommenheit gelangt, daß sie zu manchen Zwecken Anwendung finden, zu denen sie früher nicht benutzt werden konnten; insbesondere müssen die in vielen Sodafabriken noch gebräuchlichen Brechwalzen entschieden diesen verbesserten Maschinen weichen. Betrachten wir zuerst: Die Trottmühle. Bei der gewöhnlichen Einrichtung einer solchen Laufmühle werden zwei schwere cylindrische, sich um eine horizontale Achse drehende Läufer durch zwei Arme, die sich mit den Steinen heben können (je nach der Größe der aufgeworfenen Stücke), um eine verticale Königswelle herumgedreht; die Läufer, welche, um bloß zu rollen, conisch seyn müßten, wirken einerseits durch ihr Gewicht zermalmend, anderseits dadurch, daß sie cylindrisch sind – weßhalb der der Achse am nächsten liegende Theil der Steine einen verhältnißmäßig größern Weg zurücklegen muß als der von der Achse entfernteste Theil derselben – zerreibend. Gewöhnlich sind auch drei Streichen angebracht, wovon eine das Zermahlene von innen unter die Steine bringt und eine zweite das zu weit außenliegende Product ebenfalls in die Läuferbahn streicht; haben die Läufer eine Zeitlang das Aufgeworfene fein genug zermahlen, so wird entweder in der Zarge oder dem Bodensteine ein Schieber geöffnet, die beiden ersten Streichen gehoben und eine dritte herabgelassen, welche dann das Product durch die Schieberöffnung nach außen entleert. Ist eine gewisse Feinheit erforderlich, so geschieht das Sortiren durch einen Abräder (Schüttelsieb), Siebcylinder, oder Ventilator (ähnlich wie bei den Schwingmühlen); oft läßt man auch bei den Steinmühlen einen Rechen mitlaufen, der den Zweck hat die zu mahlende Schicht stets gleich dick zu halten. Sehen wir nun von der ziemlich seltenen Anordnung ab, wo statt eines festen Bodensteines eine eiserne Scheibe auf die Königswelle festgekeilt ist und also diese mit umlaufen muß, während die Achse der zwei Läufer bloß in einem festen Schlitze sich auf und ab bewegen kann, eine offenbar unzweckmäßige Construction, da hier auch das Gewicht des Mahlgutes mit herumgeführt werden muß, – so war es gewiß schon ein Fortschritt zu nennen, die Arme zum Mitnehmen der Steine so einzurichten, daß sich jeder Stein gesondert von dem andern heben könne, wenn ein zu großes Stück aufgeworfen wird; ferner war es eine Verbesserung und nicht bloß eine Veränderung, daß man die Steine in ungleiche Abstände von der Achse setzte und dadurch die Mahlfläche des Mühlbettes vergrößerte, wobei aber der der Achse nähere Stein zur Ausgleichung der Centrifugalkraft schwerer, d.h. breiter gemacht werden muß als der entferntere Läufer. So befriedigend nun allerdings die Leistungen dieser jetzt gebräuchlichen Anordnung von Trottmühlen im Vergleich mit der anfänglichen Einrichtung sind, so konnte man sich doch nicht verhehlen, daß die Anwendung einer solchen Trotte, wegen der erforderlichen beständigen Anwesenheit eines Arbeiters zum Aufwerfen der Masse, zum Herablassen und Aufhängen der Streichen und zum Entleeren des Bettes, kostspielig und für den Arbeiter, welcher alle diese Operationen während des Ganges der Maschine verrichten muß, selbst gefährlich sey; ferner ist, wo es sich um Erzielung eines Productes von gewisser Feinheit handelt, welchem nicht zu viel ganz Feines oder Gröberes beigemengt seyn darf, diese Anordnung mindestens unsicher, wenn nicht ganz unbrauchbar. Auf der allgemeinen Pariser Ausstellung war eine Gypsmühle zu sehen, welche die Anregung zu einer neuen, ganz einfachen Einrichtung gab, die im Nachstehenden beschrieben werden soll. Die Einrichtung der französischen Gypsmühle war ungefähr folgende: Die Königswelle a, Fig. 1, wird durch zwei conische Räder von der Transmission b, Fig. 2, aus getrieben; auf der Königswelle sitzt eine feste Hülse c, welche die Läuferachse d mit herum führt, wodurch sich der Läufer selbst auf dieser Achse d dreht; da in der Hülse c die Läuferachse ein Scharnier hat, so kann sie sich mit dem Steine heben bei ungleicher Größe des aufgeworfenen Mahlgutes; das Mühlbett besteht aus einer eisernen, auf vier Säulen ruhenden Platte. Gegenüber dem Läufer drehte sich frei auf einer an der Hülse c befestigten Achse e das Schöpfrad f, welches das Zermahlene von der Bodenplatte wegnimmt, es bei der Achse entleert und auf das rings um den Königsbaum gespannte conische Sieb g fallen läßt. Zur Bewegung des Schöpfrades war an dem Gebälke h ein fixes conisches Rad i angebracht, welches in einen auf der innern Seite des Schöpfrades befindlichen conischen Zahnkranz k eingreift; das conische Sieb läßt alles, was fein genug ist, durchfallen und die zu grobe Masse rollt wieder in die Läuferbahn zurück. Hier ist keine Streiche erforderlich; die Speisung kann continuirlich durch ein Becherwerk oder eine Zuführschnecke geschehen, und auf dieselbe Weise kann das continuirlich gelieferte Product fortgeschafft werden. Da jedoch hier nur ein Läufer angewendet war und daher das Gewicht desselben für eine größere Lieferung zu bedeutend werden müßte, außerdem die Anfertigung eines solchen Schöpfrades auch kostspielig ist und das Herabfallen der Masse auf das Sieb bei leichteren Körpern zu viel Staub erregen würde, so veranlaßte ich den Besitzer einer bedeutenden chemischen Fabrik die folgende Anordnung ausführen zu lassen, welche, obgleich überraschend einfach, doch noch ganz neu seyn dürfte. Zwei Läufer a und b (Fig. 3 und 4), von denen sich jeder in einem Scharniere heben kann, werden durch einen Königsstock c mit herumgeführt. Der Königsstock ist in der Hülse d vierkantig, so daß sich außerdem noch beide Läufer mit der Hülse d frei heben können. Die Steine stehen in ungleichen Abständen vom Mittelpunkte. An dem Königsbaume sind ferner durch zwei aufgekeilte Hülsen zwei Querlatten befestigt, die zwei Streichen f und g mit sich führen; die Streiche f schafft die Füllung von der gußeisernen Bodenplatte auf das rings um den Königsbaum horizontal gespannte Siebblech h, welches mit Löchern versehen ist, die der verlangten Feinheit entsprechen. Das Sieb liegt um den Durchmesser eines solchen Loches tiefer als die Läuferbahn, so daß die Streichen nicht auf dem Sieb, sondern nur auf der Bodenplatte schleifen und ersteres nicht zu sehr abnutzen. Auf den Königsstock ist ein Staffelrädchen i gekeilt; mittelst Hebelchen und Gegengewicht schlägt ein kleiner hölzerner Klopfer gegen das Siebblech, das fein genug Gemahlene fällt durch und das zu grobe wird durch die zweite Streiche g wieder zurück unter die Steine gebracht und zwar unter den von der Achse am entferntesten. Die Befestigung oder das Aufspannen des Siebes geschieht auf folgende Weise: in die Bodenschale ist ein vertiefter Ring eingedreht, in welchem das zwischen zwei Flacheisenringen befindliche Sieb durch Schräubchen mit versenkten Köpfen befestigt wird. Die Dicke des oberen Ringes ist gleich dem Durchmesser eines Siebloches und der untere Flacheisenring wird dünner gemacht oder entfernt, wenn durch Abnutzung der Läuferbahn die Streiche sich zu sehr dem Siebe nähert. Soll die Masse zu feinem Pulver vermahlen werden, so liegt das Sieb in der Höhe der Läuferbahn; damit aber die Streichen das Sieb nicht berühren, sind sie etwas ausgeschnitten und mit einem das Sieb bestreichenden Wurzelbesen versehen, der auf dieselbe Art wirkt wie eine Streiche (Fig. 5). Obgleich die reibende Wirkung der Steine vergrößert wird, wenn man sie der Achse näher rückt und dann das Sieb außen herum legt, wodurch dieses sich vergrößert und die Masse zum Durchfallen mehr Zeit gewinnt, so haben wir es im vorliegenden Falle doch zweckmäßiger gefunden, das Sieb nach innen zu legen. Wie man sieht, ist hier gar keine Handarbeit erforderlich, die Speisung kann beständig geschehen; die Lieferung ist vollkommen continuirlich und die ganze Masse wird sortirt; die Betriebskraft wird im Verhältniß ein Minimum seyn, da sie die Masse nicht unnütz mehr zerkleinert als gewünscht wird. (Die Fortsetzung folgt.)

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