Titel: Robert's Verfahren zum Conserviren des Fleisches.
Fundstelle: Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XCII., S. 378
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XCII. Robert's Verfahren zum Conserviren des Fleisches. Aus Armengaud's Génie industriel, December 1856, S. 315. Robert's Verfahren zum Conserviren des Fleisches. Es ist Hrn. Robert gelungen, ein leicht ausführbares, wohlfeiles und sicheres Verfahren zu ermitteln, um die Substanzen thierischen und pflanzlichen Ursprungs gegen jede Veränderung zu schützen, wobei sie ihre anfängliche Gestalt, ihr äußeres Ansehen und ihren eigenthümlichen Charakter mit allen ihren wesentlichen Eigenschaften behalten. Man verfährt folgendermaßen: 1) Hinsichtlich des Fleisches ist zu beachten, daß dasselbe nicht von solchen Thieren genommen werden darf, bei welchen das Lufteinblasen in die Brusthöhle zur Tödtung benutzt wurde. Man befreit das Fleisch vom Blut und den wässerigen Theilen, worauf man es einem natürlichen oder einem mittelst eines Ventilators erzeugten künstlichen Luftstrom so lange ausgesetzt läßt, bis es die überschüssige natürliche Feuchtigkeit verloren hat. Die ganzen Glieder oder die großen Stücke eignen sich für dieses Verfahren besser, als die Theile von sehr geringem Gewicht. 2) Nachdem das Fleisch an freier Luft gehörig ausgetrocknet worden ist, muß man es mittelst eines Stricks in einem Behälter so aufhängen, daß die einzelnen Stücke sich nirgends berühren und dieselben der Luft von allen Seiten zugänglich sind; als Behälter dient ein Kasten, Faß, ein Gemach mit Breterwänden oder ein gewöhnliches Zimmer, dessen Mauern innen mit Bretern oder geleimtem Papier verkleidet worden sind. Dieser Raum, er bestehe in einem Kasten, Faß oder einer Kammer, muß hermetisch geschlossen seyn und darf keine Spalten oder Oeffnungen haben, durch welche die äußere Luft eindringen könnte. Die Thüren müssen mit Streifen von Filz oder Kautschuk gefüttert seyn und einen vollkommenen und festen Verschluß bewirken. Am obern Theil dieses Behälters wird ein Bleirohr mit einem bleiernen Hahn angebracht, durch welches die Luft austreten kann; am untern Theil befindet sich eine ähnliche Vorrichtung. Nachdem die zu conservirenden Substanzen im Behälter aufgehängt worden sind, leitet man in den untern Theil desselben einen Strom schwefligsauren Gases, welches entweder bloß durch Verbrennen eines Schwefelfadens erzeugt, oder in den Behälter mittelst eines Blasebalgs getrieben wird, dessen Wind durch ein geschlossenes Gefäß zieht, worin fortwährend Schwefel verbrennt. Wenn der obere Hahn offen ist, entweicht die atmosphärische Luft aus dem Apparat in dem Maaße als schwefligsaures Gas einzieht, und sobald letzteres ebenfalls reichlich entweicht, schließt man den Apparat, damit es nicht zu Verlust geht. Die Substanzen müssen in dem mit schwefligsaurem Gas erfüllten Raum um so länger verbleiben, je beträchtlicher ihr Volum ist. Stücke von 2 bis 3 Kilogr. Gewicht erfordern nur zehn Minuten, während die großen Stücke von beiläufig 100 Kilogr. Gewicht, zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten im Apparat verbleiben müssen. Man nimmt dann die Substanzen heraus, um sie an freier Luft trocknen zu lassen, wodurch sie etwas fester werden. In diesem Zustande können die Substanzen die letzte Zubereitung erhalten, welche darin besteht, sie mit einer Firnißschicht zu überziehen, um sie gegen die Berührung der Luft zu schützen. Dieser Ueberzug wird als eine außerordentlich dünne Schicht allenthalben mittelst eines Pinsels auf gestrichen, mit besonderer Sorgfalt aber auf denjenigen Theilen, welche durchschnitten worden sind oder Höhlungen darbieten. Der Ueberzug oder Firniß besteht aus 1 Kilogr. thierischem Albumin, wie es im Handel vorkommt, welches man bei gelinder Wärme in 1 Liter eines starken Absuds von Eibischwurzeln, der mit ein wenig Rohrzuckermelasse versetzt worden ist, auflöst. So dargestellt, hat der Ueberzug die Consistenz einer gewöhnlichen Oelfarbe und läßt sich mittelst eines Pinsels mit großer Leichtigkeit auftragen. Er trocknet an freier Luft rasch aus und hinterläßt gar keinen unangenehmen Geruch oder Geschmack. Sobald der Ueberzug vollkommen trocken ist, können die Substanzen ins Magazin gebracht oder versendet werden, da nun die Luft nicht mehr auf sie einwirken kann. Im Magazin hängt man sie, mit oder ohne Umhüllung, auf, oder verschließt sie in Kisten oder Fässern. Nach einer mehr oder weniger langen Zeit, je nachdem das Verfahren mehr oder weniger sorgfältig ausgeführt worden ist, kann das so behandelte Fleisch zu allen Zwecken der Kochkunst verwendet werden; es erweist sich ganz so frisch und gut als wenn es eben erst aus den Händen des Metzgers gekommen wäre. Dieselbe Behandlung ist mit gleichem Erfolg auf das Wildpret, das Geflügel mit oder ohne Federn, die Fische, Früchte, Gemüse und alle Vegetabilien anwendbar. Die Eigenschaften des schwefligsauren Gases sind seit undenklicher Zeit in der Industrie angewandt worden, der Erfinder hat aber von denselben durch gleichzeitige Benutzung eines neuen Mittels eine neue Anwendung gemacht. Die Erfahrung hat ihm gelehrt daß die bloße Anwendung von schwefligsaurem Gas mit bedeutenden Uebelständen verbunden ist; in schwacher Dosis ist dasselbe unwirksam; wird es zu lange Zeit angewendet, so ist seine Wirkung schädlich, das mit schwefliger Säure imprägnirte Fettgewebe wird ranzig, zersetzt sich und zerfällt zu Pulver. Für die Versendung bringt der Erfinder die präparirten Substanzen in Fäßchen, in welche er Talg oder Fett bei niedriger Temperatur gießt, um die Gährung nicht hervorzurufen. Auf diese Weise sind sie gegen Stöße gesichert, welche stets sehr schädlich sind, weil sie eine Erhitzung erzeugen. Das beschriebene Verfahren zum Conserviren des Fleisches wurde Hrn. Robert für Frankreich am 28. Juni 1855 auf fünfzehn Jahre patentirt; in Paris wird dasselbe von den HH. Garnier, Faucheux, Tison und Comp. ausgeübt. Der Pariser Gesundheitsrath hat sein Gutachten dahin abgegeben, daß es nützlich und vortheilhaft sey, dieses Haus zum Verkauf seiner Producte zu autorisiren, weil das angewendete Verfahren der Gesundheit des Publicums gar nicht nachtheilig ist, und weil es nicht nur die Gährung aufhalten kann, sondern auch das Fleisch seine Frische, seinen Geschmack und seine wesentlichen Haupteigenschaften behält.