Titel: Ueber die neue Zugsäge für Brennholzarbeiter.
Fundstelle: Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XLII., S. 168
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XLII. Ueber die neue Zugsäge für Brennholzarbeiter.Man vergl. polytechn. Journal Bd. CXLI S. 460. Aus dem württemb. Wochenblatt für Land- und Forstwissenschaft, 1857, Nr. 14. Mit Abbildungen aus Tab. III. Ueber die neue Zugsäge für Brennholzarbeiter. Die Säge, deren sich bisher die Holzhauer beim Aufarbeiten des schwächern Holzes bedienten und zum größern Theil noch bedienen, ist eine der Tischlersäge (Oertersäge) ähnliche Säge mit schiefen, also auf den einseitigen Stoß berechneten und etwa nach Art eines Stechbeutels wirkenden Zähnen (Fig. 26), eine sog. Stoßsäge (Spannsäge mit Stoßzähnen). Doch bedienten sie sich auch schon lange da und dort einer Säge mit weit längern und größern, gleichseitig dreieckigen Zähnen, die ich für ungeeignet hielt und, wenn ich sie in der Hand der Holzhauer traf, obgleich ich öfters auffallend rasch damit arbeiten sah, unbilligerweise als schlechtes Geschirr prädicirte. Sie ist ihrer Zahnform (Fig. 27) wegen nicht auf den Stoß berechnet, obgleich gewöhnlich, wie eine Stoßsäge, gebraucht. Doch stimmt sie mit ihr darin überein, daß auch ihre Zähne, wie bei der Stoßsäge, in der bezeichneten Weise gefeilt sind. Seit kurzer Zeit aber führen unsere Brennholzarbeiter auf Bahnhöfen und in einigen Forsten die Holzhauer im Wald eine neue Säge unter dem Namen Zugsäge, Schüttersäge, Schittersäge. Sie wird zu verschiedenen Dimensionen im Handel geführt. Diejenigen, welche mir als Holzhauersägen aus dem Reichenberger Forst zukamen, hatten: Die eine, kleinzahnigere, Fig. 28, eine Sägblattlänge von 2,96 Fuß württ. = 2,69 Rh. = 0,85 Meter; eine Blattbreite von 17,1 württ. Linien = 22,5 rhein. Linien = 49 Mill.; 0,7 Mill. Blattdicke und 9 gleichseitig dreieckige Zähne auf 2 Zoll rhein., so daß auf einen Zahn 5,8 Mill. Zahnspitzenentfernung oder Zahngrundlinie oder Zahnseite kommt. (Preis ohne Gestell 1 fl. 24 kr., mit Gestell 1 fl. 44 kr.) Die andere, grobzahnigere, Fig. 29, ein Sägblatt von 3,15 Fuß württ. = 2,87 Fuß rhein. = 0,91 Meter Länge; eine Blattbreite von 18,6 Linien württ. = 24,5 Linien rhein. = 53,3 Mill. Breite; 0,8 Mill. Dicke und auf 4 rhein. Zoll 14 gleichseitig dreieckige Zähne, somit 7,47 Mill. Zahnspitzenentfernung oder Zahngrundlinie oder Zahnseite. (Preis ohne Gestell 1 fl. 30 kr., mit Gestell 1 fl. 54 kr.) Man erkennt aus den angegebenen Sägblattlängen sogleich, daß diese Sägen mehr zum gemeinsamen Sägen von zwei Personen, als für eine, bestimmt sind, dieß um so mehr, als ihre Zahnstellung und das Schneiden sowohl beim Hin- als beim Hergang einen möglichst langen Zug wünschenswerth machen, damit nicht die Sägspäne im Schnitt hin- und hergezogen, sondern gänzlich hinausgefegt werden. Eine Regel, die bei der gemeinen Stoßsäge wegen ihrer nach einer Seite gerichteten Zähne weit weniger nöthig ist. Die Zahngröße bei der engzahnigeren Zugsäge ist nun eben nicht wesentlich von mancher der bisher üblichen Waldhandsägen (Figur 27) verschieden. Auch die bewegliche Verbindung des Sägblattes mit den Angeln durch freies Hängen in zwei Oehren des Blattes behufs gleichmäßiger Spannung ist schon seit mehr denn 15 Jahren an andern Sägen im Gebrauch, nur der Preiserhöhung wegen an den Waldhandsägen bisher nicht gewöhnlich. Was wir an den neuen Sägen wirklich neu heißen können, ist die Form der Zähne, die nach Art derjenigen an der Tyroler- oder Halbmondsäge gefeilt sind. Der Grund, der den letztern im Wald den Vorzug vor den alten Stocksägen verschafft hat, muß auch den neuen Handsägen die Ueberlegenheit sichern. Der rasche Schnitt, den die Tyroler Säge und unsere neue Handsäge im Holz machen, beruht auf der feinen Schärfe, in welche die Sägzähne endigen. Sie greifen, wie aus Fig. 30 ersichtlich, tief in das Holz ein. Ist dieses weich oder von Saft erfüllt, so wird die zwischen den Zahnspitzen stehen bleibende Gräthe g leicht durch die rechts und links daran vorübergehenden Zähne mitgenommen, d.h. aus der seitlichen Verbindung gerissen oder, schärfer ausgedrückt, von den darunter liegenden Fasern abgespalten. Ist dagegen das Holz hart, zäh, trocken, bei welchen Zuständen seine Spaltungsfestigkeit bedeutend höher ist, so reicht das bloße Rechts- und Linkseinkerben der Sägezähne nicht mehr aus, vielmehr muß durch Geradstehenlassen, d.h. Nichtaussetzen einer Anzahl abgekürzter Zähne dafür gesorgt werden, daß die Gräthe im Schnitt aus ihrer Verbindung gehoben und hinausgestoßen werde, oder aber müssen die Zähne, wie bei der gewöhnlichen Stoßsäge, oben Figur 26, so gefeilt werden, daß sie nach Art eines Stechbeutels die Holzgräthe ausheben. Daß dem so ist, ersieht man leicht nach Führung eines seichten Vergleichungsschnitts mit den beiden Sägen auf der Oberfläche eines Holzstücks, indem die neue Säge vielfach Erhöhungen im Schnitt stehen läßt, während die Stoßsäge rein ausfegt. Sodann bemerkt man, daß die langen Zähne diesen stehenbleibenden Holzinseln im Schnitt vielfach ausweichen und daher unebene, unreine Schnittwände hinterlassen. Aus dem Vorstehenden erklären sich die nachfolgenden Resultate einer positiven Vergleichung der Leistung von beiderlei Sägen mit derjenigen einer gewöhnlichen Stoßsäge von 28 Zoll württ. = 2,5 Fuß rhein. = 0,8 Meter Blattlänge. Grünes Holz. Ein 3'' starkes Buchenstämmchen brauchte mit der gemeinen Stoßsäge Stöße.    Doppelzüge.     (1 Person) 34 Stöße, zu 2 Personen   16       –     kleinzahnigen Zugsäge 1 Person Stöße   24       –     großzahnigen Zugsage 1 Pers. 18 Doppelzüge, 2 Pers.     –       9 1/2 ein fußdickes Buchentrumm mit     der Stoßsäge zu 2 Personen 345       –     großzahnigen Zugsäge zu 2 Personen   –   224 ein 8zölliges Eichentrumm mit     der Stoßsäge zu 2 Personen 256      –          kleinzahnigen Zugsäge (läuft schwer)   –   205          großzahnigen „   –   127 ein 7zölliges Erlentrumm mit     der Stoßsäge zu 2 Personen 119       –          kleinzahnigen Zugsäge zu 2 Personen   –     68          großzahnigen       „           „   –     60 ein 9zölliges Rothtannentrumm mit     der Stoßsäge zu 2 Personen 181       –          kleinzahnigen Zugsäge zu 2 Personen   –   118          großzahnigen       „           „   –     86 Trockenes Holz. Stöße.    Doppelzüge. Ein 3zölliger Buchenprügel mit     der Stoßsäge zu 2 Personen 11 1/2        –          kleinzahnigen Zugsäge zu 2 Personen                          –      17          großzahnigen       „           „    –      20 ein 4 1/2 zölliger Fichtenprügel mit     der Stoßsäge zu 2 Personen 30        –          kleinzahnigen Zugsäge zu 2 Personen    –       21          großzahnigen       „           „    –       24 Hieraus geht also hervor, daß bei grünem Holz die Zugsägen gegenüber der gemeinen Stoßsäge die Oberhand behielten, und zwar, die nicht bedeutende Verschiedenheit in der Länge der Sägblätter der drei Sägen außer Acht gelassen, die kleinzahnige beiläufig um 1/3, die großzahnige um die Hälfte. Für noch stärkeres Holz, als das verwendete, dürfte die Leistung aus dem oben angeführten Grund ungenügender Ausräumung der Sägspäne vielleicht etwas geringer werden. Man sollte nun freilich meinen, die kleinzahnige Zugsäge müßte mehr leisten als die großzahnige, weil sie vermöge ihrer größeren Zähnezahl an mehr Punkten angreift. Allein auf der andern Seite ist bekannt, daß ein stärkeres Angreifen nur dann von höherer Wirkung seyn kann, wenn nebenbei eine hinreichende Reinigung des Schnitts von Spänen noch möglich ist. Das scheint nun aber bei dieser engen Zahnstellung nicht mehr der Fall zu seyn; im Gegentheil wird der leere Raum zwischen den Zähnen um so kleiner, je größer die Zahl der angreifenden Spitzen, und deßhalb darf auch bei Stoßzähnen deren Zahl um so größer seyn, je härter und zäher das zu sägende Material. Besonders bei dem 8zölligen Eichentrumm lief die Säge sehr beschwerlich, vermuthlich, weil das Eichenholz vermöge größerer Härte und Zähigkeit nicht stückchenweise, sandern in kleinern, die Zahnspitzen vielfach hemmenden Fasernstückchen herausgeschafft werden muß. Beim Versuch am trocknen Holz dagegen kehrt sich das Verhältniß der Wirkung der Sägen theilweise um. Beim Weichholz (Fichte) zwar haben die Zugsägen noch die Oberhand, allein es ist dießmal die feinzahnige, welche um 1/3 leichter arbeitet, die grobzahnige bloß um 1/5, wahrscheinlich eben wegen der größern Härte und Spaltfestigkeit des trocknen Holzes, das mehr Zähne leichter bewältigen als wenige, während andrerseits die Sägspänemenge noch nicht, wie beim grünen Holz, hinderlich wird. Beim Hart- (Buchen-) holz dagegen sehen wir die Zugsägen unterliegen und die feinzahnige um die Hälfte, die grobzahnige nahezu doppelt so schwer arbeiten als die Stoßsäge, was auch wohl, das so eben Gesagte mit den obigen Betrachtungen über den specifischen Vortheil der Stoßsäge zusammenhaltend, nicht anders zu erwarten ist. Wir sind somit aus dem Vorstehenden zu folgern berechtigt, daß die neuen Zugsägen nicht nur bei grünem Holz, also bei der Arbeit im Wald, sondern auch bei trockenem Weichholz der gewöhnlichen Stoßsäge vorzuziehen sind, und daß die grobzahnige bei Grünholz, die feinzahnige bei dürrem Weichholz über ihre Verwandte die Oberhand behält, wogegen bei trockenem Hartholz wir allen Grund haben, bei der bisherigen Stoßsäge zu bleiben. Da nun aber die halbmondförmige Säge mit ihren Raumzähnen auch im trockenen harten Holz in Bezug auf rasche Arbeit der gewöhnlichen (geraden) Zimmermannssäge überlegen ist, so liegt die Frage nahe, ob man der neuen Zugsäge nicht auch könnte durch Stehenlassen von Raumzähnen für alles schwache Holz, auch das harte, die Ueberlegenheit verschaffen. In der That habe ich in Furnürsägmühlen selbst an schwachen Sägblättern schon solche Raumzähne gesehen. Allein es dürfte doch die kleine Zahl und daher die große Länge der Zähne an unserer Säge ein Hinderniß seyn, denn leidet sie jetzt schon einigermaßen an schlechter „Führung,“ so würde diese durch Raumzähne noch vermehrt, und wegen der Kürze der Raumzähne, besonders wenn die Säge auf harte Aeste u. dgl. stoßt, würden die benachbarten Eckzähne über Gebühr angestrengt und leicht, wenn sie auf den stärkern Widerstand gerathen, den Schrank verlieren oder aus der Schränkung springen, d.h. ganz ausgebogen werden. Fast dieselben Gründe beseitigen auch den Gedanken, die neue Zugsäge durch noch geringere Zähnezahl, als die der grobzahnigen, zu verbessern. Führung und Regelmäßigkeit des Schnitts und Dauer der Schränkung würden dadurch allzusehr aufs Spiel gesetzt. Weil die Zugsäge nicht „auf den Stoß,“ sondern zum Hin- und Herziehen gebaut ist, sägt man selbstverständlich besser mit ihr auf erhöhtem Sägbock, und es erklärt sich auch, daß 2 Mann zusammen mit einer Säge mehr leisten, als zwei einzeln sägende, wie in den Ankündigungen der Säge versichert wird. Außerdem ist sie viel künstlicher und umständlicher zu feilen. Es wird daher zugleich mit den Sägblättern in der Regel eine sehr platte Feile verkauft. Endlich kommen natürlich wegen der größern Länge der Zähne und deren Form, in Folge nachlässiger Behandlung, zumal beim Durchsägen knotenreichen Holzes, häufiger Reparaturen vor, als bei der gewöhnlichen Stoßsäge. Oberförster Nördlinger in Hohenheim.

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