Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 145, Jahrgang 1857, Nr. , S. 154
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Miscellen. Miscellen. Eisenbahn-Kettenbrücke über den Niagara. Von einem zur Zeit als Eisenbahn-Ingenieur in Nordamerika fungirenden hannoverschen Ingenieur erhielten wir folgende, auf eigene Beobachtungen an Ort und Stelle gegründete Mittheilungen über die in neuerer Zeit viel besprochene, seit November 1854 im Betriebe befindliche Eisenbahn-Kettenbrücke über den Niagara. Dieselbe hat eine Spannweite von 822 Fuß im Lichten und besteht im Wesentlichen aus einem nach Howe's Systeme aus Holz construirten Rahmwerke (framework) von 23 Fuß Höhe, welches mittelst Hangeseilen von Draht so an die aus Drahtkabeln gebildeten Tragseile angehängt ist, daß die untere Kante des Rahmwerks in der Höhe des tiefsten Punktes der Trag- (oder Spann-) seile liegt. Die Brückenbahn ist nur angehängt und liegt auch an den Enden in den Widerlagern nicht auf. Die unteren und oberen Verbindungshölzer der beiden Rahmwände tragen zwei Brückenbahnen, von welchen die untere für die Chaussee, die obere für ein einfaches Eisenbahngeleis benutzt wird. Das Rahmwerk ist von gutem Holz ohne weitere Präparatur hergestellt und bisher ohne Schutz durch Verschalung oder Bedachung. Von den die Brücke tragenden Kabeln sind an jeder Seite 2 Stück über einander angewandt, also im Ganzen 4 Stück; jedes derselben hat einen Durchmesser von 10 Zoll und besteht aus 9 Litzen, welche einzeln mit Draht umwunden und mit einem Theerüberzuge versehen sind; ebenso sind die ganzen Kabeln behandelt. Der Draht ist von Eisen, Nr. 9 des Drahtmaaßes (etwa 1 Linie dick). Unterstützt werden die Kabeln an jedem Ufer durch 2 Stück 39 Fuß hohe Thürme, von welchen rückwärts herabgehend sie im Felsen verankert sind. Der Pfeil der Kettenlinie entspricht etwa der Höhe der Thürme. Die Brückenbahn liegt ungefähr 260 Fuß über dem Wasserspiegel. Die Brücke wird von den schwersten Eisenbahnzügen, aber nur mit 3 englischen Meilen Geschwindigkeit (ungefähr der des menschlichen Schrittes) befahren und ist dabei eine Durchbiegung der Brücke mit dem bloßen Auge kaum zu bemerken; dieselbe soll nach vorgenommenen Messungen in maximo 10 Zoll betragen. Durch den von der Gesellschaft der canadischen großen westlichen Eisenbahn aufgeführten Bau der Niagarabrücke wurde einem lange schwer gefühlten Bedürfnisse entsprochen, indem mittelst derselben die Verbindung der durch die großen Seen getrennten weitläufigen Eisenbahnsysteme Canada's und der Vereinigten Staaten hergestellt worden ist. Die Brücke liegt etwa 2 englische Meilen unterhalb der Niagarafälle an einem Punkte, wo der Fluß in einem engen tief eingerissenen Felsbette so reißend fließt, daß derselbe mit keinerlei Schiffen zu befahren ist, während von 1/2 englischen Meile oberhalb der Brücke an kleine Dampfschiffe ungefährdet bis nahe unter die Fälle hinauffahren. Man schätzt die Wassertiefe unter der Brücke auf 150 Fuß; durch Peilung ist dieselbe nicht zu ermitteln gewesen, da bei einem angestellten Versuche die an einem Drahte herabgelassene Kanonenkugel durch die Heftigkeit des Stromes der Art abgetrieben wurde, daß sie den Grund nicht erreichte. Zur Aufstellung der Brücke bediente man sich einer bereits vorhandenen Draht-Hängebrücke für Fußgänger, deren erstes Seil bei der Erbauung mittelst eines Luftdrachen von einem Ufer zum andern gebracht wurde. Der Ingenieur der Brücke ist der Amerikaner Röbling, Fabrikant von Drahtseilen etc. zu Newark, New-Jersey. Nach Aussage desselben soll das hölzerne Rahmwerk allein stark genug seyn. um auf die ganze Länge sich selbst frei zu tragen, (Alle Maaße sind englisch) B. (Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1856, Bd. II S. 516) Ueber Schutz des Eisens gegen Oxydation, sowohl in der Luft wie im Wasser, durch galvanische Elektricität; vom Telegraphen-Inspector Frischen. Hr. Frischen theilte in der Verhandlung des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover, am 4 December 1856, die Resultate einer größeren Reihe allerdings kleinerer Versuche, welche er, besonders in Rücksicht auf den Schutz des bei Bauten jetzt so vielfach angewendeten, ja sogar häufig den bedeutendsten Theil großer und wichtiger Werke bildenden Schmiedeeisens (Brücken, Schleußenthore etc.) seit längerer Zeit gemacht hatte. Schmiedeeisenstücke mit mehr oder weniger großen, theils angelötheten, theils auch nur angeschraubten Zinkstücken waren der Einwirkung von Luft und Salzwasser, theils anhaltend, theils auch abwechselnd, ausgesetzt; dieselben wurden beim Vortrage gezeigt. Während ein ohne angefügtes Zink in Salzwasser von dem ungefähren Gehalte des Seewassers gestelltes Stück Eisen mit einer dicken Oxydschicht bedeckt und das ganze Wasser davon dunkelgelb gefärbt war, zeigten sich andere in gleicher Weise eingetaucht gewesene Eisenstücke, welche in metallischer Verbindung mit gleichfalls eingetauchten Zinkstücken standen, gänzlich rostfrei, obgleich die Größe der Zinkstückchen sehr verschieden war. Gänzlich rostfrei blieben auf diese Weise jedoch nur die stets ganz in Wasser eingetauchten Eisentheile, während das Eisen in feuchter Luft nur in unmittelbarer Nähe des Zinks vom Rost frei blieb. Ein derartig mit Zink verbundenes, zur Nachahmung des Fluthwechsels durch ein Uhrwerk in ein Gefäß mit Salzwasser regelmäßig eingetauchtes und gehobenes Eisenstück zeigte am unteren immer eingetaucht gebliebenen Ende, ebenso wie ein in demselben Gefäße ruhig stehen gebliebenes ganz gleichartiges Eisenstück, fast gar keinen Rost, je weiter nach oben aber desto mehr daran; gerade im Wasserwechsel hatte der Rost zu einer dicken Kruste sich angesetzt. An der Luft ausgesetztem und nur gelegentlich naß werdendem Eisen hatte das Zink lange nicht in dem Maaße, wie im Salzwasser, vor der Oxydation geschützt. Weiter machte der Redner darauf aufmerksam, daß nach seinen Beobachtungen verzinktes Eisen anscheinend viel mehr durch galvanische Einwirkung wie durch den Zink-Ueberzug mechanisch geschützt werde, weßhalb der so sehr schwer nur zu erreichende durchaus vollständige Ueberzug von so großer Wichtigkeit nicht zu seyn scheine, indem eine kleine freie Eisenstelle durch das nahe liegende Zink hinreichend geschützt werde. Der Vortragende kam dann zu dem Schlusse, das ein wirksamer Schutz des Eisens durch Einwirkung galvanischer Elektricität kaum mehr zweifelhaft sey, daß es aber allerdings noch vieler lange und besonders im Großen fortgesetzter Versuche bedürfen werde, um ein in der Praxis mit Erfolg anzuwendendes Verfahren herauszubilden. Namentlich in Bezug auf die Menge des anzuwendenden Zinks würden diese Versuche, welchen er hinfort sich unterziehen werde, besonders achtsam zu verfolgen seyn (Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1857, Bd. III S. 14.) Ueber eine einfache Methode zur Bestimmung des Kohlenstoffs in Gußeisen etc.; von Prof. Dr. v. Kobell. Wenn man fein geriebenen Pyrolusit oder Manganit mit Eisenpulver und Salzsäure (1 Vol. concentrirte Säure und 1 Vol. Wasser) zusammenbringt, so findet eine energische Wirkung statt. Während die feingeriebenen Manganerze für sich ohne Erwärmen nur sehr langsam aufgelöst werden, lösen sie sich mit Eisen gemengt mit Leichtigkeit auf. 2 Grm. Pyrolusit mit 1 Grm. Eisen und 1 1/2 Kubikzoll Salzsäure lösen sich in zwei Minuten beim Umschütteln vollständig auf. Dabei stieg die Temperatur der Flüssigkeit von 15° C. bis 56° C. und war nur eine sehr geringe Gasentwickelung bemerkbar, da das vom Pyrolusit entwickelte Chlor und das vom Eisen gleichzeitig entwickelte Kohlenwasserstoffgas sich zersetzen und die Kohle abgeschieden wird. Man kann dieses Verfahren zur Bestimmung des Kohlenstoffgehalts von Gußeisen etc. anwenden und kommen auf 3. 5 Th. Eisen (1 Mischungsgewicht) 5,44 Th. Pyrolusit (1 Mischungsgewicht). Der vollkommeneren Berührung wegen ist es aber zweckmäßig von letzterem etwas mehr zu nehmen, etwa wie oben im Versuche 1 Th. Eisen und 2 Th. Pyrolusit, und unier Umschütteln mit der Salzsäure das Eisen nach und nach zuzusetzen, oder eben so zu dem Gemenge die Salzsäure Dem Pyrolusit ähnlich verhält sich der Manganit und Crednerit. (Gelehrte Anzeigen der k. bayer. Akademie der Wissenschaft.) Metallmischung zur Verfertigung von Münzen, kleinen Figuren u.s.w. Nach mündlicher Mittheilung des Hrn. v. Bibra schmelzt man 6 Theile Wismuth, 3 Theile Zinn und 13 Theile Blei in einem Tiegel oder eisernen Löffel vorerst zusammen, gießt die Mischung aus, und schmelzt sie, wenn man sie zum Gusse benutzen will, nochmals um Sie ist fast so leichtflüssig, wie das bekannte, aus 2 Theilen Wismuth, 1 Theile Zinn und 1 Theile Blei bestehende Rose'sche Metallgemisch, hat aber nebst bedeutender Harte den besonderen Vortheil nicht brüchig zu seyn, weil sie auf dem Bruche kein krystallinisches Gefüge zu erkennen gibt. Werden die gegossenen Gegenstände mit verdünnter Salpetersäure gebeizt und mit einem wollenen Lappen, nachdem sie vorher mit Wasser abgewaschen worden sind, gerieben, so werden die erhabenen Stellen glänzend, die vertieften aber matt, und der Guß erhält ein dunkelgraues Ansehen mit antikem Lüster. Ohne Beize ist die Farbe hellgrau. Wir haben einige Münzabdrücke in Gyps gegossen von dieser Legirung zu sehen Gelegenheit gehabt, die so gelungen waren, daß die feinsten Umrisse und die Schrift, die auf dem Original nur mit der Loupe lesbar war, vollständig wieder gegeben, sich zeigten Da das Wismuth im Verhältniß zum Blei, auch zum Zinn hoch im Preise steht, so könnte recht wohl, ohne Beeinträchtigung der schätzbaren Eigenschaften der Legirung, die Menge des Bleies vermehrt, die des Wismuths aber vermindert werden. Es fragt sich, ob diese Mischung nicht auch für typographische Zwecke sich eignet. (Fürther Gewerbezeitung, 1857, S. 28.) Ueber den Empfindlichkeitsgrad der Curcuma und des gerötheten Lackmus auf Alkalien; von Professor Dr. A. Vogel jun. Wenn es sich um die Auffindung von Alkalien in sehr verdünntem Zustande handelt, so zieht man bekanntlich das geröthete Lackmuspapier dem Curcumapapier vor Durch das Bestreichen des blauen Lackmuspapieres mit verdünnten Säuren erhält man aber ein geröthetes Papier, welches nicht den hohen Grad von Empfindlichkeit besitzt, wie es bisweilen wünschenswerth ist. Dagegen ist man sicher, ein ganz taugliches Reactionspapier zu erhalten, wenn man einen Streifen von blauem Lackmuspapier in eine ungefähr zur Hälfte mit Essigsäure gefüllte Flasche hält, ohne daß der Streifen in die Essigsäure eintaucht. Durch die in der Flasche befindlichen Essigsäure-Dämpfe wird das Papier sogleich und zwar ganz gleichmäßig Hellroth gefärbt. Man kann sich leicht überzeugen, daß das auf solche Weise hergestellte Papier viel empfindlicher ist, als Curcumapapier, wenn man Kalkwasser mit so viel destillirtem Wasser verdünnt, daß es Curcumapapier nicht mehr bräunt. Dieses verdünnte Kalkwasser kann aber noch weiter mit Wasser verdünnt werden und bleibt doch noch concentrirt genug, um die blaue Farbe des mit Essigsäure-Dämpfen gerötheten Lackmuspapieres wieder hervorzurufen. In Wasser aufgeschlämmter kohlensaurer Kalk zeigt mit diesem Reagenspapiere deutlich alkalische Reactionen. Da das mit Essigsäure-Dämpfen geröthete Lackmuspapiere an der Luft in kurzer Zeit von selbst wieder blau wird, so ist es nothwendig, dasselbe stets frisch zu bereiten, was nach der angegebenen Methode ohne alle Schwierigkeit geschehen kann. Anwendung der Zersetzungsproducte der Harnsäure, insbesondere des Murexids, zum Färben und Drucken der Kattune. In diesem Betreff enthält die Deutsche Gewerbezeitung, 1857 Heft 4, einen Aufsatz von Hrn. Oscar Meister, berathendem Chemiker in Chemnitz. Derselbe veröffentlicht darin die französische Vorschrift des neuen Verfahrens zum Färben und Drucken der Kattune mit Murexid oder vielmehr sogenanntem Murexid-Purpur, folgendermaßen: „Man grundirt die Waare mit einem Metallsalz, Zinn-, Quecksilber-, Bleioxydsalz für Roth, und Zinksalz für Gelb; oder man druckt diese Salze als Beize auf, und färbt in Murexid, welches im Handel für 6–8 Thlr. per Pfund zu haben ist, aus; oder man druckt das Murexid auf und fixirt durch ein Bad der angegebenen Metallsalze. Druckfarbe.   1 Gramm Murexid-Purpur, 10 Gramme salpetersaures Bleioxyd,   1 Liter Gummiwasser. Je nachdem das Murexid rein oder unrein ist, muß man mehr nehmen. Nach dem Drucken läßt man die aufgedruckte Farbe einige Stunden an einem feuchten Orte anziehen und passirt sie dann in einem Kasten oder Behälter, dessen Luft mit Ammoniak geschwängert ist und 70° C. am Thermometer zeigt, beiläufig 1/2 bis 1 Minute lang. Dann passirt man die Waare durch ein Bad, welches auf 1000 Liter Wasser 2 bis 2 1/2 Kilogramme Quecksilbersublimat enthält, während 20 Minuten. Darauf wird gekühlt und in einem zweiten Bade passirt; letzteres besteht aus: 1000 Liter Wasser.       1 Kilogr. Quecksilbersublimat.       2 Kilogr. Essigsäure von 7° Baumé,    1/2 Kilogr. essigsaurem Natron. Die purpurrothe Farbe kann durch ganz schwache Passagen in Alkalien oder Seife mehr ins Violette getrieben werden.“ Hr. Meister bemerkt dann: „Dieses Verfahren führt allerdings zum Ziele, aber es ist eine Verwüstung von theurem Farbstoff und gibt nur sehr unächte Farben, welche sich mit Cochenille eben so herstellen lassen und dann fester halten. Alle (französischen) Murexid-Artikel, die ich gesehen habe, waren entweder einfarbig oder mit Tafelschwarz, nie aber mit vielfarbigen Mustern bedruckt, und zwar aus dem Grunde, weil die anderen Farben weder die erwähnten Beizen, noch die Passagen in den Bädern (ausschließlich des Ammoniaks) vertragen. Endlich ist die Darstellung des käuflichen Murexids eine so schlechte, daß das Präparat ein sehr unsicheres, höchstens 4–5 Procent reines Murexid enthaltendes Gemenge bildet. Das im Handel vorkommende Murexide en pâte enthält Harnstoff, salpetersaures Ammoniak, Parabansäure und etwa 4–5 Procent Murexid; es bildet einen schmutzig braunrothen Brei, während reines Murexid goldgrüne Krystalle bildet, die gerieben ein feurig rothes Pulver geben, welches durch Reibung Metallglanz annimmt, ähnlich den Flügeldecken der Goldhenne oder mancher Käfer. Reines Murexid ist aber so kräftig färbend, daß ein Decigramm = 1/30 Quentchen 1 sächsische Kanne Druckfarbe liefert. In Folge dieser Ausgiebigkeit wird sein hoher Preis so vermindert, daß es keineswegs zu den theuren Farbstoffen zu rechnen ist. Nur warne ich Jedermann vor dem durch Leipziger und andere in Farbwaaren arbeitende Häuser angebotenen Murexide en pâte, solches ist nicht 6 Sgr. werth! Das bisher von Engländern und Franzosen angewandte patentirte Verfahren zur Darstellung desselben kann niemals reines Murexid liefern, sondern stets nur ein Gemenge aller Zersetzungsproducte (Alloxan, Alloxantin, Murexid, Parabansäure, sehr viel salpetersaures Ammoniak und Harnstoff).“ Wir haben das französische Verfahren zur Darstellung des Murexid Purpurs (Purpurcarmins), wie es sich R. A. Brooman für England patentiren ließ, im polytechn. Journal Bd. CXLIV S. 68 mitgetheilt. Für ein solches Präparat gilt obige Vorschrift zum Färben und Drucken der Kattune. – Neu ist bei diesem patentirten Verfahren zur Darstellung des Murexid-Purpurs die Abscheidung der Harnsäure (gemengt mit den unauflöslichen Substanzen) aus dem (peruanischen) Guano durch directe Behandlung desselben mit Salzsäure, eine offenbar ökonomischere Methode als die bisher angewandten. Die nachfolgende Behandlung der (rohen) Harnsäure mit Salpetersäure, um das Gemenge der Zersetzungsproducte zu erhalten, welche den sogenannten Murexid-Purpur bilden, ist natürlich im Wesentlichen das in den Lehrbüchern der Chemie beschriebene Verfahren zur Darstellung des Murexids von Prout, Liebig und Wöhler, Fritsche etc. Hr. Meister bemerkt aber mit Recht, daß bei der Behandlungsweise der Harnsäure mit Salpetersäure ein Zusatz von Ammoniak unerläßlich ist. Er sagt: „Nach der patentirten Methode übergießt man (peruanischen) Guano mit verdünnter Salzsäure und erwärmt; dadurch werden die Kalksalze und alles was in Wasser und Säure löslich ist. entfernt, während die Harnsäure bloß gelegt wird, aber als unlöslich, nebst Sand und einer ziemlich bedeutenden Masse Unreinigkeiten zurückbleibt. Der gut ausgewaschene Rückstand wird entweder trocken in concentrirte Salpetersäure (von 1,45 spec. Gew.) in kleinen Portionen eingetragen, während man besorgt ist die Gefäße kalt zu erhalten – auf diese Weise erhält man Alloxan – oder man verdünnt den Rückstand mit Wasser, erhitzt bis zum Sieden und setzt verdünnte Salpetersäure in kleinen Mengen zu. Nur wenn das Aufbrausen nachlaßt, ist ein erneuerter Zusatz gestattet. So erhält man ein Gemenge von Alloxan und Alloxantin. Es ist nicht gut möglich, hinsichtlich der Salpetersäure das richtige Maaß zu treffen, Man erhält immer freie Säure, was um so gefährlicher ist, als nach der patentirten Methode die durch Asbest, oder besser Glaspulver, filtrirte Lösung einfach in kleinen Portionen eingedampft werden soll, und der Rückstand eben als Carmin pourpre oder Murexide pourpre, Murexide en pâte in den Handel kommt, – Allerdings bildet sich Murexid. wenn eine Auflösung von Harnsäure in verdünnter Salpetersäure abgedampft wird, aber diese Bildung ist nur auf Kosten des vorhandenenen Alloxans und Alloxantins möglich, welche das zur Erzeugung des Murrids nöthige Ammoniak hergeben müßen, anderseits schreitet die Zersetzung jeden Augenblick weiter Man ist nicht nur gezwungen, alle jene Zersetzungsproducte mit in den Kauf zu nehmen, sondern läuft auch noch Gefahr, daß sich das gebildete Murexid weiter zersetzt. Unter 70° C Wärme bildet sich kein Murexid. über 70° zersetzt es sich.“ Hr. Meister erbietet sich, den Fabrikanten mitzutheilen, wie man aus der noch nicht abgedampften Lösung der Harnsäure in Salpetersäure reines Murexid darstellt, und wie man reines Murexid auf der Faser für sich und mit anderen Farben zugleich fixiren kann – wenn sie ihrer Anfrage 2 Friedrichs d'or beifügen –, bemerkt auch daß es möglich ist mit Harnsäure und deren Zersetzungsproducten sehr schön blau und violett zu färben. „Ich bin aber, fügt er bei, überhaupt durchaus nicht Willens oder der Ansicht, das Murexid fertig gebildet auf die Waare zu bringen, sondern ziehe es vor dasselbe erst auf der Waare zu erzeugen, weil dadurch eine feinere Vertheilung und deßhalb größere Billigkeit, zweitens aber auch eine festere Verbindung mit der Faser erzielt wird. Doch will ich nicht unterlassen zu bemerken, daß alle diese Farben bei Gegenwart eines oxydirenden Körpers, Sauerstoff, Luft, Licht, Zinnchlorid oder Metalloxydsalz, sobald Feuchtigkeit vorhanden ist, zerstört werden, auch eine höhere Temperatur als 80° C. nicht vertragen. Ammoniak, Seife und Alkalien zerstören die Farben ebenso wie Sauren, ja selbst Kaffee, Wein, Schweiß etc. Diese Farben gehören also zu den unächten; sie werden von der Luft zerstört, namentlich wenn Licht, Luft und Feuchtigkeit zusammenwirken, anderseits wenn die Luft, was immer der Fall ist, Ammoniak oder Schwefelwasserstoff enthält.“ Nachahmung von Stickereien und Spitzen durch Bedrucken von Geweben. Die HHrn. Guilleaume haben sich in Frankreich ein Verfahren patentiren lassen, gewisse lockere weiße Gewebe, wie Wollen- und Seidenbarège, Baumwollenmusselin, Organdy, mit einer weißen, matten und undurchsichtigen Farbe, die an den betreffenden Stellen die Zwischenräume der Fäden ausfüllt, zu bedrucken und dadurch denselben das Ansehen von Stickereien oder Spitzen zu geben. Die dazu anzuwendende Druckfarbe kann bereitet werden aus: 2 Kilogr. trockenem Eiweiß (aus Eiern oder aus Blut), 2 Litern lauwarmen Wassers, 3 Litern Dextrinsyrup, 5 Kilogr. Zinkweiß. Die Mengenverhältnisse dieser Stoffe können abgeändert, und statt Zinkweiß können andere weiße Stoffe, wie weißer Thon, kohlensaurer Kalk, Magnesia etc., sowie statt Eiweiß Casein oder Gutta-percha- oder Kautschuklösung angewendet werden. In einem Zusatz zu dem ursprünglichen Patent geben die Erfinder folgendes Recept, dessen Mengenverhältnisse sie indeß auch als nicht gerade nothwendig bezeichnen: 2,5 Kilogr. Zinkweiß,    6 Grm. blaues Ultramarin,    1 Liter Wasser. Man vermischt diese Stoffe gut mit einander und fügt 6 Kilogr. einer Mischung hinzu, die bereitet wird aus: 4 Kilogr. trockenem Eiweiß, 6 Litern Wasser und 4 Litern Stärkesyrup. (Brevets d'invention, t. XXIII, durch polytechnisches Centralblatt, 1857. S. 766.) Fabrication von Paraffin, Photogen, Maschinen- und Wagenschmiere auf der Georgsgrube, unter der Leitung von P. Wagenmann, Ingenieur in Neuwied und Bonn. Nachdem im Mai 1856 der Bau des, den HHrn. Paul Wagenmann und Comp. gehörenden Etablissements auf der Georgsgrube bei Dierdorf (über deren Blätter- und Braunkohlen-Ablagerung im polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 316 berichtet wurde), begonnen hatte, ist derselbe jetzt so weit gediehen, daß die Fabrication in Gang gesetzt werden konnte. Der Grubenbesitz jener Firma wurde seitdem bedeutend erweitert, und die tief liegenden Theile des Flötzes durch eine englische locomobile Wasserhaltungsmaschine aufgeschlossen. Das dortige Material liefert einen Theer von 0. 855 spec. Gewicht, und Essenzen und Oele von 0,750–0,865 spec. Gewicht. 1 Tonne Georgs-Bitumen liefert 16 Quart Theer, 3 Pfd. Paraffin enthaltend. Zur Feuerung benutzt man die im Hangenden abgelagerte Braunkohle. Das Etablissement liefert außer Mineralöl. Photogen und Paraffin, auch Maschinenöl und Schmiere, nachdem es Hrn. Wagenmann gelungen ist, das Paraffinöl zu verseifen. Derselbe hat nämlich gefunden, daß das Paraffinöl, mit 1 Proc. Ricinusöl-Seife gemischt, im Vacuum bei 120° C. eine ganz feste fette Schmiere gibt (wahrscheinlich sind die von W. Browne und Comp. in England fabricirten Eisenbahnwagen-Schmieren ähnlich erzeugt). Die Wagenmann'schen Werke liefern: Mineralöl, von 0,830 spec. Gewicht, 100 Kilogr. für Rthlr. 30; Photogen, von 0,825 spec. Gewicht, 100 Kilogr. für Rthlr. 33   10 Sgr. Paraffin, gelbes, von 85 Procent, 100 Pfund   für    „     33   10  „ Maschinenöl (patent lubricating oil), 100 Pfund   für    „     16   20  „ Maschinenschmiere (patent lubricating grease), 100 Pfund   für    „     15   20  „ Deßgleichen für Wagen, 100 Pfund   für    „     14   20  „ Das Etablissement soll in Folge des Beschlusses einer Generalversammlung der Actionäre ausgedehnt werden, und zu diesem Behufe eine weitere Emission von Actien erfolgen. Ranziges Oel zu reinigen. Kürzlich ist in Frankreich die Entdeckung gemacht worden, daß Salpeteräther, gewöhnlich als „Salpetergeist“ bekannt, eine große Kraft besitzt, unreine Oele zu reinigen und geruchlos zu machen. Ein klein wenig davon mit dem ungekochten Oel vermischt, benimmt demselben allen unangenehmen Geruch, während durch das spätere Erwärmen des so behandelten Oels der geistige Bestandtheil aufgefrischt und das Oel süß und rein wird. Einige Tropfen Salpetergeist in eine mit Oel gefüllte Flasche gethan, werden für immer alles Ranzigwerden desselben verhindern. (Deutsche Gewerbezeitung, 1857, Heft 2.) Composition zum Oelen der Wolle, von den HHrn. Mottet zu Verviers. Man gießt in ein Gefäß eine Quantität Oel, setzt ihm die Hälfte seines Gewichts Ammoniak (Salmiakgeist), nebst dem vierten Theil seines Volums Wasser zu, und bringt das Gemisch dann mittelst einer Dampfröhre zum Sieden, welches man so lange unterhält, bis der zu Stärke Ammoniakgeruch verschwunden ist. Man bedient sich dieser Composition zum Einfetten der Wolle in gewöhnlicher Weise. Die Erfinder bemerken, daß sie bei diesem Verfahren eine beträchtliche Menge Oel ersparen und ein gleichmäßigeres und regelmäßigeres Gespinnst erhalten, weil die Wollefasern sich leichter von einander ablösen und trennen. Ferner erhalten sich die Kratzen in besserem Zustande als bei den bisher angewendeten Verfahrungsarten, und überdieß läßt sich die Wolle leichter und ökonomischer entfetten. (Armengaud's Génie industriel, Juli 1857, S. 37.) Die chiotische Seidenraupe. Die Cocons sind in der Gegend von Smyrna, wie in einigen benachbarten Inseln, besonders auf Chios, ganz vorzüglich gerathen; es kommen fast keine Krankheiten unter den Raupen vor; nur zu Ende der Zucht zerstörten Südwinde hier und da die Hoffnung auf reichen Gewinn in einer einzigen Nacht. Kühle Luft, Nordwinde liebt die Raupe besonders im dortigen Klima, um einen gesunden Cocon zu bilden; deßwegen ist auch die Lage der Insel Chios so geeignet ausgezeichnete Cocons zu liefern. Hofrath Dr. Pauli (von Frankfurt a. M.), Ehrenmitglied der Gesellschaft für Seidenzucht im Herzogthum Nassau, jetzt in Smyrna, früher vier Jahre auf Chios domicilirend, ist am 12 Juni d. J. auf kurze Zeit nach Chios abgegangen, um eine von ihm errichtete Anstalt zur Gewinnung vorzüglicher Seidenraupen-Eier (Grains) zu dirigiren. Es wurde demselben in jährlichen Schreiben seitens des k. k. österr. Ministeriums des Innern die vollste Anerkennung ausgesprochen für Gratissendungen, welche er an das hohe Ministerium mit der Bitte machte, dessen Aufmerksamkeit auf die chiotische Seitenraupe zu lenken, welche gegen Wechsel der Temperatur, wenn nur die Durchschnittswärme keine zu hohe ist, durchaus nicht empfindlich ist, und selbst 2–4° R. in kühlen Nächten vertragt, während 24–30° R. heiße Südluft ihr allein verderblich wird. Das hohe k. k. Ministerium sah sich um so mehr veranlaßt, die Resultate der aus diesen Eiern gewonnenen Cocons zu prüfen, als die Bitte mit einer Begründung der Ansicht, daß das süddeutsche Klima der chiotischen Raupe zusagen werde, versehen war, indem nämlich genaue meteorologische Beobachtungen (von 1852–1856) den Sendungen fortwährend beigefügt wurden, aus welchen die klimatischen Verhältnisse von Chios so ersichtlich wurden, daß sich das Ministerium bewogen fand, das Manuskript zum Druck an die k. k. Centralanstalt für Meteorologie abzugeben, und Hrn. Dr. Pauli zu einer Sendung in größerm Maaßstab aufzufordern, um in mehreren Theilen der Monarchie die Versuche anstellen zu lassen. Die Resultate waren zwei Jahre wiederholt so befriedigend, daß das k. k. Ministerium des Innern Hrn. Dr. Pauli mittheilte, daß die von den eingesandten Eiern gewonnenen Cocons Galetten, und diese eine Qualität Seide gegeben haben, welche alle bis dahin in Oesterreich cultivirten Cocons an Zahl der Galetten und Qualität der Seide übertreffe. Die dießjährige Production der Eier unter Leitung desselben geht ihren besten Gang, und die Anstalt dürfte 150 bis 300 Pfund liefern; die Preise sollen sich, je nach dem Endresultat, zwischen 2 bis 3 fl. per Loth stellen. (Allgemeine Zeitung vom 10 Juli 1857.) Hofrath Dr. Pauli hat es möglich gemacht, durch Grundsätze der Physiologie geleitet, Eier (Grains) des Seidenspinners zum Ausgehen der Räupchen zu bringen; er besaß am 2. Juli (zu Chios) gegen 30,000 Räupchen von 2 bis 8 Tagen, setzt seine Versuche fort und sucht eine zweite Ernte Cocons zu gewinnen. Wenn es sich bewährt, wie er hofft, daß es in der Hand des Seidenzüchters seyn wird, durch seine Methode geleitet, 14 Tage alte Eier zum Ausschlüpfen der Räupchen zu bringen, so wäre dieß für die in den letzten Jahren so stark bedrohte Seidenzucht ein ungeheurer Gewinn. Auch in Frankreich hat man eine ähnliche Entdeckung gemacht, und man bereitet daselbst, wie es heißt, die Eier gegen eine gewisse Prämie dahin zu Dr. Pauli soll, wenn sich seine Versuche weiter bewähren, beschlossen haben diese Methode den Regierungen mitzutheilen, damit sie Gemeingut werde. (Oesterr. Bl.)