Titel: Ueber die Zerstörung der Rostpfähle durch Quellwasser; von Hrn. Hervé Mangon.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. CXI., S. 424
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CXI. Ueber die Zerstörung der Rostpfähle durch Quellwasser; von Hrn. Hervé Mangon. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Septbr. 1857, S. 634. Mangon, über die Zerstörung der Rostpfähle durch Quellwasser. Man hat bisher allgemein angenommen, daß Hölzer, welche constant naß stehen, sich unverändert erhalten. Mehrere Thatsachen erregten bei mit schon längst Zweifel an dieser Annahme; nun kann ich aber in Folge der von mit angestellten chemischen Analysen von mit zugekommenen Proben solcher Hölzer eine der Ursachen, welche die Zerstörung der Rostpfähle veranlassen, bestimmt bezeichnen. Ich veröffentliche meine betreffenden Versuche, da sie für die Wasserbauten von großer Wichtigkeit sind. Die fraglichen Proben erhielt ich von Hrn. Fargue, Ingenieur des Brücken- und Straßenbaues, welcher mit der Wiederherstellung einer alten Brücke über die Gélise bei Mézin beauftragt wurde. Die erste Probe bestand aus Holz von den Pfählen der alten Brücke, welche bei 2,5 Meter unter dem Niveau des Sommerwasserstandes abgeschnitten worden waren. In feuchtem Zustande leistet dieses Holz gar keinen Widerstand mehr, so daß durch einen Spatenstich ein 12 bis 15 Centimeter starker Pfahl durchgeschnitten werden konnte. Trocknet man es aus, so zieht es sich stark zusammen und bekommt wieder eine ziemlich große Härte. Es ist dunkelbraun und bedeutend zersetzt; die Holzart konnte nicht verläßlich ermittelt werden. Die Elementar-Analyse dieses an der Luft getrockneten Products ergab folgendes Resultat als Mittel zweier Versuche: Kohlenstoff   43,890 Wasserstoff     7,835 Stickstoff     0,460 Sauerstoff   39,720 Asche     8,105 ––––––– 100,000 Nach der vorgenommenen Analyse der Asche im Zusammenhalt mit dem Resultat der Elementar-Analyse ergibt sich folgende Zusammensetzung der ganzen Holzmasse: 1) Wasser und organische Substanzen   91,895   91,895 2) In Wasser lösliche Salze:               alkalische Salze     0,054               Kalk     0,250               Bittererde   Spuren               Chlor   Spuren               Schwefelsaure     0,126     0,430 3) In Salpetersäure lösliche Substanzen:               Thonerde     0,405               Eisenoxyd     0,470               Kalk     1,155     2,030               Bittererde   Spuren 4) In Wasser und in Salpetersäure unlösliche        Substanzen:               Kieselerde und ein wenig Thon     5,575     5,575               nicht bestimmte Substanzen und Verlust     0,070     0,070 –––––––––––––– 100,000 100,000 Die Vergleichung dieser Ziffern mit der Zusammensetzung des Holzes im gesunden Zustande weist auf eine tiefe Veränderung der Pfähle hin, welche das physische Ansehen der Probe bestätigt. Dieses Holz ist in einem Uebergangszustande zum Torf und enthält eine viel größere Quantität erdiger Substanzen, als dem gewöhnlichen Aschengehalt des Holzes entspricht. Die zweite Probe war der Niederschlag, welchen das aus der Baugrube gezogene Wasser im Abflußgerinne der Pumpen absetzt. Diese Substanz, welche mit in einer Glasflasche mit eingeriebenem Stöpsel zukam, ist dunkelgrün; sie hat einen höchst unangenehmen Geruch; Schwefelwasserstoff enthält sie nicht. Der Luft ausgesetzt, geht sie von Grün in Braunroth über. Sie enthält: 1) Flüchtige oder in der Rothglühhitze    zersetzbare Substanzen: Ursprüngliche     Probe. Getrocknete     Probe     hygroskopisches Wasser    gebundenes Wasser, organische Substanz ohne den Stickstoff    Stickstoff     66,850      8,704      0,196   75,750 | |    26,26|      0,59 2) In schwacher Salpetersäure lösliche    Substanzen     Eisenoxyd    kohlensaurer Kalk    kohlensaure Bittererde       6,138    10,290      0,104   16,532 |     18,52|     31,04|       0,34 3) In schwacher Salpetersäure     unlösliche Substanzen:     Kieselerde    Thonerde und Spuren von Eisen    Kalk und Bittererde       6,628      1,078    Spuren     7,706 |     19,99|       3,25     Verlust und nicht bestimmte Substanzen       0,012     0,012 |       0,04 –––––––––––––––––– 100,000 |     100,000 Ich habe oben bemerkt, daß diese Probe bei ihrer Ankunft in Paris dunkelgrün war, und daß sie an der Luft wieder ihre ockerige Farbe annahm. Diese charakteristische Eigenschaft und die Zusammensetzung derselben beweisen, daß fragliches Product in die Classe der schlammigen Niederschläge gehört, welche nach Berzelius Quellsäure und Quellsatzsäure enthalten.Ich bin bei meiner Untersuchung der eisenhaltigen Verstopfungen welche man bisweilen in den Drainröhren antrifft (polytechn. Journal Bd. CXLII S. 126), auf diese Producte aufmerksam geworden; ihr Uebergang von Schwarz oder Dunkelgrün in Braunroth durch die Einwirkung der Luft, und ihre bei Ausschluß des Sauerstoffs von selbst eintretende Reduction sind für dieselben ein charakteristisches Kennzeichen. Das Wasser der Flüsse und der Bäche kann von der artigen Producten keine etwas beträchtliche Menge enthalten; seine Bewegung in Berührung mit der Luft würde es von denselben rasch befreien. Die Analyse dieses Products liefert also den bestimmten Beweis, daß das aus der Baugrube im Bett der Gélise gezogene Wasser in mehr oder weniger starkem Verhältniß mit von unten aufsteigendem Quellwasser gemischt wac. Die dritte Probe war Sand, welcher in der Nähe eines dortigen Sumpfes (beiläufig 20 Kilometer von Mézin entfernt) gesammelt worden war. Dieses Product besteht aus feinem und weißem Kieselsand, dessen sämmtliche Körner mit einer ockerigen Schicht überzogen sind. Es ist nichts anderes als der gewöhnliche Sand der Landes, gemengt mit dem Niederschlag, welchen das bei der zweiten Probe besprochene Wasser in Berührung mit der Luft absetzt. Die vierte Probe war ein sandiges Aggregat, auf dem linken Ufer der Arance, eines Flüßchens der Landes, gesammelt. Dieses Product besteht aus weißem und feinem Sand der Landes, durch eine schwärzliche organische Substanz zusammengekittet. Diese organische Substanz ist in Wasser, Alkohol und Aether unauflöslich; sie löst sich hingegen in Aetzkali sehr leicht auf. Die Sauren fällen sie aus dieser Auflösung in braunen Flocken, welche die Eigenschaften der Huminsäure besitzen. Die vorhergehenden Analysen beweisen, daß das Wasser, welches aus der Baugrube gezogen wurde, worin sich die Pfähle befanden, nicht von gleicher Art mit demjenigen des Flusses war, überdieß fand man im Wasser dieser Baugrube die Stoffe welche den ockerigen Ueberzug des untersuchten Sandes absetzten. Dieses Wasser übt sehr wahrscheinlich eine zerstörende Wirkung auf das Holz aus. Hr. v. Liebig hat schon vor mehreren Jahren in solchen Wässern, welche quellsaure Verbindungen enthalten, das Vorhandenseyn von Substanzen nachgewiesen, welche, nach Art der Fermente wirken und das Holz rasch in Huminsäure verwandeln; eine ähnliche Einwirkung scheinen die Quellwässer der besprochenen Oertlichkeit ausgeübt zu haben. Bei solchem Holz, welches in den Baugruben, also bei ausgeschlossener Luft, mit einem viel schwefelsauren Kalk enthaltenden Wasser in Berührung bleibt, beobachtet man eine rasch und tief eingreifende Veränderung. Die organische Substanz verwandelt nämlich dieses Kalksalz in Schwefelcalcium, verbrennt durch diese Reaction allmählich und verliert alle Festigkeit. Aus meinen Untersuchungen ergibt sich also, daß man vor dem Einschlagen der Rostpfähle den Boden stets auf das Vorhandenseyn solcher Quellen untersuchen sollte, welche quellsaure Verbindungen enthalten.