Titel: Ueber die industriellen Anwendungen des Aluminiums; von Hrn. H. Sainte-Claire Deville.
Fundstelle: Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XXXVI., S. 125
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XXXVI. Ueber die industriellen Anwendungen des Aluminiums; von Hrn. H. Sainte-Claire Deville. Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, Decbr. 1857, t. XI p. 682 u. 705. Deville, über die industriellen Anwendungen des Aluminiums. In der Versammlung der Société d'Encouragement zu Paris, welche am 2. December v. J. stattfand, legte Hr. Morin, Director der Aluminium-Fabrik zu Nanterre, zahlreiche aus Aluminium verfertigte Gegenstände vor, insbesondere Schalen und Retorten für chemische Laboratorien, physikalische Instrumente und Juwelierarbeiten aller Art. Diese Ausstellung wäre noch viel reichlicher ausgefallen, wenn man auch die von Hrn. Martin gegründete und von den Gebrüdern Tissier dirigirte Aluminiumfabrik zu Amfreville-la-mi-voie zur Beschickung derselben eingeladen hätte. Der Zweck der Versammlung war, einen Vortrag des Hrn. Deville anzuhören, worin er sich zuerst über seine eigenen, bereits bekannten Arbeiten hinsichtlich des Aluminiums verbreitete, und dann auf die verschiedenen Anwendungen überging, deren ihm dieses Metall fähig zu seyn scheint. Seine Mittheilungen in letzterer Hinsicht lassen wir hier folgen. Das Aluminium ist fast so weiß wie das Silber. Das Weißsieden ist aber für dasselbe eben so nothwendig wie für das Silber; letzteres hätte bekanntlich ohne diese Behandlung kein schönes Ansehen. Die zum Sieden des Silbers gebräuchlichen Verfahrungsarten sind jedoch für das Aluminium nicht anwendbar, und bis jetzt kann man das Weißsieden des Aluminiums noch nicht in genügender Weise bewerkstelligen. Hinsichtlich des Glanzes steht das Aluminium dem Silber nach. Das Silber gibt nach mehreren auf einander folgenden Reflexionen ein gelbes Licht; nach Allem muß man annehmen, daß das Aluminium unter denselben Verhältnissen ein bläuliches Licht geben würde. Das Aluminium besitzt mehr Elasticität als das Silber; es kann zu eben so feinem und sogar noch feinerm Draht gezogen werden. Wir vergleichen hier das reine Aluminium mit dem legirten Silber; das reine Silber würde man fast in jeder Hinsicht, selbst in der Schönheit, dem reinen Aluminium weit nachstehend finden. – Die Legirungen des Aluminiums sind noch nicht genügend untersucht worden; ist dieses einmal geschehen, so wird die Industrie aus denselben ohne Zweifel große Vortheile ziehen. – Das specifische Gewicht des Aluminiums ist bekanntlich sehr klein; seine Dichtigkeit beträgt nur ein Viertel von derjenigen des Silbers. – Der Luft ausgesetzt, bleibt das Aluminium ganz unverändert. Ein Blech desselben wurde ein Jahr lang in einem Hofe gelassen, worauf man es im Ansehen und an Gewicht nicht im geringsten verändert fand. Der Schwefelwasserstoff wirkt gar nicht auf das Aluminium, und in dieser Hinsicht hat es also einen großen Vorzug vor dem Silber. Ciselirte Gegenstände aus Aluminium besitzen nach dreijähriger Aufbewahrung vollkommen denselben anfänglichen Ton. – Salpetersäure greift das Aluminium nicht an, eben so wenig Schwefelsäure. Zu Nancy und an mehreren Orten in Deutschland benutzt man Volta'sche Säulen, worin das Platin durch Aluminium ersetzt ist, und welche ohne Vergleich länger dauern. Salzsäure greift das Aluminium an, aber langsam, wenn das Metall rein ist. Die Alkalien greifen es an, wenn sie in einer großen Menge Wasser aufgelöst sind. Ein Gemisch von Essigsäure und Kochsalz greift das Aluminium an, aber gewiß weniger schnell als das Silber. Wenn man Salzwasser lange Zeit in einem Aluminiumgefäß kochen läßt, so greift die im Kochsalz enthaltene salzsaure Bittererde das Gefäß immer ein wenig an; dasselbe geschieht aber bei einem Silbergefäß. Das Aluminium ist von allen Metallen das unschädlichste. Wenn daher bei Anwendung von Küchengefäßen aus Aluminium eine kleine Menge des Metalls sich auflösen könnte, so wäre davon gar kein Nachtheil zu befürchten, und dieß ist ein sehr großer Vorzug welchen das Aluminium dem Kupfer gegenüber besitzt. Selbst das Zinn ist nicht unschädlich. Hr. Deville lebte mehrere Jahre in der Franche-Comté, wo man für die Küche fast ausschließlich eiserne Gefäße anwendet; er beobachtete an den Nahrungsmitteln einen sehr auffallenden Eisengeschmack. Dagegen finden die aus der dortigen Gegend nach Paris kommenden Personen an den hiesigen Speisen einen nicht weniger charakteristischen Fischgeschmack, wie ihn das Zinnchlorür besitzt, und welcher sehr merklich wird, wenn die Verzinnung neu ist. Das Aluminium, welches sich bei der Bereitung der Speisen aufgelöst haben könnte, wäre essigsaure Thonerde; diese würde sich durch das Kochen in Essigsäure und Thonerde zersetzen, zwei ebenfalls unschädliche Substanzen; erstere würde übrigens in Dampfform entweichen. Der Schmelzpunkt des Aluminiums ist die helle Rothgluht; er ist also niedriger als derjenige des Silbers. Aber das lebhafteste Küchenfeuer wäre unzureichend, um Aluminiumgefäße zu schmelzen. Dieses Metall gehört unter diejenigen deren specifische Wärme die beträchtlichste ist; man würde leichter drei Kilogramme Silber schmelzen, als ein einziges Kilogramm Aluminium. Ist das Aluminium einmal heiß, so behält es sehr lange feine Temperatur. Es sind mehrere Stunden erforderlich, damit die aus der Zainform genommenen Aluminiumbarren so weit abkühlen, daß man sie in der Hand halten kann. Das Aluminium läßt sich kupelliren wie das Silber. Man kann es an der Luft gießen, ohne daß es sich im geringsten verändert; das Metall zeigt bei dieser Operation das Ansehen einer etwas fetten Substanz. – Das Aluminium gibt einen schönen Klang, wie das Silber; derselbe ist etwas hart. Man kann das Aluminium mittelst der galvanischen Säule vergolden; der bläuliche Ton dieses Metalles steht gut zu demjenigen des Goldes; es ließe sich auf diese Weise vielleicht das Problem von Verzierungen in Gold und Silber lösen; die beiden letzteren Metalle können nämlich nicht miteinander angewendet werden, weil das Silber sich schwärzt, während das Gold unverändert bleibt. Unter den von Hrn. Deville ausgestellten Gegenständen befanden sich Röhren, durch Drücken auf der Drehbank dargestellt, welche zur Anfertigung von Opernguckern bestimmt sind; das Aluminium eignet sich wegen seiner Leichtigkeit ausgezeichnet zu diesem Zweck, die Instrumente würden so einen Theil des Gewichts verlieren, welches sie unbequem macht. Ueberhaupt lassen die durch Drücken auf der Drehbank und durch Treiben oder Hämmern dargestellten Gegenstände nichts zu wünschen übrig; aber das Loth ist noch unvollkommen; man mußte das Zinn anwenden, welches wenig Festigkeit gibt; hier ist also ein Fortschritt zu machen. Einstweilen vereinigt man die Stücke durch Nieten, wie es vor noch nicht langer Zeit bei den Silberarbeiten geschah. Die Henkel der Gefäße werden hohl gegossen. Für industrielle Zwecke wendet man das Aluminium noch nicht im reinen Zustande an. Ungeachtet der Verbesserungen seiner Fabrication durch Hrn. Morin, enthält dieses Metall immer eine kleine Quantität Kupfer. Uebrigens liefert die Legirung des Kupfers mit dem Aluminium Bronzen, welche eine sehr vortheilhafte Anwendung gestatten. Die Legirung welche die besten Resultate gab, enthält 10 Procent Aluminium; sie ist dem Eisen ähnlich, mit welchem fast alle ihre physischen Eigenschaften übereinstimmen, und kann zu Draht gezogen werden, welcher an Festigkeit den Draht aus reinem Eisen übertrifft. Wenn einmal das Leitvermögen dieser Legirung für die Elektricität bestimmt worden ist, wird man sie vielleicht zur Anfertigung der Drähte für elektrische Telegraphen benutzen; solche Drähte könnten, wie Hr. Dumas bemerkte, wegen ihrer Leichtigkeit bei der Herstellung unterseeischer Taue vorzügliche Dienste leisten. Gegenwärtig wird das Kilogramm Aluminium für 300 Francs verkauft, und es ist nicht anzunehmen, daß dieser Preis in der Folge erhöht wird.