Titel: Henry, über die Art und Weise, Baumaterialien zu untersuchen.
Fundstelle: Band 147, Jahrgang 1858, Nr. LV., S. 199
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LV. Henry, über die Art und Weise, Baumaterialien zu untersuchen. Aus Silliman's american Journal of science and arts, 1856, t. XXII Nr. 64, durch die Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1857 S. 206. Henry, über die Art und Weise, Baumaterialien zu untersuchen. Bereits im Jahre 1851 war von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika eine Commission ernannt worden, um den Marmor zu untersuchen, welcher zum Erweiterungsbau des Capitols der Vereinigten Staaten empfohlen worden war, bestehend aus dem General Totten, dem A. J. Downing vom Patentbureau, dem Architekten und meiner Person. Im Jahre 1854 wurde eine andere Commission beauftragt, einige Versuche zu wiederholen und weiter auszudehnen, deren Mitglieder der General Totten, der Professor Bache und ich selbst waren. Ein Theil der Resultate, welche die erste Commission erlangte, wurde dem Secretär für das Innere mitgetheilt und ein mehr detaillirter Bericht sämmtlicher angestellten Untersuchungen durch die Commissionen an den Congreß vorbehalten. Gegenwärtig möchte ich einige Punkte von allgemeinem Interesse, namentlich für diejenigen mittheilen, welche mit ähnlichen Untersuchungen betraut werden. Obgleich die Baukunst seit undenklichen Zeiten ausgeübt wird und stets das Verlangen bekundet wurde, ein Mittel kennen zu lernen, um die besten Materialien zu prüfen, so scheint es doch, als wenn die Art und Weise sich von der Stärke und Dauerhaftigkeit von Steinen zu überzeugen nur eine sehr begränzte wissenschaftliche Aufmerksamkeit erregt hätte, und die Commission, welche diesen Gegenstand vorher nie zu einem besondern Gegenstande ihres Studiums gemacht hatte, war daher nicht wenig von den unvorhergesehenen Schwierigkeiten überrascht, welche ihr fast bei jedem Abschnitte ihrer Arbeit aufstießen, und sie mußte wohl zu der Annahme kommen, daß die bisher zur Lösung dieser Aufgabe gewöhnlich angestellten Arbeiten sich noch in einem sehr untergeordneten Zustande befinden. Man muß sich vergegenwärtigen, daß der Stein für das Gebäude Jahrhunderte ausdauern soll, und daß die gewünschten Beschlüsse und Arbeiten wenigen Wochen zu entnehmen waren. Außerdem kennt man, bei dem gegenwärtigen Zustande der Wissenschaft, keineswegs alle die Einwirkungen, welchen die Materialien von der Natur unterworfen, noch weiß man den Betrag der bekannten vollkommen zu schätzen. Die auflösende Kraft des Wassers, welches selbst Glas angreift, muß wohl mit der Zeit einen sehr bemerkbaren Einfluß selbst auf die festesten Materialien haben, insbesondere wenn es, wie dieß der Fall bei den atmosphärischen Niederschlägen ist, Kohlensäure in Lösung enthält. Das Abreiben durch kieselhaltigen Staub, wenn er gegen ein Gebäude geblasen, oder an den Seiten desselben durch Regen herabgewaschen wird, trägt entschieden dazu bei, die Fläche anzugreifen, wenn gleich der unmerkliche Betrag dieses Angriffs kaum mit dem feinsten Instrumente jeder Zeit ermittelt werden könnte. Eine Untersuchung der Schale, die ursprünglich das Wasser aus der Fontaine am westlichen Eingange zum Capitol auffing und sich jetzt im Patent-Office befindet, kann jedermann überführen, welchen bedeutenden Einfluß Wasser mit Kohlensäure geschwängert ausgeübt hat. Ferner erzeugt jeder Blitzstrahl nicht allein Salpetersäure, welche, mit Regenwasser gemischt, auf den Marmor wirkt, sondern bringt auch durch seine Induction aus der Ferne auf feuchten Wänden chemische Veränderungen hervor, die gegenwärtig außer dem Bereiche der Schätzung liegen. Ebenso geben die beständigen Temperaturwechsel von Tag zu Tag und selbst von Stunde zu Stunde zu Molecular-Bewegungen Veranlassung, die auf die Dauerhaftigkeit des Baumaterials von Einfluß seyn müssen. Die in der Neuzeit angestellten Pendelbeobachtungen haben ergeben, daß das Denkmal auf Bunkerhill kaum einen Augenblick in Ruhe, vielmehr in fortwährendem Biegen und Werfen begriffen ist, lediglich in Folge des Einflusses der wechselnden Temperatur seiner verschiedenen Seiten. Ist die glatte Fläche eines Gebäudes in Folge der vorhin erwähnten Ursachen erst einmal rauh geworden, so lagert sich auf derselben der Same kleiner Flechten und Moose ab, der beständig in der Atmosphäre vertheilt ist, und es wird nun durch das Wachsen und Vergehen dieser mikroskopischen hieraus entstandenen Pflanzen eine Farbenveränderung herbeigeführt und Zerstörung befördert. In einem Klima, wie das unsrige, mag vielleicht die Hauptursache zur Zerstörung in den Schwankungen zwischen Gefrieren und Thauen während des Laufes des Winters liegen, und wenn gleich die Wirkung auf guten Marmor verhältnißmäßig bedeutend seyn mag, so erfordert es der vereinigten Wirkung einer Reihe von Jahren, um den Betrag sicher festzustellen. Aus allen diesen Gründen hält sich die Commission für überzeugt, daß das einzige zuverlässige Mittel, sich von der Eigenschaft des Marmors, dem Einflusse des Wetters zu widerstehen, zu überzeugen, darin besteht, den wirklichen Einfluß der Atmosphäre auf denselben an Gebäuden zu studiren, die seit Jahren demselben unterworfen gewesen. In hiesigen Gegenden möchte leider die Gelegenheit hierzu nur selten zu finden seyn. Einige Belehrung kann freilich durch eine Untersuchung der bloßgelegten Flächen von Marmor in dem Ausgehenden eines Bruches geschöpft werden; aber hier ist wieder die Zeitdauer seines Bloßliegens und die Wechseleinwirkungen denen er vielleicht seit langen geologischen Perioden unterworfen gewesen, unbekannt. Und da auch verschiedene Brüche derselben Einwirkung nicht unterlegen haben, so gewähren sie auch nicht verläßliche Daten zur sichern Bestimmung der Dauerhaftigkeit, es sey denn, daß verschiedene Gattungen in einem und demselben Bruche vorkämen. Wie wir vorhin bemerkt, befindet sich die Kunst Steine für Bauzwecke in allen Richtungen zu prüfen, in einem noch unvollkommenen Zustande; die Aufgabe ist, die Einwirkungen der Natur nachzuahmen und gleichzeitig die Wirkung dadurch zu beschleunigen, daß man den Angriff verstärkt. Das Resultat kann aber nichtsdestoweniger nur als annähernd, oder als in einem hohen Grabe wahrscheinlich erachtet werden. Vor etwa 20 Jahren gab Brard Brard in den Annales de chimie 2. Sér. XXXIX p. 160; im polytechn. Journal, 1829, Bd. XXXI S. 33. ein darauf Bezug habendes Verfahren an, welches in der Anwendung einer gesättigten Auflösung von Glaubersalz besteht, womit der Stein getränkt wird. Beim Trocknen des feuchten Steines krystallisirt das Salz, dehnt sich aus, wodurch ein Abblättern der Oberfläche bewirkt wird, von dem Brard annimmt, daß es eine gleiche Wirkung äußere als der Frost. Obschon man sich auf diesen Proceß verließ und ihn allgemein anwendete, so lassen doch neuere Versuche, von Dr. Owen angestellt, an der vollkommenen Analogie zwischen den Wirkungen des Frostes und jenes künstlichen Mittels zweifeln. Derselbe fand nämlich, daß die Wirkungen des Gefrierens und Aufthauens während eines Theils des Winters auf mehr poröse Gesteine wesentlich von dem Resultate verschieden sind, welches das Trockenwerden jenes Salzes hervorbringt. Es scheint aus diesen Versuchen hervorzugehen, daß die Wirkung des letztern sowohl eine chemische als eine mechanische ist. In Folge dessen hat die Commission es für zweckmäßig erachtet, die Wirkung des Frostes und des Aufthauens durch künstliche Kälte und Wärme hervorzurufen. Das dabei zu beobachtende Verfahren erheischt aber viel Arbeit; jedes Exemplar muß in eine eigene Büchse mit Deckel eingeschlossen werden, die Menge des Abgeblätterten ist aber so geringfügig, daß die Operation mit gutem Marmor mehrere male wiederholt werden mußte, ehe vergleichbare Resultate in einem genügenden Maaße erhalten werden konnten. Im Verfolg dieser Untersuchungen traten unvorhergesehene Umstände ein, welche die genaue Ermittelung der Veränderung behinderten; es ergab sich dabei, daß die Resultate durch Umstände gestört wurden, welche zu Anfange der Versuche nicht vorausgesehen waren. Es schien zu Anfange – und die Commission, als sie die Versuche begann, theilte diese Ansicht – als werde sich nur ein ganz geringer Unterschied in der Festigkeit der verschiedenen Arten Marmor ergeben. Dieß war aber ein Irrthum, die Hauptschwierigkeit lag in der Wahl eines für diesen Zweck ganz geeigneten Instruments. Das von Rennie zu diesem Behufe angedeutete und in den Verhandlungen der königl. Londoner Gesellschaft der Wissenschaften beschriebene Instrument fand die Commission wegen der durch seine Construction bedingten bedeutenden Reibung nicht anwendbar um bestimmte vergleichbare Resultate zu gewinnen. Die Reibung an sich muß in dem Maaße, als der Widerstand, welcher beim Zusammendrücken stattfindet, zunimmt, überwunden werden; nimmt dieselbe im Verhältniß zum Drucke zu, so nimmt es den Anschein, als widerständen die festern Steine einer relativ zu großen zusammendrückenden Kraft. Die Commission prüfte nun zuerst die hydraulische Presse, die zu solchen Versuchen war angewendet worden, fand aber, daß derselbe Tadel, welcher gegen das von Rennie benutzte Instrument war ausgesprochen worden, auch auf die hydraulische Presse Anwendung findet. Später wurde ihr glücklicherweise durch die Gefälligkeit des Commodore Ballard der Gebrauch eines Instruments überlassen, welches der Major Wade angegeben hat und das unter dessen Leitung ausgeführt worden ist, um die Festigkeit des Geschützmetalls zu prüfen. Dasselbe ist eine zusammengesetzte Hebelwaage, die Drehpunkte sind Stahlschneiden, welche auf Platten von gehärtetem Stahl ruhen. Die Commission überzeugte sich von der Genauigkeit und Empfindlichkeit des Instruments durch angestellte Wägungen, und fand, in Uebereinstimmung mit der Beschreibung von Wade, daß Gleichgewicht stattfand, wenn an dem einen Arme 1 Pfund, an dem entgegengesetzten 200 Pfund angehängt waren. Die Commission ist hinsichtlich der mit dieser Waage angestellten Versuche dem Schiffslieutenant Dahlgreen vielen Dank schuldig, der sich mit wissenschaftlichen Kenntnissen ausgerüstet und mit vielem Geschick denselben hingab, ebenso der Liberalität der Direction des Arsenals, welche diese öffentliche Anstalt zur Disposition stellte. Es wurden verschiedene Stücke Marmor zu Würfeln von 1 1/2 Zoll Durchmesser bearbeitet, so daß sie eine Grundfläche von 2 1/4 Quadratzoll erhielten. Sie waren von gewöhnlichen Arbeitern gefertigt, die einander entgegengesetzten Flächen waren möglichst parallel gearbeitet und mit der Hand geschliffen worden. Man brachte sie zwischen zwei dicke Stahlplatten; um jedoch einen gleichen Druck zu erreichen, unabhängig von irgend einem Mangel an vollkommenem Parallelismus und Ebnung der entgegengesetzten Flächen, wurden oben und unten zwischen die Stahlplatten und den Stein dünne Bleiplatten zwischengelegt. Dieses Verfahren stimmt mit dem von Rennie beobachteten überein, welches er bei den meisten, wenn nicht bei allen Versuchen angewendet zu haben scheint. Da jedoch das Verhalten des Bleies bei den angestellten Experimenten zweifelhaft erschien, so wurde eine Reihe von besonderen Versuchen angestellt, um dieß zu ergründen. Hierbei ergab sich die merkwürdige Thatsache, daß der Stein in diesem Falle nur den halben Druck erlitt, welchen er sonst, ohne Anwendung jener Zwischenlage, würde zu erleiden gehabt haben. So erlitt z.B. ein Würfel, der zwischen den Stahlplatten, ohne Bleiplatten, zusammengepreßt wurde, einen Druck von etwa 60,000 Pfund, während, wenn jenes Zwischenlager angewendet wurde, sich 30,000 Pfund ergaben. Diese Thatsache wurde durch eine Reihe angestellter Versuche bewiesen, wozu Probestücke von allen Marmorsorten verwandt worden sind, die überhaupt zur Untersuchung bestimmt waren; in keinem Falle ergab sich ein anderes Resultat. Eine Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinung ist nicht schwierig. Der Stein hat das Bestreben, dadurch dem Drucke auszuweichen, daß er sich im Mittelpunkte seiner 4 perpendiculären Seiten aufbiegt und zwei Pyramiden bildet, deren Spitzen einander entgegengesetzt und deren Grundflächen gegen die Stahlplatten gerichtet sind. Wird nun ein gleichförmiger, nicht nachgebender Druck angewendet, wie dieß der Fall ist, wenn starke Stahlplatten gebraucht werden, so müssen alle Theile einander gegenseitig nachgeben; werden aber Beiplatten zwischen gelegt, so gibt der Stein zuerst in der Richtung des geringsten Widerstandes nach, und der übrig bleibende Druck muß von den centralen Theilen um die senkrechte Achse des Würfels erduldet werden. Nachdem nun diese merkwürdige Thatsache völlig außer allem Zweifel gestellt war, nahm man Abstand davon, Blei und alle anderen Zwischensubstanzen anzuwenden; es wurde ein Verfahren ermittelt, die obere und die untere Fläche der Würfel vollkommen parallel aufzustellen. Man bediente sich dazu eines rechtwinkeligen eisernen Rahmens, in welchen 6 Exemplare eingebracht und mittelst einer Schraube festgehalten werden konnten. Die obere und untere Fläche desselben waren auf einer Hobelmaschine bearbeitet und parallel. Die Steine wurden nun so eingespannt, daß sie auf beiden Seiten ein wenig vorstanden. Hierauf wurden letztere so lange abgeschliffen, bis die Oberfläche der Würfel und die des eisernen Rahmens in gleicher Ebene lagen. Während dieser Bearbeitung wurde dafür Sorge getragen, daß die Flächen der zu schleifenden Steine den natürlichen Schichtungsflächen parallel waren. Alle zu prüfenden Exemplare waren nach dieser Weise behandelt und gaben dann, unter Druck gesetzt, auch übereinstimmende Resultate. Die Stärke des Drucks, um den Marmor zu zerdrücken, ist größer, als er früher ermittelt worden ist. – Auch das specifische Gewicht der einzelnen Marmorsorten ist untersucht, und festgestellt worden wie viel sie Wasser verschlucken. Die Wassermenge, welche die Probesteine verschlucken, muß man als eine der Cohäsion derselben feindliche Kraft betrachten, denn beim Gefrieren hat das verschluckte Wasser ein Streben, den Stein zu sprengen. Bei der Ermittelung der Absorption muß darauf wohl geachtet werden, nur Marmor von möglichst gleicher Textur unter einander zu vergleichen, denn ein grobkörniger Stein wird eine geringere Menge Wasser verschlucken, während das Bindemittel, welches die Krystalle desselben Steins verbindet, eine größere Menge absorbirt. Die Richtigkeit dieser Behauptung ergab sich ganz deutlich bei Versuchen mit grobkörnigem Marmor. Behandelte man nämlich einen solchen mit einer färbenden Flüssigkeit, so war die Färbung um die Ränder der Krystalle stärker, andeutend, daß diese Theile ein stärkeres Absorptionsvermögen besitzen. Der Marmor, welchen man für das Capitol ausgewählt hat, ist ein Dolomit, d.h. eine Verbindung von gleichen Atomen kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia; er besteht nach Torrey aus 54,62 kohlens. Kalk, 43,93 kohlens. Magnesia, 0,36 kohlens. Eisenoxydul, einer Spur kohlens. Manganoxydul, 0,47 Glimmer, 0,61 Wasser (Verlust). Der Dolomit ist aus einem Bruche südöstlich von der Stadt Lee im Staate Massachusetts, er gehört zur größten Ablagerung von Urkalkstein jener Gegend. Er ist im Allgemeinen weiß von Farbe, gelegentlich blau geadert, feinkörnig, zeigt unter dem Mikroskope farblosen Glimmer, auch hie und da Schwefelkiespünktchen. Sein specifisches Gewicht ist 2,862; ein Kubikfuß wiegt 178,87 Pfund. Ein Kubikzoll absorbirt 0,103 einer Unze Wasser und seine Porosität ist groß im Verhältniß zu der rückwirkenden Festigkeit. Er absorbirt das Wasser nicht allein vermöge der Capillarität, sondern, wie es auch bei anderen Marmorarten der Fall ist, er verschluckt auch Gase und gestattet denselben eine Verbreitung in seiner Masse. Dr. Torrey fand, daß Wasserstoffgas und andere Gase, durch dünne Scheiben des Minerals von einander getrennt, mit beträchtlicher Schnelligkeit sich durch die trennenden Wände verbreiteten. Die Farbe dieses Steins änderte sich, nachdem er vermauert worden war, sehr bald ins Bräunliche, während keine Spur dieses Farbenwechsels vorher eintrat, als die Steine sich noch in den Werkstätten der Steinmetze befanden. Es wurden verschiedene Vermuthungen über die Ursache dieser Erscheinung aufgestellt und Versuche angestellt, endlich einigte man sich dahin, daß dieselbe davon herrühren möchte, daß der Marmor Wasser verschluckt habe, in welchem organische Materien aufgelöst, deßgleichen auch Wasser von dem verbrauchten Mörtel. Man denke sich ein feines Haarröhrchen sey mit dem untern Ende in Wasser eingetaucht, und der Durchmesser desselben sey so gering, daß das Wasser bis zum obern Ende steigen kann. Wirkt nun die Luft darauf, so wird am obern Ende Verdunstung stattfinden und neues Wasser zum Ersatz des verdunsteten aufsteigen. Nach einiger Zeit wird sich dann eine gewisse Menge der im Wasser gelöst gewesenen Substanzen am obern Ende der Röhre niederschlagen. Ist nun das untere Röhrenende nicht mehr eingetaucht, ist kein Wasser mehr vorhanden, so wird ein Verdampfen am obern Ende nicht statthaben, ein Niederschlag fremder Materien nicht erfolgen, obschon die Röhre Wasser enthält, welches mit fremden Stoffen imprägnirt ist. Während des Lagerns in den Werkhütten befand sich der Stein in einem Zustande, daß die feinen Capillarröhren an ihrem untern Ende außer Berührung mit Wasser standen, es konnte kein Aufsteigen stattfinden, und deßhalb war die Verdunstung gering. Wurden aber die Steine vermauert, so zogen sie aus dem Mörtel Wasser an, die inneren Flächen lieferten ein mit färbenden Substanzen geschwängertes Wasser, worauf an der Außenfläche die Färbung eintrat. Nachdem man die Ursache dieser Erscheinung kennen gelernt hatte, wurde auch ein Mittel ergründet, das Uebel zu beseitigen; man überzog den Stein, bevor er in Mörtel gelegt wurde, mit Asphalt. Dieses Verfahren hat sich bewährt. Die Färbung verschwand allmählich und nach und nach wird wohl auch die letzte Spur beseitigt seyn. Marmor dieser Beschaffenheit, ebenso andere Sorten, wurden fünfzigmal hintereinander dem Gefrierprocesse unterworfen. Man ließ dieselben volle 24 Stunden in der Frostmischung und oftmals wurde zweimal an demselben Tage die Procedur wiederholt. Die Menge, welche die Probestücke dadurch verloren, betrug 0,00315 einer Unze. Aus diesem Ergebnisse ermittelte Meigs, indem er die Tiefe zu berechnen suchte, bis auf welche die Abblätterung durch das 50malige Gefrieren sich erstreckt haben mochte, daß dieselbe ziemlich nahe 1/10000 Zoll betragen haben müsse. Nehmen wir an, daß im Laufe eines Jahres das Gefrieren und Aufthauen 50mal stattfindet, was für die Breite, unter welcher wir leben, nicht zu hoch gegriffen, so würden 10000 Jahre dazu gehören, den Marmor auf einen Zoll Tiefe zu zerbröckeln. Diese Thatsache ist sowohl für den Geologen, als auch für den Baumeister von Interesse. In der Versammlung der Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung der Wissenschaften zu Cleveland hielt ich einen Vortrag über die Cohäsion; da derselbe nicht veröffentlicht worden ist, so erlaube ich mir hier die durch fernerhin angestellte Versuche erhärteten Resultate vorzutragen. Durch eine Reihe von Versuchen, die ich vor 10 Jahren anstellte, that ich dar, daß die gegenseitige Anziehung der Theilchen eines Körpers in flüssigem Zustande eben so groß ist als im starren Zustande; es beruht daher der Unterschied zwischen Flüssigem und Festem nicht in einer Verschiedenheit der anziehenden Kräfte, durch die Repulsion der Wärme verursacht, sondern in der vollkommenen Beweglichkeit der Theilchen, oder einer Seiten-Cohäsion (lateral cohesion). Man kann dieß aus der Annahme einer beginnenden Krystallisation der Atome zu Molekülen erklären, wenn man sich die erste Wirkung der Wärme darin bestehend denkt, diese Krystalle zu zerbrechen, wodurch jedem Atome die Möglichkeit gewährt wird, sich um jedes andere frei zu bewegen. Ist nun dieser krystallinische Zustand vollkommen und den Atomen eine Seitenbewegung nicht gestattet, so ist der Körper als ein vollkommen starrer (fester) zu bezeichnen. Als ein Beispiel kann Gußstahl aufgestellt werden, in welchem keine Verschiebung der Theilchen unter einander stattfindet, auch keine materielle Verlängerung der Masse. Findet durch eine Ausdehnung ein Brechen statt, so wird ein Stab in die Quere zerbrochen, und die Bruchfläche ist von gleicher Größe, als der ursprüngliche Querschnitt desselben. In diesem Falle ist ein Atom von dem andern getrennt und das das Zerbrechen bedingende Gewicht kann als das Maaß der Cohäsion der Theilchen des Metalls betrachtet werden. Die Wirkung ist aber eine ganz andere, wenn wir versuchen einen Bleistab zu zerreißen; die Theilchen des Metalls verschieben sich aneinander, der Stab nimmt an Länge zu, an Stärke ab, während eine Trennung erfolgt. Wenden wir nun statt Blei noch weichere Materialien an, als Wachs, Glaserkitt u.a.m., so gelangen wir zuletzt auf Substanzen in flüssiger Form. Letztere sind die äußersten Glieder an einem Ende, während die starren und festen das andere Extrem bilden; zwischen beiden gibt es Substanzen von der verschiedensten Abstufung des Cohärenzzustandes. Ich habe behauptet, der Unterschied in der Festigkeit des Stahls und des Bleies beruhe nicht in der anziehenden Cohäsion der Atome, sondern in der Fähigkeit, sich aneinander verschieben zu lassen. Es folgt hieraus: daß die Form des Materials einigen Einfluß auf die Festigkeit äußern möchte, daß daher die Festigkeit eines Materials zu einem gewissen Grade von dem Verfahren abhängig ist, welchem man es unterwirft. Ich habe beispielsweise ermittelt, daß weichere Substanzen, bei denen die äußeren Theilchen Freiheit der Bewegung besitzen, während die inneren durch den Druck der äußeren mehr beengt sind, ungleich brechen; die inneren Fasern, wenn ich die Reihe der Atome so benennen darf, geben zuerst nach und trennen sich gänzlich, während die äußeren nur geringe Anzeigen einer derartigen Veränderung zu erkennen geben. Wenn ein Bleistab von 3/4 Zoll im Durchmesser auf einer Drehbank an einer Stelle auf etwa 1/2 Zoll Stärke abgedreht worden ist, und dann durch eine in der Längendimension wirkende Kraft zerrissen wird, so wird sich eine cylindrische Höhlung längs der Achse bilden, 1/2 Zoll lang, und von mindestens 1/10 Zoll Durchmesser. Bei Materien von größerer Festigkeit ist diese Wirkung weniger auffallend, sie ist aber selbst bei Eisen bemerkbar; die inneren Fibern eines eisernen Stabes werden gänzlich getrennt, während die Oberfläche noch keine Spur einer Veränderung erkennen läßt. Hieraus scheint zu folgen, daß die Metalle beim bloßen Strecken sich nicht ausdehnen, wohl aber beim Drahtziehen oder Walzen. Ein Draht, oder ein Eisenstab muß stets durch eine Kraft geschwächt werden, die stetig eine Zunahme in der Längendimension bedingt, ohne denselben gleichzeitig zusammen zu drücken. Eine andere Wirkung der Seitenbewegung der Theilchen eines weichen schweren Körpers, wenn er mit einem Hammer von geringen Dimensionen in Bezug auf die Masse des Metalls zusammengeschlagen wird, z.B. wenn eine starke Eisenbarre mit einem gewöhnlichen Schmiedehammer bearbeitet wird, besteht in einem Bestreben, die Oberfläche dermaßen auszubreiten, daß sie sich von den mittleren Theilchen trennt. Das Innere der Masse verhält sich dabei, vermöge der inwohnenden Trägheit, gleichsam wie ein Amboß, zwischen welchem und dem Hammer die äußeren Theilchen in die Länge und Breite ausgedehnt werden. (Der Verfasser legte ein Stück Eisen vor, von einem Quadratstabe von 4 Fuß Länge entnommen, welches so unter dem Hammer bearbeitet war, daß ein Canal durch die ganze Länge des Stabes in der Richtung der Achse entstanden war. Man konnte durch den Stab, gleich als wäre er ein Fernrohr, hindurchsehen.) Diese Thatsache scheint mir von großer Wichtigkeit in praktischer Beziehung zu seyn, und im Zusammenhange mit bedauernswerthen Ereignissen zu stehen, die sich bei Locomotiv- und Wagenachsen nicht selten ereignen. Sie sollten stets auf Walzwerken gefertigt, und nicht unter dem Hammer geschweißt werden.