Titel: Zur Kritik der rauchfreien Feuerungen; von Dr. H. Schwarz, Chef des polytechnischen Bureau's in Breslau.
Autor: H. Schwarz
Fundstelle: Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XXX., S. 133
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XXX. Zur Kritik der rauchfreien Feuerungen; von Dr. H. Schwarz, Chef des polytechnischen Bureau's in Breslau. Mit einer Abbildung. Schwarz, zur Kritik der rauchfreien Feuerungen. Die Frage der vollständigen Rauchverzehrung ist trotz aller Bemühungen der intelligentesten Techniker, ja selbst trotz der strengen Verordnungen des englischen Parlaments und der französischen Polizei, gegen Rauch in London und Paris, nur theilweise gelöst. Die Verschiedenheit der Brennmaterialien und der Feuerungszwecke bringt es mit sich, daß man auf verschiedenen Wegen der Aufgabe sich genähert hat. Wenn wir die zahllosen Patente überblicken, die auf Rauchverzehrungsvorrichtungen genommen sind, so finden wir, daß wenigstens drei Viertel derselben sich auf Zuführung frischer Luft hinter dem Roste basiren. Gerade dieser Weg ist aber ein durchaus falscher. Wenn man bedenkt, daß Peclet's Untersuchungen in den Feuerungsgasen der meisten Feuerungen noch über 10 Proc. Sauerstoff nachgewiesen haben, so begreift man, daß ein Sauerstoffmangel nur in den seltensten Fällen der Rauchentwicklung zu Grunde liegt. Sollte der Rost soweit verlegt seyn, daß nicht genug Luft durchdringen könnte, um dieses Verhältniß herzustellen, so wird die durch den Schornstein angesaugte Luft, bei Anbringung besonderer Luftzuführungscanäle, diese vorzugsweise wählen, und also ein ähnlicher Effect eintreten, wie bei geöffneter Ofenthür, wo auch das Durchströmen der Luft durch den Rost und damit die Verbrennung selbst ganz oder theilweise aufhört. Wenn bei sonst richtig construirter Feuerung durch das Anbringen von Luftzuführungscanälen eine Rauchverminderung eintritt, so ist dieß meistentheils nur dadurch erreicht, daß der Rauch durch reine Luft verdünnt und dadurch weniger sichtbar wird. Welche Menge Luft dabei aber unnütz erwärmt, durch den Schornstein entweicht, wird selten berücksichtigt. Bei beschränkter Heizfläche entsteht dadurch außerdem der Nachtheil, daß die größere Menge der weniger erhitzten Feuerungsgase auf dem kurzen Wege ihre Wärme nicht genügend an die zu erwärmenden Körper abgeben kann, und daher mit zu hoher Temperatur in den Schornstein entweicht. Der Austausch der Wärme an die zu erhitzenden Körper erfolgt bekanntlich um so rascher, je größer die Temperaturdifferenzen sind. Daß die Locomotiven, bei ihrer verhältnißmäßig geringen Heizfläche, bei dem sehr kurzen Wege, den die Feuerungsgase nach dem Schornsteine zurückzulegen haben, mit Vortheil nur mit den eine sehr intensive Hitze gebenden Kohks geheizt werden können, findet hierin gleichfalls seine Erklärung. Ein anderer viel betretener Weg zur Erreichung der Rauchverzehrung besteht in der durchaus gleichmäßigen, nie zu massenhaft erfolgenden Zuführung des Brennmaterials. Der beste Apparat dazu ist ein tüchtiger Heizer, der das Brennmaterial oft, in kleinen Mengen, gleichmäßig und ohne unnöthigen Zeitverlust anlegt. Will man sich statt dessen besonderer Vorrichtungen bedienen, so stehen dazu, je nach der Natur des Brennmaterials, verschiedene Wege offen. Bei pulverförmigem, nicht zusammenbackendem Brennmaterial, besonders erdigen Braunkohlen und sandigem Steinkohlenklein, ist der Treppenrost sehr anzuempfehlen. Wenn die Neigung desselben genau nach dem Böschungswinkel des angewendeten Brennmaterials gewählt, wenn das Material selbst von ziemlich gleichmäßigem Korne ist, damit nicht die größeren Stücke durch ihr größeres mechanisches Moment zu rasch herabrollen, oder beim Liegenbleiben falsche Luftwege eröffnen, wenn man endlich durch Drehen einer Flügelwelle zwischen Füllkasten und Rost eine gleichmäßige Speisung des Rostes herstellt, so kann man eines guten Erfolges, einer fast vollständig rauchfreien Verbrennung sicher seyn. Indem sich das Brennmaterial auf seinem Wege bergab allmählich zur Entzündungstemperatur anwärmt, wird nie die Temperatur soweit herabgedrückt, daß Rußbildung eintreten könnte. Wenn hier und da die Treppenroste weniger Linklang gefunden haben, so liegt dies besonders an zwei Umständen. Einmal muß zu einem vollständig guten Effect, ein sehr bedeutender Zug vorhanden seyn, der genügt, um den Transport der Kohlentheilchen von einer Stufe zur andern selbständig zu bewirken. Andererseits muß die Feuerungsfläche bei Treppenrosten eine bedeutend größere seyn als bei flachen, damit man nicht nöthig hat, den Treppenrost jeden Augenblick aufzuräumen, wodurch unverbrannte Theile durch den Rost fallen, viel Rauch entsteht, ein unregelmäßiges Herabsteigen des Brennmaterials und eine schädliche Anhäufung von Kohlengluth auf dem unteren flachen Rost bewirkt wird. Bei backenden Steinkohlen ist diese Treppenrostfeuerung eben wegen dem teigigen Zustande, welchen die Masse in erhitzten Zustande annimmt, nicht anwendbar. Man hat da wohl kreisförmige drehbare Roste oder über zwei Walzen gespannte Kettenroste angewendet, die durch Hand oder Maschine fortbewegt werden, und die Kohle gleichmäßig an den Ort der Verbrennung führen. In der berühmten Kerzenfabrik von Price und Comp. in London war letztere Construction mit vielem Erfolg bei allen Feuerungen angewendet. Streng genommen ist die Trennung der Feuerung in zwei oder mehrere kleinere, die abwechselnd beschickt werden, nach Fairbairn und Gall, auch auf diese gleichmäßige Vertheilung des Kohlenaufgebens zurückzuführen. Ein dritter Weg, leider nur in seltenen Fällen anwendbar, dann aber von ausgezeichnetem Effecte, ist die Umkehrung der Zugrichtung in Beziehung zur Lagerung des entflammten und frischen Brennmaterials. Die zuströmende Luft durchdringt auf ihrem Wege zum Herde der Verbrennung das frische Brennmaterial, trocknet es aus, erwärmt sich dabei allmählich und führt endlich alle sich entwickelnden Gase und Dämpfe durch eine glühende Kohlenschicht, wodurch natürlich eine vollständige Rauchverzehrung erreicht wird. Das Nachrücken des Brennmaterials ist ein durchaus gleichmäßiges, die Schicht glühende Kohle, welche verbrennt, eine verhältnißmäßig dünne, wodurch die Bildung von Kohlenoxyd, und damit ein sehr bedeutender Wärmeverlust vermieden wird. Die bekannte Feuerung der Porzellanöfen mit Holz, der Apparat von Dumery (polytechn. Journal Bd. CXL S. 241 und 465), sowie einige ältere englische Constructionen, besonders nur zum Kaminfeuer angewendet, gehören hieher. Der Dumery'sche Apparat soll ganz wirksam seyn, ist indessen zu complicirt und kostspielig, um überall Eingang zu finden. Das letzte, und wie ich glaube, wirksamste und praktisch brauchbarste Mittel zur Rauchvermeidung ist die Anwendung der sogenannten Vorfeuerungen. Es ist zu verwundern, daß ein bei der Beleuchtung so unzählig oft gemachtes Experiment, das Berußen eines kalten Körpers durch die Lichtstamme nicht schon früher seine Anwendung auf die Feuerungskunde gefunden hat. Wenn eine ganz fehlerlose Oellampe ein mit klarer Flamme verbrennendes Stearin- oder Wachslicht, ja selbst eine mit hochgrädigem Weingeist gespeiste Spirituslampe mit einem kalten Körper, z.B. einer Messerklinge, einem mit Wasser gefüllten Kessel in Berührung kommt, ehe die Verbrennung vollständig geschehen, so setzt sie Ruß darauf ab, indem zwar der Wasserstoff verbrennt, die Temperatur aber unter die Entzündungstemperatur des Kohlenstoffs herabgebracht wird. In noch viel höherem Grade als bei diesen sauerstoffhaltigen Substanzen, findet das Rußen natürlich bei den Kohlenwasserstoffen statt, die sich bei der trockenen Destillation der Steinkohlen und anderer Brennmaterialien entwickeln. Will man sich daher wundern, wenn ein unmittelbar über dem Verbrennungsraume gelegter Dampfkessel Rauch- und Rußbildung bedingt? Die Locomotiven, welche mit Steinkohlen geheizt werden, erzeugen einen ganz enormen Rauch, einzig und allein deßhalb weil der Feuerraum allseitig von Wasser umgeben ist. Wenn ein Ziegelofen das sogenannte Schmauchfeuer erhält, d.h. so lange die Ziegeln kalt sind und Feuchtigkeit enthalten, ist der Ruß und Rauch unerträglich. Bei Scharffeuer, wo die Verbrennungsproducte zwischen den hocherhitzten Steinen aufsteigen, ist selbst bei mangelhafter Heizung kaum eine Spur Rauch aufzufinden. Die vom Techniker A. Silbermann angegebene Feuerung (polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 81), wo die Flamme durch zahlreiche Charmotteröhren gehen muß, ehe sie an den Ort ihrer Wirksamkeit gelangt, ist auf dieses Princip basirt, erscheint aber eben wegen der leicht zerspringenden, durch Flugasche sich verstopfenden Charmotteröhren, und wegen der zu großen Behinderung des Zugs durch dieselben, unpraktisch. Textabbildung Bd. 148, S. 136 Ich selbst habe ohne diese Künstelei ganz vortreffliche Resultate dadurch erzielt, daß ich über einer ganz gewöhnlichen Feuerung ein aufsteigendes und dann ein fallendes Gewölbe anbringen ließ, so daß die Verbrennungsproducte zwischen letzterem und der Feuerbrücke durchpassirten. Die vom Roste a aufsteigende Flamme erhitzt das Gewölbe b heftig, und indem sie nun gezwungen ist sich hart unter dem fallenden Gewölbe b' fortzudrängen, geht die Rauchverbrennung vollständig vor sich. Indem sie etwas nach Unten reflectirt wird, ist die schädliche Einwirkung der Rußstamme auf die Pfanne d zum größten Theile vermieden. Die Gewölbe b und b' müssen durch eine dicke Schicht gewöhnliches Mauerwerk vor der Ausstrahlung der Wärme geschützt werden; sie selbst aber müssen sehr sorgfältig von ganz besonders feuerfesten Charmotten und mit möglichst engen Fugen gemauert seyn. Der Effect dieser einfachen Feuerung ist ausgezeichnet. Selbst in Moment des Aufwerfens der Steinkohlen entwickelt sich nicht der geringste Rauch. Die Menge des damit verdampften Wassers betrug in einer kleinen Pfanne von bloß 5' Länge und 3' Breite, wo also die Wärme nur unvollkommen ausgenutzt wurde, bei aschenreichen Steinkohlen circa 6–6 1/4 Pfund per Pfund Steinkohle. Das polytechnische Bureau ist gern bereit, nähere Details über diese Art Feuerung den sich dafür Interessirenden zugehen zu lassen.