Titel: Neue Thatsachen, betreffend den Werth des Sorghum saccharatum als Zuckerpflanze; von G. E. Habich in Roxbury, Massachussets.
Fundstelle: Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LXVII., S. 302
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LXVII. Neue Thatsachen, betreffend den Werth des Sorghum saccharatum als Zuckerpflanze; von G. E. Habich in Roxbury, Massachussets. Habich, über den Werth des Sorghum saccharatum als Zuckerpflanze. Man wird sich erinnern, daß vor etwa fünf Jahren zuerst in Frankreich, dann in einigen Gegenden Deutschlands, der Anbau einer neuen Zuckerpflanze, die der Zuckerrübe Concurrenz machen sollte, versucht wurde. Das Gewächs stammte aus China und war eine Grasart, Sorghum saccharatum (Holcus saccharatus). Die Berichte über den Zuckergehalt der hie und da stattgefundenen Versuchspflanzungen gingen aber sehr auseinander, und binnen Kurzem waren alle Hoffnungen, die man an diese Zuckerpflanze geknüpft hatte, soweit zusammengeschrumpft, daß nur noch der allenfallsige Trost eines neuen Branntweinmaterials übrig blieb. Die ersten Nachrichten kamen aus Frankreich und waren viel verheißend. Vilmorin hatte auf der Hektare 30,000 Kilogr. Saft von 10,8 Proc. Zuckergehalt bekommen, was auf den preußischen Morgen etwa 16 Zollcentner Zucker ergibt. Vilmorin hatte übrigens hauptsächlich die Alkoholgewinnung im Auge. Die Pflanzen hatten reifen Samen gebracht. A. Reihlen in Stuttgart versuchte die Anwendung zur Zuckerproduction, indessen ohne allen Erfolg; es war kein festes Zuckerkorn zu gewinnen. Dr. Fehling wies mit dem Polarisationsapparat nach, daß der Saft der von Reihlen cultivirten Pflanzen nur 4 Proc. Rohrzucker, dagegen aber 10 Proc. Schleimzucker enthielt. Für die Branntweinbrennerei macht dieser Umstand natürlich kein Hinderniß, und da kommt's bloß auf die Zuckermenge, die auf dem Morgen wächst, an. Reihlen's Versuche gaben in dieser Hinsicht ausgezeichnete Resultate, – es lassen sich nämlich aus seinen Angaben 3360 Pfd. Zucker per Morgen herausrechnen. Die Pflanzen hatten durch Frost gelitten und waren nicht alle vollkommen reif geworden. Dr. Lüdersdorff fand den Zuckergehalt des Saftes (nur 7,5 Proc.) aus gleichen Theilen Rohrzucker und Fruchtzucker bestehend. Seine Pflanzen waren nicht reif geworden. Prof. Bergemann untersuchte ebenwohl unreife Pflanzen und fand im Safte gar keinen Rohrzucker, sondern bloß Fruchtzucker und zwar 11,3 Proc. Diese auffallenden Differenzen hatten Dr. Gall zu der Vermuthung gebracht, daß die mehr oder weniger südliche Lage der Gegenden, wo die Anbauversuche stattfanden, einen großen Einfluß auf die Ausbildung des Zuckers in der Pflanze gehabt haben möchte (s. dessen praktische Mittheilungen Bd. I S. 56). Wir werden indessen weiter unten den Schlüssel zu diesen Erscheinungen einfach in dem mehr oder minder vorgeschrittenen Reifezustand der Pflanze finden. Die Frage, ob das „chinesische Zuckerrohr“ krystallisirbaren Zucker enthalte, war nun für die Vereinigten Staaten Nordamerika's von ganz besonderem Interesse, – sie wurde hier zu Lande einigermaßen eine politische Frage. Alle Welt kennt den schroffen Gegensatz zwischen dem republikanischen Norden und dem demokratischen Süden, – ein Gegensatz, der in der Sklavenzüchterei des letztern seinen Grund findet. Der steigende Zucker-Consum im Lande hat die Zuckerplantagen im Staate Louisiana hervorgerufen und der Sklavenarbeit neue Aufgaben gestellt. Die Zuckerproduction ist im fortwährenden Steigen, mit ihr hält natürlich auch die Zunahme der Sklavenarbeit gleichen Schritt, – weil das gewöhnliche Zuckerrohr nur bis zur Spitze des Missisippi-Delta's gedeiht. Das Klima des Nordens hatte bislang nur die unbedeutende Ahornzucker-Gewinnung erlaubt. Man kann sich die Hast denken, mit welcher die Gegner der Sklavenarbeit nach einer Zuckerpflanze griffen, welche sich auch im nordischen Klima rasch entwickeln und ihnen also das peinigende Gefühl ersparen sollte, durch die Steigerung ihres Zuckerconsums Förderer der Sklaverei zu werden. Nach vielen mißlungenen Versuchen, die sich nicht über die Syrup-Production hinaus erhoben, scheint man der Sache jetzt Herr geworden zu seyn. Man hat Resultate erhalten, die den gehegten Erwartungen entsprachen. Ich bin in der Lage, darüber ziemlich detaillirte Mittheilungen machen zu können. Insbesondere muß ich es dem Dr. Jackson in Boston (Staatschemiker und Geologe von Massachussets) Dank wissen, daß er mir den Bericht über seine Untersuchungen, die er im Auftrage des Departements des Ackerbaues bei der Patent-Office in Washington vorgenommen hatte, aufs freundlichste zur Benützung mittheilte. Ich gebe denselben hier im Auszuge. Das erwähnte Departement der Patent-Office hatte dem Dr. Jackson Pflanzen des Sorghum, die in Washington (38° 53' nördl. Br.) gebaut waren, zugesandt. Zugleich wurden dergleichen von Branniton und Newton Center in Massachussets (42° 20' n. Br. untersucht. Der Einfluß klimatischer Unterschiede mußte da also an den Tag kommen. Die zu den einzelnen Analysen verwendeten Pflanzen befanden sich in verschiedenen Stadien der Entwickelung, – vom jungen Stengel im Milchsaft bis zur Samenreife. Wir werden alsbald sehen, welche bedeutende Differenzen dabei vorkommen. Der technisch-analytische Weg, welchen Dr. Jackson einschlug, ist kurz folgender. Die Pflanzenstengel wurden mit einer Schraubenpresse ausgepreßt und das abfließende Saftquantum bestimmt. Dann wurde das specifische Gewicht des filtrirten Saftes ermittelt und darnach zunächst der entsprechende ZuckergehaltDa nach Balling Malzextract-Lösungen bei gleichem Gehalte dieselben specifischen Gewichte haben wie Zuckerlösungen, und da im vorliegenden Falle der Saft stets noch Dextrin enthält, so wollen wir diese Bestimmung auf „Extract“ beziehen. (nach Balling's Tabelle) notirt. Der Controleversuch bestand nun darin, daß der mit Kalk versetzte und filtrirte Saft eingedickt und mit Alkohol extrahirt wurde, wobei Stärke und Dextrin zurückblieben. Die alkoholische Lösung wurde verdampft und die Krystalle gewogen, – es liegt auf der Hand, daß die auf diesem Wege ausgeschiedenen Zuckermengen hinter den aus dem specifischen Gewicht des Saftes berechneten zurückbleiben müssen. Uebrigens geschahen diese letzteren Bestimmungen nur in einzelnen Fällen. Die Resultate dieser Versuche sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt. Und es ergibt sich aus derselben die wichtige Thatsache, daß in den ersten Lebensstadien der Pflanze aller Zucker als Traubenzucker vorhanden ist, neben Stärkmehl, – während mit Vollendung der Reife der Rohrzucker das Feld behauptet und alles Stärkmehl verschwunden ist. Uebersicht der Untersuchungen des Sorghum- und Imphee-Zuckerrohrs durch Dr. Ch. T. Jackson in Boston. Textabbildung Bd. 148, S. 305 Name der Pflanze; Wo angebaut?; Wie viel zur Untersuchung verwendet; Spec. Gew. des Saftes; Extractmenge; Berechnet; Gefunden; Zuckermenge; Art des Zuckers; Zustand der Pflanze; Bemerkungen; Chinesische Varietät des Sorghum; Imphee; Chinesisches Sorghum; Braniton in Massachussets; Newton Centre in Massachus.; Washington.; Traubenzucker (kein Rohrz.); Rohrzucker; Traubenzucker; Nach d. Blüthe noch nicht aufgebrochen; In der Blüthe begriffen; Beinahe reif.; Frühes Milchstadium; Fast reif.; Sehr reif; Der Saft ließ viel Stärkmehl fallen; Ebenfalls viel Stärkmehl; Etwas Stärkmehl; Hielt Stärkmehl; Enthielt gar kein Stärkmehl; Der Vers. 1 gab 31,25 Proc., – der Vers. 6 aber 53,1 Proc. Saft; Die Extractmenge ist nicht immer vollständig genug ausgetrocknet gewesen, wie die Versuche 6 und 7 am besten ausweisen; Imphee ist eine frühere, in kürzerer Zeit reifende und deßhalb für nördlichere Gegenden passendere Varietät des Sorghum. Etwas Samen davon habe ich dem Verein zur Beförderung des Gartenbaues in Cassel übersendet, von welchem s. Z. Proben zu beziehen seyn werden Der Saft junger und unreifer Pflanzen ist stets sauer, der der reifen Pflanzen nicht. Die Gegenwart der Säure läßt also die Constituirung von Rohrzucker nicht aufkommen. Mit dem Verschwinden der Säure steht derselben kein Hinderniß mehr im Wege. (Bei der Runkelrübe scheint der Rohrzucker neben der Säure existiren zu können – wie hängt das zusammen?) Das Stärkmehl zeigte sich unter dem Mikroskop ganz gleich dem aus unreifen Maisstengeln geschiedenen. Ueber die analytische Methode der Zuckerbestimmung für technische Zwecke stehen hier wohl einige Worte am Platze, zumal nach den oben mitgetheilten Thatsachen wohl anzunehmen ist, daß neue Anbau-Versuche und Saft-Analysen des Sorghum auch in Deutschland gemacht worden. Ein Polarisationsapparat bietet freilich das einfachste Mittel, um den Zuckergehalt einer Flüssigkeit in kürzester Zeit zu ermitteln. Aber solch ein Instrument ist nicht in den Händen des Publicums, welches sich allenfalls am meisten für fernere Prüfungen des Sorghum interessiren wird, – und die Anschaffungskosten sind nicht gering. Halten wir uns also lieber an ein Instrument, welches wohl in jedem Atelier für landwirthschaftliche Gewerbe heimisch seyn wird, – das Saccharometer. Ich will die vorzunehmende Manipulation hier etwas genauer mittheilen und muß wegen der diesem Verfahren zu Grund liegenden Principien auf Balling's Gährungschemie verweisen. Der abgepreßte Saft wird durch trockenes Papier filtrirt und das specifische Gewicht desselben, in Saccharometerprocenten ausgedrückt, bestimmt. Dann werden 100 Loth des Saftes abgewogen und mit 8 Loth dickbreiiger Hefe gemischt. Die hierdurch erfolgte Veränderung des specifischen Gewichts wird ebenwohl an einer filtrirten Probe mittelst des Saccharometers festgestellt.Diese Veränderungen beruhen hauptsächlich auf der Verdünnung durch das der Hefe anhängende Wasser. Ob auch die fast augenblicklich erfolgende Umwandlung des Rohrzuckers in Traubenzucker (die man mit der Böttger'schen Probe vortrefflich controliren kann) von Einfluß auf das specifische Gewicht ist (wie Graham, Hofmann und Redwood behaupten), will ich dahin gestellt seyn lassen. Jedenfalls ist sie oben unschädlich gemacht. Die Gährung läßt man nun im verdeckten Gefäße vorschreiten, wobei man die Hefe zuweilen unterrührt. Zeigt das Saccharometer keine Veränderung binnen 24 Stunden mehr an, so nimmt man eine Probe, schüttelt sie bis alle Kohlensäure entwichen ist, filtrirt sie und überliefert sie dem Saccharometer. Die Grade werden notirt und mit diesen Zahlen wird folgendermaßen gerechnet. Die Saccharometergrade nach der Gährung werden von den Saccharometergraden vor der Gährung subtrahirt. Der Unterschied wird mit der Zahl (dem „Zuckerfactor“), welche in der nachfolgenden Tabelle neben den Saccharometergraden der Gährung steht, multiplicirt. Das Product sind die Zuckerprocente in der saccharometrisch untersuchten Flüssigkeit. Aber unser Saft war ja durch das Hefenwasser verdünnt und wir haben unser Resultat deßhalb noch mit jener Zahl zu multipliciren, welche sich aus der Division der Saccharometerprocente vor dem Hefenzusatz durch die Saccharometerprocente nach dem Hefenzusatz erzielt. Ein Beispiel wird's deutlich machen, nachdem ich die Tabelle mitgetheilt habe. Saccharometergrade         vor    der Gährung. Zuckerfactor.             8    0,8027             9    0,8064           10    0,8101           11    0,8138           12    0,8176           13    0,8214           14    0,8253           15    0,8293           16    0,8333           17    0,8374           18    0,8415 Gesetzt, der filtrirte Saft zeige 15 Saccharometergrade. 100 Loth desselben werden mit 8 Loth wohl ausgewaschener, dickbreiiger Hefe versetzt, sofort wieder eine Probe filtrirt und deren Gehalt auf 14 Saccharometergrade festgestellt. Nach Beendigung der Gährung finde man 2 Saccharometergrade, so beträgt die Differenz (14 – 2 =) 12 Grade. Den dazu gehörigen Zuckerfactor finden wir (bei 14) mit 0,8253. Mit diesem multipliciren wir die Differenz, – ergibt 12 × 0,8253 = 9,9036 Proc. in der untersuchten Flüssigkeit, welche durchs Hefenwasser verdünnt war. Dieses Resultat haben wir nur noch mit 15/14 zu multipliciren, um den wahren Procentgehalt des ausgepreßten Saftes = 10,61 Proc. an den Tag zu bringen. Kehren wir nach dieser nützlichen Abschweifung zum Faden des Berichts zurück. Hr. Joseph Lovering hat eine detaillirte Darstellung seiner Versuche zur Verarbeitung des Sorghum auf Rohrzucker veröffentlicht, aus der das Wesentlichste hervorgehoben werden soll. Die Versuche wurden nahe bei Philadelphia (unter 39° 56' n. Br.) mit den dortselbst gezogenen Pflanzen gemacht. Die Pflanzen waren auf einem guten, hochgelegenen Boden angebaut und standen in Reihen, welche 4 Fuß auseinander entfernt waren, – jede Pflanze stand von der andern 7 Zoll ab. Als die Pflanzen etwa 18 Zoll hoch waren, wurden die Seitenschossen entfernt, – später wurden sie behäufelt. Sie wuchsen schlank empor und erreichten eine Höhe von 12 bis 14 Fuß. Auf diese Weise wurden dem Acre etwa 18,200 Pflanzen abgewonnen, was auf den preußischen Morgen etwa 11,500 Stengel ergeben würde. Dieser Ertrag erscheint im Vergleich mit den von A. Reihlen veröffentlichten Ernteresultaten viel zu gering; – Reihlen hatte jeder Pflanze einen Quadratfuß Terrain bewilligt, und würde also auf dem preußischen Morgen etwa 26,000 Pflanzen producirt haben. Ferner hatte aber Reihlen seinen Pflanzen auch die Seitentriebe gelassen, wodurch der Ertrag an Stengeln noch bedeutend vermehrt wird, – der pr. Morgen würde nämlich 102,000 Stengel von 5–8 Fuß Höhe und noch 18,000 Stengel von 2–5 Fuß Höhe, im Gesammtgewicht von 39,000 Pfund abgeworfen haben. Unser Experimentator in Philadelphia hat nirgends Angaben gemacht, welche einen Vergleich des Ernte-Ertrags dem Gewichte nach möglich machen; – er beantwortet die Frage: „wie viel Zucker wächst auf dem Acker?“ – Und dabei benutzt er in der Regel nicht den ganzen Stengel, sondern nur die untern zuckerreichern Glieder desselben. Voraus gieng eine Untersuchung des Saftes der noch grünen Stengel mit dem Polarisationsapparat. Von zwei Stengeln wurde je das unterste Glied (8 bis 9'' lang) genommen. Beide wogen 212,596 Gramme,  – dreimal gewalzt und ausgepreßtblieb ein Rückstand von   93,742      „ also wog der abgeflossene Saft 148,216      „ was 69,7 Proc. ausmacht. Das specifische Gewicht war 1,063. Aus diesem Safte nun wurden, unter Beobachtung aller nothwendigen Cautelen, 5,008 Proc. trockner Zucker herauspolaroskopirt, – was 3,49 Proc. Zucker im Rohr ergibt. Es wurden ferner auch die zweiten Glieder der Stengel (zunächst über den vorher versuchten) der polaroskopischen Untersuchung unterworfen. Das Ergebniß war 5,57 Proc. Zucker im Saft, so daß also der Saft aus den zweiten Gliedern etwas reicher an Zucker zu seyn scheint, als der aus den untersten. Etwa vier Wochen später, nachdem inzwischen mehrere Rauhfröste eingetreten und die Stengel gereift waren, wurde eine neue polaroskopische Probe gemacht, welche 7,29 Proc. Zucker im Saft ergab. Hr. Lovering erwähnt ferner, daß der Saft aus dem unreifen Rohr entschieden sauer war, während der aus gereiften Stengeln Lackmuspapier kaum röthete. Halten wir uns diese Thatsache mit den Erfahrungen des Dr. Jackson zusammen, so erscheint es in hohem Grabe unwahrscheinlich, daß jene mit dem Polaroskop gefundenen 5 Proc. Zucker als Rohrzucker in Rechnung kommen dürfen. Diese Annahme wird auch durch die weiteren Versuche des Hrn. Lovering bestätigt, indem es ihm nicht gelang, aus dem sauren Saft krystallisirbaren Zucker darzustellen. Ich gebe diese Versuche im Auszuge. Erster Versuch. Am 30. Sept. 1857 wurden von 30 noch grünen, im Milchsaft stehenden Stengeln die untern 6 bis 8 Glieder zerquetscht und gepreßt, wobei 3 1/2 Gallons (= 15,9 Liter) Saft von 9° Baumé (= 1,063 spec. Gew.) erhalten wurden. Dieser Saft wurde nun mit Kalkmilch neutralisirt, mit Eiweiß geklärt und bis zu einem Siedepunkt von 240° F. (92 1/2° R.) eingesotten. Das Product war eine sehr dunkle, klebrige Masse, welche 6 Tage ohne die geringste Krystallisation stand. Ließ man sie noch 4 Tage auf dem warmen Ofen stehen, so schieden sich weiche Krystalle, ähnlich dem „Melada“ von Cuba Ohne Zweifel nichts anderes als Traubenzucker! aus. Die Syrup-Ausbeute ist nicht angegeben. Zweiter Versuch. Zwei Wochen später wurden dazwischen gereifte Stengel verarbeitet. Der abfließende Saft zeigte 10° B. und es wurden von 340 Stengeln (aus den 6 bis 7 untern Gliedern) 31 7/8 Gallons erhalten. Die Ausbeute ist also geringer dem Volum nach, aber der Saft ist concentrirter. Dieser Saft war schwach sauer und wurde zunächst wie oben behandelt, dann aber noch mit Beinschwarz versetzt, bis auf 22° Baumé eingesotten, nochmals mit Eiweiß geklärt, mit Kalkwasser gesotten, „um Pflanzeneiweiß zu coaguliren,“ – verdünnt und nochmals durch Knochenkohle (5 Fuß hoch) passirt, wobei ein farbloses Filtrat erhalten wurde. Das Product wurde nun in drei Theile gebracht. Der erste zu 230° F. (88° R.) eingesotten, wobei er die Fingerprobe zeigte, stand eine Stunde ohne Krystalle auszuscheiden. Die zweite Portion zu 246° F. (95° R.) eingesotten und zum ersten gegeben, veranlaßte in wenigen Minuten die Ausscheidung von Krystallen. Die dritte Portion wurde auf 238° F. (91 1/2° R.) Siedepunkt gebracht und zu den vorigen beiden gegeben. Am nächsten Morgen wurden die damit gefüllten Zuckerformen auf Ablauftöpfe gesetzt. Der abfließende Syrup zur Consistenz eingekocht, wog 27 1/4 Pfd., der Zucker in den Formen 11 1/2 Pfd. Auf den Acre (von 8200 Pflanzen) berechnet, gibt das einen Ertrag von 615,6 Pfd. Zucker und 1458,6 Pfd. Melasse. Der erhaltene Zucker war gelblich braun, etwa wie die zweite Qualität Cubazucker, welcher in den Raffinerien verwendet wird. Dritter Versuch. Abermals wurden an fünf aufeinander folgenden Tagen zerquetscht 782 Stengel, und daraus zusammen 86 15/16 Gallons Saft von 10° Baumé erhalten, – 18 Proc. mehr als beim zweiten Versuch. Der Saft, wie oben behandelt, wurde bis auf 15 bez. 18° B. eingesotten und blieb 4 bis 9 Tage stehen. Da zeigte sich denn, daß alle fünf Portionen gewaltig verändert waren. Die Massen waren dick und geronnen und sehr sauer, – (Milchsäure?) nur die letzte Portion, welche nur 4 Tage gestanden hatte, gab noch gute Zuckerkrystalle. Das Resultat dieser Versuche concentrirte sich also dahin, daß man den einmal ausgepreßten Saft auch sofort seinem Bestimmungsort, den Zuckerformen, entgegenführen soll, wenn man ihn vor Zersetzung bewahren will. Gewitzigt durch diese Erfahrung wurde beim vierten Versuch rascher vorgeschritten. Der ausgepreßte Saft wurde nach der obigen Behandlung mit Kalkmilch, Eiweiß und Beinschwarz auf 234° F. (89 4/5° R.) eingesotten. Es ergaben 389 Stengel 39 5/16 Gallons Saft von 10° B. Außerdem wurden auch noch die Wipfel dieser 389 Stengel ausgepreßt und daraus 4 11/16 Gallons Saft von 12° B. erhalten, der aber etwas mehr Säure enthielt als der Saft der untern Glieder. Hiervon wurden beim ersten Sud 19 3/4 Pfd. Zucker und 25 1/4 Pfd. Melasse erhalten. Die Melassen hätten noch viel mehr krystallisirten Zucker gegeben; – der Ausscheidungsversuch verunglückte aber durch einen Zufall, so daß nur ein Theil gerettet werden konnte. Diese Ausbeute als Basis zu einer Berechnung benutzt, würden die obigen 25 1/4 Pfd. Melassen noch 6 8/10 Pfd. Zuckerkrystalle gegeben haben. Auf dem Acre würden also gewachsen seyn 1242 Pfd. Rohzucker und etwa 860 Pfd. Melasse, d.h. wenn die Wipfel auch mit verarbeitet werden. – Die von den Wipfeln erhaltene Ausbeute, für sich gewogen, ergab 3 Pfd. Zucker und 2 Pfd. Melasse. Wir wollen nun die Resultate des zweiten und vierten Versuchs übersichtlich zusammenstellen und mit den polaroskopischen Ermittelungen vergleichen. Dabei haben wir das Gewicht eines Gallons Saft festzustellen. Hr. Lovering hat dasselbe zu 9 Pfund angegeben, was aber offenbar unrichtig ist, – da ein Gallon reines Wasser 10 Pfd. wiegt, so muß ein Gallon des 10grädigen Saftes 10,75 Pfd. wiegen. Nummer    Müssen wiegen             Lieferten     des Gallons Saft.           Pfund.     Zucker.    Melasse. Versuchs. Pfund. Procent.    Pfund. Procent.       2     31 7/8        342,7 11 1/2   3,356 27 1/4   7,951       4     39 5/16        422,6 23 1/2   5,56 16 1/2   3,90 Rechnen wir Zucker und Melassen zusammen, so hat der zweite Versuch 11,3 Proc., der vierte 9,46 Proc. Zuckermasse ergeben. Die polaroskopische Untersuchung hatte 7,29 Proc. herausgestellt. Erwägt man nun, daß die Melassen Gummi und Salze enthalten, so erscheint ein Ueberschuß an erhaltenem Zucker über die berechnete Menge hinaus nicht überraschend. Wäre nur überhaupt mehr Uebereinstimmung in den Resultaten dieser Versuche, von denen der vierte eine um 16 Proc. geringere Ausbeute lieferte als der zweite. Von den übrigen Versuchen des Hrn. Lovering bietet uns nur noch der letzte Interesse. Es war am 17. November als er durchgeführt wurde. Das Wetter war inzwischen sehr veränderlich gewesen, – nach warmer Sommertemperatur bei häufigem Regen waren Fröste eingetreten und das Thermometer variirte zwischen 16 und 60° F. (= – 7° bis + 12 1/2° R.) Und die Wirkung dieses Witterungswechsels fest zu stellen, war der Zweck des Versuchs, zu welchem die Stengel frisch geschnitten wurden. Aus einem Quantum, welches hätte 19 bis 20 Gallons Saft ausgeben müssen, wurden aber nur 11 15/16 Gallons von 10° B. erhalten, – also etwa 37 Proc. weniger. Der Saft war saurer, stark riechend und dunkler gefärbt als der frühere, – auch zeigte er sich ärmer an Zucker. Man wird also die Stengel sofort nach vollendeter Reife zu schneiden und unter Dach zu bringen haben, um solchen Eingriffen des Wetters einen Riegel vorzuschieben. Den sehr nothwendigen Versuch, ob ein in der Reife geschnittenes und trocken gelagertes Rohr seinen Zuckergehalt ungeschmälert behält, hat Hr. Lovering nicht gemacht. Diese Lücke habe ich durch den nachfolgenden Versuch beseitigt. Von der Farm des Hrn. Hyde bei Newton Centre, wo diese Zuckerpflanze in größerer Menge angebaut und trotz dem kurzen Sommer des verflossenen Jahres völlig reif geworden war, verschaffte ich mir im April d. J. noch einige Stengel und entzog denselben durch Maceration den Zuckergehalt. Eine Probe der Flüssigkeit wurde (nach Böttger's Angabe) mit etwas Sodaauflösung und dann mit einer Messerspitze voll basisch salpetersaurem Wismuthoxyd (dem Magisterium Bismuthi der Apotheker) versetzt, zum Sieden erhitzt. Der weiße Bodensatz behauptete seine Farbe unverändert und documentirte dadurch die Abwesenheit jeder Spur von Traubenzucker. Eine andere Probe der süßen Flüssigkeit konnte durch Hefe alsbald in Gährung gebracht werden. Uebersehen wir die ganze Reihe dieser Erfahrungen, so darf man dem Sorghum als Zuckerpflanze wohl mit Fug und Recht eine Zukunft verheißen. Und es hat allen Anschein, daß durch dasselbe der Runkelrübe eine Concurrentin erwachsen wird. Zunächst ist das leichte Trocknen der Stengel und die unveränderte Haltbarkeit des Zuckergehaltes derselben eine nicht genug zu schätzende Thatsache, welche die Zuckerfabrication von der Erntezeit emancipirt, und alle Vorzüge ohne die Nachtheile des Schützenbach'schen Verfahrens bietet. Ein zweiter Umstand ist nicht minder wichtig, – der Saft des Sorghum enthält im Verhältniß zu seinem Zuckergehalt viel weniger Salze, als die Runkelrübe. Von welcher Wichtigkeit das für die Zuckerfabrication ist, weiß Jedermann. Ich lasse die Zahlen den Beweis dieser Angabe führen. Nach den Untersuchungen des Dr. Jackson enthält das Sorghum 1,66 lösliche Salze auf 100 Zucker. Die Analysen, welche Hervy mit dem gewöhnlichen Zuckerrohr von Guadeloupe (das als zu derselben Pflanzenfamilie gehörig wohl mit dem Sorghum verglichen werden darf) gemacht hat, wiesen einen Salzgehalt von 0,5 (bei trocknem Boden) und 1,8 (von tiefgelegenem Boden) auf 100 Zucker nach. Diese Angaben stimmen hinreichend zusammen, wir wollen uns aber an Dr. Jackson's Bestimmung halten, weil die von ihm untersuchte Pflanze ein in Massachussets (also in nördlichern Zonen) gewachsenes Sorghum war. Der Runkelrübensaft enthält nach Hochstätter's Untersuchungen 7,4 Salze auf 100 Zucker! (Es versteht sich wohl von selbst, daß nur die löslichen Salze in Rechnung gezogen sind.) Dieser bedeutende Unterschied im Salzgehalte bietet nun, neben seiner Wichtigkeit für den Zuckerfabrikanten, auch noch ein ganz besonderes Interesse für den zuckerpflanzenden Landwirth. Und das ist die volkswirthschaftliche Seite des Sorghum. Wenn der Rübenbau dem Landwirth einen angemessenen Nettoertrag gewähren soll, so rechnet man (so viel mir bekannt ist) auf eine Ernte von 160 Centr. per preußischen Morgen. Der Saft dieser Rüben enthält (zu 10 Proc. gerechnet) 1600 Pfd. Zucker. Ein gleiches Zuckerquantum per Morgen wird das Sorghum auch liefern. – A. Reihlen erhielt das Doppelte. Vergleichen wir nun den mit diesen Zucker mengen verbundenen Salzgehalt, so haben wir bei der Runkelrübe (1600 × 7,4)/100   = 118 Pfd. Salze und beim Sorghum (1600 × 1,66)/100 =   27   „      „ Also verbraucht die Runkelrübe, um gleiche Zuckermengen zu produciren, mehr als viermal so viel Salze denn das Sorghum. Und diese Salzmengen gehen dem Boden verloren, wandern in die Melassen der Fabriken. Der Landwirth muß sie seinem Boden durch Düngen ersetzen, wenn er sich vor Bodenverarmung schützen will. Dieser Ueberschuß der Salze in der Rübe hätte noch drei reichliche Sorghum-Ernten geliefert (neben einem reichlichem Viehfutter in den Wipfeln etc.), ohne den Boden in größerem Maaße zu erschöpfen.