Titel: Biram's Anemometer zur Bestimmung der Geschwindigkeit der Grubenwetter.
Fundstelle: Band 150, Jahrgang 1858, Nr. LIII., S. 199
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LIII. Biram's Anemometer zur Bestimmung der Geschwindigkeit der Grubenwetter. Aus der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem preußischen Staate, 1858, Bd. VI S. 91. Mit einer Abbildung auf Tab. IV. Biram's Anemometer zur Bestimmung der Geschwindigkeit der Grubenwetter. Zur Bestimmung der Geschwindigkeit der Wetter, welche sowohl vor den einzelnen Strecken, als auch durch die Schächte ein- und ausströmen, wird in England Biram's Anemometer, benutzt, der viele Aehnlichkeit mit dem hydraulischen Flügel von Woltmann besitzt und, wie Figur 6 verdeutlicht, bei den größeren Instrumenten aus einer horizontalen Achse mit 12 gegen die Achsenrichtung schief gestellten Flügeln a besteht. Bei der geringsten Geschwindigkeit der Grubenluft werden diese Flügel durch den schiefen Stoß des Wetterstromes, wenn das Instrument der Bewegungsrichtung desselben entgegengehalten wird, im Kreise herumgedreht und durch die Anzahl seiner Umdrehungen innerhalb einer gewissen Zeit die Geschwindigkeit des Wetterstromes bestimmt. Um die Anzahl dieser Umdrehungen ablesen zu können, ist auf der horizontalen Flügelachse eine Schraube ohne Ende mit so viel Schraubengängen angebracht, daß ein Rad, welches in diese eingreift und 10 Zähne besitzt, um einen Zahn weiter fortgerückt wird, wenn der Wetterstrom einen Weg von 10 Fuß zurückgelegt hat. Auf der Außenseite der Welle dieses Rades sitzt, nun ein Zeiger, welcher sich wiederum auf einem feststehenden Zifferblatt mit 10 Ziffern im Kreise bewegt, so daß bei einer ganzen Umdrehung die Geschwindigkeit der Luft 10. 10 Fuß = 100 Fuß beträgt; hat man nun während der Fortbewegung des Zeigers von einer Ziffer zur andern die Zeit beobachtet und beträgt diese z.B. 5 Secunden, so kann man daraus die Geschwindigkeit des Luftstromes (20 Fuß pro Secunde) ermitteln und mit Hülfe des Querschnittes der Strecke oder des Schachtes, in welchem die Beobachtung gemacht wurde, die Quantität der Wetter bestimmen, welche in einer Secunde an der beobachteten Stelle vorbeigeströmt sind. Um aber eine große Anzahl der Umdrehungen beobachten zu können, ist auf der Welle des Zahnrades noch ein Getriebe aufgesetzt, das in ein zweites zehntheiliges Zahnrad eingreift, an dessen Welle, wie bei ersterem Zahnrad, sich ein zehntheiliges Zifferblatt befindet. Wird nun der Zeiger dieses Blattes um 1, 2, 3 Ziffern weiter gerückt, so ist, ähnlich wie bei einem Hubzähler, während der Beobachtung in einer gewissen Zeit die Geschwindigkeit 100, 200, 300 Fuß etc. Bei größeren Instrumenten von 12 Zoll Durchmesser greifen 6 solcher Zahnräder in einander und man wird dadurch in den Stand gesetzt, eine Beobachtung bis zu 10 Millionen Fuß anstellen zu können. Bei kleineren Instrumenten von 6 Zoll Durchmesser, welche zum täglichen Gebrauche von dem Obersteiger oder von dem mit der Aufsicht über die Wetterführung beauftragten Steiger in einer ledernen Tasche nachgetragen und benutzt werden, sind bloß zwei solcher Zahnräder angebracht und die Beobachtungen können sich daher nur bis zu 1000 Fuß ausdehnen. Bei der steten Unvollkommenheit mechanischer Instrumente läßt sich jedoch nicht erwarten, daß die Umdrehungszahl eines Flügels in einer gewissen Zeit der Geschwindigkeit des Wetterstromes stets ganz genau proportional sey, daß also die Geschwindigkeit v nicht = a . u ist, wenn u die Umdrehungszahl und a den Erfahrungscoefficienten 10 bezeichnet. Diese ist vielmehr, wenn v = der wahren Geschwindigkeit gesetzt wird, v = v' + au, in welcher Formel unter v' diejenige Geschwindigkeit verstanden wird, bei welcher der Wetterstrom nicht mehr im Stande ist, die Flügel in Umdrehung zu setzen. Mit Hülfe von Pulverdampf oder mit Rauch von Pechfackeln lassen sich diese Constanten v' und a leicht bestimmen, und man kann daher auch jedes Instrument auf diese Weise prüfen. Bei der großen Wichtigkeit der Bestimmung der Luftquantitäten, welche ein Grubenbau zu guter Wetterführung nöthig hat, ist dieß Instrument ein sicherer Entdecker irgend eines gehemmten Wetterzuges, sey dieser nun durch die Schuld der Schürer des Wetterofens oder durch irgend ein Hinderniß in dem Wetterstrom selbst hervorgerufen. Die Steiger führen diese Instrumente stets bei sich und tragen die gemachten Beobachtungen täglich, öfters auch nur wöchentlich, in ein besonderes Register ein. Diese Instrumente sind am besten von dem Optikus John Davis in Derby zu beziehen und kosten die größeren von 12 Zoll Durchmesser 4 Pfd. Sterl. 4 Sh., die kleineren dagegen 3 Pfd. St. 3 Sh. Außer dem eben beschriebenen Anemometer ist noch ein Barometer und Thermometer, welche neben einander in der Nähe des Förderschachtes in verschlossenen Kasten aufgehängt sind, zur Beobachtung des Luftdrucks und Temperaturgrades in Gebrauch. Beide Instrumente stehen mit dem einfallenden Wetterstrom in Verbindung und sind von großer Wichtigkeit, weil von dem Steigen und Fallen derselben die Menge der ausströmenden Wetter abhängig ist. Nach dem bekannten Mariotte'schen Gesetze ist nämlich die Dichtigkeit der Luft proportional dem Drucke, den sie auszuhalten hat, und es wird daher der größere oder geringere Druck der Atmosphäre, welcher durch den Stand des Barometers in der Grube beobachtet werden kann, die größere oder geringere Dichtigkeit der Grubenwetter, also das größere oder geringere Aus- und Einströmen derselben bedingen. Dieselbe Erklärung in der Anwendung findet sich bei dem Thermometer, dessen Steigen oder Ausdehnung der Quecksilbersäule nur als Folge der Temperaturerhöhung zu betrachten ist; denn da bei jeder Temperaturerhöhung eine Volumenausdehnung stattfindet, so folgt daraus, daß die Grubenwetter beim Steigen des Thermometers sich ausdehnen, daher verdünnen, und daß also auch in einer gegebenen Zeit weniger frische Wetter zum Schachte einströmen können. Nach meinem Dafürhalten wird das Kohlenwasserstoffgas nicht durch den Druck der Atmosphäre in den Klüften, so wie in den ausgehauenen Räumen wie gewöhnlich angenommen wird, zurückgehalten und in seinem fortwährenden Ausströmen gehemmtDie Ansicht des Verfassers ist seitdem durch Marsilly's Versuche bestätigt worden, man vergl. polytechn. Journal Bd. CXLIX S. 128.A. d. Red., so daß also die Explosionen nicht durch die in den Oertern stattfindenden Ansammlungen von schlechter, ungesunder Luft in Folge des atmosphärischen Drucks hervorgerufen werden, sondern es sind diese Ansammlungen nur als Folge einer schlechten Ventilirung des Grubengebäudes mit frischen Wettern zu betrachten, welche immer dann stattfinden werden, wenn keine genügend Vermischung beider Luftarten stattfindet. So wurde mir berichtet, daß das Sinken des Barometers um 1 Zoll eine Differenz von 3–4 Proc. in der Luftquantität, welche durch die Arbeitspunkte streichen müßte, hervorbringen würde. Es werden daher bei schwüler, regnerischer Witterung die häufigsten Explosionen stattfinden, weil das Kohlenwasserstoffgas in früherem Maaße fortwährend entwickelt, durch die weniger einströmenden frischen Wetter aber nicht in dem Maaße mit atmosphärischer Luft vermengt wird, wie solches zur Verhütung von Explosionen erforderlich wäre. Es ist einleuchtend, daß man durch diese Instrumente jederzeit eine genaue Kenntniß über den Zustand der Wetterführung erhält. Busse.

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Tafel Tab. IV
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