Titel: Ueber die sogenannte Kerzenlampe der HHrn. Levavasseur; Bericht von Hrn. A. Masson.
Fundstelle: Band 150, Jahrgang 1858, Nr. LVI., S. 208
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LVI. Ueber die sogenannte Kerzenlampe der HHrn. Levavasseur; Bericht von Hrn. A. Masson. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, August 1858, S. 527. Mit Abbildungen. Ueber Levavasseur's Kerzenlampe. Die von den Gebrüdern Levavasseur in Paris (rue Montmorency, Nr. 18) erfundene Lampe soll die Kerze in der Hauswirthschaft ersetzen, weßhalb die Erfinder sie Kerzenlampe (lampe-chandelle) nennen. Bei derselben wird kein Zugglas angewendet; das Oel verbrennt vollständig und ohne Rauch; auch kann man sie forttragen oder neigen, ohne jemals befürchten zu müssen daß Oel ausläuft; wegen ihres konstanten Lichts ist sie den alten Pumplampen mit veränderlichem Oelstand im Brenner sehr überlegen. Alle Vortheile, welche die Erfinder ihrem neuen Beleuchtungsapparat zuschreiben, sind durch eine lange Erfahrung erwiesen, und haben sich auch bei den zahlreichen Proben, welchen ich ihre Lampe unterzog, bestätigt. Die Moderator-Lampen, welche mit unbestreitbarem Erfolg die Uhrlampen von Carcel, deren Vollkommenheit nicht übertroffen werden kann, in der letzten Zeit ersetzt haben, lieferten den HHrn. Levavasseur die Elemente ihres neuen Systems. Die Kerzenlampe besteht aus einem cylindrischen Oelbehälter, welcher auf einem Leuchterfuß angebracht ist; dieser Behälter hat 4 Centimeter Durchmesser und 16 Centimeter Höhe; ein etwas kleineres, auf diesen ersten Cylinder geschraubtes Rohr ist oben durch eine mit einem Ausschnitt versehene Blechscheibe zum Theil geschlossen. In der gemeinschaftlichen Achse dieser beiden Rohre ist die Röhre angebracht, welche dem Docht das Oel zuführt; letztere kann man mittelst einer Zahnstange, welche durch ein Getriebe bewegt wird, erheben oder senken. Im untern Cylinder der Lampe bewegt sich ein lederner Kolben, welcher auf der durch sein Centrum gehenden Speiseröhre mit Reibung verschiebbar ist; auf diesen Kolben drückt eine Spiralfeder, welche die Steigröhre des Oels umhüllt und sich gegen eine zweite, an den Dochthalter gelöthete Blechscheibe stützt; wenn diese zweite Scheibe gegen die erste, darüber befindliche, angepreßt wird, schließt sie die Lampe. Um das Aussteigen des Oels zu reguliren, bedient man sich eines Regulators; derselbe besteht bloß aus einer Röhre von Weißblech, welche mit der Speiseröhre concentrisch, aber von kleinerm Durchmesser ist. Der erforderliche Zwischenraum dieser beiden Röhren wird durch die Erfahrung bestimmt und hängt von der Stärke der Feder ab, welche am Anfang ihres Laufes 2 Kilogrammen entspricht und gegen das Ende desselben auf 1 Kilogr. sinkt. Der Moderator, welchen man in den untern Theil der Oelsteigröhre steckt, endigt in eine kleine Blechscheibe als Aufhälter. Bei der Bewegung des Kolbens steigt oder sinkt mit demselben der Moderator, wobei er die Unreinheiten mitzieht, welche das Oel in dem capillaren Raum absetzen könnte, den es durchlaufen muß. Der Docht der neuen Lampe ist bloß ein gewöhnlicher Kerzendocht, dessen Ende fächerförmig gestaltet in einen Halbmond zu liegen kommt, um der Flamme die sogenannte Schmetterlingsform zu geben. Um die Kerzenlampe für die Benutzung herzurichten, drückt man auf den Dochthalter, der dann die Feder zusammenpreßt und dadurch die zwei Blechscheiben von einander trennt, welche durch ihr Aneinanderliegen den Oelbehälter schlossen; man gießt Oel in diesen Behälter und dann läßt man die Feder los, welche neuerdings das Verschließen der Lampe veranlaßt; hierauf zieht man den Kolben hinauf mittelst einer Eisenstange, welche mit Reibung durch ihn geht und unten in einen Knopf endigt. Nachdem so die Feder zusammengepreßt worden ist und der Kolben seinen Lauf bis ganz nach oben zurückgelegt hat, drückt man die Aufziehstange wieder hinab. Durch den Kolben gepreßt, steigt das Oel im Docht auf und fließt aus, wobei es in einen, über dem Verschluß gelassenen freien Raum hinabfällt; der Docht ist also stets getränkt. Unter dem Druck der äußern Luft tritt das ausgeflossene Oel mit der Luft in die Lampe zurück, durch den Raum welchen die beiden erwähnten Scheiben zwischen sich lassen. Der luftverdünnte Raum, welchen der Kolben beim Niedergehen über sich erzeugt, begünstigt diesen Wiedereintritt des Oels und der Luft durch den sehr capillaren Zwischenraum der beiden Scheiben. In Folge dieser sinnreichen Anordnung kann das Oel stets in den Oelbehälter zurücktreten, aber niemals von ihm auslaufen. Vorstehende Beschreibung genügt, um zu zeigen, daß die neue Lampe sich vollkommen für den Zweck eignet, wozu sie bestimmt ist; wir haben nun noch zu untersuchen, ob sie denselben auch ökonomisch erfüllt. Ich habe viele photometrische Versuche angestellt, wobei ich die Kerzenlampe mit einer Uhrlampe nach Carcel, mit einer Stearinsäurekerze und mit einer Talgkerze verglich. Die meisten dieser Versuche sind in der unten folgenden Tabelle zusammengestellt. Die Uhrlampe, welche als Anhaltspunkt zur Beurtheilung diente, besitzt einen Docht, welcher im flach zusammengelegten Zustande eine Breite von 18 Millimetern hat; der innere Durchmesser des Brenners beträgt 15 Millimeter. Wenn die Flamme regulirt, die Verbrennung vollständig und rauchlos ist, verzehrt diese Lampe durchschnittlich 40 Gramme in der Stunde. Von den bei meinen Versuchen angewandten Stearinsäurekerzen (bougies de l'étoile) wiegen fünf 485 Gramme (welche im Handel für 1/2 Kilogr. verkauft werden); durchschnittlich verzehrt eine solche Kerze in der Stunde 10 Gramme. Die gewöhnlichen Talgkerzen, deren Lichtstärke von 100 bis 14 variirt, je nachdem man sie putzt oder mit vollem Docht brennen läßt, konnten nicht zur Vergleichung zugelassen werden. Ich war aber so glücklich, im Handel vortreffliche Talgkerzen mit geflochtenem Docht zu finden, welche nach Art der Stearinsäurekerzen mit großer Regelmäßigkeit brennen ohne geputzt zu werden. Von solchen Talgkerzen wogen sechs 485 Gramme (dieses Gewicht wird wegen des Papiers für ein halbes Kilogr. verkauft). Eine solche Kerze verzehrt sehr regelmäßig 8 Gramme in der Stunde. Bei Vergleichung einer Stearinsäurekerze mit einer Uhrlampe habe ich gefunden, daß die Lichtstärke der Lampe derjenigen von acht solchen Kerzen gleichkam, und daß folglich 5 Gramme Oel, in der Stunde verzehrt, eben so viel Licht liefern wie 10 Gramme Stearinsäurekerze. Da nach den früheren Versuchen von Peclet die kleinen Lampen vortheilhafter sind als die großen, so kann man behaupten daß 5 Gramme Oel, in einer Lampe mit Zugglas und Argand'schem Brenner in der Stunde verbrannt, eben so viel Licht geben wie 10 Gramme Stearinsäurekerze in derselben Zeit verbrannt. Die erwähnte Talgkerze, welche 8 Gramme in der Stunde verzehrt, liefert an Licht vier Fünftel desjenigen einer Stearinsäurekerze, und folglich geben 10 Gramme Talg genau so viel Licht wie das gleiche Gewicht Stearinsäure. Nimmt man die Lichtstärke einer Stearinsäurekerze zur Einheit, so ergeben sich als Kosten dieser durch verschiedene Substanzen erzeugten Lichteinheit folgende Werthe: Beleuchtungsart Verzehrtstündlich füreine Lichteinheit Preis von1 Kilogr. derSubstanz Kosten derLichtenheitper Stunde Stearinsäurekerze 10 3,50 Fr. 0,0350 Fr. Talgkerze mit geflochtenem Docht   10 2,06   „ 0,0206   „ Uhrlampe nach Carcel   5 1,50   „ 0,0075   „ gewöhnliche Talgkerze 10 1,50   „ 0,0150   „ Somit kostet die Beleuchtung mit Oel 4 2/3 weniger als diejenige mit Stearinsäurekerzen, 2 2/3 weniger als mit den neuen Talgkerzen mit geflochtenem Docht, und zweimal weniger als mit gewöhnlichen Talgkerzen, welche zahlreiche Mängel besitzen. Die Lampe der HHrn. Levavasseur, welche ohne Zugglas und ohne doppelten Luftstrom brennt, verzehrt, um die gleiche Lichtstärke zu liefern, mehr Oel als die so vortheilhaften Argand'schen Brenner. Mit der Uhrlampe, der Stearinsäurekerze und der Talgkerze verglichen, lieferte mir die neue Lampe folgende Resultate: Die Uhrlampe nach Carcel, welche 40 Gramme Oel in der Stunde verbrennt, entspricht fünf Kerzenlampen, deren jede 10 Gramme in derselben Zeit verbrennt; die Kerzenlampe entspricht beiläufig 1 2/3 Stearinsäurekerze, genau 8/5, und gibt dasselbe Licht wie zwei Talgkerzen mit geflochtenem Docht, deren jede 8 Gramme in der Stunde verzehrt. Vergleichen wir nun die neue Lampe mit der Talgkerze, so hat jene einen unbestreitbaren Vorzug. Die Talgkerze hat den Nachtheil, leicht abzufließen, besonders beim Wegtragen, und einen unangenehmen Geruch zu verbreiten, ferner ist das Reinigen der Leuchter umständlich: endlich kann man die großen Schwankungen in der Lichtstärke nur dadurch vermindern, daß man die Kerze oft putzt. Das Licht der Talgkerze kostet 1 und 2/3 desjenigen der Kerzenlampe; oder in genauer Zahl, das in der Lampe verbrannte Oel berechnet sich für dieselbe Lichtstärke nur auf 5/8 Talgs. Vergleichung der Beleuchtung mittelst einer Uhrlampe, einer Stearinsäurekerze, einer Talgkerze mit geflochtenem Docht und einer Kerzenlampe. Beleuchtungsart Verzehrtin der Stunde Verhältnißder Lichtstärken Leuchtvermögenbei gleichem Gewicht Kerzenlampe 10,10 Grm. 1,75 1,69 Stearinsäurekerze 10,25 Kerzenlampe 10,66 1,66 1,52 Stearinsäurekerze 10,24 Kerzenlampe 11      1,69 1,58 Stearinsäurekerze   9,7   Kerzenlampe 11,7   1,74 1,65 Stearinsäurekerze   9,9   Mittel Mittel Kerzenlampe 10,86 1,61 Stearinsäurekerze 10,02 Uhrlampe nach Carcel 40      Kerzenlampe 10,3   4,52 4,65 Uhrlampe 41,9   Kerzenlampe 10      5,90 5,63 Uhrlampe 39,8   Kerzenlampe   8,6   5,2 4,47 Uhrlampe 38      Kerzenlampe 10,76 4,95 5,6 Uhrlampe 42      Kerzenlampe 11,2   5,08 5,08 Mittel Mittel Uhrlampe 40,5 5,08 Kerzenlampe 10,17 Stearinsäurekerze 10,24 0,8649 1,05 Talgkerze   8,37 Stearinsäurekerze   9,7   0,77 0,90 Talgkerze   8,16 Stearinsäurekerze   9,9   0,79 1,01 Talgkerze   7,73 Mittel Mittel Stearinsäurekerze 10,02 0,99 Talgkerze   8,04 Uhrlampe 38      8,31 8,40 Stearinsäurekerze 10      Uhrlampe 42,25 8,35 8,10 Stearinsäurekerze 10,3   Mittel Mittel Uhrlampe 40,12 Stearinsäurekerze 10,19 8,25 Beschreibung der Abbildungen. Fig. 1., Bd. 150, S. 213 Fig. 1 ist ein senkrechter Durchschnitt durch die Achse der Lampe; Fig. 2 ein horizontaler Durchschnitt nach der Linie xy der Figur 1. Der Oelbehälter besteht: aus einem cylindrischen Rohr a, welches auf einem gewöhnlichen Leuchterfuß angewacht ist; aus einem engern Rohr b, welches auf das vorhergehende geschraubt ist. c Röhre, welche das Oel dem Docht zuführt und in zwei, einen Halbmond bildenden Brennern endigt. Im obern Theil dieser Röhre bewegt sich eine Zahnstange, welche mit einem Loch versehen ist, durch das der Docht gezogen wird. Das am Knopfe d umzudrehende Getriebe greift in die Zahnstange, die Dochtwinde. e cylindrische Stange, deren Durchmesser fast ganz gleich demjenigen der Röhre c ist, in welcher sie als Moderator wirkt; am untern Theil endigt die Stange e in eine kleine Scheibe. Die Röhre b des Oelbehälters ist unter ihrem obern Ende durch eine feste Blechscheibe n geschlossen, welche mit einem Ausschnitt für den Durchgang sowohl der Speiseröhre c als des in den Behälter zu gießenden Oels versehen ist. Diese Einrichtung ist aus Fig. 2 ersichtlich. f lederner Kolben, welcher sich dichtschließend an die Wandung des Rohrs a anlegt; er hat die Form einer sphärischen Kappe und ist auf der durch sein Centrum gehenden Speiseröhre c verschiebbar. Dieser Kolben wird beständig von Oben nach Unten durch eine Spiralfeder gedrückt, welche die Röhre c umhüllt, wie es in Fig. 1 die Punkte rechts und links an den Kanten dieser Röhre andeuten. Fig. 2., Bd. 150, S. 213 Unter der Blechscheibe n (Fig. 2) befindet sich eine zweite Blechscheibe o von demselben Durchmesser, gegen die sich die Spiralfeder stützt, welche die Berührung der beiden Scheiben bewerkstelligt. Diese zweite Scheibe hat keinen Ausschnitt; sie ist an eine, die Röhre c umgebende metallene Hülle i gelöthet. v ist der Griff, in welchen außerhalb eine verticale Stange endigt, die in den Oelbehälter hinabreicht, durch den Kolben geht und unten in einen Knopf endigt. Mittelst des Griffes v drückt man auf die Scheibe o, um den Ausschnitt der Scheibe n zu öffnen, und nachdem man das Oel eingegossen hat, läßt man den Griff los, worauf die Wirkung der Spiralfeder den Ausschnitt durch das Aneinanderlegen der beiden Scheiben schließt.