Titel: Bemerkungen über das Becchi-Haupt'sche Verfahren zum Zugutemachen der Kupfererze; vom Oberbergingenieur Gruner zu St. Etienne.
Fundstelle: Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XCI., S. 367
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XCI. Bemerkungen über das Becchi-Haupt'sche Verfahren zum Zugutemachen der Kupfererze; vom Oberbergingenieur Gruner zu St. Etienne. Aus dem Bulletin de la Société de l'Industrie minérale, Bd. III S. 291. Gruner, über das Becchi-Haupt'sche Verfahren zum Zugutemachen der Kupfererze. Der Civilingenieur Petitgand hat in der zu Lüttich erscheinenden Revue universelle (polytechn. Journal Bd. CXLVII S. 101) das Verfahren der HHrn. Becchi und Haupt zum Zugutemachen armer geschwefelter Kupfererze auf dem nassen Wege beschrieben und der Ingenieur Simonin, welcher seit einem Jahre den Betrieb der Steinkohlengruben von Monte-Bamboli geleitet hat, theilte mir eine kurze Notiz über denselben Gegenstand mit. Das neue Verfahren wird seit zwei Jahren in der Hütte zu Campanne-Vecchie, nicht weit von Massa-Maritima, im Großen angewendet. Es unterscheidet sich von den gewöhnlichen Methoden auf nassem Wege hauptsächlich dadurch, daß man bei der Röstung Kochsalz einwirken läßt. Dieß geschieht bekanntlich auch bei der Amalgamation der Silbererze, so wie bei der Silberextraction mit Kochsalz nach dem Augustin'schen Verfahren. Wir werden aber bald sehen, daß die Chlorirung der Metalle stets sehr unvollständig ist, und daß, wenn man durch das neue Verfahren das Kupfer vollständiger gewinnt, als durch die gewöhnlichen Methoden, dieß hauptsächlich der vollkommenern Verkleinerung der Erze und der größern Sorgfalt, welche auf ihre Röstung verwendet wird, zuzuschreiben ist. Das zu Campanne-Vecchie zu Gute gemachte Erz kommt von einem mächtigen Quarzgange, welcher im Juragebirge aufsetzt. Nachdem die unhaltigen Theile ausgeschlagen und das Erz möglichst rein geschieden ist, enthält es 1 3/4 bis 2 Proc. Kupfer als Kupferkies mit Eisenkies, und ein wenig Zinkblende. Man zerschlägt es in Stücke von 4 bis 5 Centimeter Seite und röstet es alsdann in Haufen an freier Luft, auf die in Deutschland und Schweden gebräuchliche Weise. Jeder Haufen enthält 200 bis 250 Tonnen (à 20 Ctr.) Erz, und jede Röstung dauert 12 bis 15 Tage. Die hinreichend gerösteten Erzstücke werden ausgehalten und zerkleinert, wogegen die nicht oxydirten Stücke zu einem folgenden Röstproceß kommen. Die Zerkleinerung wird durch Trockenpochwerke oder unter senkrechten Mühlsteinen bewirkt; das Product wird sorgfältig durchgesiebt. Das erhaltene Mehl wird alsdann in einem gewöhnlichen Röstofen oder in einem solchen mit doppelter Sohle geröstet. Jede Sohle nimmt 2000 bis 2500 Kilogramme (40 bis 50 Centner) Erz auf, das man durch einen Trichter oder Aufschütter im Gewölbe chargirt. Das Erzmehl wird auf dem Herde ununterbrochen umgerührt. Ist nun die Sulfatisirung fast vollendet und die Wärme auf die Dunkelrothgluth zurückgeführt, so schlägt man Kochsalz in dem Verhältniß von 2 bis 3 Proc. zu; hernach wird noch 10 bis 12 Minuten lang ununterbrochen und sehr stark umgerührt. Bald darauf ist die Röstung vollendet. Jeder solcher Röstproceß dauert etwa 3 Stunden. Hr. Simonin versichert, daß man in der Regel zur Beförderung der Oxydation der Schwefelmetalle auch etwas Salpeter zusetzt. Offenbar müssen bei diesem Processe, wenn er gut geleitet wurde, hauptsächlich schwefelsaure Metalloxyde entstehen, wie es beim Rösten des Kupfersteins im Mansfeld'schen, welcher früher amalgamirt wurde, der Fall ist. Man muß die Bildung von Kupferoxyd vermeiden, jedoch den größten Theil des schwefelsauren Eisens zu zersetzen suchen. Das geröstete Erzmehl wird in hölzernen Bottichen, deren Boden mit Löchern versehen und mit einem aus Stroh bestehenden Filter bedeckt ist, ausgelaugt. Die salzige Flüssigkeit wird in ein tiefer stehendes Gesäß abgelassen, worin die Fällung des Kupferoxydes mittelst Kalkmilch bewerkstelligt wird. In einem dritten Gefäß klärt sich die Flüssigkeit und das reine Wasser wird dann abgelassen. Statt des Kalks kann man eine Lauge von Holzasche benutzen, oder auch die Cementation anwenden, indem man die Fällung durch Brucheisen bewirkt. Im Allgemeinen gibt man aber dem Kalke den Vorzug. Wenn der Niederschlag eine teigartige Consistenz erlangt hat, so zieht oder dehnt man ihn auf einer Ofensohle aus, um ihn zu trocknen. Zeigt der ausgelaugte Rückstand bei der Probe noch einen geringen Kupfergehalt, so wird er nochmals mit Wasser gewaschen, welches schwach mit Schwefelsäure geschärft ist. Der getrocknete Teig hat eine blaßgrünliche Farbe und besteht hauptsächlich aus Kupferoxydhydrat und schwefelsaurem Kalk, wie folgende, in der Bergschule zu Paris ausgeführte Analyse zeigt: Sand und Kieselerde 6,0 Eisenoxyd und Thonerde 4,6 Zinkoxyd 2,6 KupferoxydKupferchlorid 26,84,4 welche 24,12 metallisches Kupfer enthalten. schwefelsaurer Kalk 38,8 Wasser 16,8 ––––– 100,0 Die 38,8 Theile schwefelsaurer Kalk enthalten 22,68 Schwefelsäure, während die gesammten metallischen Basen nur 37 Schwefelsäure erfordern würden. Es hat daher auf den ersten Blick den Anschein, daß die fehlenden 14 bis 15 Theile Schwefelsäure durch ein äquivalentes Verhältniß von Chlor ersetzt seyn mußten; es ist jedoch zu beachten, daß ein bedeutender Antheil von schwefelsaurem Kalk im Wasser aufgelöst geblieben ist, und daß die schwefelsauren Metalloxyde überdieß in dem gerösteten Material sich zum Theil als basisch-schwefelsaure Salze befinden mußten. Daraus folgt, daß, wie schon bemerkt, die geröstete Masse hauptsächlich aus schwefelsauren Metalloxyden besteht und daß die Chloride nur einen geringen Theil derselben bilden. Hiernach kann man die Frage aufwerfen, wozu der Zuschlag von Kochsalz nutzt und ob man mit der doppelten Röstung ohne Salz nicht dasselbe Resultat erreichen würde? Dieß ist nach meiner Meinung auch nicht zu bezweifeln, besonders wenn man gegen das Ende des Processes durch die geröstete Masse gasförmige, feuchte, schweflige Säure ziehen ließe, um das Kupferoxyd zu sulfatisiren. Man könnte dazu auf mehrfache Weise gelangen; das einfachste Verfahren wäre wohl folgendes: Man müßte einen Flammofen mit doppelter Sohle anwenden, und während die eigentliche Röstung auf der untersten und dem Feuerraum am nächsten liegenden Sohle ausgeführt würde, könnte die vorher geröstete Charge auf der zweiten Sohle der Einwirkung der mit Luft vermischten schwefligen Säure, welche von der ersten Sohle zuströmt, ausgesetzt werden. Durch die gleichzeitige Einwirkung von Wasserdämpfen könnte man die Sulfatisirung noch erleichtern. In der That hat Hr. Lan neuerlich durch Versuche im Laboratorium der Bergschule zu St. Etienne nachgewiesen, daß sich das Kupferoxyd unter dem dreifachen Einfluß von schwefliger Säure, Luft und Wasserdampf, sehr schnell in Sulfat verwandelt. Man könnte auch, statt die erste Röstung in Haufen vorzunehmen, sie in Schachtöfen ausführen und die hierbei sich entwickelnde schweflige Säure zur Sulfatisirung des zerkleinerten Erzes benutzen. Kurz, wenn das Becchi'sche Verfahren günstige Resultate gibt, so muß man dieß nach meiner Ansicht (so lange nicht genaue Untersuchungen das Gegentheil erwiesen haben) weniger dem Einflusse des Kochsalzes, als der Verwandlung des Erzes in Mehl zuschreiben, welche eine vollständigere Oxydation der Schwefelmetalle gestattet. Das grünliche, getrocknete Mehl wird zu Campanne-Vecchie dem gewöhnlichen Schmelz- und Reductionsproceß unterworfen. Eine erste Schmelzung im Krummofen gibt einen reichen, sogenannten Concentrationsstein in Folge der Reduction des schwefelsauren Kalks, und nachdem dieser Stein sorgfältig geröstet ist, gibt er bei einem zweiten Schmelzen sehr reines Schwarzkupfer. Nach Petitgand erfolgen zu Campanne-Vecchie aus 1 Tonne = 20 Centr. Erz, 60 bis 65 Kilogr. = 120 bis 130 Pfund Niederschlag mit 25 Proc. Kupfergehalt, und 100 Kilogr. oder 200 Pfund trockenes Mehl kommen, den Werth des Erzes nicht inbegriffen, auf 20 bis 21 Francs zu stehen. Für eine Tonne Erz sind 50 Kil. gebrannter Kalk erforderlich. Der gesammte Kupferverlust soll bei dem Becchi'schen Verfahren nach Simonin nur 12,5 Proc. des Metallgehalts betragen.