Titel: Ueber die Darstellung eines Purpurlacks aus Krapp oder Garancin; von Dr. Jos. Khittel, Colorist in Prag.
Fundstelle: Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LIII., S. 209
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LIII. Ueber die Darstellung eines Purpurlacks aus Krapp oder Garancin; von Dr. Jos. Khittel, Colorist in Prag. Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1859 S. 81. Khittel, über die Darstellung eines Purpurlacks aus Krapp oder Garancin. An Methoden und Recepten, Lacke aus Krapp, Garancin, Alizarin etc. zu bereiten, fehlt es nicht, und doch wird man nicht im Stande seyn, nach einer dieser Anleitungen ein Präparat zu erhalten, welches allen Anforderungen gänzlich entspricht, indem sich bei den meisten derselben Fehlerquellen nachweisen lassen, die störend auf die Güte des erhaltenen Products einwirken und den Werth desselben verringern. Ich habe eine ganze Reihe von Versuchen über diesen Gegenstand angestellt und ganz befriedigende Resultate erhalten, welche ich hier mittheile. Als erster Anhaltungspunkt bei der Bereitung eines Lacks muß jedes directe Kochen des Krapps oder einer seiner Lösungen unterlassen werden, indem sich sonst Zersetzungsproducte bilden und die Lacke selbst bei der sonst noch so vorsichtigen Bereitung eine matte und wenig feurige Farbe haben. Viel kommt es auch auf die vorbereitende Behandlung des Rohmaterials (des Krapps oder Garancins) an, um die extractiven Stoffe, sowie den störenden gelben Farbstoff möglichst zu entfernen. Als Lösungsmittel des Farbstoffs bedient man sich mit Recht im Allgemeinen des Alauns, nur muß die Alaunlösung heiß mit dem Krapp oder Garancin zusammengebracht, darf aber unter keiner Bedingung mit demselben gekocht werden. Ich habe dieselbe Sorte Garancin das eine Mal mit heißer Alaunlösung übergossen, das andere Mal mit einer Alaunlösung direct gekocht, und jedesmal nach dem Kochen einen Lack erhalten, welcher dem nach der ersteren Behandlung erhaltenen in jeder Beziehung bedeutend nachstand. Ein zweiter Fehler ist die Anwendung einer zu großen Menge von Alaun. Da die ganze Bildung eines Lacks auf der Ausscheidung der Thonerde aus der alaunhaltigen Lösung, auf welche Art immer bewirkt, beruht, so wird natürlich der Lack immer matter und minder feurig erscheinen, je mehr man Thonerde in die Lösung bringt. Das beste Verhältniß ist, so viel Alaun zu nehmen, als man Krapp oder Garancin genommen hat. Die Anwendung von Soda, Potasche oder Alkalien überhaupt, wodurch die Thonerde als Hydrat gefällt wird, verwerfe ich gänzlich; man wird nie nach dieser Methode einen ordentlichen Lack zu Stande bringen, da das Alkali schon an und für sich auf den Farbstoff verändernd wirkt und den Lacken immer einen Stich ins Violette ertheilt. Persoz hat einen schönen Lack erhalten, indem er die Alaunlösung mit Bleizuckerlösung versetzte, filtrirte und die klare Lösung kochte. Dieses Verfahren habe ich als das beste erkannt, und man kann nach demselben sowohl in der Qualität als in der Quantität, sobald man nur genau arbeitet, ein sehr befriedigendes Resultat erhalten. Ich habe das Verfahren von Persoz folgendermaßen modificirt: Wegen des Verhaltens der rothen Farbstoffe des Krapps (des Rubiacins und Alizarins nach Higgin), sich in der Kälte in schwefelsauren Alkalien wenig oder gar nicht zu lösen, habe ich eine Behandlung mit krystallisirtem schwefelsaurem Kali oder Natron praktisch gefunden, das Garancin etc. vor der weiteren Behandlung zu reinigen. Das Garancin wird mit einer gewissen Menge glaubersalzhaltigen Wassers kalt angerührt und 12 Stunden lang stehen gelassen. Folgendes Verhältniß erwies sich als geeignet: 1 Pfund Garancin, 1 krystallisirtes Glaubersalz und 12 Maaß Wasser. Das Glaubersalz wird vorher in wenig Wasser aufgelöst. Nach 12stündigem Stehen wird das so behandelte Garancin colirt, ausgepreßt, wieder in reinem kaltem Wasser vertheilt, colirt und ausgepreßt, welches Waschen mit reinem Wasser so lange wiederholt wird, bis alles Glaubersalz wieder entfernt ist, d.h. bis das Waschwasser in einer Bleizuckerlösung keine merkliche Trübung mehr erzeugt. Eine der Menge des angewendeten Garancins entsprechende Quantität Alaun wird in dem zehn- bis zwölffachen Gewicht Wasser kochend aufgelöst, nachdem die Lösung aufgekocht hat, das Feuer eingestellt, und das gewaschene Garancin der siedend heißen Alaunlösung zugesetzt; nach Zusatz des Garancins darf nicht mehr gekocht werden. Man würde also das Verhältniß von 1 Pfd. Alaun und 6 Maaß Wasser auf 1 Pfd. Garancin anzuwenden haben. Nach 15–20 Minuten langem Stehen wird die Lösung colirt und der Garancinrückstand mit heißem Wasser gewaschen; ist die Temperatur des alaunhaltigen Farbextracts auf 45–40° R. gesunken, so wird die Lösung mit einer der Menge des Alauns gleichen Menge Bleizuckers versetzt und so lange gerührt, bis aller Bleizucker gelöst und vollständig in schwefelsaures Blei verwandelt ist. Man darf die alaunhaltige Farbstofflösung nicht erkalten lassen, da sich sonst Farbstoff ausscheiden könnte. Die tief roth gefärbte Flüssigkeit kann durch Absetzenlassen und Decantiren leicht von dem schweren Bleiniederschlage getrennt werden. Da der Bleiniederschlag immer Spuren von Farbstoff enthält, sowie auch immer etwas essigsaure Thonerde zurückbehält, so kann derselbe mit heißem Wasser gewaschen werden und die Flüssigkeit bei der nächsten Lackbereitung anstatt des Wassers zum Auflösen des Alauns Verwendung finden. Man würde also per Pfund Garancin gebrauchen: 1 Pfund Alaun, 1 Bleizucker und 6 Maaß Wasser. Den gewaschenen Garancinrückstand kann man noch einer zweiten gleichen Behandlung unterwerfen, nur muß man die Mengenverhältnisse etwas modificiren, und zwar per Pfund Garancinrückstand 3/4 Pfund Alaun, 3/4 Bleizucker und 5 Maaß Wasser anwenden. Sollte der Garancinrückstand nach der zweiten Behandlung noch so viel Farbstoff enthalten (je nach der Güte des Materials), daß sich noch eine dritte Behandlung lohnen würde, so müßte man wieder in dem Mengenverhältniß herunter gehen, und zwar per Pfund zweimal extrahirten Garancins 1/2 Pfund Alaun, 1/2 Bleizucker und 4 Maaß Wasser nehmen. Wird die von dem Bleiniederschlage erhaltene tief rothe Lösung einige Zeit bis zum Sieden erhitzt, das man so lange fortsetzt, bis sich ein purpurrother Niederschlag ausgeschieden hat, jedes Kochen aber streng vermieden, so erhält man nach dem Erkalten einen Lack, wie ich ihn nach keiner anderen Methode in Bezug der Intensität und des Feuers der Farbe darzustellen im Stande war. Da nach dem Digeriren in der überschüssigen Essigsäure noch etwas Thonerde mit Farbstoff gelöst bleibt, so theile man die klare Flüssigkeit in zwei gleiche Theile und versetze den einen Theil so lange tropfenweise mit kohlensaurer Ammoniaklösung, bis sich eine nur ganz schwache Trübung bildet (der Zusatz darf aber nicht so lange geschehen, daß ein förmlicher Niederschlag entsteht), vereinige beide Theile und digerire wieder bis sich ein Lack ausgeschieden hat. Man erhält so noch eine zweite Sorte Lack, welche dem ersten Präparat wenig an Feuer nachsteht. Beide Lacke lassen sich leicht auf einem Filter sammeln und waschen und müssen nur in ganz schwacher Wärme getrocknet werden. Ueberschüssige Kalilauge löst den noch feuchten Lack mit röthlich violetter Farbe auf, concentrirte Essigsäure löst den noch feuchten Lack leicht auf. Auf Platinblech geglüht, verbrennt er mit Hinterlassung einer weißen Asche (Thonerde).