Titel: Verfahren zur Auf- und Vorbereitung der Steinkohlen, von Heinrich Bessemer in London.
Fundstelle: Band 152, Jahrgang 1859, Nr. LXVIII., S. 287
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LXVIII. Verfahren zur Auf- und Vorbereitung der Steinkohlen, von Heinrich Bessemer in London. Patentirt am 30. Juli 1848. – Aus dem Repertory of Patent-Inventions, April 1859, S. 301. Bessemer's Verfahren zur Auf- und Vorbereitung der Steinkohlen. Die Steinkohlen sind nur selten ganz rein, sondern gewöhnlich mit mineralischen oder metallischen Substanzen vermischt, welche nicht nur unverbrennlich, sondern auch für die metallurgischen und sonstigen gewerblichen Verwendungen der Steinkohlen mehr oder weniger nachtheilig sind; denn durch den beigemengten Kalk, Thon, Kiesel, Schiefer etc. wird nicht nur die Brennstoffmenge in einem gegebenen Gewicht geförderter Kohlen vermindert, sondern diese nicht brennbaren Substanzen absorbiren auch, da sie auf dieselbe hohe Temperatur gebracht werden müssen, wie die übrigen Materialien in dem Ofen, einen Theil von der Wärme, welcher folglich unbenutzt bleibt. In ökonomischer Beziehung vermindern diese Substanzen daher den Werth der Kohlen, während der fast immer vorhandene Schwefelkiesgehalt eine sehr nachtheilige chemische Einwirkung, namentlich bei dem Eisenhohofen- und anderen eisenhüttenmännischen Processen hat, und die Güte des mit solchen Kohlen erzeugten Roheisens und des aus schwefelhaltigem Roheisen dargestellten Stabeisens wesentlich verringert. Es ist daher zweckmäßig, soweit als thunlich, diese verschiedenen, mit den Steinkohlen vorkommenden Mineralsubstanzen abzuscheiden. Bisher hat man diese Beimengungen durch eine nasse Aufbereitung, durch Setzen mit Setzsieben und Waschen in einer Art von Schlämmgräben, mit Hülfe eines Wasserstroms zu entfernen gesucht, wobei sich die verschieden schweren Theile in verschiedenen Schichten absetzen. Nimmt man einen Glascylinder, der mit Wasser oder mit einer andern Flüssigkeit gefüllt ist, und läßt in denselben zu gleicher Zeit einige verschieden große Stückchen von reiner Kohle fallen, welche specifisch schwerer als das Wasser oder die sonstige Flüssigkeit in dem Gefäß ist, so werden die einzelnen Stücke mit verschiedener Geschwindigkeit niederfallen, obwohl sie gleiches specifisches Gewicht haben. Dieß hängt von ihrer besondern Form und von ihrer Größe ab, so wie von dem relativen Widerstande, welchen die Flüssigkeit ihrer Oberfläche bei der niederwärts gehenden Bewegung entgegensetzt. Werden solche Kohlenstückchen von Wasserströmen aufwärts oder in horizontaler Richtung weggeführt, so folgen sie demselben Gesetze und werden nicht alle an demselben Punkte, sondern an verschiedenen abgesetzt, je nach ihrer verschiedenen äußern Gestalt und ihrem verschiedenen Volum, die größten zuerst und die kleinsten zuletzt und von jenen oft weit entfernt. Da nun der Widerstand einer Flüssigkeit eine Trennung der reinen Kohlenstücke von gleichem specifischem Gewichte bewirkt, so muß dieses Gesetz auch für andere, mit Kohle vermengte Substanzen gelten, sowie für Kohlenstücke, welche mehr oder weniger mit Verunreinigungen, z.B. mit Kiesen gemischt sind. Wenn man also die reine Kohle von der minder reinen und von den abgetrennten Unreinigkeiten abzuscheiden beabsichtigt, welche sämmtlich ein verschiedenes spec. Gewicht und verschiedene Größen haben, so kann die Separation mittelst Wasserströmen nicht genügend bewerkstelligt werden. Ich mache daher von dem Princip, daß feste Körper von verschiedener Form und Größe den sich bewegenden Flüssigkeiten einen verschiedenen Widerstand entgegensetzen, gar keinen Gebrauch, sondern wende Flüssigkeiten an, die ein größeres spec. Gewicht als Steinkohle haben, so daß die besseren Theile der Kohle schwimmen können, während die unreineren und die Beimengungen untersinken müssen. Behufs der Separation von Kies, Schiefer, Kalkspath, Quarz oder Kiesel etc., welche der Steinkohle beigemengt sind, werfe ich das Gemenge von Kohle und anderen Substanzen in ein Gefäß, welches eine Flüssigkeit enthält, deren spec. Gewicht größer als dasjenige der reinen Kohle und geringer als dasjenige der zu separirenden Substanz ist. Die Theile des zu behandelnden Materials (sey ihr Volum welches es wolle), welches in die Flüssigkeit geworfen wurde, müssen (es sey denn daß sie genau dasselbe spec. Gewicht wie die Flüssigkeit haben) entweder auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwimmen, oder darin untersinken, und dadurch wird eine vollständige Separation der Kohle von den verschiedenartigen ihr mechanisch beigemischten Substanzen bewirkt. Das Schwimmvermögen der reineren Kohle auf der Oberfläche der Flüssigkeit wird durch die Größe oder eigenthümliche Form der Stücke nicht beeinflußt, man kann Massen von einem Pfunde beliebig lang neben Theilchen, die kaum einen Grän schwer sind, suspendirt erhalten, da nur die Schwere der angewendeten Flüssigkeit die Suspension der Kohle und ihre Separation von anderen Substanzen bewirkt, ohne daß eine mechanische Kraft oder eine Bewegung der angewendeten Flüssigkeit dazu erforderlich ist. Um dieß zu erläutern, bemerke ich, daß (reines Wasser als Einheit angenommen) die reine Kohle ein spec. Gewicht von 1,3, Kiesel oder Quarz von 2,6, Kalkspath von 2,7, Schieferthon von 2,6 und Schwefelkies von 3,9 bis 4,1 hat; die leichteste von diesen Beimengungen hat also beiläufig ein zweimal so großes spec. Gewicht als die reine Kohle, und die schwerste derselben mehr als das Dreifache; der Unterschied des spec. Gewichts ist daher zu ihrer Separation von der Kohle groß genug. Wenn man nun irgend eine Flüssigkeit von höherm spec. Gewicht als reine Kohle, z.B. von 1,35, in einen Trog gibt und alsdann Bruchstücke von Förderkohlen hineinwirft, so ist es einleuchtend, daß alle diejenigen Stücke, deren spec. Gewicht größer als 1,35 ist, auf den Boden des Gefäßes hinabsinken, hingegen alle leichteren Stücke von reiner oder fast reiner Kohle so lange auf der Oberfläche schwimmen werden, bis man sie daselbst wegnimmt. Die Separation der (reinen) Kohle von fremdartigen Materialien und von der mit Beimengungen imprägnirten Kohle, kann ohne irgend eine Maschinerie einfach dadurch bewirkt werden, daß man die zu behandelnde Kohle in ein Gefäß schaufelt, welches die dichte Flüssigkeit enthält, während ein Gehülfe die auf der Oberfläche schwimmenden Stücke mit einem Rechen oder mit einer durchbrochenen Kelle abzieht oder abhebt; die schweren Stücke dagegen, welche aus den von der Kohle separirten fremdartigen Substanzen bestehen, werden von Zeit zu Zeit von dem Boden des Gefäßes entfernt, damit sie sich nicht zu sehr anhäufen. Ich erwähne dieses einfache Verfahren, um zu zeigen daß die Separation reiner oder verhältnißmäßig reiner Kohle von einer großen Masse fremdartiger Substanzen, die ihr beigemengt oder beigemischt sind, einfach durch die Wirkung der Schwere bewerkstelligt werden kann, ohne zu mechanischer Kraft oder zur Bewegung der Flüssigkeit greifen zu müssen. Ich ziehe es jedoch vor, bei meinem Verfahren verschiedene mechanische Vorrichtungen anzuwenden, um die Arbeit zu erleichtern und wohlfeiler zu machen. So kann man die schwimmenden Kohlenstücke von der Oberfläche der Flüssigkeit durch einen mit rotirender oder wiederkehrender Bewegung versehenen Abhebe- oder Abzieh-Apparat, hingegen die auf den Boden des Gefäßes gefallenen Materialien durch einen Becherapparat, eine Schraube ohne Ende, oder, besser noch, durch eine sich drehende Schleuße am niedrigsten Punkte des (in diesem Falle mit trichterförmigem Boden versehenen) Gefäßes, mechanisch entfernen. Auf diese Weise kann der Separationsproceß continuirlich fortgeführt, oder, wenn man will, intermittirend betrieben werden, in welchem Falle das Gefäß von Zeit zu Zeit entleert wird. Statt die Kohle von der Oberfläche der Flüssigkeit abzuziehen oder abzuheben, kann man das Gefäß mit einem breiten oder mit mehreren schmalen Siebböden versehen, auf welche man einen Strom der dichten Flüssigkeit (auf der die Kohle schwimmt) fließen läßt, der die schwimmenden Kohlenstücke in einen Behälter mit sich fortführt, wo dann eine Separation der flüssigen von den festen Theilen durch Filtration oder mittelst eines Centrifugalapparates bewirkt wird. Mit der auf diese Weise wiedergewonnenen Flüssigkeit wird eine frische, in den Trog gebrachte Charge der unreinen Förderkohle behandelt, und so fort. Vor dem Einbringen in den Trog müssen aber diese Kohlen entweder mit Wasser befeuchtet, oder mit der dichten Flüssigkeit in einer Trommel oder in einem sonstigen Apparat gut gemischt werden. Wenn die Kohle sehr rein dargestellt werden soll, so ist es zweckmäßig, den größten Theil der Unreinigkeiten durch eine erste Arbeit, mittelst Anwendung einer dichteren Flüssigkeit als gewöhnlich, zu beseitigen, und dann die theilweise gereinigte Kohle nochmals zu separiren; der bei dieser zweiten Arbeit anzuwendenden Flüssigkeit gibt man ein spec. Gewicht, welches dem der reinen Kohle sehr nahe kommt, damit nur Kohlenstücke von möglichster Reinheit auf der Oberfläche zurückbleiben, und die hierbei niedergefallenen Materialien werden als geringeres Brennmaterial verkauft. Die Größe der aufzubereitenden Kohlenstücke ist im Allgemeinen gleichgültig, aber eine ziemlich vollkommene Separation ist nur mit kleinen, durch Walzen gegangenen Kohlen zu erlangen. Von diesen durchgewalzten Kohlen werden zuvörderst äußerst kleine Theilchen mittelst Windapparaten oder Sieben abgesondert. Zum Separiren der Kohle benutzt man eine möglichst wohlfeile Salzlösung, deren spec. Gewicht größer ist als das der reinen Kohle und auch leicht regulirt werden kann. Neutral gemachte Lösungen von Metallsalzen, z.B. Eisenchlorid, Manganchlorür etc., eignen sich hierzu sehr gut; ich gebe aber dem Chlorcalcium (salzsauren Kalk) den Vorzug. Um einen Verlust an dem Salzgehalt der Separationsflüssigkeit so viel als thunlich zu vermeiden, muß man die gereinigte Kohle möglichst abtrocknen und dann einen Wasserstrom darauf fallen lassen, um sie gehörig auszuwaschen. Es können auch die Kohlen mittelst einer Schraube langsam durch ein halbcylindrisches Gerinne geführt werden, durch welches Wasser in entgegengesetzter Richtung von derjenigen fließt, in welcher sich die Kohle bewegt. Die fremdartigen Substanzen welche von der Kohle separirt worden sind, können auch abgetrocknet und gewaschen werden, um die daran hängende Flüssigkeit zu entfernen. Das Waschwasser muß man in beiden Fällen abdampfen, um es auf die erforderliche Dichtigkeit zurückzuführen. Durch dieses Waschen werden die Kohlen sehr wirksam von der anhängenden Flüssigkeit, in welcher sie separirt worden, gereinigt, welche bei manchen Anwendungen der Kohlen einen nachtheiligen Einfluß haben könnte. Das Trocknen der separirten und gewaschenen Kohlen kann durch einen kalten oder einen erwärmten Luftstrom, oder in einem Centrifugalapparat bewirkt werden. Die auf beschriebene Weise gereinigten Steinkohlen eignen sich ganz besonders zur Gasfabrication sowie zu einigen Hüttenprocessen, wobei das Brennmaterial mit dem Metall in unmittelbare Berührung kommt.