Titel: Ueber Kalkziegelfabrication und Kalkziegelbau; vom Architekt F. Engel in Proskau.
Fundstelle: Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XXIX., S. 100
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XXIX. Ueber Kalkziegelfabrication und Kalkziegelbau; vom Architekt F. Engel in Proskau. Aus der Zeitschrift für deutsche Landwirthe, 1859, 7tes Heft, S. 193. Mit Abbildungen auf Tab. II. Engel, über Kalkziegelfabrication und Kalkziegelbau. Vor ungefähr zwanzig Jahren verschaffte der Kaufmann Prochnow in Bahn (Hinterpommern), durch Ausführung mehrerer Gebäude, besonders im östlichen Deutschland, dem Bau mit Kalksandpisé Eingang und durch seine, im Jahre 1842 über diese Baumethode veröffentlichte Schrift, namentlich im landwirtschaftlichen Bauwesen, wohlverdiente Verbreitung. Auch im südlichen Deutschland fand diese Bauart bald angemessene Verwendung, namentlich durch die 1846 von Carl Leuchs in Weisenau bei Nürnberg ausgeführten Gebäude, welcher ebenfalls seine Bauweise in einer 1848 erschienenen Schrift veröffentlichte. Seitdem ist diese Bauart in fast allen Gegenden Deutschlands bei Aufführung von ein, auch zwei Stockwerk hohen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, sowie Eisgruben, Brunnen, kleinen Brücken, Umwehrungen etc., vielfach in Ausführung gekommen, und sind hierbei wesentliche Verbesserungen in der Art und Weise der Bereitung des Mörtels und in der Manipulation bei der Verwendung desselben gemacht worden, die man in mehreren, in neuerer Zeit erschienenen Schriften (Krause, der Kalksandbau, 1851, bei Flemming in Glogau; F. Engel's Kalksandpisébau, 1851, bei E. Röder in Wrietzen a/O.), erläutert findet. Aus diesen Schriften ersehen wir, daß die Mischungsverhältnisse der Bestandtheile des Mörtels zum Kalksandpisébau verschieden und von der Güte des zu verwendenden Kalkes abhängig sind. In den meisten Fällen hat man 1 Theil guten Steinkalk und 8–10 Theile reinen scharfen Sand angewendet. Auch bedient man sich oft zweierlei Sandes, feineren, mittleren und gröberen Sandes oder Kieses, um die Zwischenräume mehr auszufüllen. Für diejenigen, denen diese Baumethode gänzlich fremd ist, muß ich noch anführen, daß man den sorgfältig und innig miteinander gemischten Mörtel, behufs Aufführung der Wände, in eine oder mehrere kastenartige Vorrichtungen etwa 2–3 Zoll hoch hineingeschüttet, ausbreitet und mit hölzernen Stößern feststampft. Nachdem dieß geschehen, wird eine neue Lage Füllmaterial ausgebreitet und festgestampft und so fortgefahren, bis der Kasten gefüllt ist. Bei gewöhnlichem Mörtel muß der Kasten mindestens 24 Stunden unberührt bleiben, ehe eine neue Kastenschicht von 1 1/2–2 Zoll Höhe begonnen werden kann. In Fällen, wo man eine schnellere Erhärtung der Masse beabsichtigte, wurden dem Kalkmörtel noch Cement, oder billigere Materialien, welche ein schnelleres Bindungs- und Erhärtungsvermögen dem Kalkmörtel zu verleihen im Stande sind, wie Steinkohlen- und Torfasche, Ziegelmehl etc. zugesetzt. Die Schachtruthe Kalksandpisémauer kommt je nach dem Preise des Kalkes und der Höhe des Arbeitslohnes auf 3 1/2 – 6 Thlr. zu stehen. Diese Baumethode empfiehlt sich daher besonders dringend für diejenigen Gegenden, in denen Sand im Ueberfluß und gebrannter Kalk gegen billige Preise zu erhalten, Lehm und Thon zur Fabrication gebrannter Ziegel dagegen gar nicht zu haben sind. Sie empfiehlt sich ferner vorzugsweise dem landwirthschaftlichen Bauwesen, da sie in ihrer Einfachheit bei der Ausführung nur sehr wenig gelernte Handwerker bedarf, und alle sonst disponiblen Arbeitskräfte, selbst Frauen und Kinder, gegen geringen Lohn bei dem Bau verwendbar macht. Je sorgfältiger die Umhüllung der Zusatzmaterialien (Sand, Kies, resp. Granit) mit dem Bindemittel (Kalk- [Hydrat] Milch) stattgefunden hat, um so innigeren Zusammenhang gewinnt die Masse nach ihrer Verwendung, insbesondere durch das Stampfen derselben und zwar in verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit; Scheunen mit 16–18 Fuß hohen Wänden, Magazine und Speicher, sowie Wohngebäude von zwei Etagen Höhe können damit völlig dauerhaft aufgeführt werden, besonders wenn verschiedene Sorten Sand zum Mörtel verwendet werden, da sich dann die feineren Sandkörner durch das Stampfen in den Zwischenräumen der gröberen Sandkörner festlagern und dadurch einen innigeren Zusammenhang des Conglomerats herbeiführen. Nach den bisher geschilderten Vortheilen dieser Baumethode müssen wir jedoch auch der, bei derselben obwaltenden Schwierigkeiten gedenken; diese bestehen hauptsächlich in der Abhängigkeit von der Witterung und dem guten oder bösen Willen der Arbeiter; erstere verhindert bei anhaltendem Regenwetter den erforderlichen Fortschritt des Baues, letzterer, daß die Mörtelschichten nicht überall im Formkasten regelmäßig festgestampft, auch nicht immer von gleicher Stärke eingehalten werden, welches einen verschiedenen Festigkeitsgrad des Gemäuers zur unvermeidlichen und nachtheiligen Folge hat. Um Gebäude schneller und trockner herstellen zu können, und nicht so abhängig von der Witterung zu seyn, hat man in neuerer Zeit den Béton-Mörtel zur Darstellung künstlicher Steine in der Weise benutzt, daß man kleinere und größere Blöcke davon verfertigt und diese Arbeiten in besonderen Werkstätten verrichtet, indem man den Mörtel in hölzerne Formen gießt, ausbreitet, feststampft und gehörig trocknen läßt, und so ein künstliches, gehärtetes, zur Verwendung beim Bau tüchtiges Werkstück erhält. Solche künstliche Steine sind in neuerer Zeit in Deutschland, England und Frankreich zu Bauten, in und über der Erde, vorzugsweise aber zu Wasserbauten benutzt worden, und bediente man sich z.B. in England bei der Herstellung der großen Seemauer zu Brighton künstlicher Steine aus 1 Theil gelöschtem Kalk und 6–8 Theilen Kies. Die dem Wasser ausgesetzte Seite der Mauer ist hierbei mit Granit bekleidet, so daß diese Plattirung mit noch festerem Gestein die Schutzdecke gegen Beschädigung bildet; ebenso sind in Frankreich zu den Hafenbauten bei Cherbourg, namentlich zu den großen Steindämmen, ebenfalls künstliche Steinblöcke verwendet worden, welche als Wellenbrecher dienen. Noch großartiger ist die Verwendung künstlicher Steinblöcke zu den Hafenbauten in Algier, wo Blöcke von 700–800 Wiener Kubf. (1 Wiener Kubf. = 1,021733 preuß. Kubf.) dargestellt und ins Meer versenkt wurden. In Deutschland wurden bisher die künstlichen Steine wenig und im Allgemeinen nur zu kleinen Gebäuden etc. verwendet, da die Herstellung derselben im Vergleich mit den aus Lehm und Thon gefertigten Ziegelsteinen sehr kostspielig wurde (Czarnikow u. Comp. in Berlin fertigen z.B. künstlichen Sandstein per Kubikfuß zu 9 Sgr. an); in neuester Zeit hat aber der Hr. Dr. Bernhardi sen. in Eilenburg (Provinz Sachsen) in weiterer Ausbeute des im Eingange beschriebenen Kalksandbaues eine Kalkziegelfabrication mittelst einer von ihm construirten Presse erfunden, die namentlich für landwirthschaftliche Bauausführungen dringend empfohlen und hier näher erörtert zu werden verdient. Bei gleicher Wohlfeilheit, Bequemlichkeit und Dauerhaftigkeit, wie der Kalksandbau, bietet der Bau mit Kalkziegeln die Mittel, Gebäude schneller, trockener und von dem Wechsel der Witterung unabhängig aufführen zu können, ferner auch dem Gebäude in allen seinen Theilen denselben Festigkeitsgrad zu geben, da jeder einzelne Stein den letzteren bei seiner Fabrication erhält. Dieses habe ich, der ich mit dem Kalksandpisébau nicht nur völlig vertraut bin, sondern auch den Kalkziegelbau aus eigener Erfahrung kennen lernte, selbsterprobt, und kann daher dem Gutachten, welches der königl. sächsische Ingenieur des Baufaches Werther im April-Mai-Hefte 1858 des landw. Centralvereins der Provinz Sachsen, über diese Baumethode ausspricht, in allen Theilen beitreten. In derselben Weise, wie beim Stampfbau mit Kalk und Sand, werden diese Materialien je nach der Ergiebigkeit des Kalkes in einem Verhältnisse von 6–9 Theilen Sand auf 1 Theil Kalk, auf das Innigste miteinander gemengt und in einem eben solchen Feuchtigkeitsgrade, wie er beim Pisébau beobachtet werden muß, in die vom Hrn. Dr. Bernhardi construirte Presse gebracht und bei einem bedeutenden Drucke (ungefähr 4300 Pfd. auf ungefähr 50, oder 86 Pfd. auf einen Quadratzoll) zu Ziegeln gepreßt, welche schon nach 8–14tägigem Trocknen zum Vermauern vollständig geeignet sind. – Auf diese Weise erhält man ein Baumaterial, welches die Wohlfeilheit des Kalksandpisés mit den Vortheilen der Mauersteine hinsichtlich ihrer bequemen Verwendung vereinigt. Während der Kalksandpisébau sich vorzugsweise für die Aufführung starker Wände qualificirt, und es, wie aus der Erfahrung bekannt, nicht mehr vortheilhaft ist, z.B. Obergiebel, welche kürzer und schwächer als Umfassungsgemäuer sind, von Pisé aufzustampfen, so können mit den, aus derselben Masse geformten Kalkziegeln selbst 6zöllige Wände mit gleichem Vortheil hergestellt werden; bei den von Kalksandpisé gestampften Wänden muß man z.B. zu den Einfassungen und Ueberwölbungen der Thüren und Fenster gebrannte Ziegel, oder Zargen von Bohlen oder Kreuzholz verwenden, bei dem Bau mit Kalkziegeln können dagegen Thür- und Fensteröffnungen, ohne Verwendung von Holz oder Mauersteinen, in Kalkziegeln aufgemauert werden; vieleckiges und verziertes Mauerwerk läßt sich ferner von Kalkpisé entweder gar nicht, oder doch nur bei so bedeutendem Kostenaufwande herstellen, daß die erwarteten Vortheile vollkommen aufgehoben werden; es eignet sich daher der gestampfte Kalksand nur für ganz ordinäre Bauten, besonders aber da, wo starke Wände angemessen und dieselben nicht von vielen Oeffnungen unterbrochen sind. – Dazu kommt noch die schon früher bezeichnete Abhängigkeit von der Witterung. Hrn. Dr. Bernhardi gebührt mithin das Verdienst, durch die Erfindung seiner Kalkziegelpresse die ausgedehnteste Verwendung des Kalksandes im Landbau ermöglicht zu haben. Da es in der Natur der Mörtelmasse liegt, allmählich zu erhärten, so hat auch der, unter dem gewaltigen Drucke frischgepreßte Kalkziegel nicht einmal die Festigkeit um dem leisesten Fingerdrucke zu widerstehen; in demselben Maaße jedoch, in welchem seine Austrocknung erfolgt, steigt auch seine Erhärtung und Festigkeit, bei welcher zunächst die Adhäsion des Kalkes auf die einzelnen Quarzkörner, endlich auch der chemische Vorgang, die Bildung von basisch-kohlensaurem Kalk, die Ursachen sind. Dieser kohlensaure Kalk ist im Wasser nicht löslich und daher sind Kalkziegel ebenso wie der Kalksandpisé und der Mörtel in den Fugen des Mauersteingemäuers auch vollkommen wetterbeständig. Eine nach dem Maaßstabe gefertigte Zeichnung, der Bernhardischen Kalkziegelpresse (Fig. 18 bis 24) füge ich hier bei. Der Apparat selbst ist einfach und daher auch wenig der Reparatur bedürftig. Hauptstücke an demselben sind: die in Fig. 21 im größern Maaßstabe und Durchschnitte gezeichnete Preßform von Gußeisen, mit nach oben verschiebbarem Boden, der 7 Fuß 3 Zoll lange Hebel von Schmiedeeisen, und ein zweiter Hebel zum Herausheben des fertig gepreßten Steines aus der Form. Des leichteren Verständnisses wegen bedeuten gleiche Buchstaben im Grundrisse, der Seiten- und Vorderansicht etc. auch gleiche Theile. Im Grundrisse, Fig. 20, ist a die zum Pressen geöffnete Form; der starke gußeiserne Hebel b, dessen schmale Kante im geschlossenen Zustande in einen Falz greift, ist seitwärts geschoben und gestattet die Füllung der Form mit der vorher sorgfältig gemischten Kalksandmasse. Zur Führung des, um einen Bolzen drehbaren, Deckels b dient das, von Gußeisen gefertigte Kreissegment c. Da nun aber die Kalksandmasse an und für sich nicht eine so zähe und plastische Masse ist, wie Thon und Lehm, und der aus der ersteren gepreßte Ziegel in der Form nicht sogleich die Festigkeit jener Materialien erhält, um unmittelbar nach dem Pressen angefaßt werden zu können, so ist es nöthig, dem neuen Ziegel eine feste Sohle zu geben. Diese besteht in einem einfachen ungefähr 1/2 Zoll starkem Bretchen, welches an seiner unteren Fläche (Fig. 22) mit eingeschobenem Leistchen x, x, um das sonst unvermeidliche Werfen und Verziehen zu verhindern, versehen seyn muß. Dieses gehobelte und in seiner Grundfläche genau der Ziegelform entsprechende Bretchen wird, vor dem Füllen der Form mit Kalksandmasse, in die Preßform gelegt (d in der Durchschnittszeichnung der Preßform Fig. 21), der Hebel e (wie in der Seitenansicht punktirt) in die Höhe gehoben, und hierdurch der mit diesem verbundene gußeiserne Boden der Preßform f abwärts gezogen. Jetzt wird die präparirte Masse mittelst der Maaßschaufel, Fig. 24, deren Größe der, zu einem Ziegel erforderlichen Menge von Kalksandmasse entsprechend ist, durch den Blechtrichter g (Seiten- und Vorderansicht) in die Preßform geschüttet, hier mit Hülfe eines hölzernen Spatels gleichmäßig ausgebreitet und besonders gut in die Ecken gedrückt. Hierauf wird der Deckel b zugeschoben: er greift nun in den Falz h (Detailzeichnung) und verschließt somit die Preßform dicht und fest. Jetzt drückt ein Arbeiter den Hebel e herunter, und preßt hierdurch den Boden f, f mit dem Einlegebretchen und der darauf befindlichen Kalksandmasse gegen den Deckel b, und gibt der letzteren die beabsichtigte Ziegelform. Hierauf wird der Deckel b geöffnet und der Ziegel mittelst Niederdrücken des kleineren Hebels i aus der Form gehoben. Dieser Hebel ist nämlich ebenfalls mit der die Bewegung des Bodens f bedingenden Stange k verbunden. Um den, auf seinem Einlegebretchen lagernden Ziegel nicht mit der Hand zu berühren, dient die in der Führung m, m laufende eiserne, mit hölzernem Heft versehene Stange l, l dazu, den Stein auf das hölzerne, von Bernhardi mit „Schieber“ bezeichnete Bret (siehe Fig. 23) zu schaffen. Letzteres lagert zu diesem Behufe auf dem, von schwachem Eisen gefertigten Gerüste n, n, n, welches genau in derselben Höhe mit der Unterkante des Einlegebrets des gepreßten und mittelst Hebels i an der Form gehobenen Ziegels steht. – Stößt man die Stange l, l nun sanft vor, so trifft das am äußersten Ende derselben befindliche Quereisen o die Kante des Einlegebretchens, und schiebt so den fertig geformten Stein von dem Boden f der Preßform, auf den, zur Aufnahme des Steines bestimmten, auf dem Gerüst n befindlichen sogenannten „Schieber.“ Letzterer ist 3/4 Zoll stark, 6 Zoll breit, etwa 2 Fuß 4 Zoll lang und zur Aufnahme von zwei Ziegeln geeignet. Die letzteren gelangen dann mit dem Schieber entweder auf eine Tragebahre, mittelst welcher eine gewisse Anzahl derselben, wenn das Trockengerüst entfernt gelegen ist, nach diesem gebracht werden, oder die Ziegel gelangen gleich, bei in der Nähe gelegenen Trockenregalen, von dem Schieber auf diese. Damit die Presse feststehe und nicht bei dem Niederdrücken des langen Hebels e aufkippen könne, ist in der Verlängerung des Apparates der aus 5/4zölligen Bretern bestehende Kasten p angebaut; er dient, mit Kalksandmasse, oder auch nur mit Sand gefüllt, als Gegengewicht, und sichert durch letzteres die feste Stellung der Presse. Außerdem bietet der Deckel des Kastens p, indem er einige Zoll über den letzteren hervorragt, eine Tischplatte, um die, für die fernere Fabrication von Kalkziegeln erforderlichen Einlegebretchen und Schieber niederlegen zu können. Damit die Ziegel stets von gleicher Dicke gefertigt werden, sind bei q (vergl. die Seitenansicht, Fig. 18) zwei verticale Eisenstücke mit Löchern an dem Gestelle der Maschine befestigt, durch welche, je nach der beabsichtigten Dicke der Ziegel, ein Eisenbolzen höher oder niedriger gesteckt wird, und bis auf welchem der Hebel e bei jedesmaligem Pressen niedergedrückt werden muß. Außerdem befindet sich noch bei r eine Feder, welche dem Hebel e in seiner waagrechten Stellung als Stütze zu dienen bestimmt ist. Es ist Thatsache, daß Kalksandziegel schon nach wenigen Tagen genügend erhärtet sind, um vermauert werden zu können. Ebenso habe ich es erfahren, daß die Haltbarkeit der Ziegel weder durch Frost, noch durch Regen oder sonstige Unbill der Witterung leide. Eine recht sorgfältige Mengung des Kalkes mit dem Sande ist aber für Kalkziegel eine ebenso unerläßliche Bedingung, als beim Kalksandbau. Dr. Bernhardi hat nun auch eine Maschine zur Mengung der Kalkziegelmasse construirt und empfohlen, sie gleicht im Wesentlichen der Badike'schen Mengeschraube. Nach meinem Dafürhalten liefert indessen die mit gutem Willen und in redlicher Absicht geführte Kalkhacke, resp. die beim Kalksandbau mehrfach bewährte combinirte Hacke und Harke dieselben, wenn nicht noch bessere Dienste; – ich würde wenigstens nur nothgedrungen eine Maschine bei der Mengung verwenden lassen. Große Bequemlichkeit gewähren die Kalkziegel auch noch dadurch, daß sie auf der Baustelle selbst gefertigt werden können. Der Raum zur Ausführung der Fabrication braucht nur eine Ausdehnung von 15-16 Fuß im Geviert zu haben und mit einem leichten Dache versehen zu seyn. Da ferner die Ziegel bei gutem Wetter sehr schnell trocknen, so bedarf man auch nur einiger wenigen Trockengerüste, um die Verfertigung von Kalkziegeln mit gutem Erfolge zu betreiben. Die Maschine erfordert zu ihrer Bedienung 3–4 Mann; diese können in einem Tage, wenn die Masse von anderen Leuten gemengt wird, bis 2000 Stück pressen und zum Trocknen auf die Stellagen schaffen; liegt ihnen indessen aber auch die Mengung des Kalkes mit dem Sande ob, so schaffen 3 Mann nach meiner hierin gemachten Erfahrung nur 6–800 Stück Ziegel; es dürfte mithin der Preis der Ziegel per 1000, incl. der Materialien (natürlich je nach dem Preise des Kalks und den Kosten des Arbeitslohnes und der Anfuhr des Sandes) mindestens 3 1/2, höchstens 5 Thlr. betragen. Die Kalkziegel werden wie gebrannte Ziegel vermauert, indessen hat sich der Maurer dabei einer gewissen Sorgfalt zu befleißigen; das, auch bei gebrannten Mauersteinen höchst unnütze, Daraufklopfen mit dem Hammerstiel muß in allen Fallen unterbleiben, weil der zwar feste, aber spröde Ziegel dadurch zerbrechen würde; eben so überflüssig ist auch das Anfeuchten der Kalkziegel, da diese nicht so porös wie Mauersteine sind, und ein zu schnelles Aufsaugen der Feuchtigkeit aus dem Mörtel daher nicht zu befürchten ist. Während beim Bau mit gebrannten Ziegeln eine, einen halben Zoll starke Fuge als Norm angenommen wird, genügt es bei der Vermauerung der Kalkziegel die Fugen nur 1/4 Zoll stark zu machen, deßhalb muß auch darauf gesehen werden, daß der Mörtel, welcher 2 bis 3mal kalkreicher bereitet seyn muß, als die Kalkziegelmasse, keine größeren Steine enthält. Der Sand zum Mörtel muß mithin zuvor durch ein feines Sieb geworfen werden. Nach meinen Erfahrungen dürfte es sich empfehlen, die Kalkziegel vorzugsweise im Streckenverbande zu vermauern. Die äußeren Flächen des Kalkziegelgemäuers bedürfen ebensowenig wie Kalksandwände des Abputzens, vielmehr genügt ein einfaches Zureiben der Fugen, auch gestatten es die Kalkziegel, gefugtes Mauerwerk herzustellen; innere Wände brauchen nur einfach abgerieben und geschlämmt zu werden, um als feingeputzt zu erscheinen. Indem ich noch darauf verweise, daß die Güte der zu Kalkziegeln zu verwendenden Materialien nach denselben Bedingungen, wie beim Kalkandpisébau, bestimmt wird, muß ich noch anführen, daß Festigkeit und Wetterbeständigkeit der Ziegel sich auch ohne längere Wetterprobe ziemlich sicher aus ihrer Beschaffenheit im trockenen Zustande erkennen lassen; ein fester, aus scharfem Sande und gutem Kalke gefertigter Kalkziegel gibt, auf der Hand gehalten, im trockenen Zustande beim Anschlagen mit dem Fingerknöchel einen hellen, gewissermaßen metallischen Klang, außerdem sind seine Flächen und Kanten hart und scharf, und es ist selbst bei starkem Reiben mit der Fingerspitze unmöglich, die Textur der Fläche zu zerstören. Enthält dagegen der zum Kalkziegel verwendete Sand Lehm oder Erde, oder war sonst verunreinigt, so gibt ersterer bei dem Anschlagen einen um so matteren Ton, je weniger rein der Sand war, und der reibende Finger hinterläßt sehr leicht auf der Fläche des Steins Spuren zurück. Die Zahl der bis jetzt schon von diesem Material aufgeführten Gebäude ist ziemlich bedeutend, und zeichnen sich alle Ausführungen durch Festigkeit, Wetterbeständigkeit und ein gutes Aeußere aus; der Bau mit Kalkziegeln ist daher, als eine Vervollkommnung des Kalkpisébaues, bei dem Beginn der Bauperiode besonders dem Landwirthe dringend zu empfehlen und noch zu bemerken, daß der Erfinder gut und dauerhaft gefertigte Pressen in seiner Fabrik selbst zu civilen Preisen vorräthig hält, und auf Verlangen sowohl specielle Anleitung zur Handhabung der Maschine, als auch Mittheilungen über den Kalkziegelbau selbst zu ertheilen bereit ist. Als neuere, diese Bauweise betreffende Mittheilung geben wir zum Schluß unseres Aufsatzes nachfolgende, von Hrn. Baurath Pommer an Hrn. Dr. Bernhardi Ende vorigen Jahres brieflich erstattete Benachrichtigung: „Der verunglückte Bau der altlutherischen Kirche zu Stolp ist ohne Zuziehung eines königl. Baubeamten durch den Vorstand der Kirchengemeinde und unter Zuziehung eines Maurer- und Zimmermeisters in Kalkziegeln in diesem Jahre bewirkt; die Dimensionen der Kirche sind: 75' Länge, zwischen 30–40' Breite, die lichte Höhe der 2 1/2' starken Umfassungsmauern 21 Fuß; die Decke soll von Holz construirt werden, und der massive Thurm 60' Höhe erhalten; im freistehenden Kirchengiebel befindet sich behufs Anbaues der Altar-Nische eine 16' weite Oeffnung, welche mit einem flachen, 2 Stein starken Bogen aus Kalkziegeln überwölbt wurde; die Kirchenfenster erhielten die Spitzbogenform. – Der Bau ging gut von statten; beim Einwölben der Fenster ereignete sich, durch die Unvorsichtigkeit der Maurer, der erste Unfall, indem dieselben an einem Sonnabende zwei eben erst eingewölbte Fensterbögen sofort ausrüsteten, am folgenden Tage trat ein lange anhaltender, sehr heftiger Regen ein, und brachte die noch ganz frischen Bögen zum Einsturz. Ein zweiter Unfall soll sich beim Hinaufschaffen der Balken und des Dachverbandes ereignet haben, indem hierbei ein Fensterpfeiler heftig erschüttert und dadurch zum Einsturz gebracht worden seyn soll. Nunmehr sistirte die Polizei, den Bau für gefährlich haltend, die Arbeiten, und Hr. Geheimerath Nünnecke, zu dessen Decernat die Sache gehört, begab sich an Ort und Stelle und ordnete an, daß das Mauerwerk mit dem Doppelten des Gewichts des Daches etc., welches dasselbe später zu tragen haben würde, probeweise während 8 Tagen belastet werden sollte. Diese Probe wurde gut bestanden, das Richten des Daches und das Aufmauern des Dachgiebels begann, bald aber knickte dieser Kirchengiebel in sich zusammen und stürzte ein; hierdurch verlor die Gemeinde alles Vertrauen und ergänzte successive fast alles Mauerwerk durch neues dergl. von gebrannten Steinen. Nicht in dem schon etwas magern Mischungsverhältniß 1 : 8, welches man angewandt, suche ich die Ursache des Mißglückens, sondern: 1) in dem verwendeten feinen, weichen, schluffigen, mit Lehmtheilen vermischten Sande erblicke ich dieselbe mit Bestimmtheit; ferner auch 2) in der mangelhaften Mischung selbst, und 3) auch darin, daß man den Bau, namentlich aber den Anfang des Baues, jedenfalls übereilt und bei demselben zum Theil noch nicht völlig trockene Steine verwendet hat! – Zu Langenböse bei Lauenburg läßt Hr. v. Zitzewitz eine Kirche zu 300 Sitzplätzen (in den Mauern 2 Stein stark und 24' hoch, und unter den Dachbändern mit Verstärkungspfeilern, 4 Stein stark, projectirt), unter der oberen Leitung des Kreisbaumeisters Heydrich erbauen, zu den Steinen guten, scharfen, reinen Grand von mittlerer Stärke verwenden, und, vorsichtig gemacht, durch die Stolper Kirche, den Kern der Pfeiler aus gebrannten Steinen und nur mit Kalkziegeln verblendet aufführen; der Bau ist bis zum Ueberwölben der Fenster vorgeschritten, und wird hoffentlich gut gelingen. Der Schlaever Kreis hat an einer seiner Kreis-Chausseen ein Chausseegeld-Etablissement von 30 und 31' im Quadrat groß und 1 Etage hoch aus Kalkziegeln gut gelungen erbaut, das Mischungsverhältniß 1 : 6 und besonders scharfen groben Grand, in der Größe von Linsen, Erbsen und Bohnen dazu verwendet. Ein, auch äußerlich durch gebrannte Steine sehr hübsch decorirtes, Wirthschafts- (Scheunen und Schafstall) Gebäude hat der Gutsbesitzer Schröder auf Lubjow bei Cöslin in 200' Länge in diesem Sommer mit Kalkziegeln erbaut und dazu recht gutes Material (einen guten Mergelkalk und scharfen, reinen und ziemlich groben Grand) nach dem Verhältniß 1 : 6 verwendet. Der Bau ist ganz vortrefflich gelungen, und es macht Freude, denselben zu sehen. Dieß dürften die größeren massiven, hier zur Ausführung gekommenen Bauten seyn; daß außerdem andere unwichtigere, z.B. das Ausmauern großer Fachwerks-Viehställe auf Gütern, einzelne Umwehrungsmauern aus Kalkziegeln erbaut wurden, verdient wohl kaum der Erwähnung.“

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