Titel: Ueber eine modificirte Darstellungsweise des Kupferoxydes zu Elementaranalysen; von Dr. A. Vogel und Dr. C. Reischauer.
Autor: Prof. Dr. August Vogel [GND], C. Reischauer
Fundstelle: Band 153, Jahrgang 1859, Nr. LIII., S. 197
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LIII. Ueber eine modificirte Darstellungsweise des Kupferoxydes zu Elementaranalysen; von Dr. A. Vogel und Dr. C. Reischauer. Vogel, über eine modificirte Darstellungsweise des Kupferoxydes zu Elementaranalysen. Für das zur Elementaranalyse verwendete Kupferoxyd ist eine wesentliche Bedingung, daß dasselbe frei von Alkalien oder alkalischen Erden sey, da durch diese ein namhafter Fehler in der Kohlenstoffbestimmung in Folge der Zurückhaltung von Kohlensäure veranlaßt wird. Es wäre ein großer Irrthum, wenn man annehmen wollte, daß eine Kalkeinmengung bei der Temperatur des rothglühenden Verbrennungsrohres keine Kohlensäure zu binden im Stande sey, da vielmehr gerade bei einer mäßigen Glühhitze die Verwandtschaft der Kohlensäure zum Kalk, wie wir gezeigt haben,Gelehrte Anzeigen der königl. bayer. Akademie der Wissenschaften, 20. März 1858. sich auf ihrem Höhepunkte befindet; der hiedurch veranlaßte Fehler bei der Analyse der Salze alkalischer Erden mit organischen Säuren ist längst bekannt, indem hier stets eine gewisse Menge Kohlensäure von der Basis zurückgehalten wird. Man kann sich daher für den Zweck der Elementaranalysen auf das von chemischen Fabriken dargestellte Kupferoxyd nicht unbedingt verlassen, sondern ist vielmehr angewiesen, sich den für die Versuche nöthigen Bedarf daran selbst darzustellen. Wir haben diese Erfahrung zu unserem großen Nachtheile an einem käuflichen Kupferoxyd gemacht, in welchem wir als Fehlerquelle einen so beträchtlichen Gehalt an Kalk fanden, daß wir die Resultate der damit ausgeführten Verbrennungen als völlig unbrauchbar verwerfen mußten. Gerade ein solcher Kalkgehalt ist eine um so fühlbarere Verunreinigung im Kupferoxyde, als man nicht leicht dessen Anwesenheit darin vermuthen würde, da sie durch die gewöhnliche Darstellung völlig ausgeschlossen zu seyn scheint. Wir glauben diese tadelnswerthe Beimengung indeß durch die leichtsinniger Weise öfters vorkommende Verwendung gewöhnlichen Kupferhammerschlages zur Darstellung von Kupferoxyd, bei welchem Rohmaterial eine derartige Beimengung von Kalk aus den Abfällen der Werkstätten sich leicht ableiten läßt, erklären zu müssen, – halten uns aber dringend aufgefordert, eine vorläufige Prüfung auf diese gefährliche Verunreinigung vor der Anwendung des im Handel bezogenen Kupferoxydes, wenn man sich dessen überhaupt zu bedienen genöthigt ist, anzuempfehlen. Bei der Darstellung des für den in Rebe stehenden Zweck bestimmten Kupferoxydes kann man alle, selbst für die besondere Bestimmung nicht nachtheiligen Verunreinigungen vermeiden, wenn man dazu galvanisch niedergeschlagenes Kupfer zu verwenden Gelegenheit hat, welches man sich jetzt von den galvanographischen und galvanoplastischen Instituten leicht zu verschaffen im Stande ist. Indeß ist ja aber auch das gewöhnliche Arbeitskupfer für den Zweck der organischen Analyse bekanntlich hinreichend rein; es muß jedoch gelegentlich bemerkt werden, daß wir schon mehrfach in derartigen Kupferblechen nicht unbeträchtliche Mengen von Antimon gefunden haben – eine Einmengung, die man nicht unter die gewöhnlichen zu zahlen pflegt. Die gewöhnliche Darstellungsart des für die Elementaranalyse bestimmten Kupferoxydes ist bekanntlich das Glühen des salpetersauren Kupferoxydes. Dieses Verfahren hat vor der Fällung mit fixen Alkalien oder deren Carbonaten den Vorzug, daß dabei eine Einmengung dieser Fällungsmittel von vornherein ausgeschlossen ist. Die genannte Darstellungsweise ist aber mit einem nicht unbedeutenden Kostenaufwande verbunden, indem man dabei reine Salpetersäure verwenden muß, deren ganze Menge bei dem Glühen des Nitrates verloren geht. Zugleich ist man unter Umständen leicht von der bedeutenden Menge der hiebei entweichenden salpetrigen Säure belästigt. Diesen beiden Uebelständen läßt sich nun sehr einfach begegnen, wenn man zur Zerlegung des salpetersauren Kupferoxydes sich des Ammoniaks unter Anwendung der Siedehitze bedient. Durch die Anwendung dieses Fällungsmittels ist man natürlich der Fehlerquelle wegen eingemengten fixen Alkalis völlig enthoben und gewinnt zugleich die zur Erzeugung des salpetersauren Kupferoxydes benützte Salpetersäure in der Form von salpetersaurem Ammoniak wieder – ein Salz, das man für künstliche Abkühlung häufig mit Nutzen verwenden kann. Zugleich wird hiedurch die Entwickelung salpetrigsaurer Dämpfe beim Ausglühen des Kupferoxydes vermieden. Das Verfahren beruht darauf, daß ammoniakalische Lösungen von Kupferoxydsalzen beim Sieden das Kupferoxyd als schwarzes Pulver fallen lassen, indem gleichzeitig das entsprechende neutrale Ammoniaksalz sich bildet. Es handelt sich nun aber darum, die zur Zerlegung des salpetersauren Kupferoxydes gerade erforderliche Menge Ammoniakflüssigkeit zu treffen, ohne etwa erst eine Gehaltsbestimmung und Rechnung vornehmen zu müssen. Nach der von Kane Journal für praktische Chemie, Bd. XV S. 277. ausgeführten Analyse ergibt sich das salpetersaure Kupferoxydammoniak oder die Flüssigkeit welche entsteht, wenn man die Lösung des salpetersauren Kupferoxydes so lange mit Ammoniak versetzt, bis der anfangs entstandene Niederschlag von basischem Salze sich vollständig wieder gelöst hat, zusammengesetzt nach der Formel: 2NH₃, CuO, NO₅. Würde diese Verbindung nun beim Sieden zerlegt, so müßte offenbar 1 Aeq. Ammoniak als solches entweichen, während das andere Aeq. durch die vorhandene äquivalente Menge Salpetersäure zurückgehalten bleiben müßte. Hieraus ergibt sich nun das praktische Verfahren leicht von selbst. Man hat nur nöthig, die neutrale Lösung des salpetersauren Kupferoxydes in zwei gleiche Theile zu theilen und zu dem einen derselben so lange Ammoniakflüssigkeit hinzuzufügen, bis der anfangs entstandene Niederschlag wieder zu der bekannten lasurblauen Flüssigkeit gelöst ist. Fügt Man dieser nun auch die andere Hälfte der salpetersauren Kupferoxydlösung hinzu, so entsteht allerdings wieder ein blauer Niederschlag von basischem Salze, aber es ist immer eine hinreichende Menge von Ammoniak vorhanden, um auch diese zweite Hälfte von Kupferoxyd beim Sieden auszufällen. Das Sieden selbst (im Digerirkolben auf dem Sandbade vorgenommen) geht regelmäßig von Statten und das Kupferoxyd scheidet sich rasch als schwarzes Pulver aus. Der Vorgang ist besonders interessant dadurch, daß dabei keine mechanische Trennung der beiden die Lösung constituirenden Bestandtheile, wie bei der Destillation etc. eintritt, sondern die Ausscheidung des Kupferoxydes ganz in ähnlicher Weise erfolgt, wie z.B. bei der Aussonderung des basisch-schwefelsauren Kupferoxydes aus einem siedenden Gemisch von schwefelsaurem Kali und Kupfervitriol, bloß in Folge der Temperaturerhöhung. Durch die Trägheit der beiden neuen Producte, in die das salpetersaure Kupferoxydammoniak bei höherer Temperatur zerfällt, ist es nun möglich, deren Trennung durch Decantiren etc. auch nach dem Erkalten vorzunehmen. Wahrscheinlich würde bei längerer Einwirkung der überstehenden Lösung des gebildeten salpetersauren Ammoniaks auch das zugehörige ausgeschiedene Kupferoxyd bei gewöhnlicher Temperatur wieder das ammoniakalische Doppelsalz bilden, ähnlich wie auch bei dem angeführten Beispiele des basisch-schwefelsauren Kupferoxydes sich beim Erkalten, indeß ungleich rascher, wieder die beiden neutralen Salze bilden. Dergleichen Beispiele ließen sich noch viele aufführen, wobei gleichfalls eine solche abermalige Umsetzung sich nur in einer bestimmten Zeit vollendet. Der Einfluß chemischer Trägheit betheiligt sich bei dem erwähnten Processe der Umsetzung des salpetersauren Kupferoxydammoniaks indeß noch in einer anderen Weise. Wenn man das Sieden der eben angegebenen Zeit fortsetzt und das schwarze Kupferoxyd nun absitzen läßt, so findet man doch die überstehende Flüssigkeit immer noch blau gefärbt, wenn gleich die Lösung völlig neutral war, indem das salpetersaure Ammoniak einen geringen Antheil Kupferoxyd zurückhält. Diese bläuliche Lösung läßt den kleinen Antheil Kupferoxyd auch beim abermaligen Sieden nicht niederfallen. Verdampft man sie aber zur Trockne bei einer 100° C. nicht erreichenden Temperatur, so hinterläßt sie nach dem Wiederauflösen eine gewisse Menge eines grünen Pulvers von basischem Salze. Aber auch die Lösung des salpetersauren Ammoniaks hält wieder einen kleinen Rest des Kupferoxydes hartnäckig gelöst zurück. Gleichwohl scheidet sie beim Abdampfen zur Trockne abermals eine kleine Menge des noch gelösten Rückhaltes an basischem Salze aus u.s.f., so daß hier offenbar ein auffallendes Beispiel chemischer Trägheit vorliegt, zumal da das einmal ausgeschiedene basische Salz sich auch nach längerem Maceriren mit dem salpetersauren Ammoniak, in welchem es vor dem Verdunsten zur Trockne gelöst war, nicht wieder zu lösen vermochte. Dagegen löste reines salpetersaures Ammoniak beim Digeriren mit absichtlich dargestelltem krystallinischem viertelsalpetersaurem KupferoxydeNeues Jahrbuch für Pharmacie, Bd. XI. von diesem eine hinlängliche Menge auf, so daß sich die Lösung bläulich färbte. Zweckmäßiger als durch Eindampfen der salpetersauren Ammoniaklösung ist es daher, den geringen Antheil des der Zersetzung sich widersetzenden Kupferoxydes durch Schwefelwasserstoff auszufällen, wodurch es leicht gelingt, ein völlig weißes kupferfreies salpetersaures Ammoniak zu erhalten. Wir hielten es jedoch für nothwendig, uns noch durch directe Bestimmungen einen Anhaltspunkt zu verschaffen für die Beurtheilung der Kupferoxydmenge, die auf solche Weise von dem salpetersauren Ammoniak zurückgehalten und somit zugleich an der Ausbeute von Kupferoxyd eingebüßt wird. In einem vorläufigen Versuche wurde deßhalb die kupferhaltige Ammoniaknitratlösung einfach zur Trockne verdunstet, sodann durch ferneres Erhitzen das Ammoniaksalz zerstört und das rückständige Kupferoxyd gewogen. Von 10 Kubikcentimetern der auch zu den nachfolgenden Bestimmungen gebrauchten Lösung erhielten wir durch Abdampfen 1,819 Grm. festen Rückstandes und 16,5 Milligrm. Kupferoxyd. Da aber die Zerlegung des Ammoniaksalzes durch höhere Temperatur unbequem auszuführen war, so bestimmten wir das Verhältniß zwischen diesem und dem darin gelösten Kupferoxyd noch auf eine andere Weise. In 40 Kubikcentimetern wurde das Kupferoxyd durch Schwefelwasserstoff ausgefällt und nach dem abermaligen Lösen wie gewöhnlich durch Kali gefällt und gewogen. Den Gehalt an Ammoniaksalz dagegen ermittelten wir in weiteren 10 Kubikcentimetern derselben Lösung, indem daraus das Ammoniak durch Kochen mit überschüssigem Barytwasser entfernt wurde, wodurch gleichzeitig das Kupferoxyd niedergeschlagen werden mußte. Nach Entfernung des Barytüberschusses durch Einleiten eines gewaschenen Kohlensäurestromes ließ man sodann behufs der Zerlegung des dabei gebildeten sauren kohlensauren Baryts zur Trockne verdunsten. Durch die hierauf folgende Behandlung mit Wasser mußte nun salpetersaurer Baryt in Lösung übergehen und offenbar 1 Aequivalent desselben auch einem Aequivalent salpetersauren Ammoniaks in der verwendeten Lösung entsprechen. Die Barytnitratlösung wurde mittelst Schwefelsäure gefällt und das erhaltene Barytsulfat auf salpetersaures Ammoniak berechnet. Wir erhielten bei diesen Bestimmungen, zu welchen eine noch nicht zur Trockne verdunstete, also noch mit ihrem ganzen Gehalte an Kupferoxyd beladene Lösung verwendet war, folgende Zahlenwerthe: 1) Kupferoxydbestimmung in 40 Kubikcentimetern Lösung. Kupferoxyd     68 Milligrm. 2) Ammoniaknitratbestimmung in 5 Kubikcentimetern Lösung. Als salpetersaurer Baryt auf 400 Kubikcentimeter Lösung gebracht; davon lieferten 100 Kubikcentimeter: A 323 Milligrm. schwefelsauren Baryt B 320       „                „              „ Hiernach ergibt sich die durch 100 Thle. salpetersaures Ammoniak in Lösung zurückgehaltene Menge an Kupferoxyd zu: A B 0,967 Procent. Aus dem Vorversuche abgeleitet: 0,915, d.h. es wird nahezu 1 Procent des salpetersauren Ammoniaks an Kupferoxyd durch ersteres gegen die Fällung beim Sieden geschützt. Da man nun nach dem oben mitgetheilten Schema des Processes, nach welchem die Zerlegung des Gemisches von Ammoniakflüssigkeit und salpetersaurem Kupferoxyd vor sich geht, weiß, daß auf jedes Aeq. des gebildeten salpetersauren Ammoniaks sich 1 Aeq. Kupferoxyd in der Lösung findet, so ist es leicht aus den eben angeführten Daten den an Kupferoxyd in Folge der Löslichkeit desselben im salpetersauren Ammoniak erlittenen Verlust in Procenten des erzeugten Kupferoxydes auszudrücken. Derselbe ergibt sich alsdann zu 1,91 Proc. des aus dem zur Auflösung verwendeten Kupfer berechneten Oxydes. Will man sich daher dieser Darstellungsmethode bedienen, so muß man allerdings zunächst in Erwägung ziehen, ob der Werth des salpetersauren Ammoniaks, welches man aus der nach dem gewöhnlichen Verfahren des einfachen Glühens des Nitrates verloren gehenden Salpetersäure erhält, jenen Verlust von beiläufig 2 Proc. Kupferoxyd zu decken im Stande ist; wir glauben indeß, daß das beschriebene Verfahren unter Verhältnissen nicht selten vortheilhaft erscheinen werde.