Titel: Locomobile, welche auf der französischen Ostbahn zum Speisen der Wasserreservoirs angewandt wird.
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XXIII., S. 87
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XXIII. Locomobile, welche auf der französischen Ostbahn zum Speisen der Wasserreservoirs angewandt wird. Aus Armengaud's Génie industriel, Januar 1860, S. 27. Mit Abbildungen auf Tab. II. Locomobile zum Speisen der Wasserreservoirs. Die kleine Maschine, welche in den Figuren 810 abgebildet ist, gehört in die Classe der Dampflocomobilen, obgleich dieselbe nicht wie die derartigen Maschinen auf Rädern steht. Da der Dienst, zu welchem sie verwendet wird, keine häufige Ortsveränderung derselben erfordert, so hielt man es für unnöthig, die Maschine auf Räder zu stellen, um so mehr als dadurch die Treibachse zu hoch für den vorgesetzten Zweck zu liegen gekommen wäre. Bei der französischen Ostbahn werden dreierlei analoge Maschinen zu verschiedenen Zwecken benutzt: 1) Maschinen zum Bewegen der großen Drehscheiben von 11,60 Met. Durchmesser; 2) Maschinen zum Treiben von Pumpen oder anderen Apparaten, was durch Riemenscheiben und endlose Riemen geschieht, und endlich werden 3) solche Locomobilen, auf welchen Wasserpumpen angebracht sind, benutzt um die Wasserreservoirs zeitweise oder ununterbrochen zu speisen. Diese letzte Art von Maschinen ist in den Figuren 810 abgebildet. Fig. 8 ist ein Längendurchschnitt mitten durch die Maschine, Fig. 9 ein Grundriß derselben, und Fig. 10 eine Ansicht von der Seite der Heizthür, worin die Sicherheitsvorrichtungen etc. ersichtlich sind. Wie man sogleich bemerken wird, besteht die Eigenthümlichkeit dieser Maschine darin, daß auf ihrem Kessel zwei Pumpen angebracht sind, deren Cylinder horizontal liegen, und welche eine gemeinschaftliche Saug- und Steigröhre haben. Der ganze Apparat steht auf einem gußeisernen Gestell X, welches direct auf den Boden gestellt ist. Der eigentliche Kessel A ist cylindrisch, und enthält, wie bei den Locomotiven, eine gewisse Anzahl messingener Röhren, durch welche die in der Feuerbüchse F erzeugte Flamme sammt den Verbrennungsproducten in die Rauchkammer R geleitet wird. Diese Theile sind wie gewöhnlich bei solchen Maschinen angeordnet, und ein Deckel a mit Selbstverschluß, welcher als Mannloch dient und in der Rauchkammer liegt, gestattet das Innere des Kessels zu untersuchen. Der Dampfcylinder C ist oben auf dem Kessel über der Feuerbüchse F angebracht, und der Kolben P überträgt durch die gabelförmige Zugstange B seine Bewegung auf die Doppelkurbel D. Der Kolben wird bei seiner geradlinigen Bewegung durch die Kolbenstange e geführt, deren Verlängerung durch eine Führungsbüchse geht, welche in einer auf den Kessel aufgeschraubten Stütze o liegt. Die Kolbenstange ist mit den Gabelarmen b' der Zugstange B durch einen Zapfen x verbunden, welcher durch den Kolbenstangenkopf und die Augen an der Zugstange B geht. Die Kurbelachse D liegt in den Lagern E, welche aus einem Stücke mit den Trägern E' gegossen sind, die selbst wieder durch vier starke Schrauben an die Rauchkammer befestigt werden. Dem Dampfschieber f wird seine Bewegung durch das Excentricum F ertheilt, welches auf die Kurbelachse D aufgekeilt ist und auf eine kleine Zwischenachse d wirkt, auf deren Mitte ein Hebel aufgesteckt ist, der mit der Schieberstange in Verbindung steht. Die zur Steuerung gehörigen Theile können durch den Hahnen mit doppeltem Reservoir f' geölt werden. Der Kessel wird durch eine Pumpe p gespeist, deren Kolben durch eine Stange b bewegt wird, die an den Kolbenstangenkopf der Dampfmaschine angehängt ist. Der im Kessel entwickelte Dampf wird durch die Röhre c', welche mit einem Hahn c versehen ist, in den Schieberkasten geleitet, und er entweicht aus demselben durch die Röhre d', die in den Kamin G führt. Dieser besteht unten aus zwei flachen Röhren, welche weiter oben sich in eine einzige vereinigen. Diese Unordnung hat zum Zweck, die Zugstange B durchgehen zu lassen. Der Kamin ist mit einem Register versehen, welches man durch den Handgriff g bewegt, der dem Maschinenwärter zugänglich ist. Auf die beiden Enden der Kurbelachse D sind die excentrischen Scheiben H und I aufgekeilt, welche mittelst ihrer Stangen h und i die Kolben der Pumpen K und L bewegen. Die  Saugröhren derselben, k und l, vereinigen sich unter dem Kessel zu einer Röhre m, die mit einem Gewinde versehen ist, an welches das in den Brunnen reichende Röhrenstück geschraubt werden kann. Die Pumpen sind außerdem mit den Windkesseln M und N versehen, welche den Ausfluß des Wassers regelmäßig und constant machen. Die beiden Steigröhren der Pumpen vereinigen sich ebenfalls in eine einzige T, die mit einem Gewinde t versehen ist, welches zur Verbindung mit der Fortleitungsröhre dient. An den Kesseln sind wie gewöhnlich die Wasserstandhahnen r und r', sowie ein Wasserstandglas s angebracht, um die Höhe des Wassers im Kessel erkennen zu können. Ein Manometer O zeigt den Dampfdruck im Kessel an, und oben auf dem Kessel sind noch die Sicherheitsventile S, S' angebracht. Aehnliche Maschinen wie die hier beschriebene, aber ohne die Wasserpumpen, werden mit Nutzen angewandt um die großen Eisenbahndrehscheiben zu bewegen. Die horizontale Achse, welche früher durch Menschenhände gedreht wurde, erhält nämlich jetzt an einem ihrer Enden eine Kurbel, welche durch die Zugstange mit der Locomobile in Verbindung steht; diese Kurbel ist abnehmbar, und wenn daher aus irgend einem Grunde die Locomobile ihren Dienst nicht verrichten kann, so steckt man dafür die Handkurbel wieder auf, um die Drehscheibe, wie früher, durch Menschenkraft zu bewegen. Die Bedienung dieser Maschinen ist sehr leicht, und ihre Unterhaltung verursacht fast gar keine Kosten. Der Verbrauch an Brennmaterial, welches aus Kohksabfällen besteht, beläuft sich ungefähr auf 80 Kilogr. in 24 Stunden in den großen Remisen, wo viele Locomotiven gespeist werden müssen. Diese Locomobilen haben gewöhnlich eine Kraft von zwei Pferden, die zu ihrem Dienste vollkommen ausreichend ist. Maaße der Hauptbestandtheile dieser Maschinen. Ganze Kessellänge   1,55 Met. Aeußerer Durchmesser   0,60    „ Zahl der messingenen Feuerröhren 30 Länge derselben   0,75 Met. Innerer Durchmesser derselben   0,40    „ Aeußerer Durchmesser derselben   0,49    „ Länge des Feuerkastens   0,46    „ Breite desselben   0,46    „ Höhe desselben   0,50    „ Heizfläche des Feuerraumes   1,00 Quadratmet. Heizfläche der Röhren   3,108  „ Gesammtheizfläche   4,108  „ Kessel- und Cylinderprobe   6 Atmosphären Durchmesser des Dampfcylinders   0,12 Met. Kolbenhube   0,30    „ Normale Geschwindigkeit der Maschine, 100 Umdrehungen    in einer Minute.

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