Titel: Beschreibung eines Apparates zur Sicherung des Effectes der Heber; von J. H. Stahlschmidt, Gruben- und Hüttendirector zu Hörde in Westfalen.
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XXVII., S. 96
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XXVII. Beschreibung eines Apparates zur Sicherung des Effectes der Heber; von J. H. Stahlschmidt, Gruben- und Hüttendirector zu Hörde in Westfalen. Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung. 1860, Nr. 9. Stahlschmidt, Beschreibung eines Apparates zur Sicherung des Effectes der Heber. Der zweischenkliche Heber leistet bekanntlich der Theorie nach eine ununterbrochene Arbeit, so lange die Flüssigkeit im Speisebassin höher steht als das Ausgußniveau und so lange die Wandungen des Hebers vollkommen luftdicht sind. Diese Arbeit – auf der allgemeinen Schwere und dem atmosphärischen Drucke beruhend – ist gleichzeitig eine kostenlose, nachdem der Apparat hergestellt ist. Es muß daher auffallen, daß die Praxis bisher aus einer Vorrichtung so wenig Nutzen gezogen hat, deren Anwendung so nahe liegt, wo es sich um das Hinüberführen von Flüssigkeiten über Höhen unter 32 Fuß hinweg nach tieferen Punkten handelt. Anstatt hier den Heber anzuwenden, greift die Praxis gewöhnlich zur Pumpe oder zu Schöpfmitteln, welche weder kostenlos, noch ununterbrochen, vielmehr nur so lange arbeiten, als die sie bewegenden Kräfte in Thätigkeit erhalten werden. Diese Abneigung vor dem Heber ist in der Erfahrung begründet, daß derselbe nur unter günstigen Umständen einen anhaltenden, befriedigenden Effect leistet, weil es an allgemein bekannten zweckmäßigen Mitteln fehlt, seinen vollen Effect gegen die mancherlei Störungen zu sichern, welche Gase, im Innern des Hebers auftretend, nothwendig zur Folge haben. – Diese Erfahrung von der Unzuverlässigkeit des Hebers hat sich noch in jüngster Zeit auf der Grube Bergwerkswohlfahrt bei Clausthal wiederholt, wo ein 6 Zoll im Durchmesser haltender Heber die Aufgabe lösen sollte, die Wasser des Ernst-August-Stollens 11 1/2 Fuß hoch zu heben und mittelst eines 400 Lachter langen, horizontalen Zwischenstückes einem, in dieser Entfernung gelegenen, tieferen Punkte zuzuführen. Unerachtet aller gewöhnlichen Vorsorge war es nicht möglich den Heber länger als 24 bis 36 Stunden in Gang zu erhalten. Der Effect war nur Anfangs ein voller, nahm aber demnächst stetig so ab, daß er am Ende jener Zeit = 0 ward. Die von den Grubenwassern ausgeschiedene Luft, in Verbindung mit den aus chemischer Zersetzung hervorgegangenen Gasen, waren hier die Ursache der unvollkommenen Leistung, indem sie sich in den höchsten Punkten der Zwischenleitung festsetzten und durch ihre Expansion und ihr unter vermindertem Luftdrucke gedehntes Volumen die bewegte Wassersäule allmählich arretirten. Diese Unvollkommenheiten zu beseitigen und dem zweiarmigen Heber einen vollen Effect zu sichern, ist der Zweck des in Fig. 26 im Verticaldurchschnitt und in Fig. 27 in skizzirter Seitenansicht dargestellten Apparates, der im Wesentlichen die folgende Einrichtung besitzt: Ein Schlauch b, b führt von dem höchsten Punkte des Hebers die daselbst erscheinenden Gase durch den Canal c, d', d in die Kammer e, e, deren Wandung, oben und unten conisch geformt, von einer Achse i, i langsam in den conischen Pfannen h, h, m, m horizontal gedreht wird. Als Triebkraft genügt die Hand eines Knaben oder ein anderer Motor. In dem Boden der Kammer ist eine Oeffnung d angebracht, welche bei der Stellung, welche die Zeichnung veranschaulicht, genau mit dem Canal d' correspondirt. In diesem Stande ist die im Dache der Kammer befindliche Oeffnung f von der Pfanne m geschlossen und erst durch weiteres Drehen und nach Aufhebung der Communication d mit d', B gelangt f unter das Rohr o, welches nach dem einige Fuß höher liegenden Wasserbehältniß r (Fig. 27) führt, mit dem o in offener Verbindung steht. Die Kammer tritt also alternirend in Communication mit dem Heber und der Atmosphäre. Denkt man sich nun alle hohlen Räume: Heber, Schlauch, Kammer und Rohr mit Wasser angefüllt, so werden alle Gase bei ihrem ersten Auftreten aus dem Heber nach der Kammer aufsteigen und ein entsprechendes Volumen Wasser aus der Kammer nach dem Heber abfallen, während gleichzeitig die Oeffnung f gedeckt, der Heber also, so lange der Weg e, B offen, gegen atmosphärischen und Druck der Wassersäule o geschützt ist. Eine weitere Drehung der Kammer hebt die Verbindung e, B auf und, indem sie die von e nach o herstellt, öffnet sie den oben in e befindlichen Gasen den Ausweg in die Atmosphäre, und der Heber ist von Luft völlig befreit, sein voller Effect wieder hergestellt. In derselben Weise geschieht durch schwach fortgesetztes Drehen, was übrigens, wenn nur wenig Gase auftreten, nur periodisch, etwa stündlich, mit einigen Umdrehungen wiederholt zu werden braucht, jede ferner erforderliche Entleerung. Will man den Apparat zuweilen abstellen (um zu schmieren etc.), so kneift man den Schlauch b, b mittelst einer Klammer schließend zusammen und läßt den Heber inzwischen ungestört fort arbeiten. Mit Hülfe dieses Apparates ist es demnach möglich, die die Heberthätigkeit allmählich absorbirenden Gase in ihrem ersten Entstehen regelmäßig fortzuschaffen, ohne auch nur die geringste Unterbrechung eintreten lassen zu müssen, und den Heber für große Leistungen (z.B. beim Bergbau, wie bei Trockenlegung von Wasserbehältern über Tage) praktisch anwendbar zu machen, indem ihm sein voller Effect gesichert ist. Kammer und Pfannen wird man am besten aus Metall (Gußeisen oder Bronze) herstellen. Aber auch passende Holzarten, z.B. Pflaumenbaum, lassen sich verwenden, und dürfte in diesem Falle der ganze Apparat (ohne Motor) sich für circa 10 Thlr. anfertigen lassen.