Titel: Die Scheutz'sche Rechenmaschine; von Dr. H. Meidinger.
Autor: Heinrich Meidinger [GND]
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. LXV., S. 241
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LXV. Die Scheutz'sche Rechenmaschine; von Dr. H. Meidinger. Meidinger, über die Rechenmaschine von Georg und Ed. Scheutz in Stockholm. Es sind bald vierzig Jahre her, daß der englische Mathematiker Babbage eine Maschine ersann und zu bauen begann, welche seinen Namen für eine Reihe von Jahren zu einem der populärsten und berühmtesten in England machte und ihm jedenfalls für immer einen sehr ehrenvollen Platz in der Geschichte der Erfindungen anweisen wird, wenn er auch durch ungünstige äußere Verhältnisse sein Unternehmen nicht zu Ende brachte. Die Maschine war eine Rechenmaschine, und von eigenthümlicher Art. Früher construirte oder ersonnene Rechenmaschinen hatten nur zum Zweck, die Operationen der vier Species auf mechanischem Wege auszuführen und dadurch an Zeit oder Sicherheit in der Rechnung zu gewinnen; man hatte es dazumal jedoch so wenig, wie bis heute, trotz vieler Versuche und Kosten zu einem allen Anforderungen in der Praxis entsprechenden Instrumente gebracht. Babbage hatte mit seiner Maschine den Gedanken, mathematische Zahlentafeln jeder Art, die sich nach einem gewissen Gesetze stetig entwickeln, mit einer vollkommenen Sicherheit zu berechnen und gleichzeitig, was wenigstens eben so wichtig ist, in eine für den Druck geeignete Stereotypenform zu setzen. Die Wichtigkeit, welche ein derartiges Werk für Wissenschaft und Praxis besitzen mußte, zumal bei einer seefahrenden Nation, für die zuverlässige und zahlreiche nautische und astronomische Tafeln von höchster Bedeutung sind, war für alle Sachverständigen in die Augen fallend. Das mathematische Princip, auf welches sich Wirkung und Bau der Maschine stützte, die Differenzen-Methode, erschien dabei so einfach und unfehlbar, daß sich die englische Regierung auf das übereinstimmende Gutachten und die Empfehlung der höchsten Autoritäten des Landes hin bereit erklärte, nach den vorgelegten Zeichnungen eine Maschine in größerem Maaßstabe, deren Ausführung voraussichtlich die Kräfte eines Privatmannes überstieg, auf Kosten der Nation ausführen zu lassen. Während einer Reihe von Jahren wurde an der Maschine, die man ursprünglich in zweien hoffte vollenden zu können, rüstig gearbeitet. Babbage selbst opferte, in völlig uninteressirter Weise, seine ganze Zeit dem Unternehmen. Da geriethen plötzlich die Arbeiten ins Stocken, nachdem die Regierung im Verlauf von etwa 10 Jahren 17000 Pfd. Sterl. zugeschossen hatte und die Maschine schon bis zu einem gewissen Grad der Vollendung gelangt war und höchst überraschende, selbst unerwartete Resultate lieferte. Erst Vergleichungsweise spät, gegen Ende der vierziger Jahre, wurde es offenbar, daß ein neues Ministerium, welches an das Staatsruder gelangte, das Interesse an der Maschine verloren hatte, vielleicht weil es die schon aufgewendeten und noch aufzuwendenden Mittel nicht im Verhältniß zu den Vortheilen fand, welche die Maschine gewähren sollte. Kaum halb vollendet, wie dieselbe seit 1833 geblieben war, wanderte sie endlich, nachdem Babbage erst im Jahre 1842 auf viele vorhergegangene unbeantwortete Anfragen eine entscheidende Antwort vom Ministerium erhalten hatte, als eine Curiosität in das Museum von Kings College.Interessante historische Details über das Schicksal dieser Maschine finden sich in einem inhaltsreichen Werk von Babbage: The Exposition of 1851, London, G. Murray, Albemarle Street, 1851, worin sehr treffende Bemerkungen über englische Industrie, Wissenschaft und Regierung enthalten sind. Wenn auch in England aufgegeben, so war dennoch Babbage's Gedanke nicht für die Welt verloren. Von einer andern Seite wurde er wieder aufgegriffen, unter äußerlich scheinbar weniger günstigen Umständen, aber wie der Erfolg zeigen sollte, mit größerem Glück zu Ende durchgeführt. Durch einen Aufsatz von Dr. Lardner im Edinburgh Review für 1834, wo das Princip und eine Uebersicht der Constructionselemente von Babbage's Maschine zum erstenmale und in der den Verfasser so vieler wahrhaft populärer Schriften kennzeichnenden anziehenden Sprache ausführlicher dargestellt wurde, fühlte sich der Schwede Georg Scheutz, dazumal Herausgeber einer technologischen Zeitschrift in Stockholm, veranlaßt, ein ähnliches, auf denselben Principien beruhendes Wert zu unternehmen. Er wurde darin aufs beste von seinem Sohne Eduard, einem angehenden Techniker, unterstützt, und beide brachten aus ihren eigenen Mitteln bis zum Jahre 1840 ein Modell zu Wege, über welches durch eine besondere Commission, in der auch Berzelius sich befand, ein sehr günstiges Urtheil gefällt wurde. Doch gelang es ihnen nicht, weder von der Regierung die Mittel zur Erbauung einer größeren Maschine, noch von einer andern Seite her eine Bestellung darauf zu erhalten. Erst als im Jahre 1851 bei den Ständen der Antrag gestellt und auch angenommen wurde, den Erfindern eine Nationalbelohnung zu bewilligen, im Falle die Maschine bis Ende 1853 vollendet sey und sich nach sorgfältiger Prüfung als ihrem Zweck entsprechend bewähre, konnten die HHrn. Scheutz ihre fast aufgegebene Hoffnung in Erfüllung gehen sehen und sich zur Herstellung ihres großen Werkes rüsten. Und sie waren so unermüdlich thätig, daß es vor Verlauf von zwei Jahren schon vollendet in allen seinen Theilen dastand. Es entsprach feinem Zweck so vollkommen, daß den Erfindern, Georg und seinem Sohne Eduard Scheutz, die ursprüngliche nationale Belohnung nicht nur alsbald zuerkannt, sondern sogar verdoppelt wurde, indem die Auslagen für die Herstellung der Maschine die erstbewilligte Summe weit überstiegen hatten. Die Maschine wurde nun nach England gebracht, wo dieselbe äußerst günstig aufgenommen und beurtheilt wurde. Um ihre Kraft und ihren Nutzen in größeren Kreisen bekannt zu machen, ließ daselbst der Civilingenieur Gravatt eine Reihe von Tafeln durch dieselbe rechnen und drucken, unter andern die 5stelligen Logarithmen von 1 bis 10000, die numerischen Werthe für einige Gleichungen des vierten Grades etc., wovon später einige Beispiele mitgetheilt werden sollen. Von London wanderte die Maschine zur großen Ausstellung nach Paris vom Jahre 1855, woselbst sie mit der goldenen Medaille gekrönt wurde, und bei ihrer Zurückkunft nach London wurde sie von einem begüterten Amerikaner den Eigenthümern zu dem von ihnen festgesetzten Preise abgekauft und dem Dudley Observatory in Albany zum Geschenke gemacht. Unterdeß hatte sich jedoch diese mit so glücklichem Erfolge und, wie sich als sehr wichtig herausstellte, mäßigen Mitteln ausgeführte Rechenmaschine durch die ungemein sicheren und schnellen Resultate die sie lieferte, auch in England einen solchen Beifall und Zutrauen erworben, daß bald, und zwar von Seiten der Regierung, die Bestellung auf eine zweite erfolgte, die als eine fast getreue Copie der ersten von Donkin für das allgemeine statistische Bureau (Register Office) angefertigt wurde. Kleinere Abweichungen von der ursprünglichen Maschine sind nur als Verbesserungen anzusehen; sie druckt z.B. etwas sorgfältiger und arbeitet noch um ein weniges schneller. In einem, vergangenen Sommer von Stokes, Wheatstone und Willis, sowie von Airy gegebenen äußerst günstigen Bericht über die letztere Maschine wird hervorgehoben, daß sie in 1 Stunde und 15 Minuten eine Tabelle über Leibrenten rechnete und stereotypirte, wofür ein Rechner auf dem gewöhnlichen Wege 2 Stunden und 55 Minuten nöthig hatte; solche Rechnungen werden aber der Controle halber gewöhnlich von zwei Personen zugleich vorgenommen. Es ist daraus leicht zu entnehmen, welche Zeit- und Kostenersparniß durch die Maschine bewirkt werden muß, wenn dergleichen Rechnungen erst in einem großen Maaßstab vorzunehmen sind. – Die wichtigsten Dienste kann man jedoch von der Maschine, nach der Ansicht der oben genannten Berichterstatter, in der Herstellung mannichfaltiger Tafeln in einer billigen Form erwarten, die von großer Bequemlichkeit für den allgemeinen Gebrauch sind, obwohl sie doch nicht hinreichende Wichtigkeit besitzen, um die Kosten ihres Berechnens und Drückens auf dem gewöhnlichen Wege an sie zu wenden. Es scheint darnach sogar wenig Zweifel, daß das bloße Wiederabdrucken schon bestehender Tafeln, so lange sie nicht stereotypirt sind, weit billiger durch die Maschine geschehen kann, da sie schneller zu rechnen und zu drucken vermag, als der Setzer die Lettern zu setzen, ganz abgesehen von der in diesem Falle besonders mühevollen Arbeit die Probebogen zu corrigiren, welches beim Gebrauch der Maschine ganz wegfällt. Wir wollen nun in dem Folgenden das mathematische Princip, auf welches sich der Bau und die Wirkung der Tabellen-Rechenmaschine stützen, näher zu erläutern versuchen und dann später einige interessante Beispiele ihrer Leistungen mittheilen. Als Quellen stehen uns hierzu der früher citirte Aufsatz im Edinburgh Review vom Jahre 1834, sowie eine rein mathematische Abhandlung von Gravatt zur Verfügung, die den unter seiner Leitung von Scheutz's Maschine berechneten Tafeln beigefügt ist.Specimens of Tables, calculated, stereomoulded, and printed by Machinery; London:Longman, Brown, Green, Longmans, andRoberts, Paternoster Row. 1857. Es ist zwar schon einmal in dieser Zeitschrift ein kurzer Bericht über die ursprüngliche Maschine ihres Erfinders Babbage gegeben wordenPolytechn. Journal, Jahrgang 1832, Bd. XLVII S. 441., doch ist dieß bereits beinahe ein Menschenalter her, wo die Arbeiten an jener Maschine noch nicht aufgegeben waren und auch noch nichts Näheres über ihre Anordnung vorlag. Da dieselbe nun nicht zur Vollendung gekommen war, so mußte natürlich auch späterhin die Veranlassung fehlen, sie nochmals ausführlicher zu besprechen. Die so gelungene Ausführung der Scheutz'schen Maschine hat jedoch die allgemeine Aufmerksamkeit von Neuem auf diesen Gegenstand gelenkt, so daß es für unsere deutschen Leser von Interesse seyn dürfte, nunmehr das Nähere über das allgemeine Princip der Tabellen-Rechenmaschine nach Babbage's Gedanken, sowie Einiges über die Handhabung und den Gebrauch der von Scheutz ausgeführten Maschine zu erfahren. Eine Zahlen-Tabelle, von welcher Art sie auch sey, ist bekanntlich eine Reihe von Zahlen, die irgend einen gemeinsamen Charakter besitzen und nach einem allgemeinen Gesetz stetig fortschreiten, abnehmend oder zunehmend. Gesetzt, daß eine solche Reihe fortwährend wachse, so wollen wir uns eine jede Zahl von der folgenden abgezogen denken, und die Reste nach einander neben die erste Reihe gesetzt, so daß sie eine neue Reihe bilden: Diese Zahlen nennt man alsdann die ersten Differenzen. Im Falle diese sich auch fortwährend vergrößern, so können wir durch ein gleiches Verfahren eine dritte Tabelle erhalten, indem wir wieder jede Zahl von der vorhergehenden abziehen: Diese neue Reihe nennt man dann die zweiten Differenzen der ursprünglichen Tabelle. Wird dieselbe Operation zum drittenmale wiederholt, so kann man eine neue Tabelle von dritten Differenzen erhalten und so fort. Zuletzt wird man zu einer Differenzenreihe von höherer oder geringerer Ordnung, je nach der Natur der ursprünglich gegebenen Tabelle, gelangen, wo sich dieselbe Zahl fortwährend wiederholt findet, wie weit man die Tafel auch ausdehnen mag, so zwar, daß jedes Glied einer folgenden Differenzenreihe gleich 0 seyn würde. Streng genommen bleibt allerdings nur für manche Tafeln die letzte Differenz bis ins Unendliche constant; für alle Tafeln kann jedoch eine Differenzenreihe erhalten werden, welche für eine sehr große Anzahl von Gliedern sich constant zeigt. Da die auf einander folgenden Differenzenreihen von der ursprünglichen Tabelle und von jeder folgenden durch Subtraction abgeleitet werden, so kann auch umgekehrt dieselbe Reihenfolge durch Addition dargestellt werden. Im Falle die erste Zahl der ursprünglichen Tabelle und jeder der Differenzenreihen, bis auf die letzte, gegeben ist, so lassen sich dann die Zahlen einer jeden der einzelnen Reihen durch das einfache Verfahren der Addition erlangen. Das zweite Glied der ursprünglichen Tafel wird durch Addiren des ersten zu dem ersten Glied der ersten Differenzenreihe gefunden werden; ebenso das zweite Glied der ersten Differenzenreihe durch Addiren des ersten zu dem ersten der dritten Differenzenreihe u.s.w. Hat man so die zweiten Glieder der einzelnen Reihen dargestellt, so erhält man die dritten Glieder durch ein ganz gleiches Verfahren der Addition, und so läßt sich die Reihe fortsetzen. Durch ein Zahlenbeispiel wird sich diese Auseinandersetzung noch mehr veranschaulichen lassen. Das Folgende ist der Anfang einer Reihe der 4ten Potenzen der natürlichen Zahlen: Nr.         Tabelle.   1         1   2       16   3       81   4     256   5     625   6   1296   7   2401   8   4096   9   6561 10 10000 Zieht man jede Zahl der Tabelle von der darauf folgenden ab, so erhält man die erste Differenzenreihe:     15     65   175   369   671 1105 1695 2465 3439 Subtrahirt man ebenso in dieser Tabelle jedes Glied von dem folgenden, so entsteht die zweite Differenzenreihe:   50 110 194 302 434 590 770 974 Eben so erhält man die dritten Differenzen:   60   84 108 132 156 180 204 und endlich durch ein gleiches Verfahren die vierten Differenzen: 24 24 24 24 24 24 In diesem Falle scheint demnach die Reihe der vierten Differenzen eine stete Wiederholung der Zahl 24 zu seyn. Eine einfache Betrachtung der Folge von arithmetischen Operationen, wodurch wir zu diesem Resultat gelangt sind, wird zeigen, daß man durch Umkehrung des Processes die Tabelle der vierten Potenzen durch bloße Addition erhalten kann. Beginnt man mit den ersten Zahlen einer jeden der aufeinanderfolgenden Reihen und bezeichnet die Tabelle und die sich folgenden Differenzen mit den Buchstaben T, DI, DII, DIII, DIV, so erhält man als Anfang: T DI DII DIII DIV 1 15 50 60 24 Addirt man eine jede Zahl zu der nebenstehenden links, und wiederholt 24, so findet man die zweiten Glieder der einzelnen Reihen, wie folgt: T DI DII DIII DIV 16 65 110 84 24 Und in gleicher Weise die dritten und folgenden Glieder: Nr. T DI DII DIII DIV   1         1     15     50   60 24   2       16     65   110   84 24   3       81   175   194 108 24   4     256   369   302 132 24   5     625   671   434 156 24   6   1286 1105   590 180 24   7   2401 1695   770 204 24   8   4098 2465   974 228 24   9   6501 3439 1202 252 24 10 10000 4641 1454 276 24 Es gibt, wie schon angegeben, sehr viele Tafeln, von denen man keine genau constanten Differenzen erhalten kann, bis zu welcher Differenzenreihe man auch fortschreiten mag; immer wird man jedoch eine gewisse Zahl von Differenzen finden, welche bei einer gegebenen Anzahl von Decimalstellen für eine lange Folge von Gliedern constant bleibt. Es ist klar, daß solch eine Tafel durch Addition in derselben Weise berechnet werden kann, wie diejenigen, welche eine fortwährend genau constante Differenz besitzen; und wenn an jeder Stelle, wo die letzte Differenz eines Zuwachses bedarf, die betreffende Veränderung mit derselben vorgenommen wird, so läßt sich dasselbe Verfahren der Addition wieder auf eine neue Anzahl von Gliedern fortsetzen u.s.w. Daraus scheint sich denn zu ergeben, daß alle Tafeln, bei denen jede Reihe von Differenzen fortwährend zunimmt, durch Addition allein erhalten werden können, vorausgesetzt, daß die ersten Glieder der Tafel und einer jeden Differenzenreihe im voraus gegeben sind. Zuweilen trifft es sich jedoch, daß, während die Tafel fortwährend wächst, eine oder mehrere Differenzenreihen fortwährend abnehmen. In diesem Falle werden die Differenzenreihen durch Subtrahiren jedes Gliedes der Reihe nicht von demjenigen welches folgt, sondern von dem welches vorhergeht, gefunden; und demgemäß wird es auch nöthig seyn, bei der Reproduction der einzelnen Reihen, wo ihr erstes Glied gegeben ist, in manchen Fällen eine Addition, in andern aber eine Subtraction anzuwenden. Demungeachtet ist es möglich, alle Operationen durch Addition allein zu bewerkstelligen; man führt nämlich das Verfahren der Addition dadurch aus, daß man den Subtrahend durch sein arithmetisches Complement ersetzt, und diesen dann addirt, wobei man jedoch den Einer der höchsten Ordnung ausläßt. Das folgende Beispiel wird diesen Vorgang deutlich machen. Gewöhnlich verfährt man der Art: Von 7685 subtrahire 3546 –––––––––––––––– Rest: 4139 das arithmetische Complement zu 3546 oder die Zahl, welche letztere zu 10000 ergänzt, ist 6454. Addirt man nun diese Zahl zu 7685 und läßt die erste Zahl der Summe aus, so ist der Vorgang der folgende: Zu   7685  addire   6454  ––––––––––––––– Summe: 14139  oder gesuchter Rest:   4139. Das Princip worauf sich dieß Verfahren gründet, ist einfach erklärt. Im letzteren Falle wurde erst 6454 addirt und alsdann 10000 subtrahirt. Im Ganzen wurde somit 3546 subtrahirt, da die wirklich subtrahirte Zahl die vorerst addirte gerade um diesen Betrag übertrifft. Da sich sonach die Subtraction in der Weise der Addition ausführen läßt, so ergibt sich, daß die Berechnung von allen Tafeln, soweit nämlich als eine Differenzenreihe derselben gefunden werden kann, die constant bleibt, durch das Verfahren der Addition allein vorgenommen werden kann. Jede Addition kann nur aus zwei Operationen zusammengesetzt seyn. Wie zahlreich auch die Zifferstellen seyn mögen, aus denen je zwei zusammenzuaddirende Zahlen gebildet sind, so ist doch klar, daß die ganze Operation nur in Wiederholung des Addirens einer Ziffer zur andern bestehen kann und, wenn erforderlich, sobald die Summe zweier Ziffern mehr wie 9 beträgt, im Uebertragen und Hinzuzahlen von Einern aus einer Columne niederer Decimalen zu der Columne nächst höherer Decimalen zur Linken. Wollte man somit einen derartigen Proceß durch Maschinerie ausführen, so brauchte man bloß eine solche Kombination beweglicher Theile zu ersinnen, daß sie im Stande sind, diese zwei Vorgänge des Addirens und Uebertragens von Einern an zwei einzelnen Ziffern zu bewerkstelligen; denn sobald dieß einmal ausgeführt ist, so wird sich die Addition zweier Zahlen, die aus einer beliebigen Anzahl von Ziffern bestehen, durch Wiederholung desselben Mechanismus bewirken lassen, sovielmal als es Paare von zu addirenden Ziffern gibt. Der Art war die einfache Form, auf welche Babbage das Problem der Erfindung seiner Rechenmaschine zurückführte; und wir wollen nun sehen, in welcher Weise er es zu lösen versuchte. Der Erläuterung halber wollen wir annehmen, daß die zu berechnende Tafel nur aus sechs Zifferstellen bestehe, und die vierte Differenzenreihe sey constant. Denken wir uns nun in derselben Ebene sechs Reihen von verticalen Wellen, um die sich je fünf cylindrische Zifferringe drehen, auf deren äußerer Oberfläche die zehn Ziffern 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 0 verzeichnet sind. Dem Beobachter sind auf diese Weise dreißig Zifferringe zugekehrt; auf einem jeden sieht er aber bloß eine einzige Ziffer voll; ihre Stellung wird außerdem noch durch einen feststehenden Zeiger angedeutet. Werden die Wellen gedreht, so folgen sich auf den einzelnen Zifferringen die Zahlen in der natürlichen Folge, 0, 1, 2 etc. Fig. 1 stelle sechs Reihen solcher Zifferringe mit den dem Beobachter zugewendeten Ziffern dar. In die Horizontallinie fallen dabei die Zahlen der Tabelle und ihrer Differenzen; die oberste Linie T gibt die gesuchten Zahlen der Tabelle. Fig. 1., Bd. 156, S. 250 Die Methode der Differenzen erfordert nun, daß beim Fortschreiten der Rechnung dieser Apparat fortwährend die Addition der Zahl bewerkstelligen sollte, die auf jedem horizontalen Zifferring durch den Zeiger angedeutet wird, zu der Zahl, die sich auf der Reihe unmittelbar darüber befindet. Wir wollen nun vorerst sehen, wie sich diese Operation durch die Bewegung der Zifferringe ausgeführt denken läßt, und wollen dabei den Vorgang des Addirens und des Uebertragens der Einer getrennt betrachten. Es sey zuerst die Linie DII zu der Linie DI zu addiren. Um dieß zu bewerkstelligen, müssen sich die Zifferringe auf der Linie DII in Ruhe befinden, während die auf DI in eine solche Bewegung gebracht werden, daß sich jeder Zifferring um so viele Ziffern bewegt, als Einheiten in der unmittelbar darunter befindlichen Zahl enthalten sind. Ist somit 0 auf irgend einem Zifferblatt der Linie DII, so wird sich das Zifferblatt unmittelbar darüber auf der Linie DI nicht bewegen. Die hier vorausgesetzte Bewegung würde aber auf der Linie DI solch eine Zahl erscheinen lassen, wie sie durch das Addiren der Zahl DII zu DI mit Vernachlässigung aller Uebertragungen von Einern erhalten wird; denn eine solche Uebertragung hätte in allen den Fällen stattfinden müssen, wo die Ziffer 9 irgend eines Zifferringes der Linie DI während der Additionsbewegung den Zeiger passirte. Um dieses Uebertragen auszuführen, würde es nöthig seyn, daß der Zifferring gleich zur Linken von irgend einem Zifferring, wo 9 vorüber geht, um eine Ziffer sich weiter bewegen sollte, ganz unabhängig von den Bewegungen, welche er unter dem Einfluß der unmittelbar unter demselben befindlichen Zahl hätte vornehmen müssen. Diese Wirkung könnte auf zweierlei Weise erfolgen: entweder in demselben Augenblick, wo die Figur 9 des Zifferrings gerade am Zeiger vorüberschreitet und 0 erscheint, in welchem Falle dann der Vorgang des Uebertragens der Einer gleichzeitig mit dem des Addirens stattfände; oder das Uebertragen wird so lange verschoben bis der Proceß des einfachen Addirens vollendet ist, und findet dann erst durch eine ganz besondere und unabhängige Bewegung der Maschinerie links von allen den Zifferblättern statt, wo bei der vorhergegangenen Operation die Zahl 9 vorübergegangen war. Die letztere Methode wurde sowohl von Babbage wie nach seinem Vorgang auch von Scheutz bei der Herstellung ihrer Maschinen befolgt, ohne Zweifel weil sich damit ein einfacherer Mechanismus verbinden ließ. Wie die Linie DII zu DI, so wird nun in ähnlicher Weise DI zu T, DIII zu DII etc. addirt werden; und es bleibt nur noch die Frage, ob der Vorgang des Addirens der einzelnen Reihen zu den direct darüber befindlichen ein für alle gleichzeitiger ist, oder ob er nach und nach von oben nach unten fortschreitend vorgenommen wird. Das erstere würde ohne Zweifel einen sehr complicirten Mechanismus erfordern, ja auf vielleicht unüberwindliche Schwierigkeiten in der Ausführung stoßen; das letztere würde die Zeit einer einzelnen Rechnung zu sehr verlängern. Babbage sowohl wie Scheutz haben deßhalb in ihren Maschinen einen mittleren Weg eingeschlagen. Die Additionen werden in zwei aufeinander folgenden Zeitperioden vorgenommen und ebenso die Uebertragungen der Einer, in der folgenden Meise. Eine vollständige Umdrehung der Achse, welche die Maschine in Gang setzt (wofür in der schwedischen Maschine eine Kraft erforderlich ist, wie man sie etwa zu der Bewegung einer gewöhnlichen Straßen-Drehorgel bedarf), bewirkt eine einzige vollständige Rechnung aller Additionen und Uebertragungen; jeder Viertelumdrehung entspricht aber ein von dem vorhergehenden verschiedener Vorgang: Das erste Viertel der Achsenumdrehung fügt die dritte und fünfte Reihe zu der zweiten und vierten, mit Vernachlässigung der Uebertragungen von Einern; es erfolgt dieß, wie oben auseinandergesetzt, indem die Zifferringe der zweiten und vierten Reihe sich um so viele Ziffern drehen, als die Zahl unmittelbar darunter angibt. Während des zweiten Viertels der Achsenumdrehung werden alsdann die Uebertragungen der Einer ausgeführt, indem die betreffenden Zifferringe sich um eine Ziffer weiter bewegen. Bis jetzt blieben die Zifferringe der ersten und dritten Reihe ganz in Ruhe; zu ihnen werden jetzt beim dritten Viertel der Achsenumdrehung die vorher dargestellten Zahlen der zweiten und vierten Reihe addirt, indem sie sich um eben so viele Ziffern weiter bewegen, als letztere an Einheiten enthalten. Beim vierten und letzten Viertel der Umdrehung erfolgt endlich die betreffende Uebertragung der Einer in der ersten und dritten Reihe. Auf diese Weise ist eine Rechnung vollständig bewerkstelligt, da alle Reihen mit Ausnahme der ersten zu allen überstehenden Reihen außer der letzten addirt worden sind. Um diese Aufeinanderfolge von getrennten Operationen an einem Beispiel zu veranschaulichen, so wollen wir uns die zu berechnende Tafel als die schon früher dargestellten vierten Potenzen der natürlichen Zahlen denken, und die Rechnung möge bis zur 4. Potenz von 9, die 6561 ist, vorgeschritten seyn. Diese Zahl erscheint somit in der obersten Horizontalreihe, welche in der Maschine die Zahlenresultate angibt. Die einzelnen Differenzen bis auf die fünfte, welche in diesem Falle constant ist, sind auf den sich folgenden Horizontalreihen der Zifferringe in solcher Weise angezeigt, wie es dem Proceß der Addition in der oben angedeuteten Art entspricht. Beim ersten Viertel der Umdrehung der Achse werden nun die Zahlen der dritten und fünften Reihe zu den Zahlen der zweiten und vierten Reihe addirt; demgemäß bewegt sich in Fig. 1 der Zifferring D a um vier Ziffern vorwärts, so daß 9 erscheint. DI b bewegt sich um sieben Ziffern weiter, so daß nunmehr 3 auftritt (dadurch wird das Uebertragen eines Einer erforderlich, aber erst später während des zweiten Viertels der Umdrehung vorgenommen). Der Zifferring DI c bewegt sich um neun Ziffern vorwärts; es erscheint 3 (die Uebertragung erfolgt später); DI d bewegt sich vorerst nicht, da der darunter befindliche Ring 0 zeigt. Auch die anderen Ringe der Reihe DI bleiben unverrückt. In der Reihe DIII schreitet a um vier Ziffern vorwärts, es erscheint 8; b bewegt sich um zwei Ziffern weiter, es erscheint 2; die anderen Ziffern verändern sich nicht, da die darunter befindlichen Zifferringe auf Null stehen. Am Ende der Operation hat das ganze Schema folgende Umänderung erfahren: Fig. 2., Bd. 156, S. 253 Die Stellen, wo beim nächsten Zeitabschnitt ein Hinzufügen von Einern stattfinden muß, sind mit einem * bezeichnet. – Ist jetzt das zweite Viertel der Umdrehung vollendet, so sind die betreffenden Ringe um eine Ziffer weiter gerückt und das Schema gewährt den Anblick von Fig. 3. Fig. 3., Bd. 156, S. 253 Während der letzten halben Umdrehung bleiben die Reihen DI und DIII unverändert; zu den Reihen T und DII werden die in DI und DIII angegebenen Zahlen addirt. Beim dritten Viertel der Umdrehung bewegt sich in der Reihe T der Tabelle der Zifferring a um neun Ziffern weiter er bleibt auf 0 einstehen; b schreitet um drei Ziffern, c um vier Ziffern und d um drei Ziffern vorwärts; alle drei Zifferringe stehen auf 9 ein; die andern Ringe zur Linken bleiben unverändert. In der Reihe DII bewegt sich a um acht Ziffern weiter, b um zwei und ebenso c um zwei; die übrigen Ringe links bleiben unverrückt. Das neue Schema am Ende des dritten Zeitabschnitts repräsentirt Fig. 4. Fig. 4., Bd. 156, S. 254 Während des vierten und letzten Theils der Umdrehung der Achse rücken alle die Ringe noch um eine Ziffer vorwärts, wo nachträglich ein Uebertragen von Einern stattfinden muß. Am Ende einer einzelnen vollständigen Rechnung ist somit die Anordnung der Zahlen wie in Fig. 5 geworden. Fig. 5., Bd. 156, S. 254 Die Reihe T drückt hierin die vierte Potenz von 10 aus. In ähnlicher Weise schreitet die Operation weiter vorwärts. Vergleicht man die am Ende einer einmaligen vollständigen Addition von der Maschine dargestellten Zahlen mit denen in der Tabelle auf Seite 247, so findet man, daß die ersteren nicht alle einem gleichen Glied, also bei unserm vorigen Beispiel dem zehnten Glied der Tabelle entsprechen; die erste und zweite Differenz stehen im nennten Glied, die dritte und vierte Differenz im achten Glied der Tabelle. Eine solche Anordnung ist jedoch nothwendig geworden durch die Wirkungsweise der Maschine. Da es nicht möglich war die Addition in allen Reihen zugleich vorzunehmen, so mußten naturgemäß, wollte man nicht die Addition nach einander von links nach rechts in der ersten Tabelle, oder von Oben nach Unten in den früheren Figuren vornehmen, sondern den in der Maschine wirklich eingeschlagenen Weg befolgen, durch das gleichzeitige Addiren der fünften und dritten Reihe zu der vierten und zweiten, und hierauf der vierten und zweiten Reihe zu der dritten und ersten, die Glieder der Differenzen sich gegeneinander verrücken. Denn nehmen wir z.B. das erste Glied der obigen Tabelle, welches die Zahlen: 1     15     50     60     24 zeigt, so ist klar, daß wenn bei der ersten Hälfte einer Umdrehung die Zahl 24 zu 60 addirt werden soll, die letztere Zahl 60 am Ende der Operation verschwunden ist und bei der zweiten halben Umdrehung nicht mehr zu 50 addirt werden kann. Man erhält sonach in der dritten Differenzenreihe nach einer halben Umdrehung die Zahl 84, welche aber bei der folgenden halben Umdrehung nicht zu 50 sondern zu 110 im zweiten Glied zu addiren ist, um die Zahl 194 des zweiten Gliedes zu liefern. Beim Beginn der Berechnung der Tafeln darf somit die Zahl 50 nicht in die Maschine als zweite Differenz eingesetzt werden, sondern man muß das zweite Glied 110 nehmen. Dem zweiten Glied 110 der zweiten Differenz entspricht aber das zweite Glied 65 der ersten Differenz, zu dem es bei der ersten halben Umdrehung zu addiren ist, um sodann die Zahl 175 des dritten Gliedes der ersten Differenz zu geben. Somit darf auch das erste Glied der ersten Differenz nicht von Anfang an in die Maschine eingesetzt werden, sondern man muß das zweite Glied 65 nehmen. Bei der zweiten halben Umdrehung soll aber weiter dieß zuletzt entstandene dritte Glied der ersten Differenz, 175, wieder addirt werden zu einem entsprechenden Glied der Tabelle, welches aber ebenfalls das dritte ist, nämlich 81, wobei denn das vierte Glied 256 der Tabelle gebildet wird. Von Anfang an durfte somit weder das erste noch das zweite Glied der Tabelle in die Maschine eingesetzt seyn, da ja immer die Addition der ungeraden Differenzen zu den geraden und vice versa eine gleichzeitige Operation ist, sondern das dritte Glied 81 müßte genommen werden. Es müssen somit beim Beginn der Berechnung obiger Tabelle die Zahlen 81, 65, 110, 60, 24 successive von oben nach unten in die Maschine eingesetzt werden, worauf sich dann beim Ingangsetzen derselben die Zahlen der Tabelle in richtiger Folge entwickeln. Schreibt man diese Zahlen, wie sie in der Maschine hervortreten, senkrecht untereinander, und zwar von dem ersten Glied obiger Tafel an, so erhält man folgendes Schema: T   1 16   81 D I   1 15   65 175 D II 14 50 110 D III 12 36   60   84 D IV 24 24   24 Denkt man sich nun die Maschine bei der Hälfte der dritten Umdrehung der Walze eingehalten, so erhält man bloß neu die Zahlen 175 und 84, die durch Addiren von 110 zu 65 und 24 zu 60 dargestellt wurden. Wendet man nun die Maschine um, indem man bloß das Zeichen der beiden Zahlen 175 und 84 ändert, so erhält man die folgende Tabelle:      81    16      1 – 175 – 65 – 15 –   1    110    50    14 –  84 – 60 – 36 – 12     24    24    24 da 24 + – 84 = – 60 und gleichzeitig 110 + – 175 = – 65 bei der ersten halben Umdrehung, und – 60 + 110 – 50, und gleichzeitig – 65 + 81 = 16 bei der zweiten halben Umdrehung wird und so weiter. Indem man somit die Zeichen der ungeraden Differenzen umkehrt, so kann man die Maschine gleichsam rückwärts gehen machen und zwar so lange, als man die Kurbel dreht.Auf diese Weise kann man die Maschine immer wieder die Differenzen zeigen lassen, mit denen sie in Gang gesetzt wurde. Nun verrichtet aber die Maschine, wie wir früher gesehen, bloß die Operation des Addirens und eine negative Zahl wird deßhalb in derselben durch ihr Complement ausgedrückt. In Wahrheit hat somit obige Tabelle in der Maschine folgende Beschaffenheit: T       81     16       1 D I 99825 9935 9985     99 D II     110     50     14 D III   9916 9940 9964 9988 D IV       24     24     24 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)