Titel: Das Heiz- und Ventilationssystem von Dr. van Hecke.
Fundstelle: Band 157, Jahrgang 1860, Nr. IX., S. 21
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IX. Das Heiz- und Ventilationssystem von Dr. van Hecke. Aus Förster's allgemeiner Bauzeitung, 1860 Heft 2. van Hecke's Heiz- und Ventilationssystem. Nachdem der Belgier Dr. van Hecke mehrere öffentliche Anstalten zu Brüssel nach einer von ihm erfundenen Methode mit Erfolg geheizt und ventilirt hatte, und es sich herausstellte, daß sein System mit wesentlicher Ersparniß gegen die bisher bekannten Methoden verbunden ist, so wurde in dem Pavillon Nr. 4 des Hospitals Beaujou der im Folgenden beschriebene Apparat nach Hecke's Angaben eingerichtet, wobei die Bedingungen gestellt wurden, die Wärme in den Sälen bei irgend welcher äußeren Temperatur stets auf 16° C. zu erhalten und behufs der Lufterneuerung in denselben pro Stunde und pro Bett 60 Kubikmeter reine Luft zu liefern. Da der gedachte Pavillon in drei über einander liegenden Stockwerken 58 Kranke enthält, so beträgt das Volum der Lufterneuerung pro Stunde 3480 Kubikmeter. Die Commission, welche nach geschehener Einführung dieses Heiz- und Ventilationssystems die Leistungen desselben zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten hatte, gab das Gutachten ab, daß Hr. van Hecke die ihm gestellten Bedingungen nicht nur aufs Beste erfüllt, sondern noch solche Arbeiten ausgeführt habe, die nicht zu seinen Verpflichtungen gehörten, jedoch von der Beschaffenheit sind, daß sie das Wohlseyn der Kranken vermehren. Die Heizung wird vermittelst eines, im Keller stehenden Ofens bewirkt, zu welchem die Luft durch eine runde Zinkröhre von 0,75 Met. im Durchmesser geführt wird, welche sich, nachdem sie den Keller horizontal durchschnitten hat, hebt, um sich als senkrechter, gemauerter Canal fortzusetzen, der sich in einem Garten etwa 2,0 Met. über dem Boden endigt und daselbst den Lufteinlaß bildet. Nachdem die Luft die Ofenröhren durchströmt und sich in denselben erwärmt hat, tritt sie in ein großes Rohr, das sie in die drei übereinander liegenden Säle vertheilt; bevor sie aber dahin gelangt, geht sie über ein ganz mit Wasser angefülltes Gefäß, von dem sie die gehörige Feuchtigkeit annimmt. Man ersieht aus dieser Einrichtung, daß die für die Säle bestimmte Luft bloß aus dem Garten aufgenommen wird, ohne mit der Luft des Kellers in Berührung zu kommen. Man kann auch die Luft, anstatt sie in dem Ofen circuliren zu lassen, durch einen directen Canal in die Säle leiten. Am Anfang des Ofencanals befindet sich ein bewegliches Register, um der Luft diese oder jene Richtung zu geben, je nachdem man sie erwärmen oder die äußere Temperatur verwenden will. Das theilweise offene Register gestattet sogar die Vermischung der beiden Luftströme verschiedener Temperatur und die Verminderung der Wärme in einem Saale, wenn sie daselbst momentan zu stark geworden wäre. Der Luftcanal endigt in der Mitte des untersten Saales im Niveau des Fußbodens und ist mit einem großen gußeisernen Tambour von der Form eines Parallelepipedes bedeckt, dessen vier senkrechte Seitenöffnungen durchbrochene Thüren haben, durch welche die Luft in diesen Saal strömt. Dieser Tambour enthält Roste, auf die man die Wäsche legen kann, welche erwärmt werden muß und worauf man auch die für die Kranken bestimmten Getränke stellt. In die runde Oeffnung von 0,75 Met. im Durchmesser, in welche der Luftcanal im Niveau des Fußbodens ausmündet, greift ein senkrechtes Rohr von 0,60 Met. Durchmesser ein, das zum ersten Stock hinaufführt; es verbleibt demnach zwischen diesen beiden Röhren ein ringförmiger Raum, welcher veranlaßt, daß ein Theil der Luft sich im Erdgeschoß aufhalten kann. Die zuströmende Luft theilt sich also in zwei Theile: die eine dringt in das Erdgeschoß, während die andere, die ihren senkrechten Weg fortsetzt, in das aufsteigende Rohr tritt und für die oberen Etagen bestimmt ist. Ein Register, das man vermittelst eines Viertelkreises stellen kann, gestattet die Verminderung des Canaldurchschnitts und die Modification des Luftvolums, das für die verschiedenen Etagen bestimmt ist. Wäre das Register völlig geschlossen, so würde alle Luft im Erdgeschoß verbleiben; öffnet man es mehr oder minder, so vermehrt man nach Belieben die für die oberen Etagen bestimmte Luft. In der ersten Etage besteht eine ähnliche Einrichtung wie im Erdgeschoß. Vermittelst eines Registers hält man ein gewisses Luftvolum für dieses Stockwerk auf, während der übrige Theil zur zweiten Etage geht, wo die senkrechte Steigröhre nicht mehr existirt und wo sich bloß eine Trommel befindet, die denen, der anderen Stockwerke gleich ist. Die frische Luft für die Heizung und Ventilation dringt demnach durch den mittleren Theil der Säle ein, und zwar durch sehr breite Oeffnungen, damit sie nicht in Folge zu großer Geschwindigkeit unangenehmen Zug veranlaßt. Die Luft, welche sich in den Sälen aufgehalten, entweicht aus denselben durch vier Austrittscanäle in den Ecken. Diese Anzahl ist zu beschränkt; da aber der Pavillon bereits bestand als man das Heizungs- und Lüftungssystem anbrachte, hat man es unterlassen mehrere Auslässe anzubringen, weil sie durch den Durchbruch der Mauern viele Kosten verursacht oder zur Nothwendigkeit geführt hätten vorspringende Canäle anzulegen, welche den Sälen ein schlechtes Ansehen geben. Die drei Canäle in jeder Ecke, welche den drei Sälen angehören, stehen über einander senkrecht bis zum Dachboden, wo sie in einem horizontalen Canal von Zink ausmünden, der bis zur Hälfte der Länge des Raumes läuft, wo die vier Leitungen sich in einem in der Mitte stehenden Tambour vereinigen, über dem sich die Auslaßesse erhebt, die aus einem 0,75 Met. haltenden Cylinder von Zink besteht. An den Durchschneidungspunkten der aus den Sälen kommenden Canäle und der Dachbodenleitungen sind Register angebracht, um die Oeffnungen zu stellen und folglich den Zug zu regeln, der in den verschiedenen Sälen stattfindet. Die Luft der Säle, welche zum großen Theil durch die so eben besprochenen Austrittscanäle entweicht, hat noch eine andere Ausströmung durch die Aborte. Diese Oeffnung, an dem oberen Theile des Gemaches angebracht, steht auch in Verbindung mit dem Canal des Dachbodens. Die durch eine Oeffnung am unteren Theil der Cabinetsthüren tretende Luft des Saals steigt zur Austrittsöffnung und reißt die Luft des Cabinets und folglich jeden Geruch mit sich fort. Die Oeffnungen der Abtritte bleiben hierbei geschlossen und die Ventilation bewirkt lediglich die Reinigung des Gemachs. Diese Ventilation ist vollkommen hinreichend, und in keinem Spitale findet man so geruchlose Abtritte als in dem Pavillon Nr. 4 des Hospitals Beaujou. Zum Schluß dessen, was die Einführung und Ausströmung der Luft betrifft, muß noch einer Quelle reiner Luft gedacht werden, die als Nebensache betrachtet werden kann, nichts desto weniger aber ihre Bedeutung hat. Im Erdgeschosse am Eingang in den Keller befindet sich eine kleine Dampfmaschine, von der alsbald die Rede seyn wird. Das Rauchrohr der Feuerung nebst dem des Ofens ist mit einem concentrischen Mantel umgeben, desses unteres Ende mit dem Aeußern in freier Verbindung steht, wo er durch seine in den Garten gehende Oeffnung reine Luft aufnimmt, die in dem ringförmigen Raum um die Rauchröhre herum circulirt, an dieser sich erwärmt und nach der Höhe des Gebäudes strömt. Dieser Luftcanal liegt in der Stärke der Mauer, welche die Säle von dem Treppenhause trennt. Zu jeder Etage hat er drei Oeffnungen, und zwar eine, die sich nach dem Saale öffnet, während die zweite nach der Treppe und die dritte nach der Kammer mit zwei Betten geht. Diese unverschlossenen Oeffnungen geben der Luft während des Winters freien Durchgang; im Sommer läßt man sie bis zum oberen Theil des Gebäudes hinauf steigen, wo sie entweicht; doch hat man diese warme Luft auch benutzt, indem man sie in den als Trockenstube eingerichteten Dachboden abführt. Wenn die obere Oeffnung dieses Luftcanals geschlossen ist, wie im Winter, so verbreitet sich die warme Luft in den Sälen und im Treppenraum, deren Temperatur sie unterhält. Wenn im Sommer die Oeffnung offen ist, zieht das Rauchrohr die Luft aus den Sälen an und erzeugt folglich eine Vermehrung der Ventilation. Die am Eingange des Kellers stehende kleine Dampfmaschine hat den Zweck, einen Ventilator in Bewegung zu setzen, der anfänglich in dem oberen Theile des Canalsystems in der Dachesse angebracht war. Eine Riemenscheibe pflanzt die Bewegung vom Erdgeschosse zum Dachboden fort, und der Ventilator bringt dann eine Ansaugung der Luft aus den Sälen hervor. Der Apparat van Hecke's bewirkt also eine Lufterneuerung durch eine mechanische Kraft. Seit seiner Einführung hat er eine wesentliche Zuthat erhalten, indem van Hecke einen zweiten, dem ersten gleichen Ventilator in der unteren Windlutte der Leitung am Anfang der Luftsäule in dem Keller aufstellte. Indem er denselben in Verbindung mit der Maschine brachte, drückt er die Luft in den Sälen, die er nach Außen ansaugt, und liefert demnach eine Ventilation durch Eintreibung, ähnlich der, welche der Apparat von Thomas und Laurens im Hospital Lariboisière hervorbringt. Der Apparat ist demnach so eingerichtet, daß man nach Belieben durch Ansaugung, indem man den oberen Ventilator in Bewegung setzt, oder durch Eintreibung ventiliren kann, wenn man die Maschine mit dem im unteren Theile befindlichen Ventilator in Verbindung bringt. Diese Abwechselung des Systems geschieht durch eine einfache Veränderung der die Bewegung übertragenden Riemenscheibe; eine in einigen Minuten sehr leicht zu bewirkende Operation. Diese Eigenthümlichkeit verleiht dem Apparat ein großes Interesse, weil man dadurch den relativen Werth der beiden unter gleichen Bedingungen bewirkten Ventilationsmethoden bestimmen und für diese oder jene Jahreszeit diejenige wählen kann, welche sich durch die Erfahrung vortheilhafter gezeigt hat. Der Ventilator van Hecke's besteht aus zwei Schaufeln an zwei Stäben, die senkrecht zur Umdrehungsachse eingelassen und 50 bis 60° geneigt sind. Eine Eigenthümlichkeit, welche diesen Ventilator auszeichnet, ist die, daß die Neigung der Schaufeln nicht constant ist, indem sie sich mit der Geschwindigkeit der Umdrehungsbewegung verändert. Ein wichtiger Gegenstand im ganzen Ventilationssystem ist ein Apparat, welcher gestattet, sich von der Wirkung der Methode in einem gegebenen Moment zu überzeugen. Der gewöhnliche Anemometer kann stets benutzt werden, um diesen Zweck zu erreichen, doch erheischt die Behandlung desselben eine Geschicklicheit und eine so eigenthümliche Sorgfalt, wie man sie von einem gewöhnlichen Diener der Verwaltung nicht verlangen kann. Bei dem Apparate von Thomas und Laurens ist die Cache einfacher, denn um eine genaue Messung der Ventilation zu erlangen, braucht man nur die Anzahl der Kolbenstöße der Maschine während einer Minute zu zählen; und da die Ventilation für eine gewisse Geschwindindigkeit der Maschine nach den gemachten Versuchen bekannt ist, so bedarf es nur einer einfachen Proportion, um das Luftvolum zu berechnen, das dem Moment correspondirt, in welchem man eine Beobachtung macht. Um diese Ermittelung noch zu erleichtern, hat man vorgeschlagen, an der Maschine einen Zähler anzubringen, welcher die Anzahl der in einer gewissen Zeit erfolgten Kolbenstöße und folglich das Luftvolum angibt, das in die Säle befördert wird. Van Hecke hat dasselbe Problem auf eine vollständige und sehr befriedigende Weise vermittelst eines in die Auslaßesse oder in den Windluttencanal gestellten Anemometers gelöst, der aus zwei metallenen Flügeln besteht, welche 55° gegen die Umdrehungsachse geneigt sind. Da sie eine Länge haben, die dem Halbmesser der Leitung, deren ganzen Querschnitt sie decken, beinahe gleich ist, so nehmen sie eine Geschwindigkeit an, die im Verhältniß zu dem Mittel der Geschwindigkeiten der verschiedenen flüssigen Venen steht, aus denen die Luftsäule zusammengesetzt ist. Wenn man mit einem gewöhnlichen Anemometer arbeitet, der nur einen geringen Querschnitt hat, so muß man durch Rechnung den Punkt ermitteln, wo man ihn aufzustellen hat, um eine mittlere Geschwindigkeit zu erlangen. Bei dem großen Anemometer van Hecke's findet etwas Aehnliches nicht statt, weil seine Flügel die Wirkung aller Flüssigkeitsstrahlen gleichzeitig empfinden. Das Instrument wird in einem cylindrischen Einschnitt von demselben Durchmesser wie die Esse, wovon er einen Theil ausmacht, gestellt, und kann mit der größten Leichtigkeit weggenommen und wieder hingestellt werden. Die Achse des Anemometers setzt einen Zähler in Bewegung, welcher die Zahl der Umgänge angibt, die in einer bestimmten Zeit stattfinden, und wonach man dann das eingeströmte Luftquantum berechnen kann, wenn man das einer Umdrehung correspondirende kennt. Der Zähler hat vier Zifferblätter A, B, C, D, jedes mit 100 Eintheilungen; jede Theilung des Blattes A entspricht einer Achsenumdrehung des Anemometers; eine ganze Umdrehung dieses Blattes gibt eine Theilung des Blattes B u.s.w. Das Instrument kann also 100,000000 Umgänge bezeichnen und länger als ein Jahr im Gange seyn, ohne daß die Anzeichnung aufhört. Wenn man eine Beobachtung machen will, so zeichnet man zuerst die Angaben der Zifferblätter in der Ordnung D, C, B, A an einer Tabelle auf, die an dem Zähler selbst sich befindet, dann läßt man den Apparat einige Stunden, Tage und mehrere Monate gehen, und am Ende der gewünschten Zeit liest man die Angabe der Zifferblätter von neuem ab. Die ersten Angaben von den zweiten abgezogen, geben die Anzahl der Umgänge an, die man nur mit dem einer Umdrehung entsprechenden Luftvolum zu multipliciren braucht, um das Totalvolum der durchgeführten Luft zu erhalten. Dr. van Hecke brachte an seinem Apparat noch ein kleines Instrument zu dem Zweck an, ohne Berechnung und durch einen bloßen Hinblick in irgend einem Momente einen Begriff von dem Zustande der Ventilation zu erhalten. Eines dieser Instrumente wird nächst dem Ventilator und dem Anemometer in die Esse gestellt. Es besteht aus einer sehr leichten, metallenen Scheibe, die sich um einen ihrer Durchmesser dreht und durch ein Gegengewicht balancirt wird. Ist die Luft in der Säule in Ruhe, so steht die Scheibe horizontal, weicht aber unter dem Einflusse einer Strömung von dieser Stellung ab und entfernt sich mehr und mehr von derselben, je nach der Stärke der Strömung, bis sie in Folge einer großen Stromgeschwindigkeit, die von der Beweglichkeit der Scheibe abhängt, senkrecht wird. Für einen und denselben Apparat läßt sich die Empfindlichkeit modificiren, indem man die Stellung des Gegengewichts an dem Stabe verändert, der ihm als Hebel dient. Die Oscillationen der Scheibe theilen sich mittelst einer Schnur und einer Glockenbewegung Zeigern mit, die sich auf den in den verschiedenen Etagen angebrachten Zifferblättern bewegen. Es ist klar, daß die Schwingungen der Scheibe und folglich die Bewegungen der Zeiger die Luftvolumina nicht angeben, die durch die Leitungen ziehen; sie weisen bloß die wirkliche Geschwindigkeit des Luftstromes nach; da aber diese Geschwindigkeiten mit den Volumen zusammenhängen, so ist es begreiflich, daß die Eintheilung der Zifferblätter so eingerichtet werden kann, daß die Luftvolumina anstatt bloß die Geschwindigkeiten angegeben werden können. Zur Vervollständigung der Beschreibung dieses Heiz- und Ventilationssystems muß noch von einem Apparat gesprochen werden, der noch nicht aufgestellt war und welchen van Hecke construiren ließ, um ihn in den gemauerten Canal zu stellen, der vom Keller aus die Luft in dem Garten aufnimmt. Er hat den Zweck, die Luft im Sommer abzukühlen, die in die Säle strömen soll. Er besteht aus zwei horizontalen, 1,50 Met. über einander gelegten Cylindern; an der Achse des oberen Cylinders befindet sich eine Rolle, welche die Bewegung der Triebwelle aufnimmt; der untere Cylinder taucht in ein Gefäß, das durch Wasser von der Temperatur des Brunnenwassers, die noch durch Einlage von Eis vermindert werden kann, gefüllt ist. Schnüre oder Bänder ohne Ende verbinden die beiden Cylinder, die sich gleichzeitig bewegen. Die Luft welche in der Leitung circulirt, ist gezwungen über diese stets nassen Bänder zu streichen, und nimmt daher eine viel niedere Temperatur an, als die der von Außen aufgenommenen Luft ist. Hinsichtlich der ausführlichen Untersuchungen, welche mit diesem Heiz- und Ventilationssystem vorgenommen worden sind, verweisen wir auf unsere Quelle.