Titel: Ueber die Anwendbarkeit der Gentele'schen Probeflüssigkeit zur Bestimmung des Traubenzuckers in Producten der Rübenzuckerfabrication; von Dr. C. Stammer.
Autor: Karl Stammer [GND]
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XII., S. 41
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XII. Ueber die Anwendbarkeit der Gentele'schen Probeflüssigkeit zur Bestimmung des Traubenzuckers in Producten der Rübenzuckerfabrication; von Dr. C. Stammer. Stammer, über die Anwendbarkeit der Gentele'schen Probeflüssigkeit zur Bestimmung des Traubenzuckers in Producten der Rübenzuckerfabrication. Im Bande CLII S. 68 und 139 dieses Journals ist von Gentele ein Gemisch von rothem Blutlaugensalz und Kalihydrat in wässeriger Lösung zur Bestimmung von Traubenzucker in Rohrzuckerlösungen empfohlen worden. Da es uns trotz mannichfacher Vorschläge für den Zweck der Untersuchung von Producten der Rübenzuckerfabrication noch an einem allen Anforderungen entsprechenden Reagens zu diesem Zwecke fehlt, so habe ich einige Proben angestellt, um die Anwendbarkeit jener Lösung hierzu festzusetzen. Ich habe dieselbe namentlich im Vergleich mit der Fehling'schen Kupferflüssigkeit (Trommer'schen Probe) und in solchen Fällen geprüft, wie sie sich in der Praxis am häufigsten zur Untersuchung darbieten; leider scheint sie aber wenigstens zu dem genannten Zwecke nicht allein keinen Vorzug vor der Kupferprobe zu besitzen, sondern derselben sogar entschieden nachzustehen. Was zunächst die Anwendung zur quantitativen Bestimmung des Traubenzuckers in den genannten Zuckern oder Syrupen betrifft, so darf nicht übersehen werden, daß es noch keineswegs erwiesen ist, daß die das Reagens verändernden Substanzen mit dem Traubenzucker identisch sind, wie er durch Behandlung von Rohrzucker mit Säuren erhalten wird. Da nun die Stärke der Lösung auf letzteren allein gestellt ist, so kann eine sichere Bestimmung von verändertem Zucker, der vielleicht eine ganz andere Wirkungsweise hat, damit nicht vorgenommen werden. Dieser Einwurf kann der Kupferlösung in gleichem Maaße gemacht werden; es besitzt in dieser Beziehung keines der vorhandenen Reagentien einen Vorzug. Läßt man aber diesen Umstand dahin gestellt, so hängt die Brauchbarkeit der anzuwendenden Probeflüssigkeit einestheils von der Schärfe ab, mit welcher der Schluß der Reaction beobachtet werden kann, und anderntheils, besonders wo es sich nur um qualitative Erkennung kleiner Mengen handelt, von ihrer größeren oder geringeren Empfindlichkeit in speciellen Fällen. Läßt nun in dieser Beziehung die Kupferlösung wenig zu wünschen übrig, so war ein Gleiches von der Gentele'schen Lösung bei ihrer hellen Farbe um so weniger zu erwarten, als die Syrupe und Zuckerlösungen meistens dunkler gefärbt sind. Einige Versuche haben dieß denn auch bestätigt; dazu wurde eine genau nach Gentele's Vorschrift dargestellte Lösung angewandt, deren Empfindlichkeit und richtige Beschaffenheit vorher mit einer mit Salzsäure erhitzten Zuckerlösung geprüft worden war. Schon bei dieser Prüfung zeigte sich die Kupferprobe wegen der Raschheit und Empfindlichkeit der Reaction vorzuziehen. Den letzten gelben Stich verlor die Zuckerlösung immer nur langsam und sehr allmählich. Geprüft wurden nun mit der genannten Lösung folgende Producte der Rübenzuckerfabrik: weißer Zucker (Melis), Melisklärsel, Syrup vom 2ten Product, dunkel gefärbter Rohzucker (aus dem letzten Nachproduct). 1) Weißer Zucker. Die Lösung gab mit der Kupferprobe deutliche Spuren veränderten Zuckers; eine verdünnte Lösung ließ mit der Gentele'schen Flüssigkeit keine Reaction erkennen; in concentrirter Lösung schien allerdings ein Blasserwerden der Farbe einzutreten, doch war dasselbe nicht mit Sicherheit wahrzunehmen; mithin bliebe nach dieser Reaction die Anwesenheit von verändertem Zucker mindestens zweifelhaft. 2) Melisklärsel von heller Farbe, nach der Kupferprobe ziemlich viel veränderten Zuckers enthaltend, gab in verdünnter Lösung erst nach langer Zeit und anhaltendem Kochen eine Aufhellung der Gentele'schen Flüssigkeit. Bei Anwendung concentrirterer Zuckerlösung trat die Reaction allerdings schneller ein, allein es war nun wegen der gleichfalls sichtbaren Klärselfarbe das Ende der Reaction nicht scharf zu treffen. Außerdem wird durch längeres Kochen der concentrirten Zuckerlösung, wie es ein schnelleres Eintreten der Entfärbung nöthig macht, die Möglichkeit der Umwandlung des Zuckers während des Experimentes gegeben. 3) Syrup vom 2ten Product (Schnitzelcampagne). Kupferreduction deutlich. Bei einer solchen Verdünnung, daß die Gentele'sche Probe deutlich hervortreten konnte, gab dieselbe keine Reaction; bei concentrirterer Lösung verdeckte die Farbe des Syrups vollständig die Färbung und Entfärbung der Probeflüssigkeit. 4) Dunkler Rohzucker aus den letzten Nachproducten. Dieser Zucker zeigte, in Folge verschiedener Verhältnisse, einen Gehalt von Traubenzucker (verändertem Zucker), der sich mittelst der Kupferprobe auf 2 Proc. bestimmen ließ, und wäre daher vorzugsweise zur Vergleichung der beiden Reagentien geeignet gewesen. Allein die gelbe Gentele'sche Lösung wurde durch einen geringen Zusatz der Lösung dieses Zuckers nicht entfärbt, bei einer größeren Menge aber färbte sie sich durch die dunkle Zuckerlösung so sehr, daß keine Reaction mehr erkannt werden konnte. Hiernach erscheint es gewiß gerechtfertigt, wenn dieß in Rede stehende Reagens zu den Zwecken der Untersuchung der genannten und ähnlichen Substanzen als kaum anwendbar und der Kupferlösung weitaus nachstehend bezeichnet wird.