Titel: Ueber die Anwendung des Wassers als Hülfs-Brennmaterial bei Fabrikfeuerungen, von Maire und Vallée in Tours.
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XLVI., S. 193
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XLVI. Ueber die Anwendung des Wassers als Hülfs-Brennmaterial bei Fabrikfeuerungen, von Maire und Vallée in Tours. Patentirt in Frankreich am 20. September 1859. – Aus Armengaud's Génie industriel, October 1860, S. 199. Maire, über die Anwendung des Wassers als Hülfs-Brennmaterial bei Fabrikfeuerungen. Das Problem der Erzeugung der höchsten Temperaturgrade mittels der Verbrennung von Wasserstoff ist nach Maire und Vallée als gelöst zu betrachten; sie bewirken die Zersetzung des Wassers durch Anwendung der Hitze und des Kohlenstoffes. Die zunächst im Laboratorium angestellten Versuche, welche den Resultaten Dulong's entsprechen, haben nach den Verf. ergeben, daß die Heizkraft des Wasserstoffs gleich ist 34,601° C., die des Kohlenstoffs 7,295° C. Es verhält sich also die Heizkraft des Wasserstoffs zu derjenigen des Kohlenstoffs wie 4,74 : 1. Wenn man unter gewissen Umständen Wasser und Dampf in regelmäßiger Weise stoßweise auf ein starkes Feuer strömen läßt, welches zugleich von einem kräftigen Luftstrom genährt wird, so erhält man die Zersetzungsproducte als Hülfs-Brennmaterial. Die betreffenden Versuche haben folgende Resultate ergeben: 1) Es findet eine bedeutende Wärmevermehrung ohne Erhöhung des Brennmaterials statt; daraus folgt bei Schmelzprocessen eine Zeitersparniß von mindestens der Hälfte. 2) Es wird je nach der Natur des Brennmaterials 40–50 Proc. davon gespart, eine Zahl, welche bei Anwendung des Verfahrens im Großen noch übertroffen werden dürfte. Berechnet man die Wärmemenge, welche zur Zersetzung des Wassers erforderlich ist und diejenige, welche durch Verbrennung des erzeugten Wasserstoffs und des Kohlenstoffs durch den erzeugten Sauerstoff frei wird, so erhält man als Resultat, daß letztere größer als erstere ist; hierauf gründet sich der zu erzielende Vortheil. Als die zu zersetzende Wassermenge haben die Verf. in Folge ihrer Versuche 2,380 Liter per Minute für eine Feuerfläche von 1 Quadratmeter ermittelt; diese Einheit gilt jedoch nur für Flammöfen mit gepreßtem Winde. Sie wechselt je nach der Construction des Ofens, der Stärke des Zugs und nach anderen Umständen. Indessen trifft man für jeden einzelnen Fall leicht des richtige Maaß durch Stellung der Einspritzöffnungen, was in weniger als einer Minute geschehen kann. Anwendung des Verfahrens bei Hohöfen. Man leitet aus einem Reservoir, welches einen Druck von mindestens 1 1/2 Atmosphären gibt, mittelst einer Röhre von 12–15 Millimetern Durchmesser das Wasser nach der Feuerung. Die Röhre endigt mit einer vertheilenden Einspritzmündung und an derselben kann das zu verwendende Wasserquantum mittelst eines Hahnes regulirt werden. Das Mundstück dieser Röhre wird in das Windleitungsrohr eingesetzt und zwar senkrecht zu dessen Richtung, in 25 Centimeter bis 1 Meter Entfernung vom Formende, je nach dem Druck des Windes, der das Wasser in Gestalt eines Nebels in das Feuer treibt. Bei den Hohöfen wird durch dieses Verfahren zugleich eine größere Heizkraft der an der Gicht gesammelten Gase bewirkt. Anwendung des Verfahrens bei Kupolöfen. Die Einrichtung für diese Oefen weicht von der eben beschriebenen nicht ab; das Einspritzrohr wird bei jeder Düse angebracht. Es wird an Zeit und Brennmaterial mindestens ein Drittel gespart. In Folge der erhöhten Temperatur kann man nach diesem Verfahren jeden Kupolofen als Hohöfen benutzen und darin die feuerfestesten Erze niederschmelzen. Nach der Erzeugung des Gußeisens kann durch geringe Modificationen derselbe Ofen sogleich zum Affiniren des Eisens, oder auch zur StahlerzeugungStahlerzeuguug unmittelbar brauchbar gemacht werden. Die Entkohlung des Gußeisens geschieht durch den Sauerstoffstrom; der Wasserstoff erhält die Temperatur auf die zur Metallschmelzung erforderlichen Höhe, so daß der beabsichtigte Zweck vollkommen erreicht wird. Das erzeugte Metall zeigt alle guten Eigenschaften (Hämmerbarkeit und Schweißbarkeit) der besten Producte des gewöhnlichen Verfahrens. Einen auffallenden Unterschied zeigt der Zustand des Eisens, welches mittelst dieses und des gewöhnlichen Verfahrens erhalten wird; während es aus gewöhnlichen Frisch- und Puddelöfen als schwammige, hämmerbare Luppe kommt, bleibt es in diesen Affinirfeuern in Folge der hohen Temperatur vollkommen flüssig. Der obere Theil des Kupolofens muß in ähnlicher Weise wie bei den Hohösen verengt und mit einem offenen Aufsatze versehen werden. Für alle übrigen Oefen des Eisenhüttenbetriebes, wie Holzkohlen-Frischfeuer, Puddelöfen, Flammöfen jeder Art, gelten ähnliche Verhältnisse. Der Ort, wo das Wasser eintritt, kann ohne Nachtheil verändert werden, wenn das Wasser nur möglichst fein und allgemein vertheilt eingetrieben wird. Stets wird man 1/3 an Brennmaterial und Zeit, und zwischen 3 und 8 Proc. an Eisenabgang ersparen. Anwendung des Verfahrens bei Dampfmaschinen und Locomotiven. Das Wasser läßt man an einer Seite der Feuerung oder an beiden zugleich eintreten, in welchem letzteren Falle man die Strahlen sich etwa 5 Centimeter oberhalb des Brennmaterials kreuzen läßt; die Richtung des Wasserstrahls muß derjenigen des Zuges entgegengesetzt seyn, so daß die Wasserstoffflamme die möglich größte Heizfläche durchzieht, ehe sie zu den Röhren des Kessels gelangt. Man kann das Wasser aus dem Tender nach einem Cylinder leiten, welcher einen Kolben enthält, auf den der Dampf des Kessels einwirkt und so den erforderlichen Druck zur Vertheilung des Wasserstrahls erzeugt. Dasselbe gilt für jede andere Art von Dampfkesselfeuerungen, so wie überhaupt für jede industrielle Anwendung von Brennmaterialien.