Titel: Ueber Roheisen-, Stabeisen- und Massengußstahl-Erzeugung; vom Hüttendirector Alois Thoma.
Autor: Alois Thoma
Fundstelle: Band 158, Jahrgang 1860, Nr. LXXIII., S. 278
Download: XML
LXXIII. Ueber Roheisen-, Stabeisen- und Massengußstahl-Erzeugung; vom Hüttendirector Alois Thoma. (Fortsetzung von Bd. CLVI S. 207.) Thoma, über Roheisen-, Stabeisen- und Massengußstahl-Erzeugung. B. Stabeisenerzeugung. Ein großer Fortschritt würde bei der Stabeisenerzeugung durch eine allgemeine Einführung der Gasfeuerung herbeigeführt werden. Brennmaterialersparniß, Beseitigung des so sehr belästigenden Rauches, sowie eine bessere Qualität des erzeugten Eisens sind die Vortheile, die sie zunächst gewährt; außerdem können Brennmaterialsorten zur Verwendung kommen, die für directe Feuerung bei der Stabeisenerzeugung nicht zu brauchen sind, wie Anthracit, geringere Torf- und Braunkohlenarten etc. In Nordamerika hat die Gasfeuerung und zwar zumeist mit aus Anthracit entwickelten Gasen, bereits eine ausgedehntere Verbreitung gefunden, und hat es den Anschein, als wenn man auch im nördlichen Deutschland ihr mehr Aufmerksamkeit, als bisher geschehen, zuwenden wollte; im südlichen Deutschland ist bekanntlich auf mehreren Werken die Gasfeuerung mit gutem Erfolge in Anwendung gekommen. Außer der ansgedehntestenausgedehntesten Einführung der Gasfeuerung würde als ein wichtiger Fortschritt bei der Stabeisenerzeugung zu bezeichnen seyn: 1) die unmittelbare Darstellung des Stabeisens aus Erz, wo hierzu geeignete Erze vorhanden sind, 2) die Stabeisenerzeugung aus Roheisen und reducirten Erzen. Stabeisenerzeugung unmittelbar aus den Erzen. Die unmittelbare Darstellung des Stabeisens aus den Erzen, wie sie hier beschrieben werden soll, darf keineswegs mit dem alten Rennfeuerbetriebe verwechselt werden, mit dem sie durchaus keine Aehnlichkeit hat. Denn während bei jenem uranfänglichen Verfahren durch einen einzigen Proceß, bei einem sehr großen Verbrauche von Holzkohlen und höchst geringer wöchentlicher Production, ein sonst ganz gutes Stabeisen dargestellt würde, zerfällt die Arbeit nach meinem Verfahren in mehrere gesonderte Processe, die alle bei unverkohltem, und selbst Brennmaterial geringerer Beschaffenheit, durchgeführt werden, und wodurch die Roheisenerzeugung gänzlich umgangen wird. Das Product ist ebenfalls ein gutes. Das ganze, von dem k. k. Handelsministerium mir privilegirte Verfahren ist das Resultat durch 18 Jahre, wenn auch mit Unterbrechungen, so doch mit großem Eifer und Beharrlichkeit fortgesetzter Versuche. Während es mir bereits vor 15 Jahren gelungen war ein gutes Eisen direct aus Erzen darzustellen, waren seit jener Zeit alle meine Bemühungen dahin gerichtet, das ganze Verfahren noch mehr zu vereinfachen, es mit Brennstoffen, mit denen allein bisher kein Eisen dargestellt werden konnte, durchzuführen, und endlich auch jene vollständige Gewißheit des Erfolges zu erreichen, die, bei geringen Productionskosten, einer Betriebsweise allein eine allgemeine Verbreitung verschaffen kann. Die Güte des direct aus Erzen dargestellten Eisens ist, wie auch bereits erwähnt wurde, vom ersten Anfang an außer allem Zweifel gestellt gewesen. So sehr die nachstehend beschriebene Betriebsmethode der unmittelbaren Darstellung des Stabeisens aus Erzen darauf Anspruch zu machen hat, daß sie wie jede andere allgemein verbreitete vollkommen und in allen ihren Manipulationen abgerundet dasteht, und man stets des besten Erfolges zum Voraus gewiß ist, so ist doch eine allgemeine Verbreitung derselben in allen eisenproducirenden Districten nicht möglich, und wird die Einführung derselben auf einzelne Gegenden beschränkt bleiben, weil nur gutartige, reiche und wenig Kieselsäure enthaltende Erze dafür geeignet sind. Ganz ausgezeichnet eignen sich aber hierzu die oberungarischen Spatheisensteine bei Schmölnitz und Rosenau, sowie gutartige Spatheisensteine überhaupt, die Magneteisensteine des Magnetberges Katschkanar am Ural und alle ähnlichen, die Glanze von Elba u.s.w. Ich will keineswegs die Möglichkeit bestreiten, daß auch aus minder guten und ärmeren, wenn nur nicht zu viel Kieselsäure enthaltenden Erzen direct Stabeisen dargestellt werden kann; ich selbst habe sogar die factische Ueberzeugung davon durch meine Versuche erlangt, aber es stellten sich dann weder ein pecuniärer Vortheil, noch sonst derartige Resultate heraus, daß sie zur Verwendung ärmerer Erze für directe Darstellung des Stabeisens aus denselben anregen dürften. Die directe Darstellung des Stabeisens aus Erzen zerfällt in vier gesonderte Processe: A. Rösten und Zerkleinen derselben, B. die Reduction, C. Luppen- und Rohschienenerzeugung aus den reducirten Erzen, D. das Ausschweißen und die weitere Bearbeitung der Luppen und Rohschienen. A. Das Rösten und Zerkleinen der Erze. Dieß geschieht ganz in der Weise, wie solches schon bei der Roheisenerzeugung beschrieben worden ist. Von den Schmölnitzer Spatheisensteinen geben 160 Pfd. ungeröstete 1 Ctr. geröstete und zerkleinte, welche einen Eisengehalt von circa 65 Procent haben. B. Das Reduciren der gerösteten und zerkleinten Erze. Auch dieses geschieht ganz in der bei der Roheisenerzeugung beschriebenen Weise, wobei natürlich die Erze nicht gekohlt werden, und wodurch die tägliche Leistung des hierzu dienenden Apparates eine größere wird. Die unter A. angeführten Spatheisensteine enthalten in reducirtem Zustande 80–85 Proc. Eisen. C. Luppen- und Rohschienenerzeugung aus reducirten Erzen. Diese erfolgt in einem Gaspuddelofen und kann mit jedem für den Betrieb eines Gasofens geeigneten Brennmaterial durchgeführt werden, also mit Torf, Braunkohlen etc. Durch die Arbeitsthüre oder eine Vorrichtung im Gewölbe des Ofens – letzterer muß zuvor bis zur hellen Weißgluth erhitzt werden – werden die reducirten Erze in 6 bis 8 Posten eingetragen, nachdem sie vorher, je nach den erdigen Beimengungen derselben, behufs Bildung einer leichtflüssigen Schlacke beschickt worden sind. Eine Beschickung von Thon und Kochsalz, beides fein gepulvert, wird in allen Fällen auslangen, wo ein größerer Mangangehalt bereits in den Erzen enthalten ist, sonst aber wird carbonisirter Braunstein zugesetzt. Das eingeworfene Erz wird auf dem Herde des Ofens ausgebreitet und muß glühend werden ehe die nächste Post hinzukommt. Die brennenden Gase dürfen zu Anfang durchaus keinen Ueberschuß an Sauerstoff haben, es müssen dieselben vielmehr ein wenig reducirend seyn und hiernach der zur Verbrennung hinzugeleitete Wind bemessen werden. Die Gase haben dann eine kaum merkliche Trübung. Es ist dieß nothwendig, damit die scharfen Ecken des Erzes nicht wieder in Oxydul verwandelt, als Schlacke verloren gehen, und ein geringeres Ausbringen erfolgt. In jenen oben angeführten Gasen werden die Erze so lange fleißig gewendet, damit sie in ihrer ganzen Masse gleichmäßig erhitzt werden, bis sie anfangen zusammen zu hängen. Nun wird ein wenig mehr Verbrennungswind gegeben, um die Hitze des Ofens zu erhöhen, doch dürfen die Gase keineswegs oxydirend einwirken. Der Puddler hat zu verhindern, daß sich bei dem Bestreben der Erze immer mehr und mehr zusammen zu ballen, keine Klumpen mit rohem Kern bilden, und hat überhaupt darauf zu achten, daß die ganze Charge durch und durch in einer gleichmäßigen Hitze erhalten wird. Nicht lange hierauf bildet sich, und zwar ganz plötzlich, Schlacke, die sich zu Boden senkt und wobei ein poröses Eisen, ganz dem beim gewöhnlichen Puddeln ähnlich, im Ofen steht. Nun wird zum Ballenmachen geschritten – eine Operation, die sich von dieser Arbeit beim Roheisenpuddeln nicht unterscheidet. Sind die Ballen fertig, so kommen sie aus dem Ofen, um unter einem kräftigen Zängehammer zu Luppen abgefaßt zu werden, und dann an die Präparirwalze zu gelangen oder nach Umständen weiter bearbeitet zu werden. Soll für besondere Verwendungen ein sehr reines Eisen von großer Güte erzeugt werden, so müssen die abgefaßten Luppen, während sie noch die volle Kernhitze haben, in einem Gasschweißofen eine saftige Nachhitze bekommen und hierauf nochmals unter einem schweren Hammer abgefaßt und dann erst zu Kolben oder Rohschienen ausgezogen werden. Von den obengenannten reducirten Spatheisensteinen wiegt der Kubikfuß circa 1/2 Ctr. und werden circa 4 bis 5 Ctr. eingesetzt. Es erfolgen daraus durchschnittlich 3 Ctr. abgefaßte Luppen oder Rohschienen. Ein Ofen liefert wöchentlich circa 250 Ctr. D.Ausschweißen und weitere Bearbeitung der Luppen und Rohschienen. Die weitere Bearbeitung der entfallenden Luppen, Rohschienen etc. unterscheidet sich durchaus nicht von der Bearbeitung derer, welche aus Roheisen erhalten werden, wie denn überhaupt kein Unterschied zwischen denselben besteht. Das Ausschweißen geschieht natürlich in einem Gasschweißofen, wobei der Abbrand meistens geringer wie in einem gewöhnlichen Schweißofen zu seyn pflegt. Zur Erzeugung eines österr. Centners (1,12 Zollcentner) aus den reinen oberungarischen Spatheisensteinen von Schmölnitz direct dargestellten gewöhnlichen Stabeisens würden an Material erforderlich seyn: 427 Pfund roher Spatheisenstein, 267 gerösteter und zerkleinter, 202 reducirter, so wie 390 Braunkohlen von sonst guter Beschaffenheit. Der Erzeugungspreis würde 4 fl. 54 kr. österr. Währung für den österr. Centner betragen, was 2 Thlr. 21 Sgr. für den Zollcentner entspricht. Der geringe Brennmaterialaufwand, so wie der geringe Erzeugungspreis ergibt die großen Vortheile dieser Betriebsmethode, die überall, wo dazu geeignete Erze vorkommen, eingeführt werden sollte. Die entfallenden Schlacken können mit großem Vortheil für Roheisenerzeugung zur Verwendung kommen, so daß aller im Erze enthaltene Eisengehalt auch wirklich zur Nutzung gelangt. Stabeisenerzeugung aus Roheisen und reducirten Erzen. Nur in wenigen von der Natur besonders begünstigten Gegenden werden alle Erze einer Hütte zur unmittelbaren Darstellung des Stabeisens aus denselben geeignet seyn und meistens – und wahrscheinlich auch in vorwaltender Menge – solche mit gefördert werden, die zunächst auf Roheisen verhüttet werden müssen. In diesem Falle wird ein höchst rentabler Betrieb dadurch erzielt, daß die reinen und reichen Erze oder auch nur ein Theil derselben, wie vorn angegeben wurde, reducirt werden, aus den anderen aber Roheisen erzeugt wird. Dieses Roheisen, welches man beim Abstechen granulirt, wird, mit den reducirten Erzen gemengt, in einem Gaspuddelofen zu Luppen verarbeitet. Die Arbeit selbst unterscheidet sich von gewöhnlicher Puddelarbeit nur wenig und hat mit der aus luckigen Flossen viele Aehnlichkeit. Ein Gemenge von 1 Ctr. granulirtem Roheisen und 1/2 Ctr. reducirtem Erz gibt sehr gute Betriebsresultate, indem die Arbeit sehr schnell geht; doch liefert auch 1 Ctr. Roheisen und 1 Ctr. ja selbst 1 1/2 Ctr. reducirtes Erz gute Betriebsresultate. Das im Erze enthaltene Eisen muß aber nur reducirt und nicht gekohlt seyn, weil hierdurch die Puddelarbeit sehr verzögert werden möchte, und liefert daher auch ein Producirofen täglich circa 200 Centner dergleichen Erze. Aus einem Centner Roheisen und 1/2 Ctr. reducirten Erzen erfolgen durchschnittlich 125 Pfd. abgefaßte Luppen oder Rohschienen, woraus sich der große Vortheil auch dieses Arbeitsverfahrens wohl ergibt. Voraus zu sehen ist, daß dasselbe mit der Zeit eine ausgedehntere Verbreitung finden wird, da die örtlichen Verhältnisse dessen Einführung in vielen Fällen gestatten und die erzielten pecuniären Vortheile bedeutend sind. Bei der Feststellung des Betriebsverfahrens für ein Werk sind überhaupt verschiedene Combinationen möglich. So würde ich, nach den obwaltenden Verhältnissen, auf einem Werke in Bayern den größten oder doch wenigstens einen sehr großen Theil der dortigen sehr schönen Spatheisensteine bei Torfgasfeuerung direct zu Stabeisen verarbeiten. Aus den entfallenden Schlacken und den geringeren Spatheisensteinen, bei Holzkohle und Torfbenutzung für die Production und Kohlung der Erze, nach meiner Methode Roheisen erblasen und dasselbe, so weit es nicht zu Gußwaaren Anwendung findet, granulirt und mit reducirten Erzen gemengt, bei Torfgasfeuerung ebenfalls zu Stabeisen verarbeiten. Wo nun wegen geringen Eisengehaltes oder vieler Kieselsäure in den Erzen, dieselben nicht geeignet sind um reducirt beim Puddeln zugeschlagen zu werden, bleibt allerdings nichts Anderes übrig, als sie auf Roheisen zu verschmelzen und dieses dann bei Gasfeuerung weiter zu verarbeiten. Bei Anwendung meiner Roheisenerzeugungsmethode und der von mir construirten, durch langjährigen Gebrauch bewährten Gasöfen, werden sich auch in diesem Falle bedeutende Vortheile herausstellen, namentlich wenn die Wiederbenutzung der entfallenden Frischschlacken gehörige Berücksichtigung bei der Roheisenerzeugung findet. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)