Titel: Theorie der Lenoir'schen Gasmaschine; von Gustav Schmidt, k. k. Kunstmeister.
Fundstelle: Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XCII., S. 321
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XCII. Theorie der Lenoir'schen Gasmaschine; von Gustav Schmidt, k. k. Kunstmeister. Auszugsweise vorgetragen am 21. März d. J. am k. k. polytechn. Institute in Wien. – Aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereins, Heft IV u. V, S. 85. Schmidt, über die Theorie Lenoir'schen Gasmaschine. Die Construction der Gasmaschine ist aus den Mittheilungen im polytechn. Journal Bd. CLVII S. 323, sowie aus der Broschüre des Hrn. Lipowitz Lenoir's und Ericsson's Bewegungs-Maschinen. Leipzig 1861. hinlänglich bekannt. Während aber Hr. Lenoir in Paris versichert, daß dieselbe nur 1/2 Kubikmeter Gas per Pferdekraft und Stunde consumire, geht aus einer Mittheilung des Hrn. Dr. Schwarz im Breslauer Gewerbeblatt 1861, Nr. 2 und im polytechn. Journal Bd. CLIX S. 65 hervor, daß dieser Verbrauch vielmehr 1 2/3 Kubikmet. sey, indem die Maschinen bei weitem nicht mit der angeblichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Es läßt sich sehr leicht auf dem Wege der Theorie nachweisen, daß die letztere Angabe durchaus nicht zu hoch gegriffen sey, und die erstere unmöglich richtig seyn möge. Der Weg, auf welchem man zu einer Theorie der Gasmaschine gelangen kann, ist von Hrn. Hirn in Colmar vorgezeichnet und im polyt. Journal Bd. CLIX S. 1 und S. 243 mitgetheilt worden. Hr. Hirn macht jedoch seine Rechnung nicht mit Leuchtgas, sondern mit Wasserstoffgas, was theoretisch gleichgültig ist, nicht aber, wenn es sich um Bestimmung des Leuchtgasverbrauches handelt, weßhalb hier die Hirn'sche Theorie mit einigen nicht principiell wichtigen Modificationen unter Zugrundelegung von Leuchtgas durchgeführt werden soll. Der Vorgang bei einem einfachen Kolbenschub der doppelt wirkenden Gasmaschine ist folgender: Der Kolben saugt hinter sich das Gemenge von atmosphärischer Luft mit etwa 4 Proc. Leuchtgas unter atmosphärischem Druck an. Dasselbe erwärmt sich zunächst an den Wandungen des heißen Cylinders, und wird dann vielleicht nach 0,4 des Kolbenwegs abgesperrt. Es wird dann vorübergehend expandirt, weil man nicht alsogleich nach erfolgter Absperrung die Explosion eintreten lassen kann; hiebei wird aber die Spannung von einer Atmosphäre kaum sinken, vielleicht sogar noch steigen, weil das Gemenge von den heißen Wandungen des Cylinders noch immer Wärme absorbirt. Wir können also annehmen, daß bis zu dem Kolbenweg s₁ etwa = 1/2 des ganzen Kolbenweges s, nach welchem die Explosion durch den elektrischen Funken bewerkstelligt wird, die Spannung hinter dem Kolben immer gleich einer Atmosphäre geblieben, die Temperatur aber etwa auf t₀ = 100° C. gestiegen sey. Nun folgt die plötzliche Verpuffung in dem abgeschlossenen Raum. Die ganze hiebei entwickelte Wärmemenge wird verwendet, um die durch die Verpuffung entstandenen Verbrennungsproducte von t₀ = 100 auf die Temperatur t₁ zu bringen. Hiebei steigt die Spannung wegen des momentan unveränderten Volumens in dem Verhältniß p₁/p₀ = (1 + αt₁)/(1 + αt₀), wenn α = 0,003665 oder nahe = 1/273 den Ausdehnungscoefficienten der Gase bezeichnet, und wenn vorläufig der Umstand, daß sich bei der Verpuffung die Natur des Gemenges ein wenig ändert, nicht beachtet wird. Es ist also Textabbildung Bd. 160, S. 322 wenn, wie es in der mechanischen Wärmetheorie üblich ist, mit T = 1 + t = 273 + t                (1) die von – 273° C. an gezählte absolute Temperatur bezeichnet wird. Diese heiße hochgespannte Luft wird nun zunächst durch die Berührung mit dem weit weniger heißen Cylinder abgekühlt, am meisten im ersten Augenblick, weniger während der hierauf folgenden Expansion. Sie gibt hiebei im Beharrungszustand wenigstens so viel Wärme an den Cylinder ab, als das nächst eintretende kalte Gemenge wieder benöthigt, um sich auf 100° zu erwärmen, wegen der Wärmeverluste und wegen der gewöhnlich stattfindenden künstlichen Kühlung des Cylinders aber noch mehr. Die bei der Expansion verrichtete Arbeit ist demnach gleich der Arbeit, welche verrichtet würde, wenn der Cylinder bei gleicher Temperaturveränderung der Gase keine Wärme aufgenommen hätte, weniger der Arbeit, die mit der von dem Cylinder aufgenommenen Wärmemenge äquivalent ist. Gegen Ende des Kolbenschubes wird das sich expandirende Gemenge, welches durch die Expansion und Abkühlung stark in seiner Spannung gesunken ist, mit der atmosphärischen Luft in Communication gesetzt und bei dem nächsten Kolbenschub aus dem Cylinder Hinausgetrieben. Die hiebei vor dem Kolben bestehende Spannung kann auf 1,2 Atmosphären geschätzt werden. Die gesammten Reibungswiderstände können, gering veranschlagt, mit 0,2 des nützlichen Widerstandes in Rechnung genommen werden. Ist also behufs Bestimmung der nützlichen Wirkung W bei einem einfachen Kolbenschub: O der Cylinderquerschnitt in Quadratmetern, s der ganze Kolbenweg in Metern, s₁ der Kolbenweg in dem Moment der Verpuffung, t₀ = 100° die vor der Verpuffung bestehende Temperatur, also T₀ = 373, t₁ die durch die Verpuffung entstandene Temperatur, t₂ die wirkliche Temperatur, auf welche das Gemenge durch die Expansion und Abkühlung sinkt, τ der hiebei stattfindende Temperaturverlust durch Abgabe von Wärme an den Cylinder, G das Gewicht des ganzen zur Expansion gelangenden Gemenges in Kilogrammen, kK = 424 Kilogr.-Meter, das mechanische Wärme-Aequivalent, C die rationelle Wärmecapacität des nach der Verpuffung vorhandenen Gemenges, gleich der Wärmecapacität unter constantem Volumen desselben, endlich A = 10334 Kilogr., der Druck einer Atmosphäre auf den Quadratmeter, so ist: W = AOs₁ + kGC (t₁ – t₂) – kGCτ – 1,2 AOs – 0,2 W, worin das Glied kGC (t₁ – t₂) äquivalent mit der Wärmemenge GC (t₁ – t₂) die theoretische Expansionsarbeit ausdrückt, welche geleistet würde, wenn das Sinken der Temperatur von t₁ auf tbloß Folge der Expansion wäre, nicht aber theilweise durch Abkühlung begründet wäre, während das Glied kGCτ den mechanischen Verlust an Arbeit durch die Abkühlung mißt, gleichgültig in welchem Stadium der Expansion diese Abkühlung erfolgt sey. Hieraus folgt: Textabbildung Bd. 160, S. 324 wenn der eingeschlossene Factor mit F bezeichnet wird, also wenn Textabbildung Bd. 160, S. 324 F = 1 + m – 1,2 s/s1           (3) gesetzt wird. Es ist demnach W = AOsF/1,2, also der Effect per Secunde bei n Umdrehungen der Kurbelwelle in der Minute: E = 2nW/60 = nAOsF/36, und die Anzahl Pferdekräfte N = E/75 = nAOsF/2700, N = 3,83 nOsF           (4) Der Gasverbrauch S Kubikmeter per Stunde bestimmt sich aber auf folgende Weise: Enthält das angesaugte Gemenge dem Volumen nach einen procentualen Antheil an Leuchtgas = r, so ist in dem ganzen per einfachen Kolbenschub angesaugten Volumen, welches ohne Rücksicht auf den schädlichen Raum, und gemessen unter 100° Temp. ein Volumen Os₁ hat, ein Leuchtgasvolumen Osr, und reducirt auf 10° Cels. oder 283° absolute Temperatur ein Gasvolumen von 283/373 Osr = 0,76 Osr vorhanden, somit ist der Verbrauch per Stunde gemessen bei 10° Cels.: S = 60 . 2n . 0,76 Osr, S = 91,2 nOsr         (5) also der Gasverbrauch per Pferdekraft und Stunde: S/N = 91,2 r/3,83 F = 23,8 r/F             (6) Wie man sieht, kömmt es nur auf Ermittelung des Werthes von m aus (2) an. Der hierin erscheinende Werth von G ist leicht auszumitteln. Das angesaugte Gemenge von Luft und Leuchtgas enthält nämlich in einem Kubikmeter r Kubikmeter Gas, dessen Dichte für Luft = 1 mit δ bezeichnet werden möge. Da nun 1 Kubikmet. atmosphärische Luft bei 0° Cels. und einer Atmosphäre nach Regnault λ = 1,2932 Kilogr. wiegt, so ist das specifische Gewicht des Gemenges, gemessen bei 0°: γ = (1 – r) λ + rδλ Kilogr., γ = λ [1 – r (1 – δ)],       (7) also das Gewicht eines Kubikmeters Gemenge bei 100° oder 373° absoluter Temperatur γ' = 273/373 γ = 0,732 γ,          (8) folglich das Gewicht des zur Verpuffung und Expansion kommenden Gemenges vom Volumen Os₁: G = 0,732 γOs₁,         (9) womit folgt: Textabbildung Bd. 160, S. 325 Wir haben also nun zunächst wegen (7) die Dichte δ des Leuchtgases und die rationelle Wärmecapacität C des durch die Verpuffung entstandenen Gemenges, ferner behufs Ermittlung der Anfangstemperatur t₁, die bei der Verpuffung frei werdende Wärmemenge zu bestimmen. Diese Bestimmungen sind etwas weitläufig. Um den Ideengang nicht zu unterbrechen, nehmen wir an, die betreffenden Zwischenrechnungen chemischer Natur seyen gemacht und hätten ergeben: Relative Dichte des Leuchtgases: δ = 0,417;            (11) Wärmemenge w, welche ein Kilogramm Leuchtgas bei vollständiger Verbrennung entwickelt: w = 11400 Wärmeeinheiten,             (12) eine Wärmeeinheit gleich der Wärmemenge gesetzt, durch welche ein Kilogr. Wasser von 0° auf 1° C. gebracht wird. Relative Dichte des Gemenges vor der Verpuffung, in Vergleich mit atmosphärischer Luft von gleicher Spannung und Temperatur: δ₀ = 1 – 0,583 r,            (13) relative Dichte des durch die Verbrennung entstandenen Gemenges: δ₁ = 1 – 0,321 r;            (14) Wärmecapacität des letzteren Gemenges unter constantem Druck: C' = 0,2377 (1 + 0,861 r);             (15) Wärmecapacität desselben unter constantem Volumen, oder rationelle Wärmecapacität des nach der Verpuffung im Cylinder befindlichen sich expandirenden Gemenges: C = 0,1686 (1 + 1,082 r),            (16) Quotient der beiden Wärmecapacitäten x = C'/C = 1,41 (1 – 0,221 r)            (17) Hiermit folgt aus (7)     γ = λ (1 – 0,583 r)           (18) γC = 0,1686 λ (1 + 1,082 r)(1 – 0,583 r) = 0,1686 λ (1 + 0,499 r).           Diesen Werth in (10) eingesetzt, erhält man: m = 0,732 . 0,1686 /A (1 + 0,499 r) (t₁ – t₂ – τ) oder wegen k = 424, λ = 1,2932, A = 10334, m = 0,006548 (1 + r/2)(t₁ – t₂ – τ)            (19) Nun ist die Temperatur t1 nach der Verpuffung zu bestimmen. Das angesaugte Gemenge enthält in γ = λ (1 – 0,583 r) Kilogr. eine Leuchtgasmenge von δλr Kilogr., oder in je 1 – 0,583 r Kilogr. eine Gasmenge von δr Kilogr. = 0,417 r. Ein Kilogr. Leuchtgas entwickelt bei der Verpuffung w Wärmeeinheiten, folglich entspricht per (1 – 0,583 r) Kilogr. angesaugtem Gesammtgewicht eine Wärmeentwicklung von 0,417 rw. Mit dieser Wärmemenge kann das entstandene Gemenge von der rationellen Wärmecapacität C erwärmt werden um t° Cels., wenn: (1 – 0,583 r) Ct = 0,4175 rw            (20) Werden statt w und C die Werthe eingeführt und die höheren Potenzen von r vernachlässigt, so folgt: t = 28200 r (1 – r/2)             (21) Für r = 0,03,     0,04,     0,05. folgt t = 833,     1105,     1375. Die Temperatur nach der Verpuffung ist daher im ersten Augenblick wohl gleich t + 100Nicht vollkommen genau, wegen der Aenderung der Wärmecapacität bei der Verpuffung.Anmerk. d. Verf., allein es wird wegen des großen Temperaturunterschiedes sehr rasch Wärme vom Cylinder aufgenommen, und wir werden uns der Wahrheit ziemlich nähern, wenn wir annehmen, daß die ganze Wärmemenge, welche der Cylinder an das angesaugte Gemenge bei dessen Erwärmung auf 100° abgegeben hat, sofort in dem Augenblick nach der Verpuffung wieder an den Cylinder übergegangen ist. Findet daher keine künstliche Kühlung des Cylinders statt, so ist die Temperatur t₁ bei Beginn der Expansion gleich dem oben berechneten Werth von t anzunehmen und der Cylinder bei dieser Expansion als wärmedicht anzusehen. Für diesen Fall ist also beziehungsweise t₁ = 833, 1105, 1375           (22) oder T₁ = t₁ + 273,       T₁ = 1106,   1378,    1648             (23) Die dieser Anfangstemperatur entsprechende Spannung p₁ bei Beginn der Expansion ergibt sich wie folgt: Vor der Verpuffung war die Spannung bei 100° gleich einer Atmosphäre. Nach der Verpuffung ist die Dichte des Gemenges im Verhältniß δ₁/δ₀ = (1 – 0,321 r)/(1 – 0,583 r) = 1 + 0,262 r größer, also die Spannung bei gleicher Temperatur und gleichem Volumen beziehungsweise p₀ = 1,0079,   1,0105,   1,0131 Atm. Wegen der Erhitzung von T₀ = 373 auf T₁ bei gleichem Volumen steigt die Anfangsspannung auf: p₁ = p₀ . T₁/T₀            (24) p₁ = 2,989, 3,733, 4,476             (25) Wie man steht, ist die durch die Verpuffung entstehende Spannung weit entfernt gefährlich zu seyn, ja sie ist so gering, daß nur ein sehr mäßiger Expansionsgrad zulässig ist, indem die Endspannung doch wenigstens 1,2 Atmosphären betragen muß, sonst würde im letzten Moment des Kolbenschubes die schädliche Arbeit größer als die auf den Kolben übertragene förderliche Wirkung seyn. Bestimmen wir daher den zulässigen Expansionsgrad ε unter der Annahme: Endspannung p₂ = 1/2 Atm. Es folgt ε aus der für Expansion in einem wärmedichten Gefäß geltenden Poisson'schen Formel: p₁/p₂ = ε x             (26) Wir haben also p₁/p = 2,491, 3,111, 3,730,       x = 1,401, 1,498, 1,394, x log ε = log p₁/p = 0,39657, 49290, 57171, log ε = 0,28298, 35257, 41012,       ε = 1,919, 2,252, 2,571. Hieraus ist ersichtlich, daß höchstens zweifache Expansion zulässig ist, und selbst diese nur dann, wenn bei r = 0,04 oder 0,05 nicht sehr bedeutend künstlich gekühlt wird. Wir wollen also nun halbe Füllung, oder ε = s/s₁ = 2             (27) voraussetzen, und unter dieser Voraussetzung die absolute Endtemperatur T₂ berechnen, wenn vorerst nicht künstlich gekühlt wird. Dieselbe folgt nach den Poisson'schen Gesetzen aus: T₂ = T₁ (1/ε)x–1:          (28) T₂ = 838, 1046, 1254,        (29) und die entsprechende Spannung folgt aus p₂ = p₁/εx: p₂ = 1,132, 1,417, 1,703. In letzteren beiden Fällen ist also eine Abkühlung von T₂ auf T₃ zulässig, in so weit, daß p₂ auf p₃ = 1,2 sinkt, also T₃/T₂ = 1,2/p₂ = 0,8472, 0,7046, oder beziehungsweise T₃ = .... 886, .... 884         (30) wird, d.h. es darf in diesen Fällen durch Abkühlung von Außen eine Temperatur entzogen werden von τ = T₂ – T₃ = . 160, .. 370°,            (31) wodurch die wahre Endtemperatur sinkt auf t = T₃ – 273 = . 613, .. 611. Demnach ist in Gleichung (19) einzusetzen, für r =   0,03, 0,04,   0,05:       t =    833, 1105, 1375 t =    565, 513,    611 (32) τ =        0, 160,    370 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– t₁ – t τ =    268, 332,    394 1 r/2 = 1,015, 1,020, 1,025, somit m = 1,781, 2,216, 2,643. Wegen 1,2 s/s₁ = 2,4 folgt somit aus (3): F = 0,381, 0,816, 1,243           (33) also wegen 23,8 r = 0,714, 0,952, 1,190, aus Gleichung (6): S/N = 1,85, 1,17, 0,96           (34) Mit diesem Resultat stimmt die Eingangs erwähnte Angabe, daß der Gasverbrauch per Stunde und Pferdekraft 1 2/3 Kubikmet. betrage, sehr wohl überein, denn die Abkühlung ist vermuthlich aus praktischen Gründen weiter getrieben worden, als es theoretisch als rationell erscheint und hier in der Rechnung angenommen ist; denn berechnet man die beiläufige mittlere Cylindertemperatur, so ergibt sie sich wie folgt: Unmittelbar nach der Verpuffung ist: t₁ = 933,   1205,   1475. Am Ende der Expansion t₂ = 565,   613,   611. Durchschnittlich also (t₁ + t₂)/2 = 749,   908,   1043. Während des Saugens ist die durchschnittliche Temperatur = (10 + 100)/2 = 55, folglich das beiläufige Mittel aller Temperaturen des Gases beziehungsweise 402,  483,  549             (35) Diese mittlere Temperatur muß der Cylinder wirklich besitzen, wenn er dem Gasgemenge nicht mehr Wärme entziehen soll, als in der Rechnung supponirt ist. Gewöhnlich wird aber 300° Cylindertemperatur als das äußerste zulässige Maximum angesehen, es muß also weniger expandirt und stärker gekühlt werden. Die etwas geringere Expansion wird durch die Schiebersteuerung durch Excenter unwillkürlich bewerkstelliget, d.h. es wird schon vor Ende des Kolbenschubes die Communication mit der Atmosphäre bewerkstelligt, also ist ganz begreiflich, daß man auch bei Anwendung von 4 bis 5 Proc. Gas wirklich 1 2/3 Kubikmeter oder circa 50 Wiener Kubikfuß Leuchtgas per Stunde und Pferdekraft benöthigt. Kostenberechnung. Da in Wien 100 Kubikfuß Gas 48 Neukreuzer kosten, so ist der Gasverbrauch per Stunde und Pferdekraft auf 24 Kreuzer zu schätzen, während eine kleine Dampfmaschine höchstens Kohlen im Werthe von 8 bis 10 kr. verzehrt. Die Niederdruckgasmaschine erheischt also an Wärmeerzeugungsstoff ungefähr den dreifachen Geldaufwand wie eine Dampfmaschine. Der ganze Kostenvergleich stellt sich etwa so: Eine Dampfmaschine von 3 Pferdekräften kostet bei zwölfstündigem Betrieb: Kohlen, 10 Pfd. per Pferdekraft und Stunde = 240 Pf.    à Centner 1 fl. fl. 2. 40 kr. 1/2 Heizer         50  „ 15 Proc. Zinsen von 600 fl. Anlagscapital der Maschine    sammt Kessel und Röhrenleitung für Verzinsung,    Reparatur und Amortisirung macht 90 fl. pro 300    Arbeitstage oder täglich         30  „ ––––––––– Summe fl. 3. 20 kr. Hingegen bei der Gasmaschine: Gasverbrauch per Stunde und Pferdekraft = 50 Kubikf.    somit 24 × 50 = 1200 Kubikf. à 100 48 kr fl. 5. 76 kr. Zinsen mindestens so groß wie bei der Dampfmaschine         30  „ Unterhalt von zwei Zinkkohlen-Elementen         14  „ ––––––––– Summe fl. 6. 20 kr. Mehrkosten der Gasmaschine 3 fl. oder in Procenten 94 Proc. Bei stärkeren Maschinen wäre der Ausfall noch größer, und dabei ist gar keine Rücksicht auf die Bedienung und insbesondere auf die häufige Reinigung der Maschine genommen, welche dieselbe erheischt. Die Gasmaschine wird daher so wie die calorische Maschine zunächst nur mit der thierischen Kraft vortheilhaft concurriren können. Viel günstiger würden sich aber die Resultate stellen, wenn man eigene Compressionspumpen durch die Maschine betreiben ließe, welche die kalte Luft und das kalte Gas vor dem Eintritt in die Maschine etwa auf 3 Atmosphären comprimiren, wodurch eine weit stärkere Expansion und Ausnutzung der Verbrennungswärme möglich gemacht würde. Cylinderdimensionen. Wir wollen jetzt nur noch die Frage stellen: Wie groß muß der Cylinder für eine 2pferdekräftige Gasmaschine seyn, wenn sie mit 4 und wenn sie mit 5 Volumsprocenten Gas arbeitet, und wie viel Kühlwasser braucht man hierbei per Stunde? Wird die Kolbengeschwindigkeit per 1 Meter angenommen, so ist der Kolbenweg per Minute 2 ns = 60, also ns = 30 und ns₁ = 15, folglich in (4) eingeführt N = 57,5 OF       (36) Für N = 2 und nach (33) F, beziehungsweise = 0,816, 1,243, ist O = 0,0426,   0,0280. Hiezu 4 Proc. auf die Kolbenstange gibt die Querschnittsfläche D²π/4 = 0,0443, 0,0291, D = 0m,238, 0m,193; und der Kolbenschub mit s = 2,5   D = 0,60,   0,50 angenommen, folgt die zugehörige Anzahl Kolbenspiele aus n = 30/s : n = 50 respective 60. Man kann also sagen, daß man mit Rücksicht auf die erwähnte kürzere Dauer der Expansion und stärkere Kühlung bei Anwendung von 5 Proc. Leuchtgas und 60 Kolbenspielen per Minute einen Cylinder von wenigstens 0m,2 = 7 1/2 Zoll Durchmesser und 0m,5 = 19 Zoll Hub benöthiget, während eine derlei Dampfmaschine bei 60 Touren nur 0m,13 = 5 Zoll Durchmesser und 1/3 Meter oder 13 Zoll Hub erhalten würde. Der Cylinder der Gasmaschine hätte also etwa 3faches Volumen, ein immerhin noch günstiges Resultat, das die Praxis wohl noch überschreiten wird. Kühlwassermenge. Das Minimum des Kühlwassers ergibt sich aus unserer Rechnung bei Anwendung von 5 Proc. Gas wie folgt: Das Gewicht des per Stunde abzukühlenden Gasgemenges ist nach (9): Q = 60 . 2 nG = 87,8 γnOs₁, und da nach (5) nOs₁ = S/91,2 r ist, so folgt Q = 87,8 γS/91,2 r = 0,963 S/r γ oder wegen (18) und λ = 1,2932: Q = 1,25 (1 – 0,583r) S/r Um dieses Gewicht Gas von der rationellen Wärmecapacität C = 0,1686 (1 + 1,082 r) um τ Grad C. abzukühlen, sind C Wärmeeinheiten zu entziehen, welche von einer Kühlwassermenge = M Kilogramm aufgenommen werden sollen, die sich hierbei etwa von 10 auf 60° C. erwärmen darf, also die Wärmemenge 50 M aufnimmt. Es ist also M = C/50 Kilogramm oder Liter, d. i. M = (1,25 . 0,1686)/50τ (1 – 0,583 r)(1 + 1,082 r) S/r, M = 0,00421τ (1 + 0,499 r) S/r, wofür sicherer M = 5 τ/1000 (1 + r/2) S/r          (37) Für r = 0,05 ist nach (31) τ = 370, also M = 1,85. 1,025 S/0,05 M = 38 S          (38) Für eine zweipferdekräftige Maschine kann S = 2 × 1,6 = 3,2 Kubikmeter angenommen werden, also ist der Minimalverbrauch an Kühlwasser für eine solche Maschine M = 38 . 3,2 = 132 Kilogr., oder 132 Liter, oder 4,2 Kubikfuß pro Stunde, d. i. circa 2 Kubikfuß pro Stunde und Pferdekraft, was freilich sehr wenig wäre. Leider fehlen alle Angaben zur Controlirung dieses Resultates. Wir schulden jetzt noch die Weitung der unter (11) bis (17) aufgestellten Formeln. Dieselben ergeben sich auf folgende Art: Zur Bestimmung der Leuchtgasdichte δ benützen wir die Angaben von Lipowitz über die Zusammensetzung des gereinigten Leuchtgases und die erfahrungsmäßig bestimmten Dichten der Bestandtheile desselben. 100 Volume Leuchtgas bestehen aus:     8 Volumen ölbildendem Gas à 0,967 =   7,736   35 Sumpfgas à 0,559 = 19,565   46 Wasserstoff à 0,0691 =   3,179     7 Kohlenoxyd à 0,9678 =   6,775     3 Stickstoff à 0,9713 =   2,914     1 Kohlensäure à 1,529 =   1,529 ––––––––––––– 100 41,698. Die relative Dichte des Leuchtgases ist also: δ = 0,417,             (11) folglich sein specifisches Gewicht bei 0° nach (7) γ = (1 – 0,583 r) λ         (18) Die procentuale Zusammensetzung desselben ist dem Gewichte nach: 0,59 Kohlenstoff 0,22 Wasserstoff 0,12 Sauerstoff 0,07 Stickstoff –––– 1,00 Bei der Verbrennung kann ein Theil des Kohlenstoffes, nämlich 3/8 × 0,12 = 0,045 entsprechend der Verbindung mit der vorhandenen Sauerstoffmenge zu Kohlensäure, als unwirksam angesehen werden. Es bleibt also wirksam: 0,545 C à   7050 =   3842 Calorien 0,220 H à 34463 =   7582 ––––– zusammen 11424. Ein Kilogramm Leuchtgas liefert also bei der Verbrennung rund 11400 Wärmeeinheiten          (12) Behufs Bestimmung der beiden Wärmecapacitäten des durch die Verbrennung entstehenden Gemenges, muß dessen Zusammensetzung ausgemittelt werden. Die in einem Kilogramm Gas enthaltene Kohlenstoffmenge = 0,59 benöthigt zur vollständigen Verbrennung 8/3 × 0,59 = 1,573 Kilogramm Sauerstoff und die 0,22 Kilog. Wasserstoff    benöthigen    8 × 0,22 = 1,760 ––––– zusammen 3,333 Da aber nur 0,120 vorhanden sind, so werden der Luft    entzogen 3,213 und es werden hierbei gebildet 0,590 + 1,573 = 2,163 Kilog. Kohlensäure 0,220 + 1,760 = 1,980    „ Wasserdampf und 0,070    „ Stickstoff, –––––––––– zusammen 1 + 3,213 = 4,213 Kilog. In einem Kubikmeter des zur Verpuffung kommenden Gemenges von 100° sind aber wegen (8) enthalten: 0,732 (1 – r) λ Kilog. Luft und 0,732 δrλ = 0,305 Kilog. Gas. Aus letzterem entstehen also: 0,305 . 2,163 = 0,660 Kilog. Kohlensäure 0,305 . 1,980 = 0,604      „     Wasserdampf 0,305 . 0,070 = 0,021      „     Stickstoff, und aus ersterer werden hierbei 0,305 . 3,213 = 0,980 Kilog. Sauerstoff entzogen. Die atmosphärische Luft enthält aber nach Bunsen, Reiset und Regnault in 100 Gewichtstheilen 23,2 Proc. Sauerstoff und 76,8 Proc. Stickstoff, folglich ist zur Lieferung von 0,980 rλ Sauerstoff eine Luftmenge erforderlich von 100/23,2 0,98 = 4,224 Kilogramm, von welcher 0,768 . 4,224 = 3,244 Kilogramm Stickstoff frei werden. Unzersetzt bleiben 0,732 (1 – r) λ – 4,224 = = λ (0,732 – 4,956r) Kilog. Luft. Das aus einem Kubikmeter Gemenge von 100° durch die Verpuffung entstandene neue Gemenge enthält also: (0,732 – 4,956 r) λ Kilog. Luft 0,660 Kohlensäure 0,604 Wasserdampf 3,265 Stickstoff –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Summe (0,732 – 0,427 r) λ = 0,732 γ = γ                      (39) natürlich das unveränderte Gewicht. Aber seine relative Dichte hat sich geändert. Vor der Verpuffung war dieselbe δ₀ = γ/λ = 1 – 0,583 r         (13) Nach der Verpuffung ergibt sich das Volumen des oben ermittelten Gemenges, gemessen bei 100° Temperatur und einer Atmosphäre Spannung aus dem Volumen der einzelnen Bestandtheile. Es ist aber das Volumen von 1 Kilog. Luft bei 0° Temperatur = 1/λ = 0,7733 Kubikmeter, also das Volumen bei 100°: V = 1,3665/λ. Das Volumen von 1 Kilog. Kohlensäure, Wasserdampf und Stickstoff bei einer Atmosphäre und 100° Temperatur ist im Verhältniß der Dichte dieser Gase, nämlich im Verhältniß 1: 1,529, 0,622, 0,9713 kleiner. Es ergibt sich also das Volumen des obigen Gemenges, gemessen unter 100° und 1 Atmosphäre = (0,732 – 4,956r) λV + (0,660/1,529 + 0,604/0,622) + + 3,265/0,9713) rλV = (0,732 – 0,192 r) λV. Das Gewicht desselben ist γ' = (0,732 – 0,425 r) λ, folglich das Volumen von einem Kilogramm gemessen unter 100° und einer Atmosphäre V' = (0,732 – 0,192 r)/(0,732 – 0,427r V), während das Volumen von 1 Kilogr. Luft bei gleicher Spannung und Temperatur = V ist. Die relative Dichte dieses verpufften Gemenges ist also δ₁ = V/V' = (0,732 – 0,427 r)/(0,732 – 0,192 r) = (1 – 0,583)/(1 – 0,262 r) Da r ein kleiner Bruch ist, so kann man schreiben δ₁ = (1 – 0,583r)(1 + 0,262r), δ₁ = 1 – 0,321 r            (14) Verglichen mit (13) besitzt das verpuffte Gemenge etwas größere Dichte. Wir benöthigen dieselbe zur Bestimmung der rationellen Wärmecapacität C, denn es ist für alle Gase das Product der Dichte in die Differenz der Wärmecapacität C' bei constantem Druck und der Wärmecapacität C bei constantem VolumenWärmecapacität bei constantem Volumen eine absolute Constante: δ (C' – C) = Constans. Da für die atmosphärische Luft C'Cδ = 0,2377= 0,1686= 1 ist, so folgt Constans = 0,0691, also hier für unser Gemenge nach der Verpuffung δ₁ (C' – C) = 0,0691           (40) Es handelt sich also jetzt um die specifische Wärme C', und diese ergibt sich einfach nach der Mischungsformel. Die erfahrungsmäßig bestimmten Wärmecapacitäten C' bei constantem Druck sind nämlich nach Regnault: Für Luft C' = 0,2377,   „  Kohlensäure 0,2164,   „  Wasserdampf 0,475, (wahrscheinlicher ist der von Boedecker berechnete Werth 0,382) für Stickstoff     0,2440. Hieraus folgt das C' des Gemenges vom Gewichte γ': γ' C' = [0,2377 (0,732 – 4,956 r) + 0,2164 . 0,660 r + + 0,475 . 0,604 r + 0,244 . 3,265 r] λ, somit wegen (39) Textabbildung Bd. 160, S. 336 Nach (40) und (14) ist also: (1 – 0,321 r) . 0,2377 (1 + 0,861 r) – (1 – 0,321 r) C = 0,0691, 0,2377 (1 + 0,540 r) – 0,0691 = (1 – 0,321 r) C, C = 0,1686 (1 + 1,082 r)          (16) Folglich das Verhältniß der beiden Wärmecapacitäten: x = C'/C = 1,41 . (1 + 0,861 r)/(1 + 1,082 r') x = 1,41 (1 – 0,221 r)             (17) womit die oben angeführten Resultate gerechtfertigt sind.