Titel: Ueber die Auffindung und quantitative Bestimmung von Harzöl in damit verfälschten fetten Oelen; von Franz Jüngst.
Autor: Franz Jüngst
Fundstelle: Band 161, Jahrgang 1861, Nr. LXXXVI., S. 308
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LXXXVI. Ueber die Auffindung und quantitative Bestimmung von Harzöl in damit verfälschten fetten Oelen; von Franz Jüngst. Jüngst, über die quantitative Bestimmung von Harzöl in damit verfälschten fetten Oelen. Eine in neuerer Zeit nicht nur bei Fischthranen, sondern auch bei Brennölen und Maschinen-Schmierölen häufig vorkommende Verfälschung besteht im Versetzen derselben mit dem durch Destillation von Colophonium erhaltenen leichten Harzöle. So vielfach dieser Zusatz, namentlich beim Rüböle, gebraucht wird, so hat dennoch meines Wissens das Publicum keine Kenntniß davon und das Gleiche dürfte wohl auch für die Mehrzahl der technischen Chemiker gelten. In Folge des Gebrauches zum genannten Zwecke geben sogar einige Fabriken dem leichten Harzöle die besonderen Namen: Surrogatöl und Thranöl. Selbst die Angabe Böttger's, daß Leberthran mit Colophon verfälscht werde, dürfte sich auf den Zusatz von dessen Destillationsproduct, also Harzöl, zurückführen lassen. Was die Menge betrifft, bis zu welcher fette Oele, mit Ausnahme der Thranarten, durch Harzöl verfälscht werden, so schwankt selbe im Durchschnitte zwischen fünf bis zehn Procent. Es kamen jedoch schon Fälle vor, daß 25 Proc. Harzöl dem fetten Oele beigefügt waren, obschon eine Zugabe von mehr denn 10 Proc. dem nur etwas aufmerksamen Käufer durch den eigenthümlichen Geruch des Harzöles sowie das Opalisiren der Flüssigkeit auffällt. Da der Zusatz von leichtem Harzöl die Anwendbarkeit der fetten Oele als Brennöle etc. wesentlich beeinträchtiget, so ist eine sichere Auffindungs- und Bestimmungsweise dieses Destillationsproductes von einigem Belange. Die gewöhnlich zur Erkennung von Oelverfälschungen gebrauchten physikalischen und chemischen Untersuchungsweisen lassen aber diesen Zweck nur unsicher erreichen; ich versuchte daher, ob dieß nicht durch das Verhalten des Harzöles gegen gewisse Lösungsmittel möglich wäre. In der That fand ich im Aethylalkohol ein Mittel, um nicht nur das Harzöl in fetten Oelen nachzuweisen, sondern, wenn einige Zeit zur Verfügung steht, auch sehr einfach quantitativ zu bestimmen. Bekanntlich ist das Lösungsvermögen des etwas wasserhaltigen kalten Alkohols für fette Oele sehr geringeSpeciell ergaben mir sorgfältige, unter denselben Umständen wie oben für das Harzöl angegeben durchgeführte Versuche, daß bei der Temperatur 15º C. und Anwendung eines Alkohols von 0,83 Dichte:1 Theil Rüböl187,00 Theile Alkohol1    „    Leinöl160,41     „     Alkohol1    „    Traubenkernöl177,47     „     Alkoholzur Lösung braucht, oder daß 100 Gewichtstheile dieses Alkohols lösen:0,534GewichtstheileRüböl,0,602Leinöl,0,561Traubenkernöl.; während es nach meinen Untersuchungen für leichtes Harzöl beziehungsweise namhaft genannt werden muß. Zur quantitativen Ermittelung dieses Lösungsvermögens wurde in einem geeigneten Gefäße Alkohol von der Dichte 0,83 bei 15º C. mit einem großen Ueberschuß von Harzöl zusammengebracht und bei nahezu constanter Temperatur, die sich am Schlusse der Versuche zu 15º C. ergab, durch fast 5 Tage unter häufigem Umrühren stehen gelassen. Ein Theil der klaren, über dem ungelösten Harzöle befindlichen Flüssigkeit wurde dann abgegossen, in einem zugedeckten Gefäße gewogen, im Wasserbade abgedampft und zuletzt im Luftbade bei 120º C. so lange getrocknet bis kein Gewichtsverlust mehr statt fand. Die Gewichtsbestimmung des aus Harzöl bestehenden Rückstandes ergab, daß unter den erwähnten Umständen 1 Theil Harzöl nur 20,12 Theile Alkohol zur Lösung brauche, also 100 Gewichtstheile Alkohol von 0,83 Dichte bei 15º C. 4,970 Theile leichtes Harzöl lösen. Will man daher auf diese Prämissen gestützt, Harzöl in irgend einem fetten Oele, mit Ausnahme der Thranarten, qualitativ nachweisen, so genügt es, das zu prüfende Oel mit etwa dem 10fachen Volum Alkohol von 0,83 Dichte in einem verschlossenen Gefäße durch beiläufig 1/4 Stunde tüchtig durchzuschütteln, dann die milchig aussehende Flüssigkeit über der Oelschichte zu filtriren und das klare Filtrat in einem Porzellanschälchen vorsichtig einzudampfen. Vorhanden gewesenes Harzöl bleibt nach Verflüchtigung des Alkohols zurück und läßt sich nun als solches durch seine Farbe sowie Geruch unfehlbar erkennen. Aber auch die chemisch-technische quantitative Bestimmung des Harzöl-Zusatzes unterliegt keiner besonderen Schwierigkeit, wenn man das folgende Verfahren einschlägt: man mißt in einer in Fünftel Kubikcentimeter getheilten Bürette 20 Kub. Cent, des zu prüfenden Oeles ab, fügt so viel Alkohol von der Dichte 0,83 (bei 15º C. bestimmt) zu, bis das Volumen 200 Kub. Cent. beträgt, schüttelt dann die Flüssigkeit etwa 15 Minuten wohl durcheinander und läßt hierauf 20 bis 24 Stunden abklären. Die nun abzulesende Volums-Verminderung der Oelschichte gibt mit 5 multiplicirt den Procentgehalt des geprüften fetten Oeles an leichtem Harzöl mit für die Praxis genügender Genauigkeit. So wurde z.B. ein Rüböl absichtlich dem Gewichte nach mit 20 Proc. Harzöl vermischt, wie eben beschrieben behandelt und der Harzöl-Gehalt statt zu 20 Proc. gleich 20,10 gefunden. Allerdings wäre theoretisch bei Berechnung des Gehaltes an Harzöl die Löslichkeit der fetten Oele mit zu berücksichtigen und die abgelesene Volums-Verminderung deßwegen im Durchschnitte noch um 1 Kub. Cent. zu verkleinern. Die Erfahrung zeigt aber, daß dann der Harzölgehalt immer viel zu klein ausfällt, und es erklärt sich dieser scheinbare Widerspruch genügend durch eine geringe Alkoholaufnahme vom fetten Oele, sowie die Nichtberücksichtigung des absoluten Gewichtes der zu prüfenden Flüssigkeit und des Harzöles. Als Uebelstand bei dieser so einfachen Prüfungsweise erscheint jedenfalls die nöthige lange Absetzzeit, welche nicht vermieden werden kann, da bei kürzerer Ruhe die Fettschichte emulsionsartig bleibt und der Harzölgehalt zu klein erfolgte. Im obigen Falle wurde so versuchsweise schon nach 3 Stunden abgelesen und der Harzölgehalt nur zu 15 Proc. gefunden. Im Allgemeinen dürfte jedoch diese Verzögerung der praktischen Anwendung der Oelprüfung kein Hinderniß darbieten. Schließlich erlaube ich mir die Bemerkung, daß die vorstehende kleine Arbeit im Laboratorium der chemischen Technologie am k. k. polytechnischen Institute zu Wien durchgeführt wurde.