Titel: Ueber die Darstellung von Farbstoffen mittelst Naphtylamin; von Scheurer-Kestner.
Fundstelle: Band 162, Jahrgang 1861, Nr. LXXXVIII., S. 295
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LXXXVIII. Ueber die Darstellung von Farbstoffen mittelst Naphtylamin; von Scheurer-Kestner. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1861, t. XXXI p. 324. Scheurer-Kestner, über die Darstellung von Farbstoffen mittelst Naphtylamin. Die Arbeiten von Roussin Polytechn. Journal Bd. CLX S. 448 und 450, Bd. CLXI S. 69. und von Wildes über Darstellung neuer Farbstoffe mittelst des Naphtalins, veranlassen mich die Entsiegelung einer bei der Société industrielle am 15. November 1860 deponirten Abhandlung zu verlangen. Aus derselben ist ersichtlich, daß ich gesucht habe das Naphtylamin in rothen Farbstoff in derselben Weise umzuwandeln, wie man Anilin in Fuchsin, Azalein und Anilinroth verwandelt. Das Anilinroth wurde bis jetzt hauptsächlich auf dreierlei Art, nämlich durch wasserfreie Chloride, oder durch salpetersaure Salze, oder durch Arsensäure, dargestellt. Die Producte, welche man nach diesen drei Methoden erhält, sind in der Nüance und der Lebhaftigkeit verschieden. Die Chloride scheinen mehr gelbliche, die salpetersauren Salze und die Salpetersäure mehr bläuliche Töne zu geben. Wenn man das Naphtylamin mit den genannten Stoffen behandelt, so entstehen ebenfalls Farbstoffe, die mehr oder weniger roth oder bläulich sind. Behandlung des Naphtylamins mit wasserfreiem Zinnchlorid. – Man läßt ein Gemenge von 8 bis 10 Th. Naphtylamin mit 3 bis 4 Th. wasserfreiem Zinnchlorid einige Minuten lang kochen. Dadurch erhält man eine tief gefärbte Masse, welche beim Erkalten erstarrt. Indem man dieselbe mit kochendem Wasser, welchem Alkohol zugesetzt ist, behandelt, sondert sich ein braunes Harz ab, und die Flüssigkeit färbt sich roth. Man setzt dieser Flüssigkeit ein wenig Soda oder Kochsalz zu, worauf der Farbstoff sich niederschlägt. Der so erhaltene Niederschlagen kochendem Wasser wieder aufgelöst, färbt Wolle und Seide Violettroth. Behandlung des Naphtylamins mit Salpetersäure oder salpetersauren Salzen. – Wenn man das Naphtylamin mit Salpetersäure von 1,35 bis 1,40 specifischem Gewicht vermischt und die Mischung im Wasserbade erwärmt, so nimmt sie eine schöne blaue Farbe an, die jedoch beim Erkalten großentheils wieder verschwindet. Erhöht man aber die Temperatur auf 140 bis 150° C., so färbt die Mischung sich immer dunkler, und man erhält eine teigförmige Masse, welche an mit etwas Essigsäure vermischtes kochendes Wasser eine violettrothe Substanz abgibt, während zugleich ein brauner harzartiger Körper sich daraus abscheidet. Man filtrirt die Lösung, und schlägt den Farbstoff daraus durch Kochsalz nieder. Derselbe scheidet sich als flockige violette Substanz aus, welche in Alkohol und Essigsäure löslich ist, und von concentrirten Alkalien zersetzt zu werden scheint. Diese Substanz, in mit Essigsäure vermischtem Wasser aufgelöst, gibt auf Seide und Wolle eine ähnliche Nüance wie der mittelst Zinnchlorid dargestellte Farbstoff. Die Darstellung des Farbstoffs mittelst Salpetersäure bietet große Schwierigkeiten dar; man muß nämlich mit vieler Vorsicht verfahren, um eine vollständige Zersetzung zu verhüten, welche eintritt, wenn die Mischung nur wenig über die zur Bildung des Farbstoffs erforderliche Temperatur erhitzt wird, und wobei unter Entwickelung gelber Dämpfe eine schwammige Kohle zurückbleibt. Die Operation ist viel leichter auszuführen, wenn man salpetersaures Quecksilber anwendet, wobei die Reaction schon im Wasserbade erfolgt. Das Quecksilbersalz wird reducirt, und am Boden der Schale befindet sich metallisches Quecksilber. Nach einigen Minuten ist die Reaction beendigt und man hat eine schwarze Masse, welche mit kochendem Wasser, dem Alkohol oder Essigsäure zugesetzt wurde, behandelt, den Farbstoff an dieses Lösungsmittel abgibt. Die nach diesen verschiedenen Methoden aus Naphtylamin dargestellten Farbstoffe sind mehr oder weniger bläulich, ähnlich wie es bei den Farbstoffen aus Anilin der Fall ist. Indem man einen großen Ueberschuß von Naphthylamin anwendet oder die violette Substanz mit einem Ueberschuß von Naphtylamin kocht, kann man die Nüance von rothviolett bis zu graublau variiren lassen, eben so wie bei dem Anilin. Starke Säuren scheinen auf das Naphtylaminroth keine Wirkung auszuüben. Dasselbe löst sich in concentrirter Schwefelsäure mit smaragdgrüner Farbe, wird aber durch Wasser unverändert wieder daraus niedergeschlagen. Durch das Verhalten zu Säuren kann man das Naphtylaminroth von Anilinroth und Anilinviolett unterscheiden. Man löst zu diesem Zweck den Farbstoff in Alkohol, und fügt etwas Schwefelsäure oder Salzsäure hinzu. Diese beiden verdünnten Säuren bläuen das Anilinviolett und machen das Anilinroth gelb, sind aber auf die Naphtalinfarbstoffe ohne Einfluß. Das beste Verfahren zur Darstellung des Naphtylamins ist das von Roussin angegebene, welches bekanntlich darin besteht, das Nitronaphtalin durch Zinn und Salzsäure zu reduciren.