Titel: Ueber das Cäsium und Rubidium.
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XII., S. 48
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XII. Ueber das Cäsium und Rubidium. Ueber das Cäsium und Rubidium. R. Bunsen und G. Kirchhoff haben in ihrer ersten Abhandlung über die „chemische Analyse durch Spectralbeobachtungen“, welche in Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie Bd. CX S. 161 erschien und im polytechn. Journal Bd. CLVIII S. 213 im Auszug mitgetheilt wurde, die Erwartung ausgesprochen, daß die Spectralanalyse für die Entdeckung bisher noch nicht aufgefundener Elements eine wichtige Bedeutung gewinnen dürfte. Seitdem sind von Bunsen und Kirchhoff zwei neue Elements aufgefunden worden, welche sich an die Gruppe der Alkalien anschließen; in einer zweiten Abhandlung über die chemische Analyse durch Spectralbeobachtungen, in Poggendorff's Annalen Bd. CXIII S. 337, haben sie ihre Untersuchungen über die Eigenschaften und Verbindungen dieser neuen Alkalimetalls veröffentlicht. Wir theilen im Folgenden eine kurze Charakteristik dieser beiden Elemente mit.Nach der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. VI S. 195. Die Mutterlauge des Dürkheimer Soolwassers enthält nach früheren Untersuchungen Kali, Natron, etwas Lithion, Kalk, Strontian und Magnesia. Wenn man nach Entfernung von Kalk, Strontian und Magnesia die an Salpetersäure gebundenen Basen mit Alkohol auszieht und, nach Abscheidung des Lithions durch kohlensaures Ammoniak, die so erhaltene Mutterlauge an einen Platindraht bringt, so zeigen sich im Spectral-apparat die Linien von Kali, Natron, Lithion und außerdem zwei ausgezeichnete einander sehr nahe liegende Banden im Blau, von denen die eine fast mit der blauen Linie des Strontians zusammenfällt. Da keiner Textabbildung Bd. 164, S. 48 der bekannten Stoffe diese Reaction zeigte, so war die Anwesenheit eines fremden, unbekannten Elements so gut als erwiesen. Dieß neue Element ist von seinen Entdeckern Cäsium genannt worden. Wird der sächsische Lepidolith nach einer Methode, durch welche die Alkalien von den anderen Bestandtheilen getrennt werden, aufgeschlossen, die Lösung der Alkalien durch Platinchlorid gefällt, so entsteht ein gelber Niederschlag, der im Spectralapparat nur auf Kali reagirt. Kocht man aber den Niederschlag mit Wasser wiederholt aus (worin sich das Platinchlorid-Chlorkalium auflöst), so nimmt, wenn man den Rückstand prüft, die Helligkeit der Kalilinien ab, dagegen treten zwei neue prachtvoll violette Linien auf, welche zwischen der blauen Strontium- und der violetten Kaliumlinie liegen. Zu diesen beiden gesellen sich bei fortgesetzter Extraction noch andere, vorzüglich aber zwei Linien im äußersten Roth, Textabbildung Bd. 164, S. 48 die noch jenseits der Fraunhofer'schen Linie A im äußersten Roth des Spectrums liegen. Das neue Alkalimetall, das diese Linien erzeugt, ist Rubidium genannt worden. Die wichtigsten Salze dieser neu aufgefundenen Elemente sind von Bunsen und Kirchhoff dargestellt, auch sind die Atomgewichte dieser Körper ermittelt worden. Rubidiumverbindungen. Zur Gewinnung der Rubidiumverbindungen wurde ein von Erden und vom Lithion möglichst befreiter Salzrückstand benutzt, der aus circa 150 Kilogram. aufgeschlossenen sächsischen Lepidoliths erhalten war. Dieser Salzrückstand enthält vorzüglich Kali, Natron, Rubidiumoxyd; er wurde in Wasser gelöst, zu der Lösung Platinchlorid gesetzt, jedoch nicht so viel, als zur völligen Abscheidung des Kalis erforderlich war, und der gelbe Niederschlag jetzt 20 Mal mit einem kleinen Volumen Wasser ausgekocht. Das Wasser zieht das bekannte Chlorplatin-Chlorkalium aus, das sich mit gelber Farbe löst; der Rückstand enthält das im Wasser schwerer lösliche Rubidium-Doppelsalz. Dieses wird getrocknet und durch Erhitzen in Wasserstoffgas reducirt, wodurch ein Gemenge von Platin mit Chlorrubidium erzeugt wird, aus dem Wasser das Chlorrubidium aufnimmt. Auf diesem Wege wurde etwa eine Unze des Salzes erhalten, welches als Ausgangspunkt zur Darstellung der Salze diente. Das metallische Rubidium wurde als Amalgam durch Elektrolyse der concentrirten Lösung von Chlorrubidium (Berührung mit Quecksilber) erhalten. Es zersetzt das Wasser wie Kaliumamalgam, und überzieht sich an der Luft mit ätzendem Rubidiumoxyd. Mit Kaliumamalgam berührt wird es + elektrisch; es ist also das Rubidium stärker positiv elektrisch als das Kalium. Als chemisches Symbol ist Rb vorgeschlagen worden; das Atomgewicht für H = 1 ist Rb = 85,36. Das Oxydhydrat wird aus dem schwefelsauren Salze durch Aetzbaryt erhalten. In Silbergefäßen kann die abgedampfte Masse geschmolzen werden. Es ist dem Kalihydrat höchst ähnlich, wirkt ätzend wie dieses, zerfließt an der Luft und ist: RbO + HO. Das kohlensaure Salz ist zerfließlich wie Potasche, ätzend und in absolutem Alkohol fast unlöslich. Das salpetersaure Salz krystallisirt in 6seitigen Säulen. Das schwefelsaure Salz ist isomorph dem schwefelsauren Kali; es bildet einen Alaun, der in Krystallen des regulären Systems krystallisirt und die typische Formel: RbO, SO³ + Al²O³, 3 SO³ + 24HO hat. Chlorrubidium bildet Würfel; die Lösung wird durch Platinchlorid hellgelb gefällt; der Niederschlag bildet kleine Octaeder. 100 Th. kochendes Wasser lösen nur 0,611 Th. des Salzes auf. Darauf gründet sich die Trennung von Kali und Rubidion. Cäsiumverbindungen. Die Mutterlauge des Dürkheimer Soolwassers ist die Quelle für die Cäsiumsalze. Es wurden 240 Kilogram. der Mutterlauge verarbeitet, um die wenigen Gramme der Cäsiumverbindungen zur Untersuchung zu beschaffen. Die Mutterlauge wurde in einem Sulfatofen einer Sodafabrik mit Schwefelsäure zersetzt, das schwefelsaure Salz mit Wasser, dem Aetzkalk zugesetzt war, gekocht, der Kalk durch Oxalsäure, die Schwefelsäure durch salpetersaure Baryterde gefällt, und die Magnesia durch Barythydrat abgeschieden, ferner die eingedampften salpetersauren Salze mit absolutem Alkohol extrahirt, wobei viel Cäsium in Lösung geht, durch kohlensaures Ammoniak vom Lithion befreit, eingedampft, erhitzt, in Wasser gelöst und mit Platinchlorid gefällt. Der gelbe Niederschlag wird dann wie der obige behandelt, etwa 20 Mal mit wenig Wasser ausgekocht, welches das Kaliumdoppelsalz entfernt. Der gelbe Rückstand enthält dann sowohl die Doppelverbindung von Chlorplatin mit Chlorcäsium als auch mit Chlorrubidium. Man scheidet beide neue Alkalien, indem man sie in kohlensaure Salze verwandelt und mit absolutem Alkohol das kohlensaure Cäsiumoxyd auflöst, das Rubidiumsalz ist darin unlöslich. Für das Cäsium ist das Symbol Cs vorgeschlagen; das Atom Cs wiegt 123,3 für H = 1, und hat nach dem Golde das höchste Atomgewicht. Das Metall erhält man als Amalgam wie das Rubidium. Es verhält sich + elektrisch gegen Kalium und Rubidium, ist also der elektropositivste der bekannten Körper. Das Oxydhydrat ist mindestens so ätzend als Kalihydrat. Das kohlensaure Salz ist zerfließlich und in absolutem Alkohol löslich. Das salpetersaure Salz krystallisirt in 6seitigen Säulen und ist in absolutem Alkohol fast unlöslich. Das schwefelsaure Salz ist im Wasser sehr löslich (Unterschied von schwefelsaurem Kali), und bildet einen Alaun. Das Chlorcäsium krystallisirt in Würfeln und bildet mit Chlorplatin ein Doppelsalz, von dem 100 Th. kochendes Wasser nur 0,4 Th. lösen. Das Rubidium und Cäsium gehören somit in die Gruppe der Alkalien.