Titel: Die Fabrication des Ledertuchs.
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. CXXVII., S. 460
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CXXVII. Die Fabrication des Ledertuchs. Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1862, Nr. 22. Ueber die Fabrication des Ledertuchs. Für die Fabrication des sogenannten amerikanischen Ledertuches, welches zuerst im Jahre 1849 von Crocket in Newark (Vereinigte Staaten) angefertigt wurde, besteht seit dem Jahre 1855 auch zu West Ham in England (Essex) ein sehr großartiges, unter der Firma the leather cloth company bekanntes Etablissement. Dasselbe gehört einer Gesellschaft, welche mit einem Capital von 90,000 Pfd. Sterl. arbeitet, nimmt eine Grundfläche von 10 Acker Land ein und producirt täglich mit circa 200 Arbeitern 1000 Stück Ledertuch von 12 Yards Länge und 1 1/2 Yards Breite. Ueber die in letzteren: Etablissement übliche Fabricationsmethode sind im Mech. magazine 1862 S. 277 folgende Notizen enthalten: Der zur Verwendung kommende Webstoff ist stets roher Kattun, in verschiedenen aber jederzeit speciell für die beabsichtigte Verwendung angefertigten Qualitäten. Der rohe Stoff wird zuerst auf einem Kalander geglättet und dann in einzelne Stücke von 12 Yards Länge zerschnitten, deren beide Enden wiederum zusammengenäht werden, so daß jedes Stück für sich ein endloses Tuch bildet. Hierauf folgt das Auftragen der Grundfarbe mit Anwendung der sogenannten Grundirmühle. Diese Maschine enthält zwei in angemessener Entfernung mit horizontaler Achsenrichtung gelagerte Walzen, über welche der endlose Stoff gelegt und durch Verschiebung der Walzen in entsprechender Weise angespannt wird. Nachdem hierauf ein über die ganze Stoffbreite reichendes, in einem Rahmen eingesetztes Messer auf das Tuch herabgelassen und hinter demselben eine abgewogene Quantität Grundfarbe über die ganze Breite vertheilt worden ist, wird das Tuch in Bewegung gesetzt und so lange in Bewegung erhalten, bis sich die ganze aufgelegte Farbemenge gleichmäßig über die Oberfläche ausgebreitet hat. Das Etablissement enthält 18 derartige Maschinen, deren jede 3 Mann zur Bedienung erfordert. Ist das Tuch mit der Grundfarbe überzogen, so wird es von der Maschine abgenommen und in die Trockenkammer gebracht, wo es bis zum nächsten Tage verbleibt. Die Temperatur der Trockenkammer wird während des Tages auf 55° C., während der Nacht auf 70° C. gehalten. Die nächste Operation, das Schleifen der Grundfarbe, wird ohne Zuhülfenahme von Menschenhänden durch eine neue eigenthümliche, ganz selbstthätig arbeitende Maschine ausgeführt. Dieselbe enthält wiederum zwei mit horizontalen Achsenrichtungen gelagerte Walzen, über welche das Tuch in gleicher Weise wie bei der Grundirmühle ausgespannt wird, und nächstdem zwei mit Bimsstein belegte, in entgegengesetzter Richtung bewegte Schleifwalzen, welche die grundirte Seite bearbeiten und von derselben in sehr kurzer Zeit alle Unebenheiten entfernen. Das Grundiren, Trocknen und Schleifen wird bei den gewöhnlichen Gattungen Ledertuch viermal, bei den schwereren Gattungen hingegen fünf- und sechsmal in gleicher Weise wiederholt. Es folgt nun das Malen. Das Tuch wird hiebei in gleicher Weise wie bei den beiden vorhergehenden Operationen zwischen zwei Walzen ausgespannt und durch Umdrehung derselben mit sehr geringer Geschwindigkeit bewegt. Zu jeder Seite des Tuches ist ein Arbeiter placirt, welcher die an ihm vorübergeführte Fläche bis zur Mittellinie mit dem Farbeüberzug versieht. Das Malen wird mindestens zweimal, in mehreren Fällen auch drei- und viermal wiederholt und dabei wird stets zum letzten Ueberzug ein Copallack verwendet, welcher Schutz gegen atmosphärische Einflüsse gewähren soll. Nachdem nun der die beiden Tuchenden verbindende Saum mittelst einer Guillotinenschere beseitigt und die Beschneidung der Ränder durch Kreisscheren ausgeführt worden ist, wird das Tuch gekörnt, um ihm das Ansehen des Marroquins zu geben. Man bedient sich hiezu eines Kalanders mit einer Papier- und einer Eisenwalze. Letztere, als Oberwalze angewendet ist auf ihrer ganzen Oberfläche mit der dem zu gebenden Korn entsprechenden Gravirung versehen.