Titel: Ueber das Verhalten der Zuckersäfte gegen den Frost; von Dr. C. Stammer.
Autor: Karl Stammer [GND]
Fundstelle: Band 166, Jahrgang 1862, Nr. LXXXI., S. 375
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LXXXI. Ueber das Verhalten der Zuckersäfte gegen den Frost; von Dr. C. Stammer. Stammer, über das Verhalten der Zuckersäfte gegen den Frost. Die im Januar dieses Jahres herrschende Kälte bot Gelegenheit, Beobachtungen anzustellen über das Verhalten des Rübensaftes und anderer Producte der Zuckerfabrication, wenn dieselben einer niedrigen Temperatur ausgesetzt werden. Es war nämlich interessant zu wissen, ob die sich bildenden Eiskrystalle reicher oder ärmer an Zucker als die Mutterlauge ausfallen, und ob, wenn ein erheblicher Unterschied bei dem einen oder anderen Producte stattfindet, vielleicht in speciellen Fällen eine Anwendung von diesem Verhalten, nämlich eine Concentration des Zuckergehaltes oder eine Reinigung des Saftes in einer oder der anderen Weise möglich seyn werden. Die Resultate der betreffenden Beobachtungen theile ich nachstehend mit. Lassen sich aus denselben auch keine direct verwerthbaren Folgerungen für die Praxis ziehen, so werden sie doch immerhin ein gewisses Interesse beanspruchen können. Die Versuche wurden so angestellt, daß ein Quantum von 5–6 Quart des zu untersuchenden Saftes etc. in einem metallenen Eimer so lange einer niedrigen Temperatur ausgesetzt wurde, bis sich eine erhebliche Eisbildung zeigte. Die ursprüngliche Flüssigkeit war vorher in gewöhnlicher Weise polarisirt worden; dasselbe geschah mit dem gefrorenen und dem nicht gefrorenen Antheil, deren relative Menge ebenfalls annähernd bestimmt worden, nachdem die Krystalle durch Abtropfenlassen hinreichend von der Mutterlauge befreit waren. Eine genauere Untersuchung der einzelnen Bestandtheile, sowie eine schärfere Trennung von Krystallen und Lösung, und speciellere Ermittelungen sind, da die Resultate der Versuche hiezu keinen Anlaß boten, nicht gemacht worden. Bei den kalkreichen Scheide- und Filtersäften wurde auch der Kalkgehalt ermittelt und bei der Polarisation der erforderliche Zusatz von Essigsäure mit der gehörigen Correction vorgenommen. Im Allgemeinen stellte sich heraus, daß die übrig bleibende Lösung zuckerreicher und kalkhaltiger war, als das entstandene Eis. Das Einzelne erhellt aus folgenden Zahlen: sie gelten sämmtlich für die Normaltemperatur der Instrumente. 1) Roher Rübensaft. Gewicht 13,4 Proc. Ball.; Pol.: 10,7; Factor 79,8. Bei einer Temperatur von – 10° C. wurde erhalten: a. Lösung 6 Quart; Gew. 14,3 Proc. Ball.; Pol. 11,5; Factor 80,4. b. Krystalle, nach dem Schmelzen 2 Quart. Gewicht: 10,7 Proc., Pol. 8,2 Proc.; Factor 76,6. 2) Nachpressensaft, aus gemischten Preßlingen. Gewicht 3 Proc. Ball.; Pol. 2,1 Proc. Temperatur – 6 bis – 7° C. a. Lösung 3,8 Quart; Gew. 3,8 Proc.; Pol. 2,9 Proc. b. Krystalle, nach dem Schmelzen 2,8 Quart; Gewicht 1,7; Pol. 1,4 Proc. 3) Scheidesaft, aus mit Nachpressensaft verdünntem Rübensaft. Gewicht 8,2 Proc.; Pol. 6,4; Kalkgehalt: acidimetrisch 0,157 Proc. nach den Volumen. Temperatur – 12° C. a. Lösung 2,4 Quart; Gew. 12,0 Proc.; Pol. 8,9 Proc.; Kalkgehalt, acidimetrisch 0,207 Proc. nach dem Volumen. b. Krystalle, nach dem Schmelzen 2,2 Quart; Gewicht 4,2 Proc.; Pol. 3,4 Proc.; Kalk, wie oben 0,078. 4) Dünnsaft vom Filter. Gewicht 8,9 Proc.; Pol. 8,77; Kalkgehalt, acidimetrisch 0,0403 nach dem Volumen. Temperatur – 3° C. a. Lösung 5,8 Quart; Schwere 10 Proc.; Pol. 8,77 Proc.; Kalk, wie oben 0,043 Proc. b. Krystalle, nach dem Schmelzen 1,1 Quart; Gewicht 3,3 Proc.; Pol. 3,1 Proc.; Kalk, wie oben 0,0168 Proc. 5) Dicksaft vom Filter. Derselbe zeigte nach 12 Stunden bei – 10° C. noch keine Krystalle. Eine kleine Menge, eine Nacht hindurch derselben Temperatur ausgesetzt, ergab: a. Lösung 260 Kubikcentimeter; Gewicht 56,5 Proc. Ball.; Pol. 87,2 Proc. der trockenen Substanz (auf gewöhnl. Weise polarisirt). b. Krystalle, feine Tafeln, sorgfältig bei – 8° C. abtropfen gelassen, ergaben nach dem Schmelzen 110 Kub. Centm. Dicksaft von 44,5 Proc. Ball. und 87,4 Proc. Pol. der trockenen Substanz. 6) Melasse. Dieselbe polarisirte bei 15,5 Proc. Ball. 9,41. Ihr Zuckerquotient betrug also 60,7. Sie wurde in drei verschiedenen Concentrationszuständen dem Frost ausgesetzt: I. Melasse von 54 Proc. Ball. Temperatur – 13° C. Obwohl nach einem Zeitraum von über 12 Stunden die Flüssigkeit eine Temperatur von – 12° C. zeigte, so hatten sich doch keinerlei Krystalle gebildet. II. Melasse von 34 Proc. Temperatur – 13° bis – 17° C. a. Lösung 3,8 Quart; Schwere 40 Proc.; polarisirte 8,11 Proc. bei 13,4; Quotient mithin 60,5. b. Krystalle, nach dem Schmelzen 3,9 Quart; Schwere 26,5 Proc. Nichtpolarisirt, da nach a. kein Unterschied zu erwarten stand. III. Melasse von 15,5 Proc. – Temperatur – 11 bis – 13° C. a. Lösung 2,9 Quart; Schwere 26 Proc.; polar. Zuckerquotient 59. b. Krystalle, nach dem Schmelzen 5,6 Quart; Schwere 9,2 Proc. polar. Zuckerquotient 61. Erhebliche Unterschiede fanden also hier nicht statt.