Titel: Ueber Goldleisten-Fabrication.
Fundstelle: Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XXVII., S. 113
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XXVII. Ueber Goldleisten-Fabrication. Aus der deutschen Industriezeitung, 1863, Nr. 19. Ueber Goldleisten-Fabrication. Die Fabrication von Goldleisten und Goldrahmen bildet zur Zeit einen ziemlich bedeutenden Industriezweig, und es dürfte nicht uninteressant seyn, etwas näher darauf einzugehen. Es bietet uns dazu ein Vortrag Gelegenheit, der vor kurzem im Technikervereine zu Chemnitz gehalten ward, durch gründliche Sachkenntniß und erschöpfende Darstellung ausgezeichnet war, und dessen Benutzung uns gestattet worden ist. Man theilt die Producte überhaupt in zwei Classen, in die gewöhnlichen, glatten Goldleisten und die Barroquearbeiten, die, obwohl im Aussehen und Werthe von einander verschieden, doch durch die Art und Weise der Production verwandt sind und deßhalb auch gewöhnlich neben einander zur Ausführung kommen. Die bei der Fabrication überhaupt vorkommenden Manipulationen classificiren sich der Reihe nach folgendermaßen: 1) die Tischlerarbeiten, 2) das Grundiren, 3) das Schleifen, 4) das Polimentiren, 5) das Anschießen, 6) das Poliren und 7) das Firnissen. Alle diese Arbeiten ergänzen sich gegenseitig und es muß daher eine jede stets mit Bezug auf die folgenden und mit aller Sorgfalt ausgeführt werden. Der Tischler hat dafür zu sorgen, daß die harzigen und kienhaltigen Stellen aus den zu verarbeitenden Holzstücken entfernt, und daß alle Größen und Maaße richtig eingehalten werden. Aus der Hand des Tischlers gelangen die Stücke in die Hände des Grundirers, dessen Arbeit darin besteht, die zu vergoldenden Flächen mit einem Grunde aus Leim und Schlämmkreide zu überziehen. Dieser Grund wird also bereitet: Auf 1 Pfd. guten Leim werden 2 1/2 preuß. Quart Wasser genommen und derselbe nicht über'm directen Feuer, sondern am besten im Wasserbade, um das Anbrennen zu verhüten, bis zum völligen Auflösen gekocht. Hierauf wird so viel feingesiebte (besser wohl nochmals geschlämmte) Schlämmkreide mit der Leimlösung vermischt, daß ein gleichmäßiger, ziemlich starker Brei entsteht. Während der Arbeit muß die so gebildete Grundirmasse stets warm erhalten und, da sie durch Verdunstung sich nach und nach verdicken würde, mit verdünntem Leime (nicht mit bloßem Wasser) von Zeit zu Zeit wiederum auf die gehörige Verdünnung gebracht werden. Der erste Anstrich erfolgt mit sehr verdünnter Grundmasse (mit der Leimtränke), worauf nach dem jedesmaligen Trocknen 4 bis 5 Anstriche mit der stärkeren Grundmasse aufgetragen werden. Jeder Anstrich erfolgt, nachdem der vorhergehende gut getrocknet ist, mit recht heißer Grundmasse mittelst eines Pinsels, worauf das sogenannte Profileisen entweder aus freier Hand oder besser mittelst einer besondern Führungsvorrichtung (Grundirbank) darüber hinweggezogen wird, um den Grund gleichmäßig über die façonirte Oberfläche der Leiste zu vertheilen. Hierbei hat der Arbeiter wohl darauf zu achten, daß sich keine Blasen bilden und der Grund möglichst glatt wird. Zum letzten Anstriche wird wiederum dünner Grund verwendet; dieser dünne Grund wird aus verdünnter Leimlösung, mit einem geringen Quantum Schlämmkreide vermischt, hergestellt; nie darf man aber zu diesem Zwecke dicken Grund mit Wasser verdünnt anwenden, weil dieser sich beim Poliren abbröckeln würde. Das Schleifen wird nach vollständiger Austrocknung der grundirten Leiste und nachdem alle etwa vorhandenen Löcher verkittet und alle Fehler verbessert wurden, mit nassem Bimssteine bewirkt, wobei sich ein feiner Schlamm bildet, der sich in die Poren des Grundes einsetzt und so wesentlich zur Glättung desselben beiträgt. Die Leiste wird stückweis geschliffen und, sobald der Schliff an einer Stelle vollendet ist, mittelst eines Schwammes abgewischt, damit der Grund nicht zu sehr aufweicht. Nach dem Schleifen mit Bimsstein folgt noch Abreiben mit Sandpapier oder Schachtelhalm. Die so vollständig geglättete Fläche wird hierauf mit Poliment überzogen. Die Anfertigung der Polimentmasse gilt in den betreffenden Fabriken als Geheimniß, da auf deren Zusammensetzung sehr viel ankommt und dieselbe immer nur erst durch längeres Probiren allen Anforderungen entsprechend hergestellt werden kann. Die Ingredienzien dazu sind folgende: fetter, fein geschlämmter Thon, feine weiße venetianische Seife, Wallrath. weißes reines Wachs und bestes Schweinefett. Im Allgemeinen kann man sich an folgende Vorschrift halten: 1 Pfd. Thon, 1/4 Loth Wachs, 1/4 Loth Seife, 3/16 bis 1/4 Loth Fett und 1/8 Loth Wallrath, doch ist das Verhältniß kein stabiles, indem die Qualität der Bestandtheile über die anzuwendenden Quantitäten entscheidet und das Poliment selbst bald härter bald weicher beliebt wird. Zu bemerken ist, daß in manchen Fällen der Wallrath wegfallen kann, wo dann das Poliment härter ausfällt. Zweck des Poliments ist, den auf die Oberfläche der Leiste aufgelegten Gold- und Silberblättchen als weiche, elastische Unterlage zu dienen, durch welche das Poliren ermöglicht wird, ohne daß man Gefahr läuft, die dünne Metallhaut zu durchreiben. Bei der Zubereitung des Poliments verfährt man in folgender Weise: Der Thon wird in einem Mörser gestoßen und, wenn nöthig, nochmals geschlämmt, so daß er vollständig sandfrei ist. Das erhaltene Thonpulver wird zuletzt durch ein feines Haarsieb gestäubt. In einem Kessel wird dann Regen- oder Flußwasser erhitzt und zwar auf 1 Pfd. Thon 1/2 Quart, hierauf werden Wachs, Seife und Wallrath zugefügt und das Gemisch bis zur Schmelzung gekocht; dann wird das Fett zugesetzt, worauf man noch 5 Minuten kocht und nunmehr das Thonpulver allmählich dazu rührt. Unter fortgesetztem Rühren wird schließlich die ganze Mischung noch 8 bis 10 Minuten lang gekocht, worauf das Poliment fertig ist. Ist dasselbe nach dem Erkalten erstarrt, so wird es auf einem Steine mit etwas Wasser gut abgerieben, bis es, zwischen den Fingernägeln gerieben, durchaus keine Spur mehr von körnigem Wesen entdecken läßt. Besonders hat man es vor Staub zu wahren. Das fein abgeriebene Poliment wird dann mit dünnem Leime versetzt (etwa 1 bis 1 1/8 Quart Wasser auf 2 Loth Leim); Versuche müssen auch hier über die zweckmäßigste Mischung entscheiden. Beim Poliren dürfen sich bei richtiger Polimentirung weder matte Stellen, noch die Absätze der Metallblättchen erkennen lassen; ferner darf sich das Metallhäutchen weder leicht durchreiben, noch abblättern. Bevor man die eigentliche Polimentmasse auf die Leiste aufträgt, wird dieselbe „gelöscht,“ d.h. mit einer dünnen Mischung aus Leimwasser und etwas Poliment überstrichen; nach dem Trocknen folgen dann 3 bis 4 Anstriche mit der eigentlichen Polimentmasse nach, worauf man schließlich noch einen verdünnten Anstrich von Poliment ohne Leim aufträgt. Nach jedem Anstriche wird mit dem Profileisen alles Ueberflüssige weggenommen, dann getrocknet und sodann der nächste Anstrich aufgetragen. Der letzte Polimentanstrich darf nur ganz dünn seyn; überhaupt muß das Polimentiren als die schwierigste Arbeit in der Goldleisten-Fabrication angesehen werden. Nachdem die polimentirte Leiste gut getrocknet ist, wandert sie in die Hände des Anschießers, dessen Aufgabe es ist, die dünnen Metallblättchen aufzulegen, die für die gewöhnlichen Leisten aus reinstem Silber bestehen. Nur zu den Barroquearbeiten wird auch Gold verwendet. Vor dem Anschießen wird der Polimentüberzug mit 20- bis 25grädigem Alkohol schwach befeuchtet und dann das Metall mit einem besonderen Pinsel aufgelegt. Nachdem der Alkohol (die Netze) ziemlich getrocknet ist, wird die Metallfläche mit einem glatten Achatkörper von abgerundeter Form angedrückt und polirt. Sollen einzelne Stellen matt ausfallen, so wird an denselben das Poliment mit feinem Sandpapier oder Schachtelhalm abgeschliffen, mit dünner Schellacklösung überzogen, dann genetzt und hierauf das Metall aufgelegt; statt schließlich mit dem Achat polirt zu werden, wird dasselbe mit dünnem Leime überzogen und behutsam angedrückt. Beim Poliren ist der Grad der Feuchtigkeit von Bedeutung, welchen die Netze besitzt. Ist der Grad der Feuchtigkeit beim Behandeln mit dem Polirachat nicht richtig abgepaßt, so reibt sich das Metall herunter und die Leiste wird schwarz; dieß gilt sowohl, wenn die Netze zu feucht, als wenn sie zu trocken ist. Auch auf das verwendete Blattsilber kommt viel an; vor Allem muß dasselbe ganz rein seyn und dann darf es einen gewissen Grad von Dünnheit nicht überschreiten, da es sonst undicht wird und sich beim Poliren gar zu leicht durchreibt. Nach dem Poliren erfolgt das Lackiren, wodurch die versilberte Leiste erst ihren Goldschein erhält. Die Zubereitung des Goldfirnisses gilt, wie die Zubereitung des Poliments, meist als Geheimniß. Ein vorzüglicher Goldfirniß, der ein brillantes Feuer gibt, wird folgendermaßen zusammengesetzt: 36 Pfd. Schellack in 30 Quart Alkohol,   5   „ Mastix  „   5   3   „ Sandarach  „   5   5   „ Gummigutt  „   5   1   „ Drachenblut  „   1   3   „ Sandel  „   5   3   „ Terpenthin  „   3 Nachdem alle angeführten Bestandtheile einzeln in der angegebenen Menge absoluten Alkohols gelöst wurden, werden die Lösungen bei gelinder Wärme mit einander gemischt. Der Firniß wird mit besonders geformten Pinseln in 3 bis 4 Anstrichen nach einander aufgetragen. Jeder Anstrich muß wo möglich mit einem Pinselzuge ausgeführt werden und die Arbeit erfordert viel Uebung. Die Schönheit der Farbe hängt sowohl von der Art der Manipulation beim Auftragen, als der Concentration des Firnisses ab. Was nun schließlich die Barroquearbeit betrifft, so kommt dieselbe meist nur bei fertigen Rahmen, die besonders schön ausfallen sollen, zur Anwendung, und es werden in diesem Genre wirkliche Kunst- und Prachtwerke von hohem Werthe geliefert. Dergleichen Kunstwerke werden oft aus vielen Stücken zusammengesetzt, indem die einzelnen Verzierungen besonders modellirt und gepreßt werden. Die Rahmen werden ursprünglich glatt gefertigt und erst dann die aus sogenannter Masse geformten Verzierungen aufgeklebt. Diese Masse besteht aus 1 Theil trockenen Leim, 1/4 Thl. venetian. Terpenthin und 5 bis 6 Thln. Kreide. Der Leim wird in etwa 2 Quart Wasser gelöst und die anderen Substanzen darunter gerührt. Das Pressen der Masse erfolgt in Metallformen, die nach besonders hergestellten Modellen abgegossen wurden. Kleine Rahmen werden auch ganz allein aus dieser Masse gebildet. Die Vergoldung solcher verzierter Rahmen wird wie vorher auf einer Polimentschicht ausgeführt, doch wird öfters auch statt des Blattsilbers und Goldfirnisses echtes Blattgold verwendet. Durch Auflegen von Gaze und Spitzengrund auf die zu vergoldenden Flächen wird häufig ein sehr schöner Effect erzielt, wobei noch besonders der richtig gewählte Wechsel von matten und glänzenden Flächen die Wirkung des Ganzen erhöht.