Titel: W. H. Ward's optische Telegraphen für Seeschiffe.
Fundstelle: Band 170, Jahrgang 1863, Nr. XII., S. 36
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XII. W. H. Ward's optische Telegraphen für Seeschiffe. Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1863 S. 1049. Ward's optische Telegraphen für Seeschiffe. Es ist ein großer Vorzug der optischen Telegraphen, daß zu ihrem Betriebe keine besondere materielle Verbindung oder Leitung zwischen den beiden in telegraphische Correspondenz mit einander tretenden Stationen erforderlich ist. Wenn nun auch da, wo es sich um die Beförderung der Telegramme auf weite Fernen handelt, die optischen Telegraphen den elektrischen an Schnelligkeit und Billigkeit nachstehen, so sind sie doch da, wo nur kleinere Fernen in Betracht kommen, also Zwischenstationen nicht nöthig sind, und wo auf andere Weise eine telegraphische Verständigung unmöglich ist, ein ganz werthvolles Mittel zu schneller und ausführlicher Entsendung von Nachrichten. Sollen aber derartige Telegraphen eine ausgedehnte Anwendung finden, so muß der ganze Signalapparat möglichst billig, einfach und transportabel, das Signalisiren selbst aber ebenfalls einfach und leicht verständlich seyn und dennoch jedwede Nachricht befördert werden können. Der Amerikaner William Henry Ward (aus Auburn, New-York) hat nun ein sehr einfaches System telegraphischer Signale erfunden und sich patentiren lassen, bei welchem der Signalapparat für das Telegraphiren bei Tag nur aus 27 Flaggen und für das Telegraphiren bei Nacht nur aus vier Laternen mit entsprechenden Schirmen besteht. Dieses System ist zwar zunächst zur Vermittelung des telegraphischen Verkehrs der Seeschiffe unter sich, mit einem Lotsen oder mit den Leuchtthürmen bestimmt, und hat bei der englischen und amerikanischen Flotte die Probe günstig bestanden; allein es dürfte auch auf dem Lande einer mannichfachen Anwendung fähig seyn, z.B. für militärische Zwecke oder für Eisenbahnen. Ward hat aus den Signalen ein vollständiges Alphabet gebildet und so die buchstäbliche Beförderung einer jeden Nachricht möglich gemacht, ohne alle Rücksicht auf die Sprache, in welcher die Nachricht abgefaßt ist; selbstverständlich ist dabei, daß unter Umständen das Telegraphiren durch Abkürzungen beschleunigt, und daß in anderen Fällen durch Benutzung eines vorher verabredeten besonderen Alphabetes oder eines besonderen Chifferbuchs die Mittheilung für Uneingeweihte unverständlich gemacht und so geheim gehalten werden kann. Auf der Londoner Ausstellung von 1862 erhielt Ward die Preismedaille für seinen Nacht-Telegraphen. A. Die Tag-Signale werden mit 27 dreieckigen Flaggen gegeben, welche bloß von rother, schwarzer und gelber Farbe sind, damit sie sich gut von den Wolken absetzen und durch den grellen Unterschied der Farben auf weite Feme deutlich sichtbar sind. Die Flaggen sind theils einfarbig, theils zweifarbig, theils dreifarbig; die zweifarbigen sind entweder der Länge nach in zwei Felder getheilt, d.h. so, daß die Grenzlinie der beiden Farben von der am Flaggenstabe befindlichen Grundlinie des Dreiecks nach der Spitze desselben läuft, oder sie sind der Quere nach in zwei Felder getheilt, deren Scheidelinie also der Grundlinie des Dreiecks parallel läuft; die dreifarbigen haben drei Felder der Quere nach. So hat man wenige, aber große Felder, und diese lassen sich deutlich unterscheiden, mag die Flagge im Wind flattern, oder schlaff herab hängen. Die Flaggen sowohl als die Laternen, werden hoch am Mast aufgezogen, so daß sie ringsum sichtbar sind, selbst wenn alle Segel beigesetzt sind. Das folgende Schema zeigt das von Ward aufgestellte Alphabet; bei Längsfeldern sind die Anfangsbuchstaben (r, s, g) der Farbe über einander gesetzt, bei Querfeldern steht dem Buchstaben zunächst die Farbe an der Grundlinie der Flagge. Textabbildung Bd. 170, S. 37 An jedem Maste kann ein Wort, also zu gleicher Zeit drei oder vier Worte, telegraphirt werden, und diese sind in der Reihenfolge vom Vorder- zum Hintertheil des Schiffes zu lesen. Jede einen Vocal bedeutende Flagge bedeutet umgekehrt einen anderen Vocal; alle Flaggen für Vocale haben Längsfelder, wodurch das Buchstabiren sehr erleichtert ist. Eine oder mehrere der Flaggen für Vocale allein aufgezogen, bedeuten „Buchstabire“. Zur Wiederholung eines Vocals dient „&“ hinter dem zu wiederholenden Vocal. Zur Wiederholung eines Consonanten dient eine lange schmale Flagge, wenn die beiden Consonanten unmittelbar auf einander folgen, wie in „Wille“, dagegen die Nationalflagge des Schiffs, wenn ein früherer Consonant wiederkehrt, wie in „Antwort“. Auslassungen in der Mitte eines Wortes deutet ein Zwischenraum von einer Flaggenlänge zwischen den einzelnen Flaggen an. Besondere Bedeutung haben, wenn sie allein aufgezogen werden, namentlich folgende Flaggen: B = Zifferflagge, oder = 1; C = 2; D = 3 oder Nothflagge; F = 4 oder „Ja“; G = 5; H = 6; J = 7 oder „Nein“; K = 8; L = 9; M = 0 oder „wiederhole“; S = Buchstabirflagge; V = Chifferflagge. B. Die Nacht-Signale werden mit drei oder vier in einer Reihe unter einander hängenden Laternen gegeben, damit sie wieder nach allen Seiten hin gleich gut gesehen werden können. Das Glas jeder Laterne bildet eine kräftige Linse. Das Licht jeder Laterne kann durch einen undurchsichtigen Schirm ganz verdeckt, oder durch einen rothen Glasschirm roth gefärbt werden, ohne daß die Laterne selbst ihren Ort verlassen muß, vielmehr werden bloß die Schirme aufgezogen oder niedergelassen; man telegraphirt also mit weißen, rothen und schwarzen Laternen. Vor dem Geben eines neuen Signals werden die Lichter sämmtlich verdeckt, um Mißverständnisse zu verhüten; auch wird jedes Signal vom Empfänger nachgemacht. Das Alphabet ist auf folgende Weise gebildet: A B C D E F G H I J K L w w w w w w w w w w w w s w w w r w w r r w r w s s w w s r w w w r r r s s s w s s r s w w s r M N O P Q R S T U V W X w w w r r r r r r r r r r r r w w w w r w r w r w r r s w w r w r w w w r w r s s w s s w w r r Y Z Ja Nein Wiederhole Noth Apostroph r r r r r r = W w r s r r r r r s s r r r w r 1   2     3     4     5     6     7     8     9     0 w w w w w w r r r r w w r w r r w w w r s w s r w r s w r w Will man die Signale bloß nach einer Richtung hin sichtbar machen, so kann man die anderen Seiten der Laternen leicht verdecken. Für militärische Zwecke verwendet man mit großem Vortheil sechs Laternen in einer Reihe unter einander. Ein Satz Laternen kostet von 25 Pfd. St. an aufwärts; bei den kleineren kostet die Beleuchtung stündlich 2 Pence.