Titel: | Verfahren zum Schutz eiserner Schiffe gegen Oxydation und hölzerner Schiffe gegen Fäulniß; von J. P. Jouvin, Professor der Chemie an der Marineschule zu Rochefort. |
Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. XXXV., S. 108 |
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XXXV.
Verfahren zum Schutz eiserner Schiffe gegen
Oxydation und hölzerner Schiffe gegen Fäulniß; von J. P. Jouvin, Professor der Chemie an der
Marineschule zu Rochefort.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, September
1863, S. 273.
Jouvin's Verfahren zum Schutz eiserner Schiffe gegen Oxydation und
hölzerner Schiffe gegen Fäulniß.
Mit dem von Jouvin erfundenen Verfahren, die Schiffe gegen
Verderbniß zu schützen, werden jetzt im Auftrag der französischen Regierung an zwei
Panzerschiffen Versuche angestellt. Das Verfahren besteht darin, daß die inneren
Oberflächen der Seiten und des Bodens der Schiffe, nach vorhergegangenem
sorgfältigem Reinigen, mit einer Zinkschicht bedeckt werden, welche direct gegen die
Eisenplatten gelegt und zwischen letzteren und dem Gerippe festgehalten wird. Da nun
aber schwimmende eiserne Schiffe nur schwierig im Inneren der Schiffsräume mit
Zinkplatten zu belegen sind, so wendet man hiefür nach dem Reinigen einen doppelten
Anstrich mit gepulvertem Zink an, mit welchem man das Eisen überall bis etwas über die Wasserlinie
überzieht. Ein solcher Anstrich wirkt, in Folge seines Oel- oder
Fettgehaltes, nicht so stark wie Zinkblech als elektrischer Schutz, und man muß
daher die schützende Oberfläche größer nehmen.
Eiserne, im Bau begriffene Schiffe erhalten, sobald der Kiel, das Vorder- und
Hintersteven und die Spanten aufgestellt sind, einen dicken Ueberzug mit dem
erwähnten metallischen Anstrich. Die Verkleidung des Kiels und der Seiten geschieht
dann in gewöhnlicher Weise, indem man dafür sorgt, daß unter dem Holze derselbe
Anstrich aufgetragen wird, statt dessen man aber auch Lagen von fettigem, dicht mit
metallischem Zinkpulver bestreuten Filz anwenden kann. Die Zinkplatten lassen sich
dann ohne Schwierigkeit anbringen und werden mit den Eisenplatten des Plankenganges
vom Kiel bis zur Wasserlinie und vom Vorder- zum Hintersteven so verbunden,
daß sie einen Theil davon ausmachen.
Da das Nieten bei einer Temperatur über dem Schmelzpunkt des Zinks stattfindet und
dieses daher um die Nietenköpfe herum zerstört werden würde, so nimmt man die
Zinktafeln nur so groß, daß sie auf den Eisenplatten 1/3 Zoll von den Nieten
abstehen. Die Ausdehnung der Zinkplatten auf dem Eisen kann dann auch frei
erfolgen.
Um bei denjenigen Zinkplatten, welche zwischen dem Gerippe und den Eisenplatten
befindlich sind, das Vernieten des Eisens auf Eisen zu bewerkstelligen, muß man
zunächst Scheiben in diesen Bändern, gegenüber jedem Nietloch, herausschneiden. Der
Durchmesser dieser Scheiben muß doppelt so groß wie derjenige der Niete seyn, und
sie werden schließlich durch Ringe von Schmiedeeisen ersetzt, welche in Dicke und
Durchmesser den Zinkbändern entsprechen.
Die Bänder und Nietenköpfe müssen einen dicken Ueberzug von metallischem Zinkanstrich
erhalten.
Da in der elektrochemischen Reihe das schützende Zink unmittelbar nach dem
beschützten Eisen kommt, so ist es vortheilhaft, daß die schützende Oberfläche
nahezu gleich der zu beschützenden ist. Es hat sich herausgestellt, daß die
schützenden Zinkbänder, wenn sie vom Kiel bis zur Wasserlinie gut aufgelegt sind, im
Maximum 2/3, im Minimum 1/10 der letzteren Fläche betragen sollen, wenn alle
Zwischenräume zwischen den Bändern gut mit dem metallischen Zinkanstrich bedeckt
sind. Die Zinktafeln sollen unten etwa 1/14 Zoll, und an den Seiten des inneren
Ladungsraumes etwa 1/28 Zoll dick seyn. Wenn das Schiff fertig ist, werden alle
Theile des inneren Ladungsraumes, welche nicht von Zinkbändern bedeckt sind,
sorgfältig gereinigt und mit Zinkpulver angestrichen.
Um das Aeußere des Schiffes gegen das Ansetzen von Seethieren und Pflanzen zu
schützen, verfährt der Erfinder wie folgt:
Nach seinen Angaben gibt basisches schwefelsaures Quecksilberoxyd (Mineralturpith
SO³, 3 HgO), vermischt mit Berlinerblau (3 FeCy + 2 Fe²Cy³) bei
Berührung mit den Chloralkalien des Seewassers eines der heftigsten Mineralgifte,
nämlich QuecksilbercyanidOuecksilbercyanid (HgCy²), in Form eines Doppelsalzes von Quecksilber- und
Natrium-Chlorcyanid. Er mischt demnach zunächst 55 Thle. Mineralturpith mit
45 Thln. Berlinerblau (gewöhnlicher Farbe, aber ohne fremde Beimischung) und erhält
so ein homogenes grünes Pulver, womit die giftige Farbe wie folgt bereitet wird:
– gekochtes Leinöl 250 Thle.; Mennige (oder eine sonstige gut haftende
Decksubstanz) 650–660 Thle.; obige Mischung 90–100 Thle. Das Gemisch
wird gut gerieben, damit das Gift überall gleich in der Masse vertheilt ist, dann
aber nicht direct auf das Eisen gestrichen, da dieses die Quecksilber- und
Bleiverbindungen reduciren würde. Man überzieht vielmehr alle unter das Wasser
kommenden Eisentheile zuerst zweimal mit dem metallischen Zinkanstrich und streicht
dann diesen, wenn er gut trocken ist, mit der eben beschriebenen giftigen Farbe an.
Letztere kann auch zum Schutze von Holz bei allen Marinebauten angewendet werden, da
die geringste Menge des Quecksilber- und Natrium-Chlorcyanids jedes
Thier und jede Pflanze, und selbst deren Samen und Keime zerstört, wenn sie damit in
Berührung kommen.
Um die Farbe auf eisengepanzerte Schiffe anzuwenden, muß entweder zwischen dem
Holzwerk des Rumpfes und jeder Eisenplatte eine Zinktafel von etwas kleinerer
Oberfläche als die Eisenplatte angebracht oder das Holzwerk muß mit einer dicken
Schichte metallischer Zinkfarbe überzogen werden; dann wird jede Eisenplatte, nach
sorgfältiger Reinigung, innen angestrichen und nun an dem Schiffe befestigt. Ist das
Schiff vollendet, so wird der ganze unter Wasser kommende Theil desselben erst mit
Zinkanstrich und dann mit dem giftigen Anstrich versehen.
Um die Kabel und Ketten, welche in dem Pumpenford aufbewahrt werden und dann leicht
vom Roste leiden, vor diesem zu schützen, wird ein Zinkstreifen an jedes Glied oder
jeden Ring durch Schrauben befestigt.
Der metallische Zinkanstrich kann im Allgemeinen überall da angewandt werden, wo man
eiserne Gegenstände jetzt mit Mennige anstreicht. Auch Schiffsböden können vor dem
Kupfern damit versehen werden, obwohl Eisenpulver wohlfeiler als Zinkpulver und
ebenso sicher schützend ist. Den Kupferüberzug kann man zum Schutze gegen die
Seethiere u.s.w. mit dem beschriebenen giftigen Anstriche versehen.