Titel: Apparat zur fractionirten Destillation, um den Handelswerth der Steinkohlentheeröle und der Schieferöle zu bestimmen; von V. Regnault.
Fundstelle: Band 170, Jahrgang 1863, Nr. XL., S. 118
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XL. Apparat zur fractionirten Destillation, um den Handelswerth der Steinkohlentheeröle und der Schieferöle zu bestimmen; von V. Regnault. Aus den Annales de Chimie et de Physique, 1863, t. LXVIII p. 409. Mit einer Abbildung auf Tab. II. Regnault's Apparat zur fractionirten Destillation, um den Handelswerth der Steinkohlentheeröle zu bestimmen. In Frankreich werden jetzt beträchtliche Quantitäten von den durch Destillation des Steinkohlentheers oder der Schiefer gewonnenen Oelen eingeführt. Dieselben sind complicirte Gemische, deren Werth nach dem Verhältniß der darin enthaltenen flüchtigsten Oele sehr variirt. Die flüchtigsten Theile werden ausschließlich zur Fabrication der schönen Farbstoffe angewandt, welche man mittelst Benzin darstellt; diejenigen von mittlerer Flüchtigkeit werden für Firnisse und zum Entfetten der Wolle benutzt; die am wenigsten flüchtigen endlich dienen zur Fabrication der Phenylsäure (Carbolsäure), oder zur Beleuchtung. Um den Werth dieser Gemische zu ermitteln, gab es bisher kein anderes rasch ausführbares Verfahren, als dieselben mit Anwendung eines Thermometers zu destilliren und das Verhältniß der Oele zu bestimmen, welche zwischen den bestimmten Grenzen der zunehmenden Temperatur übergehen. Die französische Zollverwaltung wendet dasselbe Verfahren an, um den Eingangszoll für diese Substanzen festzusetzen. Damit aber eine derartige Bestimmungsweise nicht zu häufigen Streitigkeiten Veranlassung gibt, muß die Destillation nothwendig auf eine vollkommen gleichförmige Weise und mittelst nahezu gleicher Apparate ausgeführt werden. Bekanntlich zeigt nämlich dasselbe Gemisch flüchtiger Substanzen sehr verschiedene Destillationstemperaturen, je nachdem man das Gefäß des Thermometers in die kochende Flüssigkeit taucht, oder es bloß dem aus derselben entweichenden Dampf aussetzt. Taucht man das Gefäß des Thermometers in die Flüssigkeit, so wird die Temperatur auch nicht dieselbe seyn, wenn man die Destillation entweder schneller oder langsamer bewerkstelligt. Die Zollverwaltung beauftragte mich einen leicht zu behandelnden Apparat zu construiren, durch welchen die Unsicherheiten dieses Verfahrens größtentheils vermieden werden. Ich beschreibe im Folgenden denjenigen, bei welchem ich stehen blieb. Fig. 24 zeigt diesen Apparat im senkrechten Durchschnitt. Er besteht aus einer cylindrischen Retorte A von Kupferblech, welche mit einem kleinen Tubulus a und einem gekrümmten Hals b, c versehen ist. Letzterer tritt mit Reibung in den seitlichen Tubulus d der Kühlvorrichtung B. Diese Kühlvorrichtung besteht aus einem Cylinder e, f von Messingblech, welcher oben und unten mit engeren metallenen Röhren f, g und e, i endigt. Das Ganze ist luftdicht in einem metallenen Muff m, n befestigt. Ein Wasserstrom, welchen man mittelst eines Hahns regulirt, gelangt in den über dem Seitenrohr o, n befindlichen Trichter o; das überschüssige Wasser fließt durch einen oben am Muff angebrachten Tubulus p ab. Der Apparat wird auf einen am Muff befestigten Dreifuß P, P gestellt. Dieser Dreifuß trägt eine horizontale Coulisse h, l, worin ein Träger V verschoben werden kann, welcher mit fünf Glasröhren versehen ist, die unten verschlossen sind, neben einander stehen und in Kubikcentimeter eingetheilt sind. Man kann so nach einander die Oeffnung von jeder der eingetheilten Röhren unter die Mündung i der Kühlvorrichtung führen. Die Operationsweise ist nun folgende: Man nimmt stets mit derselben Pipette (ähnlich denjenigen welche man für die alkalimetrischen Proben anwendet) 100 Kubikcentimeter von dem zu prüfenden Oel, welche man durch den Tubulus a in die Retorte A gießt; der Stand der Flüssigkeit darf nicht beträchtlich über das Drittel der Retorte hinaufreichen. Mittelst eines Pfropfes befestigt man das Celsius'sche Thermometer T in den Tubulus a. Die Länge dieses Thermometers, seine Graduirung und seine Adjustirung im Pfropf müssen der Art seyn, daß sein Gefäß nicht in die Flüssigkeit taucht und daß der Grad 80 kaum über den Pfropf hinausreicht. Alsdann ist in allen Versuchen der nicht in den Dampf getauchte Theil der Quecksilbersäule, bei gleichen Temperaturen, ein und derselbe. Die Destillation der Flüssigkeit wird mittelst eines Gasbrenners oder einer beliebig regulirbaren Weingeistlampe S bewerkstelligt. Als Beispiel nehmen wir an, man wolle das Gemisch zerlegen: 1) in Oele, welche vor 100 Grad destilliren, 2) in Oele welche von 100 bis 120 Grad übergehen, 3) in Oele welche von 120 bis 140 Grad übergehen, 4) in Oele welche von 140 bis 160 Grad übergehen, 5) in Oele welche von 160 bis 180 Grad übergehen. Der Träger V wird so gestellt, daß die eingetheilte Röhre Nr. 1 sich unter dem Tubulus i befindet. Man bringt die Flüssigkeit in der Retorte zum Sieden und so lange die Temperatur 100 Grad nicht überschreitet, sammelt man das destillirte Product in der Röhre Nr. 1. Sobald die Temperatur über 100 Grad steigt, verschiebt man den Träger V, um die Röhre Nr. 2 unter den Tubulus i zu bringen und läßt sie daselbst, bis die Temperatur 120 Grad zu überschreiten beginnt. Man führt alsdann die Röhre Nr. 3 unter den Tubulus i, und so fort, bis das Thermometer T 180 Grad überschreitet, wo sich dann die Röhre Nr. 5 unter dem Tubulus i befindet. Die Operation ist nun beendigt und man verlöscht die Lampe. Bei dieser Verfahrungsweise werden die Dämpfe so vollständig condensirt, daß von denselben durch den Tubulus g kaum etwas entweicht; die condensirte Flüssigkeit läuft durch die Röhre e, i aus, und setzt sich mit dem kalten Wasser, welches von dem Seitenrohr o, n herkommt, ins Gleichgewicht der Temperatur. Die nach einander in den eingetheilten Röhren 1, 2, 3, 4, 5 gesammelten Flüssigkeiten haben daher die gleiche Temperatur, welche nahezu diejenige der umgebenden Luft ist. Man notirt sich die Volume in Kubikcentimetern, welche diese Flüssigkeiten einnehmen, und nimmt an, daß diese Kubikcentimeter die Gewichtsprocente der verschiedenen Oele repräsentiren, welche sich in dem angewandten Gemisch befinden. Dabei begeht man einen kleinen Feier, weil man die verschiedene Dichtigkeit dieser Flüssigkeiten nicht berücksichtigt; von diesem Fehler kann man aber bei derartigen Bestimmungen absehen, weil die Dichtigkeiten nur zwischen schwachen. Grenzen variiren. Derselbe Apparat läßt sich in den chemischen Laboratorien benutzen. Will man größere Quantitäten von Flüssigkeit der fractionirten Destillation unterwerfen, so ersetzt man die kleine Retorte A durch eine andere von größerem Fassungsraum, von 1 bis 2 Litern etc. Endlich gestattet dieselbe Anordnung die Siedetemperaturen genauer zu bestimmen, als es gewöhnlich geschieht, und zu ermitteln ob eine Flüssigkeit, welche man für rein hält, wirklich während der ganzen Dauer ihrer Destillation eine constante Temperatur zeigt.

Tafeln

Tafel Tab. II
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