Titel: Ueber die Einwirkung des Wasserstoffgases auf die Lösungen einiger Metallsalze; von Prof. C. Brunner.
Fundstelle: Band 171, Jahrgang 1864, Nr. LXXIII., S. 287
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LXXIII. Ueber die Einwirkung des Wasserstoffgases auf die Lösungen einiger Metallsalze; von Prof. C. Brunner. Vorgetragen in der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft am 11. December 1863. – Aus den Berner Mittheilungen, Nr. 555. Brunner, über die Einwirkung des Wasserstoffgases auf die Lösungen einiger Metallsalze. BeketoffAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CX S. 312. gibt an, daß unter starkem Drucke das Wasserstoffgas Silber und Quecksilber aus einigen ihrer Salzauflösungen reducire. Favre Comptes rendus, t. LI p. 827, 1027. hat eine Reduction bei schwefelsaurem Silberoxyd unter einem Drucke von 60 Atmosphären beobachtet. Andererseits glaubte Osann beobachtet zu haben, daß elektrolytisch dargestellter Wasserstoff auf Silbersalze reducirende Wirkungen ausübe, welche bei dem auf gewöhnliche Art dargestellten Gase nicht stattfinden. Er sah sich durch seinen Versuch zu der Vermuthung veranlaßt, es möchte der elektrolytisch dargestellte Wasserstoff eine ähnliche Modification darbieten wie der Sauerstoff bei der Ozonbildung. MagnusPoggendorff's Annalen, Bd. CIV S. 553. wiederholte die Versuche Osann's und erhielt andere Resultate. Er scheint die von Osann beobachtete Wirkung von einem Eisengehalt der von diesem Chemiker als Elektrode angewandten Kohle abzuleiten. Ein von ihm angestellter VersuchEbendaselbst S. 558, §. 106. leitete ihn auf den Schluß, daß bei hoher Temperatur das Wasserstoffgas die Kohle zur reducirenden Wirkung auf Silbersalze prädisponiren könne, welche, wie er anzunehmen scheint, wieder ihren Grund in dem Eisengehalt der Kohle habe.Ebendaselbst S. 560, §. 109. Auf die Angaben von Magnus hat später Osann Ebendaselbst Bd. CVI S. 326. mehreres entgegnet. Unter solchen Umständen schien mir eine neue Untersuchung dieses Gegenstandes nicht ohne Interesse zu seyn. Namentlich war mir die angebliche Wirkung des Druckes ziemlich verdächtig. Ob überhaupt eine solche Wirkung von Druck auf chemische Action stattfinde, ist bekanntlich ein noch nicht gelöstes Problem. Es war natürlich, daß die Versuche über das Verhalten des Wasserstoffes gegen Silbersalze auch auf dasjenige gegen andere Metallsalze führen mußte. Ich theile die beobachteten Erscheinungen in Folgendem mit. Verhalten des Wasserstoffes gegen Silbersalze. Leitet man reines Wasserstoffgas (bereitet mittelst Zink und verdünnter Schwefelsäure und gewaschen, indem man es durch eine kleine Flasche mit Kaliflüssigkeit und durch eine Röhre mit durch Schwefelsäure befeuchtetem Bimsstein leitet) durch eine mäßig concentrirte Auflösung von möglichst neutralem salpetersaurem Silberoxyd, so sieht man nach einiger Zeit (1/4–1/2 Stunde) die Flüssigkeit sich trüben, und an der Innenwand der Flasche bildet sich eine sehr dünne, hellgraue Haut. Wird die Operation mehrere Stunden fortgesetzt, so sammelt sich auf dem Boden ein geringer, hellgrauer Niederschlag, der sich beim Reiben in einem Achatmörser deutlich als metallisches Silber darstellt. Unter ein mäßig starkes Mikroskop gebracht, kann man in demselben einzelne deutliche Krystalle wahrnehmen. Noch auffallender ist die Wirkung, wenn man eine solche Silberlösung in einer Flasche, die mit 3/4 ihres Volumens Wasserstoffgas gefüllt ist, etwa 24 Stunden lang ruhig stehen läßt. Beim Schütteln der Flüssigkeit zeigt sich alsdann ein deutliches Flimmern der Krystalle. Es ist jedoch nicht möglich, das Silber auch nur annähernd vollständig abzuscheiden. Die Menge des ausgeschiedenen Metalles ist vielmehr verhältnißmäßig sehr gering und vermehrt sich selbst durch wochenlange Einwirkung und öftere Erneuerung des Gases kaum merklich. Ohne Zweifel ist die Ursache dieser Beschränkung die Wirkung der freigewordenen Säure, welche die fernere Ausscheidung verhindert. Wendet man bei diesem Versuche Wasserstoffgas an, welches nicht auf die angegebene Art gereinigt wurde, so ist die Wirkung wesentlich verschieden. Es entsteht alsdann ein brauner oder schwarzer Niederschlag, der die verschiedenen, von dem Gase mitgeführten Verunreinigungen enthält. Oefter habe ich in demselben ganz deutlich Antimon angetroffen, ohne Zweifel von dem angewendeten (belgischen) Zink herrührend.Um dieses Metall nachzuweisen, darf man nur den Niederschlag mit mäßig starker Salzsäure behandeln, filtriren und auf die Flüssigkeit Schwefelwasserstoff einwirken lassen. Diese Methode dürfte anwendbar seyn, um bei Metalllegirungen kleine Mengen Antimon aufzufinden. Ganz ähnlich wie auf salpetersaures Silbersalz wirkt der Wasserstoff auf essigsaures und schwefelsaures. Verhalten des Wasserstoffes gegen Platinsalze. Leitet man reines Wasserstoffgas durch eine möglichst neutrale Auflösung von Platinchlorid, so trübt sich diese bald und nach längerer Zeit scheidet sich ein theils schwarzer und pulveriger, theils ein metallisch glänzender, schuppiger Niederschlag ab, der sich zum Theil an die Wand des Glases festklebt. Ist die Auflösung des Platinsalzes mäßig verdünnt, etwa zu einer starken Weinfarbe, so sieht man sie nach wenig Stunden blasser werden, bis sie endlich vollkommen wasserhell erscheint. Alsdann enthält sie nur noch sehr wenig, oft kein Platin mehr. Es gibt daher diese Erscheinung ein sehr einfaches Mittel an die Hand, Platin aus seiner Auflösung abzuscheiden. Um diese Wirkung genauer zu beobachten, dient folgendes Verfahren. Man bringt die Platinlösung in einem Becherglase unter eine mit Wasserstoffgas gefüllte Glasglocke, die auf einer flachen Schale aufgestellt und mit Wasser abgesperrt ist. Nach einigen Stunden bemerkt man, daß das Sperrwasser in die Glocke steigt, so daß frisches nachgegossen werden muß. Zugleich bildet sich auf der Oberfläche der Platinlösung eine metallische Efflorescenz, zuerst nur in einzelnen Körnchen, die sich bald weiter ausbreitet und gewöhnlich schon nach 24 Stunden eine vollkommen metallische Haut bildet. Wird dieselbe durch einen gelinden Stoß zum Niedersinken gebracht, so bildet sich eine neue Haut, und ist das Wasserstoffgas in hinreichender Menge vorhanden, so wird die Flüssigkeit wasserhell und enthält jetzt kein Platin mehr. Um nun diese Erscheinung zur praktischen Anwendung zu bringen, verfährt man am besten auf folgende Art. Die zu bearbeitende Platinlösung wird zur Trockene verdampft, um die freie Säure zu entfernen.Weniger zu empfehlen ist das Sättigen der Flüssigkeit mit Natron. Es darf kaum erinnert werden, daß gegen das Ende des Abdampfens gelinde Wärme, am besten das Wasserbad, anzuwenden ist. Hierauf löst man das erhaltene Salz in Wasser, und zwar in einem Verhältniß, daß auf jeden Gramm metallischen Platins etwa 250–300 Kub. Cent. Flüssigkeit entstehen. Diese bringt man nun in eine Flasche, worin sie 1/4 des Raumes einnimmt und füllt den übrigen Raum mit gewaschenem Wasserstoffgas. Dieses geschieht am bequemsten, indem man einen Kork mit zwei Röhren einsetzt, von denen die eine, welche das Wasserstoffgas herbeiführt, unmittelbar unter dem Kork endigt, die andere bis beinahe auf die Flüssigkeit herunterreicht. Es ist klar, daß durch diese letztere die schwerere atmosphärische Luft aus der Flasche schnell austritt, da sie durch das leichtere von oben einströmende Wasserstoffgas verdrängt wird.Dieses Verfahren, Gase auf Flüssigkeiten einwirken zu lassen, dürfte noch in anderen Fällen Anwendung finden. Es ist kaum nöthig zu bemerken, daß bei Gasarten, welche schwerer als die atmosphärische Luft sind, das Einsetzen der Röhren in umgekehrter Weise stattfinden muß. Man bemerkt nun bald, gewöhnlich nach 1/2 Stunde, einzelne metallische Flitter auf der Oberfläche der Flüssigkeit. Haben diese einigermaßen sich vermehrt, so nimmt man den Kork heraus, verschließt die Flasche schnell mit einem eingeriebenen Glasstöpsel und schüttelt sie nun anhaltend. Nach ungefähr 1/2 bis 3/4 Stunde, während welcher Zeit das Schütteln fortgesetzt worden, fängt die Flüssigkeit an sich zu trüben. Von diesem Zeitpunkte an ist noch höchstens 1/4 Stunde erforderlich, um alles Platin auszuscheiden. Die Flüssigkeit erscheint nun vollkommen wasserhell. Es ist jedoch zu empfehlen, die Flasche noch eine Zeitlang (etwa einige Stunden) verschlossen zu halten. Der so dargestellte Platinniederschlag bildet ein schwarzes amorphes Pulver. Gut ausgewaschen und getrocknet, nimmt er bei gelindem Glühen die graue Farbe des Platinschwammes an, ohne dabei an Gewicht merklich sich zu verändern. Er zeigt sehr deutlich mit Wasserstoffgas das bekannte Döbereiner'sche Phänomen. Hat man bei dieser Operation mit reinem Platin zu thun, so wird man, wenn obige Verhältnisse genau beobachtet werden, auch annähernd genau, ja wohl sehr genau, das vorhandene Platin gewinnen. Sind fremde, durch Wasserstoff nicht fällbare Metalle zugegen, wie Eisen, Kupfer, Zink etc., so bleiben diese in der Auflösung. Wäre jedoch die Flüssigkeit merklich sauer, so könnte auch ein Antheil Platin der Fällung entgehen und von der Säure in Auflösung zurückgehalten werden. Aus diesem Grunde ist auch die angegebene Verdünnung zu empfehlen. Wenn auf diese Art käufliches Platin behandelt wird, so findet sich gewöhnlich ein Verlust von 2–3 Procent. Dieses ist von den fremden Einmengungen herrührend. Dampft man die Flüssigkeit, aus welcher das Platin ausgeschieden wurde, ab, so gibt sie einen sehr geringen Rückstand, der jedoch kein Platin enthält, gewöhnlich aber Spuren von Eisen nebst anderen zufälligen Einmengungen, die ich der geringen Menge wegen nicht näher zu bestimmen vermochte. Namentlich dürfte Iridium dabei seyn, da dieses Metall durch Wasserstoff nur sehr schwer gefällt zu werden scheint. Da Osann Poggendorff's Annalen Bd. CVI S. 326. beobachtet zu haben glaubte, daß der elektrolytisch dargestellte Wasserstoff nur bei Anwendung von frisch destillirter Nordhäuser Schwefelsäure zu seiner Darstellung die Reduction des Silbers bewirke, so war noch zu versuchen übrig, ob die erwähnte Wirkung vielleicht auch hier an eine besondere Darstellungsart des Gases gebunden sey. Zu diesem Ende wurde eine Glocke mit Wasserstoffgas, durch Einwirkung von Natrium auf Wasser bereitet, angefüllt und auf die oben beschriebene Art ein Platinchlorid enthaltendes Becherglas in dieselbe gebracht. Der Erfolg war jedoch ganz der nämliche wie in dem vermittelst Zink bereiteten Gase. Inwiefern diese Darstellung von Platin einer technischen Anwendung fähig sey, mögen die Platinfabrikanten des Näheren untersuchen. Einige Versuche mit Platinerz haben gezeigt, daß sie sich auf die Ausziehung des Metalles aus demselben recht gut anwenden lasse. Ob jedoch das erhaltene Platinpulver auf die nämliche Art wie der Platinschwamm sich durch die bekannte Methode des Schweißens zu einer festen Masse verarbeiten lasse, habe ich wegen Mangel an den erforderlichen Apparaten nicht untersucht. Ich zweifle nicht daran, daß diese Ausscheidungsmethode des Platins bei mehreren analytischen Arbeiten, z.B. Darstellung des Rubidiums, Anwendung finden kann. Ebenso wie eine Auflösung von Platinchlorid kann auch eine solche von Ammoniumplatinchlorid (sogenannter Platinsalmiak) durch Wasserstoff auf metallisches Platin bearbeitet werden. Wenn man die vom Ausfällen des Platins nach Wollaston erhaltene Flüssigkeit mit 1–2 Volumtheilen Wasser verdünnt, so kann durch Wasserstoffgas aus derselben auf die oben beschriebene Art das Metall mit der größten Leichtigkeit abgeschieden werden. Wirkung des Wasserstoffes auf Palladium. Diese ist derjenigen auf Platin vollkommen gleich. Es scheint sogar dieses Metall aus seinen Auflösungen noch leichter als das Platin abgeschieden zu werden.Böttger beobachtete schon die Ausscheidung von metallischem Palladium durch Wasserstoffgas, Jahresbericht 1859 S. 257. Zersetzt man eine Lösung, welche Platin und Palladium zugleich enthält, durch Wasserstoff, so enthält der Niederschlag beide Metalle theils gemengt, theils, wie es scheint, in chemischer Verbindung. Behandelt man denselben mit Salpetersäure, so zieht diese zwar den größten Theil des Palladiums aus, ein nicht unbeträchtlicher Theil bleibt jedoch beim Platin zurück. Durch wiederholte Auflösung der Verbindung und Behandlung des wieder dargestellten Niederschlages mit Salpetersäure gelingt die Trennung beider Metalle ziemlich annähernd. Wirkung auf Iridium. Iridium scheint aus seinen Auflösungen durch Wasserstoff sehr schwer gefällt zu werden. Iridiumchlorid durch Abdampfen, so gut als es sich thun ließ, neutral dargestellt, wurde mit Wasserstoffgas in einer verschlossenen Flasche bei wochenlanger Einwirkung kaum verändert. Die anfangs gelb gefärbte Flüssigkeit entfärbte sich und nach längerer Zeit entstand ein sehr geringer, immerhin zweifelhafter Niederschlag. Wirkung auf Gold. Auch diese ist negativ. Sowohl concentrirte als verdünnte Auflösung von Goldchlorid blieb während mehreren Tagen, obgleich die Flüssigkeit öfter geschüttelt wurde, vollkommen unverändert. Wirkung auf Quecksilber. Beketoff beobachtete das Ausscheiden dieses Metalles aus seinen Auflösungen durch Wasserstoffgas unter starkem Drucke. Ich fand diese Angabe bestätigt. Bei einem Drucke über 100 Atmosphären fiel aus einer Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxydul ein Theil des Metalles in einer Zeit von 24 Stunden in deutlichen Kügelchen nieder. Bei Anwendung der oben beschriebenen Methode (ohne künstlichen Druck) entstand jedoch selbst nach wochenlanger Einwirkung nicht die mindeste Ausscheidung. Ebenso verhielt sich eine Auflösung von Quecksilberchlorid. Diese Verschiedenheit des Verhaltens dürfte wohl in dem Umstande begründet seyn, daß bei Anwendung eines hohen Druckes durch die verhältnißmäßig größere Menge des auf die Oberfläche der Auflösung wirkenden Wasserstoffgases daselbst wirklich die Ausscheidung zu Stande kommt, das ausgeschiedene Metall wegen seines großen specifischen Gewichtes sogleich zu Boden fällt und dadurch der wiederauflösenden Wirkung der freigewordenen Säure entgeht, während bei gewöhnlichem Drucke diese letztere gegen das Gas die Oberhand behält. Wirkung auf Eisen. Eine vollständige Reduction dieses Metalles konnte, wie natürlich, nicht erwartet werden. Dagegen schien eine partielle Zersetzung und Ueberführen des Oxydes in Oxydul möglich. Eine solche fand auch wirklich statt, als man eine sehr verdünnte Lösung von Eisenchlorid (die mit Ferridcyankalium nicht reagirte) während 48 Stunden in einem dunkeln Schranke der Wirkung des Gases aussetzte. Nach dieser Zeit gab die Lösung mit Ferridcyankalium eine schwache, doch deutliche Reaction.